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Der Übergang von der Vorschule in die Grundschule. Welche Konzepte gibt es in Brasilien?

©2022 Hausarbeit 15 Seiten

Zusammenfassung

Diese Arbeit ist ein Forschungsbericht mit dem Thema "Übergang von der Vorschule in die Grundschule in Brasilien", der Teil meines absolvierten Pflichtpraktikums in Brasilien ist. Hierzu werden sowohl theoretische als auch praktische Einblicke gegeben. Es wird der Frage nachgegangen, wie die Übergangsgestaltung von den pädagogischen Fachkräften realisiert und mit den Besonderheiten umgegangen wird.

Das Kapitel zwei stellt das Bildungssystem Brasiliens, die Hinweise zur Gestaltung des Übergangs aus dem Bildungsplan sowie wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Im Kapitel drei werden zwei Expertinneninterviews, bei denen jeweils eine Lehrerin einer Vor-und Grundschule befragt wurden, ausgewertet. Hier wird die Übergangsgestaltung von Vorschule in die Grundschule in der Praxis näher aufgezeigt und in thematischen Einheiten verglichen. Der Interviewleitfaden hierzu ist im Anhang zu finden. Das abschließende Kapitel vier stellt die Forschungsergebnisse dar.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Brasilianisches Bildungssystem und wissenschaftliche Erkenntnisse

3. Forschungsdesign
3.1. Forschungsfeld
3.2. Erhebungs- und Auswertungsmethode

4. Forschungsergebnisse
4.1. Übergangsgestaltung
4.2. Die Wichtigkeit der frühkindlichen Bildung für den Übergang
4.3. Bildungsplan - Übergang aus einer Notwendigkeit entstanden
4.4. Mehr Aufmerksamkeit für die Übergangsgestaltung

5. Fazit und Vergleich mit theoretischem Bezug

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Ähnlich wie in Deutschland ist der Übergang von der Vorschule in die Grundschule auch in Brasilien ein viel diskutiertes Thema. Durch die Reform des Bildungsrahmen­gesetz (LDB) im Jahre 2006 gewann es zunehmend Aufmerksamkeit. Diese Reform hat das Ziel, durch die Erweiterung der Grundschulzeit von acht auf neun Jahren den Kindern mehr Zeit in der Schule mit größeren Lernmöglichkeiten zu gewährleisten und Kinder aus benachteiligten Familien Zugang zur Schule zu geben. Ausgehend von dieser Neugestaltung stellt sich die Frage nach dem Übergang von der Vorschule in die Grundschule, da diese Zeit einen wichtigen Schritt für das Kind darstellt. Er kann Ängste und Unsicherheiten auslösen. Die Reform forderte Forscher_innen, Pädagogen_innen und politische Entscheidungsträger_innen auf, zu untersuchen, wie diese beiden Phasen miteinander zusammenhängen, um somit zu verstehen, was die Akteure benötigen (vgl. De Moura Barboza 2015, S. 39). Der Fokus wird hier insbe­sondere auf pädagogische Strategien und Praktiken und ihre Anpassung an die Alters­gruppe von Kindern gelegt. Dabei geht es vor allem um die pädagogische Arbeit, die immer noch oft kritisch hinterfragt wird und weiterer Reform bedarf. Viele Lehrer_innen auf beiden Seiten sind verunsichert, wie die Integration der Kinder und der Übergang von kleinen Kindern gestaltet und erfolgreich sein kann. Oft thematisiert wird bspw. der richtigen Zeitpunkt den Kindern das Lesen und Schreiben beizubringen. (vgl. Amorim Cardoso & Ferreira Borduan da Silva 2019, o. S.). Es gibt eine Vorstel­lung von der Nähe zwischen diesen Bildungsniveaus, wenn davon ausgegangen wird, dass sie Teil derselben Grundbildung sind. Andererseits spricht die Tatsache, dass die frühkindliche Bildung und die Grundschulbildung unterschiedliche Stufen sind und beide ihre eigenen Besonderheiten haben, für die Trennung der Bildungsebenen (vgl. Correia 2013, o. S.).

