Diese Arbeit möchte aufzeigen, wie die EU in ein mehrstufiges System von Beihilferegimen verflochten ist und ihre Verhandlungsposition bezüglich Beihilfen im audiovisuellen Sektor im sich entwickelnden GATS-System auf Konsistenz prüfen. Dazu werden zunächst die aktuellen beihilferechtlichen Regelungen der EU und des WTO-Systems dargestellt. Der darauf folgende Teil beschäftigt sich mit wirtschaftlichen und kulturellen Argumenten für eine Sonderstellung des audiovisuellen Sektors und seiner internationalen Dimension in EU, WTO und UNESCO. Im Anschluss wird die Förderpolitik der EU gegenüber ihren Mitgliedsstaaten und in Bezug auf ihr eigenes MEDIA-Programm kritisch geprüft. Vor diesem Hintergrund ergeben sich dann Empfehlungen für eine Strategie der EU im Rahmen weiterer WTO-Verhandlungen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Beihilferegime im Vergleich
2.1. Hintergründe
2.1.1. Wirtschaftlicher Zweck von Beihilferegulierung
2.1.2. Zweckprogrammierung von Beihilfen/Industriepolitik
2.2. europäische Ebene
2.2.1. Beihilfeverbot und Ausnahmen des Art. 87 EGV
2.2.2. Spezialfall Art. 86 EGV
2.3. WTO-Ebene
2.3.1. „Traffic light approach“ im GATT
2.3.2. Beihilferegulierung im GATS
2.3.3. Entwicklungen und Ideen in Bezug auf ein echtes Beihilferegime im GATS
2.3.4. Auf welches Regime sollte die EU hinwirken?
3. Sonderfall audiovisueller Sektor?
3.1. Der audiovisuelle Sektor als Wirtschaftsfaktor
3.1.1. Bedeutung für Wirtschaftswachstum und internationalen Handel
3.1.2. Besonderheiten in der Marktstruktur
3.2. Der audiovisuelle Sektor als Kulturfaktor
3.2.1. Kulturpolitik
3.2.2. Audiovisuelle Medien im Zusammenspiel mit Identität und kultureller Vielfalt: Kritik an der Kulturindustrie
3.3. Der audiovisuelle Sektor auf internationaler Ebene
3.3.1. EU: Kulturpolitik und audiovisuelle Politik
3.3.2. WTO und audiovisueller Sektor
3.3.3. Das UNESCO-Übereinkommen über Schutz und Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen
4. EU-Förderpolitik im audiovisuellen Bereich: Gratwanderung zwischen Kultur- und Wirtschaftsförderung
4.1. Ausnahme vom Beihilfeverbot für Kulturförderung nach Art. 87 Abs.3 Buchst. d EGV: Das Beispiel der nationalen Filmförderung
4.2. Rechtfertigung als Daseinsvorsorge?: Das Beispiel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
4.3. Wenn die EU selbst fördert: Das MEDIA-Programm
4.4. Was jetzt? Kultur- oder Wirtschaftsförderung?
4.5. Rechtmäßigkeit der EU-Förderpolitik im WTO-Rahmen
5. Fazit: Empfehlungen für eine EU-Strategie im WTO-Rahmen
6. Literatur
1. Einleitung
Kultur und Wirtschaft stehen sich auch in der Weltpolitik oft als scheinbar unvereinbare Gegensätze gegenüber. Die EU hat gegenüber ihren Mitgliedsstaaten mit der Genehmigung von Kulturbeihilfen einen Weg zur Versöhnung gefunden, auf internationaler Ebene gestaltet sich das Ganze jedoch schwieriger – auch, weil kulturpolitische Zielsetzungen immer wieder protektionistisch missbraucht werden. Besondere Brisanz hat dies im audiovisuellen Sektor (also v.a. Film und Fernsehen), wo staatliche Fördermaßnahmen eine große Rolle spielen. Wie sich nun die EU angesichts jüngster Entwicklungen auf WTO-Ebene und im Rahmen der UNESCO – aber auch in Reflexion ihrer eigenen Praktiken – positioniert bzw. positionieren sollte, soll in dieser Arbeit herausgefunden werden.
Dazu werden im ersten Teil die Beihilferegime von EU und WTO verglichen sowie Ursprünge und Zweckprogrammierung von Beihilfepolitik dargestellt. Die EU kann sich nämlich eines weltweit einzigartigen Beihilferegimes rühmen. Verhältnismäßig strikt wacht die Kommission darüber, dass staatliche Finanztransfers keine Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen. Ausnahmen vom Beihilfeverbot sind nur in klar definierten Ausnahmefällen möglich, von denen einer die Förderung der Kultur ist. Auf der anderen Seite vergibt die EU selbst Beihilfen – zum Teil in beträchtlicher Höhe –, die sie nicht an ihrem eigenen System prüft. Auch die Mitgliedstaaten haben schließlich – wenn überhaupt – kein striktes Kontrollsystem für ihre eigenen Beihilfen. Es prüft also die jeweils höhere Ebene: Im Falle der EU wäre das die WTO, deren Beihilferegime allerdings noch ziemlich unterentwickelt ist. Angesichts dessen, dass eine effektive Beihilfekontrolle wirtschaftspolitisch sinnvoll und geboten ist, soll deshalb auch erörtert werden, auf welches Beihilferegime die EU im Rahmen der WTO-Verhandlungen allgemein hinwirken sollte.
