Biblische Motive in Science-Fiction-Filmen? Anakin Skywalker in Analogie zu Jesus
Christus? Warum dieses Thema in einer religionspädagogischen Arbeit?
Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen eine kleine Begebenheit schildern, die – so hoffe
ich zumindest – den Grund für meine Themenwahl ersichtlich macht.
Wir leben in einer Zeit, in der kaum jemand mehr die Motivation findet, sich religiöstradierter
Wurzeln zu besinnen, geschweige denn diese an die nächsten Generationen
weiterzugeben. Dies wurde mir im vergangenen Dezember wieder einmal deutlich vor Augen
geführt. Ich unterhielt mich mit einem zehnjährigen Jungen und fragte ihn, ob er sich schon
auf Weihnachten freue und ob er denn wisse, warum wir überhaupt dieses Fest feiern.
Obwohl ich seinen familiären Hintergrund kenne und mir durchaus bewusst war, dass meine
Frage provokant gewirkt haben muss, überraschte mich seine Antwort dennoch.
„Weihnachten hat irgendwas mit Amerika zu tun. Da kriegen wir dann Geschenke.“ Als ich
nun seine Eltern fragte, ob sie ihrem Kind nichts von der Weihnachtstradition erzählt hätten,
wurde mir geantwortet: „Wir glauben nicht an Gott und haben auch keine Zeit unseren
Kindern Dinge beizubringen, von denen wir selbst keine Ahnung haben. Und warum sollen
wir den Kindern etwas erzählen, was um diese Jahreszeit sowieso permanent im Fernsehen
gezeigt wird? Wenn es sie interessiert, sehen sie es doch dort.“ Über diese Aussage dachte ich
lange Zeit nach. Was mich erschrak, war nicht etwa die Erklärung einer ostdeutschen
Mittelstandsfamilie nichts mehr über Gott oder den Grund des Weihnachtsfestes zu wissen,
sondern der zweite Teil ihres Statements. Ich will hier nicht den Umstand thematisieren, dass
unsere Gesellschaft durch eine Art der kulturellen Degeneration gekennzeichnet ist –
Weihnachten ist immerhin ein tradiertes Fest, dass von jedem in irgendeiner Art und Weise
gefeiert wird und von dem man deshalb annehmen sollte, dass zumindest eine gewisse
Grundkenntnis diesbezüglich vorhanden ist – sondern ich möchte mich mit der Funktion der
modernen Medien beschäftigen, denen offenbar bei der Vermittlung grundlegenden Wissens
ein großer Stellenwert beigemessen wird.
Inhaltsverzeichnis
1. Kulturelle Degeneration oder Konkurrenz Gottes? Filme als Untersuchungsgegenstand Hinführung
1.1. „Star Wars gibt uns Spiritualität“ - Ein Kassenschlager wird Religion
1.2. Eine Galaxie ohne Ende - Ein Thema mit vielen Hürden 4
2. Dir werde ich die ganze Macht und Herrlichkeit geben - Der Retter, die Versuchung, der Abfall vom Guten und die Erlösung Hauptteil
2.1. Quell des Guten und des Bösen - Das Gottesmotiv 8
2.2. Es gab keinen Vater - Das Motiv der Jungfrauengeburt oder Trinität bei „ Star Wars “ ?
2.3. Ich kann ohne sie nicht leben - Das Agapemotiv oder Liebe als Triebfeder des Guten und Ursache des Bösen
2.3.1. Ich habe dich geliebt - Das Entfremdungsmotiv und Anakins Abfall
2.3.2. Ich kann ihn retten - Das Hoffnungsmotiv in Gestalt eines Bauernjunges
2.3.3. Liebe, Erfüllung, Erlösung - Das Umkehrmotiv 15
2.4. Die Stärke nach dem Tod - Das Motiv der Auferstehung 17
3. Eine Galaxie ohne Ende - Ausblick und religionspädagogische Bedeutung Zusammenfassung und Abschluss
4. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Kulturelle Degeneration oder Konkurrent Gottes? Filme als Untersuchungsgegenstand Hinführung
Biblische Motive in Science-Fiction-Filmen? Anakin Skywalker in Analogie zu Jesus Christus? Warum dieses Thema in einer religionspädagogischen Arbeit?
Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen eine kleine Begebenheit schildern, die - so hoffe ich zumindest - den Grund für meine Themenwahl ersichtlich macht.
Wir leben in einer Zeit, in der kaum jemand mehr die Motivation findet, sich religiös- tradierter Wurzeln zu besinnen, geschweige denn diese an die nächsten Generationen weiterzugeben. Dies wurde mir im vergangenen Dezember wieder einmal deutlich vor Augen geführt. Ich unterhielt mich mit einem zehnjährigen Jungen und fragte ihn, ob er sich schon auf Weihnachten freue und ob er denn wisse, warum wir überhaupt dieses Fest feiern. Obwohl ich seinen familiären Hintergrund kenne und mir durchaus bewusst war, dass meine Frage provokant gewirkt haben muss, überraschte mich seine Antwort dennoch. „Weihnachten hat irgendwas mit Amerika zu tun. Da kriegen wir dann Geschenke.“ Als ich nun seine Eltern fragte, ob sie ihrem Kind nichts von der Weihnachtstradition erzählt hätten, wurde mir geantwortet: „Wir glauben nicht an Gott und haben auch keine Zeit unseren Kindern Dinge beizubringen, von denen wir selbst keine Ahnung haben. Und warum sollen wir den Kindern etwas erzählen, was um diese Jahreszeit sowieso permanent im Fernsehen gezeigt wird? Wenn es sie interessiert, sehen sie es doch dort.“ Über diese Aussage dachte ich lange Zeit nach. Was mich erschrak, war nicht etwa die Erklärung einer ostdeutschen Mittelstandsfamilie nichts mehr über Gott oder den Grund des Weihnachtsfestes zu wissen, sondern der zweite Teil ihres Statements. Ich will hier nicht den Umstand thematisieren, dass unsere Gesellschaft durch eine Art der kulturellen Degeneration gekennzeichnet ist - Weihnachten ist immerhin ein tradiertes Fest, dass von jedem in irgendeiner Art und Weise gefeiert wird und von dem man deshalb annehmen sollte, dass zumindest eine gewisse Grundkenntnis diesbezüglich vorhanden ist - sondern ich möchte mich mit der Funktion der modernen Medien beschäftigen, denen offenbar bei der Vermittlung grundlegenden Wissens ein großer Stellenwert beigemessen wird. Meine Einstellung bezüglich des religiös- tradierten Wissens mag ‚blauäugig’ oder idealistisch wirken, doch hat es mich auf dem Gebiet unserer Medienlandschaft zu Beobachtungen veranlasst, die man auf den ersten Blick kaum wahrnehmen kann. Es soll daher Versuch dieser Arbeit sein an einem konkreten filmischen Beispiel deutlich zu machen, wie religiöse Motive aufgegriffen, verarbeitet und vermittelt werden. Sich mit dem Vermittlungsaspekt religiöser Motive zu beschäftigen, ist nämlich eine der wesentlichsten Aufgaben der Theologie und vor allem der Religionspädagogik.
Als angehender Religionslehrer muss ich mich mit „[…] dem Alltag, der Lebenswirklichkeit der Menschen auseinandersetzen“1, da ich sonst kein Gehör finden werde. Und eben diese Lebenswelt ist stark von Medien abhängig. In ihnen werden religiöse Themen entweder direkt oder indirekt angeschnitten und oftmals - zur Ausschmückung einer bestimmten Geschichte - aus ihrem eigentlichen Kontext herausgerissen und verfälscht.2 Dieser Fehlentwicklung versucht die Religionspädagogik entgegenzuwirken, indem bereits Schülern und Schülerinnen der reflektierte Umgang mit Medien und den darin enthaltenen religiösen Anspielungen vermittelt wird.3 Die Beschäftigung mit dieser Thematik birgt aber auch eine große Gefahr in sich. Da viele Unterrichtsfächer mit dem Medium Film arbeiten, darf der Religionsunterricht den ich wiederum als Ausdruck angewandter Religionspädagogik verstehe - ‚filmische Religiosität’ nicht nur als bloßen Aufmacher bestimmter Unterrichtseinheiten verwenden, sondern muss mit der Beschäftigung an die Erfahrungen der Schüler anknüpfen.4 Obwohl es etliche Filme gibt, die explizit religiöse Elemente aufgreifen, eignet sich nicht jeder zur unterrichtsbezogenen Thematisierung. Klassisches Beispiel hierfür wäre „Das Leben des Brian“ (Terry Jones, 1979)5. In diesem Film werden die zu vermittelnden Erkenntnisse - in Bezug auf das Leben und Wirken Jesu - überspitzt und karikiert dargestellt. Deshalb empfiehlt er sich weniger zur tiefgründigen Auseinandersetzung mit medialer Religiosität. Doch welche Filme eignen sich nun?