Dieser Arbeit ist ein Forschungsbericht mit dem Thema „Übergang von der Vorschule1 in die Grundschule in Brasilien“, der Teil meines absolvierten Pflichtpraktikums in Brasilien ist. Hierzu werden sowohl theoretische als auch praktische Einblicke gegeben. Es wird der Frage nachgegangen, wie die Übergangsgestaltung von den pädagogischen Fachkräften realisiert und mit den Besonderheiten umgegangen wird. Das Kapitel zwei stellt das Bildungssystem Brasiliens, die Hinweise zur Gestaltung des Übergangs aus dem Bildungsplan sowie wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Im Kapitel drei werden zwei Expertinneninterviews, bei denen jeweils eine Lehrerin einer Vor- und Grundschule befragt wurden, ausgewertet. Hier wird die Übergangsgestaltung von Vorschule in die Grundschule in der Praxis näher aufgezeigt und in thematischen Einheiten verglichen. Der Interviewleitfaden hierzu ist im Anhang zu finden. Das abschließenden Kapitel vier stellt die Forschungsergebnisse dar.

2. Brasilianisches Bildungssystem und wissenschaftliche Erkenntnisse

Das Bildungssystem in Brasilien ist in zwei Bereiche aufgeteilt: die „educação básica“ (Grundbildung) und die „educação superior“ (höhere Bildungswege). Die frühkindliche Bildung „educação infantil“ und die grundschulische Bildung „ensino fundamental“ bilden zusammen die „educação básica“. Die„ensino médio“ (weiterführende Schule) zählt ebenfalls zur Grundbildung. Die Hochschulen, Universitäten und allgemeine Weiterbildungen höherer Art sind in der „educação superior“ eingefasst. Die frühkind­liche Bildung „educação infantil“ ist die erste Stufe der Grundbildung und ist Teil des Bildungssystems. Kinder im Alter von null bis drei Jahren besuchen die „creches“ (Kinderkrippe/Kindergarten). Kinder im Alter von vier bis fünf Jahren gehen in die „pré-escolas“ (Vorschulen). Ebenso sind Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren verpflichtet, die „ensino fundamental“ (Grundschule), welche neun Jahre dauert, zu besuchen. Die „educação básica“ erfasst somit den Teil der Bildung für Kinder ab vier bis 17 Jahren (vgl. LDB2, 2022, O. S.), welche bedingt durch die Verfassungsänderung im Jahr 2009, bereits ab dem vierten Lebensjahr verpflichtend ist. In diesem Sinne wird die frühkindliche Bildung nicht nur Pflicht des Staates und Recht des Kindes, aber auch Pflicht für der Familie. Vorher gehörte die frühkindliche Bildung zwar zur Grundbil­dung, dennoch gab es keine Schulpflicht (vgl. De Aguiar Bueno 2013, S. 23ff).

Die Rolle der frühkindlichen Bildung wird von Fachkräften und Institutionen unter­schiedlich wahrgenommen. Auf der einen Seite wird diese lediglich als Vorbereitungs­phase für den Schuleintritt mit dem Fokus der Alphabetisierung verstanden. Anderer­seits soll sich die frühkindliche Bildung auf die umfängliche und integrale Entwicklung des Kindes beziehen und nicht nur als Ort der Vorbereitung auf die nächste Schulstufe gesehen werden. Die, durch die Verfassungsänderung bedingte, Einbeziehung von Kindern im Alter von sechs Jahren in die Grundschule hat Fragen für beide Seiten aufgeworfen, insbesondere im Hinblick auf pädagogischen Praktiken und deren Ange­messenheit für die Altersgruppe der Kinder. Die Auswirkungen auf den Übergang von der Vorschule in die Grundschule ist ebenfalls oft Diskussionsgegenstand.

Nach Motta (2010) ist die explizite Aufnahme der Übergangsphase in die Lehrpläne sehr wichtig. Während dieser Phase soll die Schule einen fortlaufenden Lernprozess und Entwicklung der Kinder gewährleisten. Die Aufgabe der frühkindlichen Bildung im Bezug zum Übergang in die Grundschule besteht darin, den Kindern eine bessere Leistung in der Grundschule zu ermöglichen. Die pädagogische Praktiken im ersten Jahr der Grundschule sollen sich stark an den Praktiken der Vorschule orientieren, um einen weichen Übergang zu gestalten. Es ist die Grundschule, die sich dem Kind anpasst und ihnen ermöglicht, sich an die Veränderungen der pädagogischen Arbeit zu gewöhnen (vgl. Motta 2010, S. 158f). Die frühkindliche Bildung darf ihren Schwer­punkt nicht verlieren, nämlich die ganzheitliche Entwicklung des Kindes unter Berück­sichtigung der physischen, psychologischen, intellektuellen, affektiven und sozialen Dimensionen (vgl. Barbato Marcondes 2012, S. 47f). Die Zusammenarbeit zwischen der Vorschule und der Grundschule ist wichtig, damit der Übergang für die Kinder gelingt. Es gibt viele Herausforderungen, die von beiden Seiten bewältigt werden müssen, vor allem in Bezug auf den Gegensatz zwischen der Betonung des Spieleri­schen oder des Inhalts. Daraus motiviert ergeben sich Diskussionen von größerer Trag­weite, wie z. B. Vorstellungen von Kindheit, Unterricht, Alphabetisierung (vgl. Kramer u.a. 2011, S. 80ff).