Der zweite Teil stellt die Frage nach dem Sonderfall audiovisueller Sektor. Hierbei sind Überlegungen zur Kulturpolitik und Kulturindustrie sinnvoll. Es ist zu klären, wie man der Dualität von Kulturprodukten gerecht werden kann, d.h. wie neben der Funktion als Ware auch die Funktion als Kulturträger gewürdigt werden kann. Die Lösung der EU und die Situation in der WTO zeigen die Praxis dieser Überlegungen. In diesem Rahmen ist auch das UNESCO-Übereinkommen über Schutz und Förderung kultureller Ausdrucksformen von 2005 von besonderem Interesse.
Wenn nun die EU einerseits die Beihilfenvergabe ihrer Mitgliedstaaten kontrolliert und andererseits selbst Beihilfen in vergleichbaren Förderprogrammen vergibt, stellt sich schnell die Frage, ob die EU in beiden Fällen mit gleichem Maß misst. Es wäre ja zu erwarten, dass die Rechtfertigung einer Beihilfe auf allen Ebenen ähnlich abläuft. Es werden deshalb für die nationale Ebene die Argumentation für die Förderung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die nationale Filmförderung untersucht und als Vertreter von EU-Förderung das MEDIA-Programm. Bezüglich des audiovisuellen Sektors stechen dabei schnell Inkonsistenzen ins Auge: Nationale Filmförderung ist nur als echte Kulturförderung zulässig, während das MEDIA-Programm der EU kulturelle Ziele - wenn überhaupt vorgesehen – eher vorschiebt und sonst wirtschafts- bzw. industriepolitische Tendenzen hat.
Wie nun kultur- und wirtschaftspolitische Interessen der EU angesichts der sich wandelnden internationalen Rechtslage am besten verwirklicht werden können, soll abschließend untersucht werden.
Im Bereich der Kulturpolitik und auch der Filmförderung ist auf europäischer Ebene der Europarat stark involviert. Sein Anteil wird in dieser Arbeit nicht behandelt, da nicht die europäische Filmförderpolitik im Allgemeinen erörtert werden soll, sondern die Konsistenz der EU-Position im Mehrebenensystem von Beihilferegimen.
Die Untersuchung bezieht sich auch nicht auf den kompletten Mediensektor. Es wird der audiovisuelle Bereich mit Schwerpunkt Film- und Fernsehförderung herausgegriffen, weil es dort aktuelle Kontroversen gibt und gut zwischen nationaler, europäischer und internationaler Ebene verglichen werden kann.
In diesem Bereich ist das aktuelle „Modethema“ die Konvergenz der verschiedenen Medien angesichts der technischen Entwicklung. Eine eingehende Untersuchung dieser Tendenzen ist hier jedoch nicht von Belang.
Die historische Entwicklung der Handelsbeziehungen und Politiken wird nur begrenzt einfließen, der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf den letzten fünfzehn Jahren, in die das MEDIA-Programm und die GATS-Verhandlungen fallen.
Auch keinen Eingang in diese Arbeit finden andere Teile des Wettbewerbsrechts, wie z.B. Fusionskontrolle, obwohl sie für den Mediensektor eine herausragende Bedeutung haben. Für die Prüfung der Fragestellung ist eine Beschränkung auf das Beihilferecht aber zielführender.
Wenn auf die WTO-Verhandlungen eingegangen wird, so bezieht sich die Arbeit auf das GATS. Auch wenn Uneinigkeit darüber besteht, inwieweit welche audiovisuellen Medien Ware oder Dienstleistung sind, so vollzieht sich doch die aktuelle Diskussion im Rahmen des Dienstleistungsabkommens GATS. Nicht weiter thematisiert wird auch die aktuelle „Verhandlungspause“ der WTO-Verhandlungen, die ja seit Sommer 2006 auf Eis liegen. Es wird nicht auf Gründe oder Perspektiven der Wiedereröffnung eingegangen.
Diese Arbeit basiert etwa gleichermaßen auf der Analyse von Sekundärliteratur zu den Themen Beihilferecht, Kulturpolitik und audiovisueller Politik (darunter viele elektronisch verfügbare Aufsätze) sowie der Analyse von Dokumenten der Europäischen Union, der UNESCO und der WTO. Eine große Rolle spielen dabei Mitteilungen der EU-Kommission zur audiovisuellen Politik, zur Anwendung des Beihilferechts und die MEDIA-Programme; für die UNESCO sind es das Übereinkommen über Schutz und Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen und für die WTO aktuelle Verhandlungsprotokolle und Mitteilungen der Mitgliedsländer.
Die Literaturauswahl war zu allen Themenkomplexen erstaunlich groß und aktuell, und das nicht nur in englischer Sprache. Besonders hervorzuheben sind: Für die Verflechtung der Beihilferegime Michael Rodis „Die Subventionsrechtsordnung. Die Subvention als Instrument öffentlicher Zweckverwirklichung nach Völkerrecht, Europarecht und deutschem innerstaatlichem Recht“ aus dem Jahr 2000, für die audiovisuelle Politik der EU Arno Bernhard Cesare Martis „Die audiovisuelle Politik der EU. Ökonomische und kulturelle Ziele in einer europäischen Medienordnung“ aus dem Jahr 2004 sowie für Audiovisionsrecht der WTO Christoph Beat Grabers „Handel und Kultur im Audiovisionsrecht der WTO. Völkerrechtliche, ökonomische und kulturpolitische Grundlagen einer globalen Medienordnung“ aus dem Jahr 2003.