„Das Kino ist eine göttliche Art […] dem Herrgott Konkurrenz zu machen“6, sagt Federico Fellini. Wenn also die Religionspädagogik dem „[…] pädagogisch besonders schädlich[en]“7 Kino wiederum Konkurrenz machen will, muss sie mit anderen filmischen Beispielen arbeiten. Hier bieten sich solche Filme an, zu denen die Schüler eine außerschulische Vorkenntnis haben und durch die sie unbewusst mit biblisch-religiösen Aspekten in Kontakt gebracht werden. Diese werden aufgrund mangelnder religiöser Vorbildung heute nicht mehr so schnell erkannt.8 Auf der Suche nach einem geeigneten ‚Untersuchungsobjekt’ bin ich dann im aktuellen Fernsehprogramm fündig geworden.
Der Privatsender ProSieben hat sich seit September dieses Jahres einer ‚ Macht ’ verschrieben9, die über das „[…] Geschick der ganzen Galaxis“10 entscheiden kann. Wenn die Einschaltquoten sinken und der Konkurrenzkampf deutscher Fernsehanstalten um die besten Sendeplätze apokalyptische Ausmaße annimmt, wird diese ‚ Macht ’ als scheinbar letzte Rettung angerufen. Die ‚ Macht ’ ist nicht etwa ein Synonym für den trinitarischen Gott der Christenheit oder für andere religiöse Traditionen unserer Gegenwart, sondern sie ist eine Größe, die sich nur im Film offenbart - in der „Star-Wars-Saga“ des George Lucas.
1.1. „Star Wars gibt uns Spiritualität.“ - Ein Kassenschlager wird Religion
„Star Wars gibt uns Spiritualität. Es ist genauso, wie über die Bibel, den Koran oder die Torah nach einem höheren Selbst zu suchen. Mystik habe ich von Obi-Wan gelernt, nicht von Johannes dem Täufer.“11 Dieser Ausspruch stammt von einem der zehntausend Jedi, die mittlerweile in Großbritannien leben und von behördlicher Seite sogar als Glaubensgemeinschaft akzeptiert werden. Es spricht für unsere Zeit und bestätigt meine anfängliche Einschätzung, dass eine fiktive und filmisch umgesetzte Geschichte - die nach Aussagen ihres Schöpfers bewusst Elemente der unterschiedlichsten Religionen aufgreift - eher als Befriedung spiritueller Bedürfnisse empfunden wird, als traditionelle Religionen. Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte hat die Begeisterung für „ Star Wars “ unglaubliche Dimensionen angenommen. Was sich anfänglich nur an den Kinokassen bemerkbar machte - die erste Star-Wars-Trilogie spielte „[…] weltweit 1,3 Milliarden Dollar [ein]“12 - spiegelt sich nun auch im religiösen Leben vieler Menschen wieder. Bei einer Volkszählung im Jahr 2002 beantworteten über 70.000 Australier die Frage nach ihrer Religionszugehörigkeit mit ‚Jedi’.13 Das gesteigerte Bekenntnis zu „ Star Wars “ als Religion vollzog sich in derselben Zeitspanne, in der in Deutschland die Mitgliedschaft in der Evangelischen Kirche um fast 30 Prozent zurückging.14 Allein dieser Aspekt macht eine ausführliche Beschäftigung mit „ Star Wars “ unumgänglich. Es soll in den nachfolgenden Ausführungen jedoch nicht darum gehen, wie diese Entwicklung zu erklären ist, sondern warum bei dieser Entwicklung religiöse Motive eine Rolle spielen und wo sie explizit in den Star-Wars-Filmen aufgegriffen werden.