Im nationalen Bildungsplan (BNCC)3 gibt es Hinweise zur Übergangsgestaltung von der frühkindliche Bildung in die Grundschule. Dieser erfordert eine Menge Aufmerk­samkeit, damit ein Gleichgewicht zwischen den eingeführten Änderungen, auf der einen Seite und der Gewährleistung von kontinuierlichen Lernprozessen auf der anderen Seite, besteht. Eine Integration unter Berücksichtigung individueller Bedürf­nisse ist das Ziel. Im ersten Jahr der Grundschule wird auf der Basis der Fähigkeiten des Kindes die pädagogische Arbeit festgelegt, um eine Fragmentierung oder Diskonti­nuität dieser zu vermeiden (vgl. BNCC 2017 S, 53f).

Der Bildungsplan betont die Wichtigkeit einer Zusammenarbeit beider Institutionen und regt einen Austausch über die Kinder an. Hier besteht eine Kluft zwischen den Lernprozessen der Vorschule und Grundschule. Kramer (2006) sagt, dass obwohl die frühkindliche Bildung und die Grundschulbildung oft getrennt sind, gibt es aus der Sicht des Kindes keinen Bruch. Es sind oft Erwachsene und Institutionen, die die früh­kindliche Bildung und die Grundschule gegenüberstellen. Die frühkindliche Bildung und die Grundschule dürfen nicht getrennt betrachtet werden. Über den Übergang zwischen beiden Ebenen sollte es einen institutionellen und pädagogischen Austausch geben, auch wenn beiden Bildungsebenen örtlich in der gleichen Institution liegen (vgl. Kramer 2006, S. 809f). Ein Verbleib in derselben Institution ist keine Garantie für einen reibungslosen Übergang (vgl. De Moura Barboza 2015, S. 77f). Fachkräfte und alle Beteiligten sollen die Bedürfnisse der Kinder nicht nur im Lehrplan und im pädagogi­sche Konzept berücksichtigen, sondern auch in der praktischen Arbeit umsetzen. „No momento em que os pequenos deixam de frequentar a Educação Infantil e passam a serem alunos do Ensino Fundamental alterações devem ser realizadas, porém não devem ficar restritas apenas às alterações estruturais. É necessária também uma reno­vação na proposta pedagógica que será desenvolvida nos Anos Iniciais4 “ (Amorim Cardoso & Ferreira Borduan da Silva 2019, o. S.). Wenn Kinder in die Grundschule kommen, entsteht ein sozialer Druck. Er verlangt von dem Kind seine Kindheit aufzu­geben. Die physischen, sozialen, kulturellen, emotionalen und kognitiven Dimensionen, die das Spiel anbietet, werden in den Hintergrund gedrängt und somit wird seine Vermittlerrolle beim Lernen vernachlässigt. Somit bleibt die Freiheit des Ausdrucks und der Kreativität in der frühkindlichen Bildung erhalten. Wenn es in der Grundschule spielerische Aktivitäten gibt, dann häufig mit einer didaktischen Absicht (vgl. Dias Borges & Campos 2015, S. 10ff). Das Spielerische wird in den Hintergrund verlegt. Das Erlernen von Lesen und Schreiben rückt in den Fokus.

3. Forschungsdesign

In diesem Kapitel wird ein Einblick in die Praxis der Übergangsgestaltung von der Vorschule in die Grundschule gegeben. Grundlage hierfür sind zwei Experteninterviews aus der Sicht einer Lehrerin einer Vorschule sowie einer Lehrerin einer Grundschule. Es folgt der Zugang zum Forschungsfeld, die Erhebungs- und Auswertungsmethode sowie die Darstellung der Forschungsergebnisse. Das Forschungsdesign richtet sich nach Meuser und Nagel (2016).