Auch wenn in der Literatur zum internationalen Recht lieber von Subventionen gesprochen wird, verwendet diese Arbeit ausschließlich den Begriff der Beihilfe, und zwar im Sinne des Europarechts, also weit gefasst für jede Form von Unterstützung, die den Staatshaushalt belastet und unternehmens- bzw. sektorenspezifisch ist.
Die Abkürzung „AV“ soll für „audiovisuell“ stehen.
2. Beihilferegime im Vergleich
Die Beihilfenkontrolle ist ein Bestandteil des Wettbewerbsrechts und soll somit einen möglichst unverfälschten Wettbewerb gewährleisten. Viele Staaten leisten sich allerdings keine effektive Beihilfenkontrolle, weil sie die Vergabe von staatlichen Unterstützungen als normale politische Aktion ansehen und sich in ihrem Handlungsspielraum nicht einschränken wollen[1]. Die Prüfung staatlicher Unterstützungspraxis würde zwar auch schon auf nationaler Ebene wirtschaftlich Sinn machen, gewinnt aber durch die Internationalisierung der Märkte besondere Relevanz. Denn die Zweckprogrammierung von Beihilfen und ihr Einsatz im Rahmen der Industriepolitik schaffen unterschiedliche Chancen für die Wirtschaft der konkurrierenden Länder. Besonders der EU ist mit ihrem Binnenmarktprojekt deshalb daran gelegen, diese Wettbewerbsverzerrungen auszuschalten und hat ein weltweit einzigartiges und striktes Regime entwickelt. Es setzt sich aus dem Beihilfeverbot inklusive Ausnahmen des Art. 87 EGV, dem Beihilfekontrollverfahren nach Art. 88 EGV und der Spezialregelung des Art. 86 EGV für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zusammen.
Wenn nun die EU ein Interesse an einem unverfälschten Wettbewerb auf ihrem Binnenmarkt hat, sollte das gleiche für die WTO und ihr Interesse an einem unverfälschten Welthandel gelten. In diesem Falle ist die EU der WTO-Ebene untergeordnet und muss sich bzw. ihre Gemeinschaftsbeihilfen an ihrem Regime messen lassen, das allerdings nicht sehr weit entwickelt ist. Im Rahmen des GATT gibt es seit 1994 das SCM-Abkommen mit seinem Ampelsystem, während im GATS keine echte Kontrolle existiert. Vielmehr haben die Mitgliedstaaten laut Art. XV GATS den Auftrag, in Verhandlungen ein Regime zu schaffen. Dieser Prozess ist noch nicht sehr weit gediehen und die Debatte entsprechend akademisch. Interessant ist allerdings, dass sich „wechselseitige Einflüsse der Subventionsrechtsordnungen“[2] ausmachen lassen, das EU-Regime also einen gewissen Orientierungs- wenn nicht sogar Vorbildcharakter hat.
Die EU hat als großer Exporteur sowohl von Waren als auch von Dienstleistungen ein Interesse an einem effizienten und einfachen System der internationalen Beihilfekontrolle, um ihre wirtschaftliche Potenz auf dem Weltmarkt voll entfalten zu können. Andererseits ist es auch verständlich, dass sie sich – wie ein Nationalstaat – bestimmte außerwirtschaftliche Politikoptionen offen halten will. Spätestens seit Maastricht ist die Europäische Union schließlich kein reiner Wirtschaftszusammenschluss mehr. Will sie ihre Betätigung in Feldern wie beispielsweise Kultur- oder Medienpolitik nicht auf ordnungspolitische Maßnahmen beschränken, ist sie darauf angewiesen, dass ein mögliches internationales Beihilferegime Ausnahmen vergleichbar ihrem eigenen Ausnahmekatalog zulässt.
2.1. Hintergründe
2.1.1. Wirtschaftlicher Zweck von Beihilferegulierung
Nach der ökonomischen Theorie der freien Marktwirtschaft, begründet durch Adam Smith, ist es am besten, den Marktkräften ihren freien Lauf zu lassen und nicht verfälschend auf ihre Entfaltung einzuwirken, weil so automatisch eine optimale Faktorallokation zu Stande kommt.[3] In diesem Zusammenhang wird jeder staatliche Eingriff kritisch gesehen, und staatlichen Beihilfen haftet erst mal der Vorwurf an, für Wohlfahrtsverluste zu sorgen,[4] denn schließlich erhalten Unternehmen oder Sektoren Auftrieb, die unter dem freien Spiel der Marktkräfte wahrscheinlich nicht so erfolgreich wären und verdrängen damit die „natürlichen Sieger“ des Ausleseverfahrens im freien Wettbewerb.