1.2. Eine Galaxie ohne Ende - Ein Thema mit vielen Hürden
Bei der Behandlung des Themas müssen einige Abstriche gemacht werden. Obwohl „ Star Wars “ von christlichen, buddhistischen, jüdischen und fernöstlichen Religionsanspielungen lebt, kann diese Arbeit sich nur mit den christlich-biblischen Motiven beschäftigen. Alles weitere - obwohl es durchaus interessant wäre - würde den Umfang der Ausführungen sprengen. Des Weiteren kann nicht der gesamte Handlungsplot wiedergegeben werden. Bei einer Spieldauer von weit mehr als 14 Stunden kann nicht jede Kleinigkeit nacherzählt werden. Auch ist das Star-Wars-Universum so umfangreich, dass bei der Analyse bestimmter Motive der personale Blickwinkel eingegrenzt werden muss.15 Es soll deshalb ein Charakter im Mittelpunkt der Überlegungen stehen - Lord Darth Vader. Sein biografischer Werdegang, vom neunjährigen Sklavenjungen bis zu seinem Opfertod im Alter von 45 Jahren, ist eingebettet in einen christlichen Motiv-Rahmen. Um eben diese Motive - hier vor allem das Agapemotiv, das auf Grundlage der Erläuterungen Gerd Theißens bearbeitet wird - soll es explizit gehen. Ein weiteres Problem ergibt sich bei der Zitation: 1997 wurden die Episoden IV-VI digital überarbeitet und teilweise ergänzt, sodass die Angabe von relevanten Filmzitaten nur ungenau erfolgen kann. Deshalb wird in den entsprechenden Zitaten kein Zeitpunkt, sondern immer eine Zeitspanne angegeben.16
Bevor nun genauer ins das Thema eingestiegen wird, soll der Inhalt der Filme grob umrissen werden.
2. Dir werde ich die ganze Macht und Herrlichkeit geben- Der Retter, die Versuchung, der Abfall vom Guten und die Erlösung Hauptteil
Der Evangelist Lukas schildert im vierten Kapitel seines Evangeliums die Versuchung Jesu durch den Teufel. Vierzig Tage redete dieser auf ihn ein. Er forderte Wundertaten von Jesus, bot ihm alle irdischen Schätze an und versuchte ihn sogar schlussendlich mit dem geschriebenen Wort zu ködern. Jesus jedoch blieb standhaft und entsagte der Macht des Bösen, der Versuchung und der Feindschaft zu Gott. Mit diesem Verhalten unterstrich er seinen messianischen Anspruch und zeigte, dass in seiner Gegenwart die Prophetie des Reiches Gottes - von der schon das Alte Testament zeugt - erfüllt ist. Doch was wäre, wenn Jesus der Versuchung erlegen wäre? Wäre er vielleicht nicht gekreuzigt wurden? Wäre er vielleicht nicht ‚am dritten Tage auferstanden von den Toten’ und würde es als schlussendliche Konsequenz heute keine Christenheit geben? Man kann sich schwerlich vorstellen, welche Folgen eine ‚erfolgreiche’ Bekehrung durch den Teufel gehabt hätten. Für die meisten Christen stellen sich diese Fragen überhaupt nicht. Jesus ist der Sohn Gottes und als solcher kann ihm die Macht des Bösen nichts anhaben. Aber nur weil eine Frage nicht gestellt wird, bedeutet dies nicht, dass sie nicht des Überlegens wert wäre. Mit „ Star Wars “ haben wir ein Modell, das sich mit der Was-wäre-wenn-Thematik auseinandersetzt. Nicht Jesus wird hier vom Bösen versucht, sondern ein junger Mann, der in erstaunlicher Analogie zum steht.17
Die Handlung aller Star-Wars-Filme kann auf den kosmischen Kampf zwischen Gut und Böse zusammengefasst werden. Dieser Kampf, der als anfänglicher Wirtschaftsdisput in "Star Wars: Episode I - Die Dunkle Bedrohung" (George Lucas, 1999) vorgestellt wird, weitet sich bis zum Showdown in "Star Wars: Episode VI - Die Rückkehr der Jedi-Ritter" (Richard Marguand, 1983) zum Konflikt zwischen der hellen und der dunklen Seite der ‚ Macht ’ aus.18 In diesen Konflikt wird unbeabsichtigt ein kleiner Sklavenjunge namens Anakin Skywalker involviert.