3.1. Forschungsfeld

Mein Forschungsfeld war in einer öffentlichen Schule im Bundesstaat Rio de Janeiro, die von Kindern im Alter ab vier bis zehn Jahren besucht wird, also die Zeit der Vorschule sowie die ersten ersten Jahre der Grundschule. Die Übergangsphase findet somit innerhalb einer Institution statt. Die Schule sowie die Interviewpartnerinnen waren vor dem Interview für mich unbekannt. Um generell Interviews in einer Schule durchführen zu können, wird einen Erlaubnis des städtischen Amts für Bildung benö­tigt. Mit der Zusage dieser Erlaubnis wird gleichzeitig, unter Berücksichtigung des Forschungsthemas, die Schule vorgegeben, in der das Interview durchgeführt werden durfte. Der Zugang zum Feld bestand aus einer kurzen persönlichen Besprechung über Umfang und Inhalt des Interviews mit der Schulleiterin und dem ersten Kontakt mit den zwei Interviewpartnerinnen. Eine Expertin ist Lehrerin in der Vorschule (pré-escola II) und repräsentiert somit die Untersuchungsgruppe der Vorschule. Die andere Expertin ist Lehrerin des ersten Schuljahres der Grundschule und repräsentiert die Untersuchungsgruppe der Grundschule. Nach der Zusage der beiden Interviewpartne­rinnen wurde ein Termin zur Interviewdurchführung vereinbart. Dieses wurde in der portugiesischen Sprache durchgeführt.

3.2. Erhebungs- und Auswertungsmethode

Das Erhebungsinstrument ist ein „leitfadengestütztes offenes Interview“ (Meuser & Nagel 2016, S. 342). Ein Leitfaden hilft dabei unstrukturierte thematische Fehler zu vermeiden. Der angefertigte Experteninterviewleitfaden enthält zehn Fragen. Diese wurden durch wissenschaftliche Recherchen zum Forschungsthema dieser Arbeit erstellt. Der Interviewleitfaden war Grundlage für beide Interviews. Eine Einverständ­niserklärung der Interviewpartnerinnen wurde unterzeichnet. Die Erhebungsdaten sowie die mit einem Aufnahmegerät aufgezeichneten Tonaufnahmen sind anonymisiert gespeichert worden.

Die Auswertung der Expertinneninterviews orientiert sich „an thematischen Einheiten, an inhaltlich zusammengehörigen, über die Texte verstreuten Passagen“ (Meuser & Nagel 2016, S. 349). Beide Interviews wurden in die portugiesische Sprache transkri­biert und in die deutschen Sprache nach thematischen Einheiten paraphrasiert und kodiert. Nach Neugestaltung der beiden Interviews wurde thematisch und anschließend mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen verglichen.

[...]


1 Vorschule (pré-escola I und II) besuchen in brasilianischen Schulen Kinder im Alter von vier bis fünf Jahren. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf der „pré-escola II“ (Kinder im Altern von fünf Jahren).

2 Der Bildungsrahmengesetz der brasilianischen Bildungssystem, die Daten werden in der aktuellen Version verfasst.

3 BNCC „Base Nacional Comum Curricular“ von 2017 ist ein Dokument, das neue wichtige Richtli­nien der brasilianische Grundbildung hervorgebracht hat. Basierend auf dem Bildungsrahmengesetz (LDB) stellt es eine Orientierungshilfe für die Gestaltung der nationalen Lehrpläne dar.

4 Wenn die Kleinen nicht mehr in die Einrichtung der frühkindlichen Bildung gehen, sondern in die Grundschule, müssen Veränderungen vorgenommen werden, die sich aber nicht nur auf strukturellen Veränderungen beschränken dürfen. Es ist auch notwendig, das pädagogische Konzept neu auszuar­beiten, das für die ersten Jahre der Grundschule gebraucht wird.

Details

Seiten
15
Jahr
2022
ISBN (PDF)
9783346702210
ISBN (Buch)
9783346702227
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe
Erscheinungsdatum
2022 (August)
Note
1,3
Schlagworte
Übergang von Kindergarten in die Grundschule Vorschule Grundschule Brasilien Transition
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Titel: Der Übergang von der Vorschule in die Grundschule. Welche Konzepte gibt es in Brasilien?