Dennoch kann es auch ökonomische Argumente für die Rechtfertigung von Beihilfen geben: Angesprochen ist hier vor allem natürliches Marktversagen im Sinne positiver Externalitäten.[5] Ein Hauptbeispiel ist hier die Unterstützung von Grundlagenforschung, von der hinterher alle etwas haben, die sich aber für ein Einzelunternehmen nicht entsprechend lohnen würde. Als weitere ökonomische Gründe können die Reduktion von Marktmacht, die Bereitstellung von Kollektivgütern und meritorischen Gütern sowie Außenhandelsoptimierung angeführt werden.[6]
Allerdings sind die beiden letztgenannten Gründe – gerade auf internationaler Ebene – mit Vorsicht zu genießen. Der Aspekt der Außenhandelsoptimierung fällt beim Weltmarkt qua definitionem weg, denn ein internationales Beihilferegime muss auf dem Konzept eines einzigen Marktes aufbauen. „Außenhandelsoptimierung“ bleibt da nur noch als Euphemismus für Protektionismus. Gerade auf supranationaler Ebene haben Staaten ein echtes Interesse an Beihilferegulierung, weil so Rentenumlenkung und Politiken zur Erhöhung des Marktanteils unterbunden werden können.[7]
Die Bereitstellung von meritorischen Gütern lässt sich kaum wertfrei betrachten und bezieht schon eine außerökonomische Betrachtungsweise ein. Als meritorische Güter werden solche privaten Güter bezeichnet, die in einen lebensweltlichen Kontext eingebunden sind und in diesem Rahmen höher bewertet werden, als der Markt eigentlich ergibt. Es liegt allerdings kein Markt- oder Wettbewerbsversagen vor, sondern verzerrte Konsumentenpräferenzen[8]: Die Bürger fragen einfach weniger nach, als sie eigentlich wollen müssen. Typische Beispiele sind Bildung, Gesundheit und Kultur. Da hier subjektive Bewertungsprinzipien berücksichtigt werden müssen (was müsste der Bürger eigentlich wollen?), ist höchst fragwürdig, ob und wie der Staat hier ausgleichend tätig werden kann, obwohl die Idee der Meritorik nicht von der Hand zu weisen ist.
Meritorische und Kollektivguteigenschaften können zumindest als Rechtfertigung für Kulturbeihilfen im Allgemeinen, aber auch für den Medienmarkt herangezogen werden. Kulturbeihilfen sind – wie oben erwähnt – ein typischer Fall für Meritorik, während Medienprodukte wie Filme oder Fernsehprogramme – im Grunde alle digitalisierten Medien – wenigstens teilweise Kollektivguteigenschaften[9] aufweisen: Die Grenzkosten sind gleich null, ein weiterer Zuschauer kostet nicht mehr Geld; außerdem können Bürger zum Teil nur mit erheblichem rechtlichen und technischen Aufwand vom Konsum ausgeschlossen werden.
2.1.2. Zweckprogrammierung von Beihilfen/Industriepolitik
Wie schon am Beispiel der Meritorik ersichtlich wurde, ist der Staat nicht ausschließlich darum bemüht, Marktversagen auszugleichen. Die meisten Beihilferegime – wie zum Beispiel das der EU – enthalten eben keine reinen Verbote (plus Ausgleich von Externalitäten), sondern zusätzlich die Möglichkeit politisch begründeter Ausnahmen. Das heißt, die meisten Beihilfen sind zwar aus Gründen des freien Wettbewerbs verboten, die erlaubten werden aber auf bestimmte Zielsetzungen hin kanalisiert. Man spricht von einer funktional ausgerichteten Beihilfepolitik.[10] Obwohl diese zusätzlichen funktionalen Ausnahmen ökonomisch angreifbar, da nicht kostenneutral sind[11], ist die Zweckprogrammierung von Beihilfen elementarer Bestandteil der Subventionsordnung.[12]
Dabei können ganz unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt werden, wie zum Beispiel regionale Kohäsion oder Kulturpolitik, was anhand der Ausnahmen im EGV noch zu zeigen sein wird. Sind wirtschaftspolitische Ziele betroffen, ist der Übergang zur Industriepolitik fließend. Schmidt[13] unterscheidet unter anderem folgende Formen staatlicher Industriepolitik: „wettbewerbsbezogene Industriepolitik, bei der die industrielle Wettbewerbsposition von Unternehmen oder Branchen verbessert werden soll [… und] strategische Industriepolitik [, die zur] Erreichung, Erhaltung und Sicherung wettbewerblicher Positionen in sog. strategischen Industriefeldern [dient]“.
In Bezug auf den Mediensektor würde das bedeuten, im Rahmen wettbewerbsbezogener Industriepolitik Branchen zu unterstützen, die auf Zukunftstechnologie setzen. Das hat auch Vorteile auf einem abgeschlossenen Markt. Für strategische Industriepolitik hingegen ist immer der Blick über eine Handelsgrenze hinweg nötig. Weil der Mediensektor großes Wachstumspotenzial hat, ginge es also darum, sich einen möglichst großen Anteil am Weltmarkt zu sichern, indem man die heimischen Produzenten unterstützt.
Der Übergang von eventuell wünschenswerten Politikoptionen hin zu protektionistischen Maßnahmen ist also fließend. Ein vernünftiges Beihilferegime muss dem Rechnung tragen.