Durch die Unterstützung des Jedi-Ritters Qui-Gon Jinn und seines Schülers Obi-Wan Kenobi kann die Königin Amidala von ihrem Heimatplaneten Naboo, der durch die mächtige Handelsföderation belagert wird, flüchten und trifft auf ihrem Weg zum Planeten Coruscant - dem Machtzentrum der Galaktischen Republik - auf Anakin. Dieses Treffen war jedoch kein Zufall, es war der „Wille der Macht.“19 Anakin kommt aus der Sklaverei frei und Qui-Gon Jinn nimmt es auf sich, ihn zum Jedi-Ritter auszubilden. An diesem Punkt der Geschichte steht Anakin vor einer schweren Entscheidung. Wenn er ein Jedi-Ritter werden will, muss er seinen Heimatplaneten Tatooine als auch seine geliebte Mutter Shmi verlassen. Er entscheidet sich für die Ausbildung. Nachdem Qui-Gon Jinn durch den Lord der Sith - die Sith sind die Gegenspieler der Jedi - Darth Maul getötet wird, führt Obi-Wan die Ausbildung Anakins - die der Rat der Jedi ursprünglich nicht gebilligt hatte, da „große Gefahr befürchtet wurde durch seine Ausbildung“20 - fort. Erst nach seinem Tod gesteht sich Obi-Wan seine Fehleinschätzung und sein eigenes Versagen ein.21 Anakin wächst heran, seine Fähigkeiten sind bemerkenswert und übersteigen alle Erwartungen. Jedoch entwickelt er eine Arroganz, die ihn anfällig und in gewisser Weise unberechenbar macht.22 Er trifft nach zehn Jahren wieder auf Amidala, die nun Senatorin Naboos ist. Auch dieses Treffen erfolgt unter keinen günstigen Voraussetzungen. Die anfängliche Auseinandersetzung um die Handelssteuern - die Naboos Belagerung zur Folge hatte - hat sich in der Galaktischen Republik zu einer politischen Krise ausgeweitet. Tausende Sternensysteme haben sich vom Zentrum separiert und proben den Aufstand. In dieser Situation stellt der Kanzler der Republik und ehemalige Senator Naboos - Palpatine - eine Armee auf die Beine. Ein Bürgerkrieg bricht aus, der das „Leichentuch der dunklen Seite der Macht“23 offenbart. Die Jedi - ahnungslos ob einer gigantischen Verschwörung, die zu ihrer Vernichtung erdacht wurde - übernehmen als Generäle das Kommando der Armee. Und obwohl ihre militärischen Erfolge ein baldiges Ende der Auseinandersetzungen zeigen, ist ihr Schicksal besiegelt. Kanzler Palpatine, der während des Krieges mit Notgesetzen regiert, führt ein Doppelleben. Er ist in Wirklichkeit ein Lord der Sith, der sowohl die Blockade Naboos als auch den Bürgerkrieg zu verantworten hat. Des Weiteren besitzt er die Gabe andere Menschen zu beeinflussen. So erliegt Anakin, der mittlerweile heimlich mit Senatorin Amidala verheiratet ist und die wiederum von ihm ein Kind erwartet - den Versprechungen und Lügen Palpatines. Anakin wendet sich von den Jedi ab, unterwirft sich Palpatine - der aus der Republik ein Imperium gemacht hat - und hilft dabei die Jedi zu vernichten. Nur noch seine Frau - die eine maßgebliche Rolle bei seinem Abfall spielt, was an anderer Stelle ausführlicher behandelt werden soll - steht zu ihm. Doch auch sie kann ihn nicht zur Rückkehr überreden. Mehr und mehr verfällt er dem Bösen und hört allmählich auf Anakin Skywalker zu sein. Er - der nun den Namen Darth Vader trägt - wendet sich in seiner Wut sogar gegen Amidala, die daraufhin ihren Lebenswillen