2.2. Europäische Ebene
2.2.1. Beihilfeverbot und Ausnahmen des Art. 87 EGV
Der Weg, den die Europäische Union hier gewählt hat, ist, zunächst einmal alle nationalen Beihilfen zu verbieten und dann Ausnahmemöglichkeiten einzuführen (präventives Verbot mit Genehmigungsvorbehalt)[14]. Die sog. Gemeinschaftsbeihilfen, d.h. die von der EU vergebenen, unterstehen nicht dem im Folgenden dargestellten Regime. Die Gemeinschaftsorgane haben sich lediglich verpflichtet, Wettbewerbsverfälschungen und Handelsbeeinträchtigungen zu vermeiden.[15]
Die EU verwendet in Art. 87 Abs. 1 EGV eine weite Definition der Beihilfe, die alle geldwerten Vorteile erfasst, also auch Verkauf unter Marktpreis, Übernahme von Bürgschaften etc. Die Beihilfe muss lediglich spezifisch sein („bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“[16] ), den staatlichen Haushalt belasten („staatliche oder aus staatlichen Mitteln“), den „Wettbewerb verfälschen“ und den „Handel zwischen Mitgliedsstaaten beeinträchtigen“.
In Art. 87 Abs. 2 EGV sind so genannte Legalausnahmen festgehalten. In diesen Fällen ist eine Beihilfe immer zulässig.[17] Dabei geht es im Grunde um Ausgleich von außergewöhnlichen und allgemeinen (Not-)Situationen. Paradebeispiel ist Art. 87 Abs. 2 Buchst. a, in dem der Ausgleich von Schäden erlaubt wird, die durch Naturkatastrophen entstanden sind. Die Legalausnahmen sind politisch im Grunde nicht von Bedeutung und werden verhältnismäßig selten angewandt.
Wichtiger und interessanter sind die fakultativen Ausnahmebestimmungen des Art. 87 Abs. 3 EGV. Bei ihnen muss die Kommission im Genehmigungsverfahren nach Art. 88 EGV eine Abwägung zwischen den Auswirkungen auf den Binnenmarkt und den positiven Wirkungen gemäß den jeweiligen Zielsetzungen treffen. Verfahrenstechnisch müssen die Mitgliedsstaaten in der Regel jede neue Beihilfe zur Genehmigung bei der EU-Kommission vorlegen, die dann verbietet oder – ggf. mit Auflagen – genehmigt. Schon gewährte, aber nicht EU-konforme Beihilfen müssen nach nationalem Recht zurückgefordert werden. Sollte der jeweilige Mitgliedsstaat dem nicht nachkommen, droht ihm ein Vertragsverletzungsverfahren.[18]
Der Kommission kommt also im europäischen Beihilferegime eine enorme Diskretionsmacht zu, auch der Verwaltungsaufwand ist enorm. Davon können auch aktuelle Tendenzen zur Rückverlagerung auf die nationale Ebene (z.B. durch Freistellungsverordnungen) nur bedingt ablenken.
Die erste Ausnahmemöglichkeit ist an das Kohäsionsziel der EU geknüpft („Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht“, Art. 87 Abs. 3 Buchst. a EGV).[19] Hier werden nationale Beihilfen erlaubt, die komplementär zu den EU-Strukturfonds sind, es greifen also schon zwei Beihilfesysteme ineinander. Die EU erlaubt den Mitgliedstaaten – wenn auch restriktiv –, was sie selbst auch tut.
Zweite Möglichkeit sind „Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse“ (Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EGV). Dieser Ausnahmetatbestand ist Zweckprogrammierung par excellence: Die EU-Kommission hat sich bei der Beurteilung an den Gemeinschaftszielen des Art. 2 EGV zu orientieren. Die nationale Beihilfevergabe wird also an die politischen Ziele der EU angepasst.
Die dritte und am häufigsten verwendete Möglichkeit ist eine wirtschaftspolitische: „Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete“ (Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EGV). Maßgeblich ist hierbei ein unterdurchschnittlicher Entwicklungsstand im innernationalen Vergleich, nicht der EU. Sektorale, horizontale und regionale Beihilfen können auf diese Vorschrift gestützt werden. Offensichtlich haben wir es hier mit einer industriepolitischen Komponente zu tun. Die EU-Kommission sieht sektorale Beihilfen zunehmend kritischer, reglementiert hier sehr streng[20] und hat eine mögliche Verzerrung des – innereuropäischen – Handels immer im Blick. Ob die EU auch hinsichtlich ihrer eigenen industriepolitischen Aktionen so kritisch ist, wird noch zu zeigen sein.
Für unsere Fragestellung von besonderer Relevanz ist die Kulturausnahme des Art. 87 Abs. 3 Buchst. d EGV, die mit dem Vertrag von Maastricht hinzukam. Maßnahmen, die ausdrücklich die Kulturförderung zum Ziel haben und die Handels- und Wettbewerbsbedingungen nicht übergemäß beeinträchtigen, können genehmigt werden.[21] Die EU bekennt sich damit explizit zu einem außerwirtschaftlichen Ziel, behält aber Handel und Wettbewerb im Hinterkopf, nennt diese sogar extra in der Vorschrift. Wie alle anderen Ausnahmen auch, wird die Kulturausnahme restriktiv angewendet. Eine genauere Analyse erfolgt später im Zusammenhang mit der nationalen Filmförderung. In diesem Rahmen wird auch geklärt, ob die EU für sich genauso strenge Bedingungen für die Kennzeichnung als Kulturförderung anwendet.
Die Kommission ist derzeit dabei, ihr System der Beihilfenaufsicht zu reformieren.[22] Was die Ausnahmetatbestände angeht, möchte sie am liebsten nur noch Beihilfen zulassen, die mit den Zielen der Lissabon-Agenda (Wachstum und Beschäftigung) konform gehen. Sie strebt einerseits eine Reduzierung, andererseits eine Umlenkung der Beihilfen auf horizontale Zielsetzungen (Ausbildung, F&E) an. Im Grunde möchte sie also die nationalen Beihilfen auf die wirtschaftlich sinnvollen (Externalitäten, s.o.) beschränken.
2.2.2. Spezialfall Art. 86 EGV
Dass die EU aber – bei allen Inkonsistenzen – ein System ist, das auf den Wettbewerb vertraut, sieht man zum einen an der Grundkonzeption des absoluten Beihilfeverbots, zum anderen daran, dass es explizit auch auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse anwendbar ist. Die EU spart sich eine eindeutige europäische Definition dieses Begriffes.[23] In der Praxis fallen darunter die gesicherte Versorgung mit Strom, Wasser und ähnlichem; also Dinge, die allgemein verfügbar sein müssen, aber dennoch über einen Markt bzw. von Unternehmen gegen Geld angeboten werden können.
Für solcherlei Dienstleistungen gelten im Regelfall alle Wettbewerbsbestimmungen ganz normal, also auch das Beihilferecht. Ausnahmen sind nur möglich, wenn die volle Anwendung dieser Bestimmungen die Erfüllung der (vom Staat übertragenen) Aufgabe verhindert. Eine typische Ausnahme ist hierbei, wenn der Staat den Ausgleich von entstanden Mehrkosten übernimmt, die direkt mit der übertragenen Aufgabe zusammenhängen.
Ist die Dienstleistung nicht-wirtschaftlicher Natur, gilt für sie das Wettbewerbsrecht nicht. Die Unterscheidung wirtschaftlich bzw. nicht-wirtschaftlich wird damit Mittelpunkt der beihilfenrechtlichen Diskussion[24], die derzeit in vollem Gange ist und sich auch im Sekundärrecht niederschlägt (siehe Dienstleistungsrichtlinie)[25]. Darauf soll hier nicht näher eingegangen werden. Es sei lediglich der Hinweis gegeben, dass sich dieser Themenkomplex auch auf Maßnahmen zur Kultur- und Medienförderung auswirkt, wie weiter unten gezeigt wird.
2.3. WTO-Ebene
Die WTO ist ein Zusammenschluss von Staaten, der die Liberalisierung des Welthandels[26] zum Zweck hat. In diesem ökonomischen Ziel unterscheidet sie sich nicht von der EU, die mit ihrem Binnenmarktprojekt etwas Vergleichbares auf europäischer Ebene anstrebt. Allerdings ist die EU längst den Kinderschuhen entwachsen – der Binnenmarkt funktioniert verhältnismäßig gut, die Mitgliedsstaaten sind in ein festes und in großen Teilen unmittelbar anwendbares Rechtssystem eingebunden (d.h. die EU kann Zwang ausüben) und mit der Zeit ist die EU über ihre wirtschaftlichen Zielsetzungen hinausgewachsen. Das zeigt sich spätestens an der Aufnahme des Artikels 151 zur Kultur in den EGV.
So weit ist die WTO noch nicht und strebt es scheinbar auch nicht an. Es geht primär, im Grunde ausschließlich, um wirtschaftliche Zielsetzungen (auch wenn die Präambel zum WTO-Abkommen mehr verspricht[27] ), die in zähen Verhandlungsrunden zwischen den Mitgliedsstaaten erkämpft werden. Die Unterzeichung des WTO-Abkommens drohte dabei interessanterweise am Streit um den audiovisuellen Sektor zu scheitern.[28]
Die Gründung der WTO datiert selbst erst auf 1995, nachdem sich die Staaten über Jahrzehnte mit einem fragmentarischen System zum Warenhandel, den GATT-Abkommen, begnügt haben. In ihnen galten und gelten zum Teil immer noch zahlreiche Ausnahmen, deren Aufhebung zu erheblichen Schwierigkeiten führen kann (man denke nur an den Textilstreit zwischen EU und China im Sommer 2005 nach der Liberalisierung des Textilsektors).
Das GATT/WTO-System orientiert sich an souveränen Nationalstaaten, die ihre Unstimmigkeiten am besten selbstständig auf dem bilateralen Verhandlungswege klären („Interessenausgleichfunktion“[29] ) und ggf. auch Schutzmaßnahmen (sog. Safeguards) ergreifen können. Hier wird nicht gerichtet, sondern es werden Dispute gelöst („Streitbeilegungsgremium“). Institutionell hat sich zwar mit dem Übergang zur WTO einiges getan: Mit den Panels verfügt die WTO jetzt über einen eigenen echten Spruchkörper. Die Praxis u.a. der EU, den Entscheidungen keine Direktwirkung zuzuerkennen[30], spielt allerdings den Völkerrechtspessimisten Argumente zu. Eine umfassende GATT/WTO-Rechtsordnung im Sinne einer Weltwirtschaftsverfassung ist erst langsam im Werden,[31] nicht zuletzt, weil bedeutende Sektoren wie der Dienstleistungshandel erst 1995 mit dem GATS eine erste Regelung fanden.