verliert und kurz nach der Geburt der Zwillinge, Luke und Leia, stirbt. Wiederum nimmt sich Obi-Wan der Kinder an und sorgt dafür, dass sie vor ihrem Vater und dem Imperator Palpatine versteckt werden. Leia wird adoptiert und Luke wird zu seinen leiblichen Verwandten - zum Stiefbruder seines Vaters - nach Tatooine gebracht. Hier lebt er ein unbeschwertes, bäuerliches und abgeschiedenes Leben bis - nach etwa zwanzig Jahren - sich die Ereignisse überschlagen. Gegen das Imperium hat sich eine Opposition gebildet, die sich Allianz24 nennt und unter anderem von Leia angeführt wird. Diese versucht die Pläne der imperialen Superwaffe - dem Todesstern - zu stehlen. Durch einen Zufall geraten eben diese Pläne, die sich im Speicher des Droiden R2-D2 befinden - den Stephan Vasel als „[…] technisch vollendete Form des treuen deutschen Schäferhundes“25 bezeichnet - in den Besitz Luke Skywalkers. Luke verlässt daraufhin seinen Onkel und seine Tante, schließt sich Obi-Wan - der seit der Machtergreifung der Sith als einer der letzten Jedi unerkannt auf Tatooine lebt - und der Allianz an und schafft es schlussendlich den Todesstern zu vernichten. Doch damit ist die dunkle Seite der ‚ Macht ’ nicht vernichtet. Darth Vader überlebt die Zerstörung und sinnt nun auf Rache. Er verfolgt die Rebellen und schafft es, sie in der ganzen Galaxis zu zerstreuen. Luke hat sich mittlerweile mit den Künsten der Jedi vertraut gemacht und versucht seine Freunde, die sich in der Hand Darth Vaders befinden, zu befreien. In der Wolkenstadt Bespin treffen beide aufeinander und Vader offenbart ihm mit den Worten, „Luke, ich bin dein Vater“26, dass beide ein gemeinsames Schicksal haben. Luke kann und will dies nicht glauben. Für ihn ist es unvorstellbar, dass Gut und Böse so eng beieinander liegen. Erst nachdem der als Astralwesen ‚auferstandene’ Obi-Wan, der vor der Zerstörung des ersten Todessternes durch das Schwert Vaders den Tod fand, dafür die Bestätigung liefert, kann Luke dies akzeptieren. Er resigniert jedoch nicht, sondern beginnt für das Gute in seinem Vater zukämpfen. „Das Gute in ihm ist noch nicht erloschen. […] Ich kann ihn zur guten Seite der ‚ Macht ’ bekehren und ihn retten. Ich muss es versuchen.“27 Und schlussendlich gelingt dieser Versuch. Luke, den der Imperator als Bedrohung empfindet und ihn deshalb ebenfalls zum Bösen verleiten will, stellt sich seinem Vater. Es gelingt ihm nicht nur gegen die Versuchungen des Imperators anzukämpfen, sondern auch an das - durch Hass und Schmerz verborgene - Gute in Darth Vader zu appellieren. Dieser lässt ab von der dunklen Seite und tötet den Imperator. Er opfert sich selbst, rettet damit seinen Sohn und beendet die Herrschaft des Bösen in der Galaxis. Er erfüllt also doch noch die Erwartungen, die zu Beginn seiner Jedi-Ausbildung an ihn gestellt wurden. Wie ein Märtyrer zahlt er für dieses Opfer mit seinem Leben. Die helle Seite der ‚ Macht ’ söhnt sich mit ihm aus und lässt ihn als Jedi wieder auferstehen.28 Wie schon der Evangelist Johannes bemerkt, hat Gott „den Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde“ (Joh 3,17). Ist Anakin der Sohn Gottes? Wer ist überhaupt der ‚Gott’ des Star-Wars-Universums?