Die oben erwähnte Interessenausgleichfunktion des Rechtssystems ist weiterhin prägend für die Subventionsrechtsordnung.[32]
2.3.1. „Traffic light approach“ im GATT
Das aktuelle Beihilfenregime im GATT ist ebenso wie die Gründung der WTO ein Resultat der Verhandlungen in der Uruguay-Runde. Es hat einen Vorläufer im Subventionskodex von 1979, der hier nicht näher behandelt werden soll. Da die USA die Verhandlungen nicht einfach gestaltete (sie nahm das Subventionsabkommen sehr persönlich, weil in ihm auch von ihr gern verwendete Ausgleichszölle reglementiert werden), wird das aktuell geltende SCM-Übereinkommen als eher fragiler Interessenausgleich angesehen, den die WTO-Mitglieder in der Doha-Runde weiter optimieren wollten.[33] Es ist ausdrücklich nur im Rahmen des GATT, also bezogen auf den Warenhandel, anwendbar.
Eine wesentliche Neuerung des Abkommens ist zunächst einmal überhaupt eine Beihilfedefinition[34]. Es werden detailliert Finanztransfers der öffentlichen Hand beschrieben, die nicht so interpretationsbedürftig sind wie die Definition der EU. Das schafft Rechtssicherheit und entspricht den Notwendigkeiten, die angesichts eines fehlenden, mit der Interpretation betrauten Gerichts entstehen. Des weiteren werden alle Formen der Einkommens- und Preisunterstützung erfasst. Zentral ist – ähnlich wie bei der EU – die Erlangung eines Vorteils.[35] Zusätzliches Kriterium ist die Spezifität der Beihilfe[36] – parallel konstruiert zu den Bestimmungen des EGV.
Ursprünglich sah das SCM-Abkommen drei Typen von Subventionen vor: Verbotene, anfechtbare und unanfechtbare (rot, gelb, grün). Ausdrücklich verboten waren hiernach Ausfuhrsubventionen und sog. „import substitution subisides“, also solche Beihilfen, die ausdrücklich protektionistische Ziele verfolgen. Anfechtbar ist eine Subvention, wenn sie sich nachteilig auf die Interessen anderer Mitglieder auswirkt[37]. Dafür sind explizite Beispiele genannt.
Die Kategorie „unanfechtbar“ galt vorläufig für fünf Jahre und sollte dann überprüft werden. Diese Überprüfung hat nicht stattgefunden, wodurch die Kategorie einfach weggefallen ist und die Beihilfen jetzt der Kategorie „anfechtbar“ unterstehen[38]. Sie beinhaltete ursprünglich genauer definierte Maßnahmen zu Forschung und Entwicklung, Kohäsionspolitik und Umweltschutz – ähnliche Ausnahmen also, die auch unter dem Regime der EU-Kommission relativ leicht genehmigt werden können. Eine Ausnahme für Kulturbeihilfen hat in diesem Rahmen nie bestanden.
Eine der EU-Kommission vergleichbare Behörde, die Beihilfen vor ihrer Gewährung prüft und genehmigt, existiert auf WTO-Ebene nicht. Es gilt vielmehr die allgemeine Transparenz-Pflicht, d.h. Staaten müssen eine Maßnahme vorher publik machen. Das Kontrollsystem bezeichnet Rodi als „multilaterale soziale Kontrolle im Wege objektivierender Öffentlichkeit“[39] Es sanktioniert also nicht die WTO im Interesse der Erhaltung eines unverfälschten Freihandels, sondern das einzelne Mitglied, wenn es sich geschädigt fühlt. Dazu hat es zwei alternative Gegenmaßnahmen: Entweder Schaffung von Ausgleichszöllen als Resultat eines nationalen Untersuchungsverfahrens oder Aussetzung von handelspolitischen Zugeständnissen als Resultat eines beschleunigten WTO-Streitbeilegungsverfahrens.[40] Das WTO-System ist mithin um Ausgleich, nicht um autoritäre Durchsetzung von vordefinierten Zielen bemüht.
2.3.2. Beihilferegulierung im GATS
Noch deutlicher wird das beim aktuellen Stand der Beihilferegulierung im GATS, die so gut wie nicht vorhanden ist. Der relevante GATS-Artikel XV verbietet keine Subventionierung der inländischen Dienstleister.[41] Für eine Rechtsvorschrift klingt er auffällig nach politischer Absichtserklärung: „Die Mitglieder erkennen an, das Subventionen unter Umständen verzerrende Effekte auf den Dienstleistungshandel haben können“[42]. Der Artikel schreibt lediglich vor, dass Verhandlungen für ein Beihilferegime aufgenommen werden sollen und dazu im Vorfeld schon größtmögliche Transparenz der Beihilfenvergabe herzustellen ist.
Die einzige Möglichkeit, gegen eine Beihilfe im Dienstleistungssektor vorzugehen, ist, den betreffenden Staat um Konsultationen zu ersuchen. Dem Gesuch muss aber nicht entsprochen werden, es muss lediglich wohlwollend geprüft werden.[43] Art. XV GATS sieht auch keine Lösungsmöglichkeit vor, sollten die Konsultationen einen benachteiligenden Effekt ergeben. Es gibt absichtlich keinen Bezug zum Streitbeilegungsgremium.[44]
Art. XV GATS ist also nicht mehr also eine politische Absichtserklärung, die man in eine Rechtsnorm gegossen hat, um sich so später selbst zu weiteren Schritten zu verpflichten. Nach den Negativerfahrungen mit den zähen Verhandlungen um ein GATT-Beihilferegime scheinen die Mitglieder dem jungen GATS nicht zu viel zumuten zu wollen. Im Grunde ist im Dienstleistungshandel alles beim Status quo, denn um Konsultationen mit ungewissem Erfolg ersuchen kann man schließlich auch ohne Rechtsgrundlage. Andererseits bleibt so auch das Recht der Staaten, Dienstleistungen im Kulturbereich zu subventionieren, unberührt.
2.3.3. Entwicklungen und Ideen in Bezug auf ein echtes Beihilferegime im GATS
Wenn man GATT und GATS vergleicht, kann man einen ganz unterschiedlichen Grad der Verrechtlichung der Beihilferegime feststellen. Während im GATS weiterhin bilaterale Konsultationen mit ungewissem Ausgang an der Tagesordnung sind, sieht das GATT doch schon eine gewisse Strukturierung und auch regelrechte Sanktionsmechanismen vor, auch wenn diese nicht mit dem strikten System der EU vergleichbar sind.
Wer also derzeit ungestört seine Beihilfen vergeben möchte, tut das am liebsten im Rahmen des GATS, versucht also möglichst viel als Dienstleistung zu deklarieren. Gerade im audiovisuellen Sektor sind die Grenzen zwischen Ware und Dienstleistung ohnehin fließend, was solchen Aktionen besonders zuträglich ist. Eine abschließende juristische Einordnung kann hier jedoch nicht geleistet werden; die WTO möchte das Problem auch am Einzelfall geklärt wissen. Für die Reform bzw. Schaffung eines WTO-Beihilferegimes seien hier die laufenden Verhandlungen und Ideen unter dem GATS behandelt, weil der audiovisuelle Sektor hauptsächlich in den GATS-Verhandlungen für Probleme sorgt und die politische und wissenschaftliche Diskussion um ein Beihilferegime hier rege im Gange ist.
[...]
[1] Püttner und Spannowsky bezeichnen Beihilfen als „wichtiges und unverzichtbare Instrument staatlicher Politik“. Vgl. Püttner; Spannowsky: Beihilfenrecht und Beihilfenaufsicht. S.321.
[2] Rodi: Die Subventionsrechtsordnung, S. 775.
[3] Rodi: Die Subventionsrechtsordnung, S. 18.
[4] Harden: State aids and the economic constitution, S. 14.
[5] Ebd.
[6] Rodi: Die Subventionsrechtsordnung, S.19.
[7] Nicolaides; Bilal: An Appraisal of the State Aid Rules of the European Community, S. 100.
[8] Marti: Die audiovisuelle Politik der EU, S.43.
[9] Kollektivguteigenschaften zitiert nach Ciresa: Beihilfenkontrolle und Wettbewerbspolitik in der EG, S.21.
[10] Ciresa: Beihilfenkontrolle und Wettbewerbspolitik in der EG, S.131.
[11] Nicolaides; Bilal: An Appraisal of the State Aid Rules of the European Community, S. 108.
[12] Vgl. u.a. Rodi: Die Subventionsrechtsordnung, S.776.
[13] Zitiert nach Marti: Die audiovisuelle Politik der EU, S. 49.
[14] Koenig et al.: EG-Beihilferecht, S. 20.
[15] Ebd., S. 35.
[16] Alle Zitate in diesem Satz beziehen sich direkt auf Art. 87 Absatz 1 EGV.
[17] Koenig et al.: EG-Beihilferecht, S. 93ff.
[18] Koenig et al.: EG-Beihilferecht, S. 174ff.
[19] Ebd., S. 105ff.
[20] Koenig et al.: EG-Beihilferecht, S. 170ff.
[21] Ebd., S. 150.
[22] Kroes: Reforming Europe's State Aid Regime: An Action Plan for Change.
[23] Becker: Europäische Daseinsvorsorge, S. 9.
[24] Becker: Europäische Daseinsvorsorge, S.10.
[25] E bd., S.14.
[26] U.a. Herdegen: Internationales Wirtschaftsrecht, S.108.
[27] Weiß; Hermann: Welthandelsrecht, S. 155.
[28] Marti: Die audiovisuelle Politik der EU, S. 87.
[29] Rodie: Die Subventionsrechtsordnung, S.125.
[30] Hilpold: Die EU im GATT/WTO-System, S.262ff.
[31] Rodi: Die Subventionsrechtsordnung, S.117.
[32] Ebd., S. 125.
[33] Prieß: WTO-Handbuch, S.432ff.
[34] Herdegen: Internationales Wirtschaftsrecht, S. 119.
[35] Rodi: Die Subventionsrechtsordnung, S. 127.
[36] Prieß: WTO-Handbuch, S. 441.
[37] Ebd., S. 442.
[38] Ebd., S. 441.
[39] Rodi: Die Sutventionsrechtsordnung, S. 134.
[40] Prieß: WTO-Handbuch, S. 447.
[41] Bernier: Audiovisual Services Subsidies within the Framework of the GATS. S.1.
[42] Vgl. Art. XV Abs. 1 GATS 1994.
[43] Prieß: WTO-Handbuch, S. 528.
[44] Benitah: Subsidies, Services and Sustainable Development, S. 9.