[...]
1 Inge KIRSNER/Michael WERMKE (Hg.): Religion im Kino. Religionspädagogisches Arbeiten mit Filmen, Jena 2005, Seite 6.
2 Vgl. ebd., Seite 5.
3 Vgl. ebd., Seite 7.
4 Vgl. ebd., Seite 8.
5 Anmerkung DM: Filmische Beispiele, die in den nachfolgenden Ausführungen angesprochen werden, sind mit Angaben zum Regisseur und Erscheinungsjahr kenntlich gemacht. Angaben diesbezüglich stammen aus dem Internet. < http://www.amazon.de/Monty-Python-Das-Leben-Brian/dp/B00008POJ8> .
6 Zit. nach: HERMANN, JÖRG: Roboterjunge mit Gefühlen: Steven Spielbergs „A.I. - Artifical Intelligence“ ist ein religiöser Film. In: zeitzeichen 2 (2001), Seite 52.
7 GRABER, Bruno: Das Evangelium nach George Lucas. <http://www.livenet.ch/www/index.php/D/article/190/1704/>.
8 Vgl. KIRSNER, Inge: Religion und Kino, Mythos und Wirklichkeit. In: Inge KIRSNER/Michael WERMKE (Hg.): Religion im Kino. Religionspädagogisches Arbeiten mit Filmen, Jena 2005, Seite 25f.
9 Anmerkung DM: Seit 19. September 2008 strahlt ProSieben sämtliche Episoden der Star-Wars-Saga aus. Den Anfang machte "Star Wars: Episode I - Die Dunkle Bedrohung", Freitag, 19.09.2008, um 20.15 Uhr. Nachfolgende Sendetermine waren: "Star Wars: Episode II - Angriff der Klonkrieger", Sonntag, 21.09.2008, um 20.15 Uhr/ "Star Wars: Episode III - Die Rache der Sith", Sonntag, 28.09.2008, um 20.15 Uhr (Zum ersten Mal im Free-TV)/ "Star Wars: Episode IV - Eine neue Hoffnung ", Freitag, 03.10.2008, um 20.15 Uhr/ "Star Wars: Episode V - Das Imperium schlägt zurück", Freitag, 10.10.2008, um 20.15 Uhr und "Star Wars: Episode VI - Die Rückkehr der Jedi-Ritter", Freitag, 17.10.2008, um 20.15 Uhr. Siehe: <http://www.starwars- union.de/index.php?id=episode1>.
10 GRABER, Bruno: Das Evangelium nach George Lucas. <http://www.livenet.ch/www/index.php/D/article/190/1704/>
11 Zit. nach: ebd.
12HAUSER, LINUS: Ein Neomythos kehrt zurück: Anfragen an die Kult-Serie „Star Wars“. In: Herder Korrespondenz 53 (1999), Seite 412/ Anmerkung DM: Mit der ‚ersten Trilogie’ sind die Star-Wars-Filme gemeint, die zwischen 1977-1983 entstanden (Episode IV-VI). Die restlichen Teile (Episode I-III) - auch bekannt als ‚neue Trilogie’ - entstanden zwischen 1999-2005.
13 Vgl. „Jedi Ritter verwirren australische Statistiker“. In: Die Rheinpfalz, 28.08.2002. <http://www.rheinpfalz.de/rhp/content/archiv/index.php>.
14 Vgl. „Gottloses Europa“. In: Die Zeit online, 06.04.2005. < http://www.zeit.de/2005/15/Entchristianisierung>.
15 Anmerkung DM: Die Formulierung ‚Star-Wars-Universum’ bezieht sich auf all jene Aspekte - gemeint sind Charaktere, Schauplätze, Ereignisse usw. - die in den Filmen zwar angesprochen werden, jedoch in der internationalen Fan-Gemeinde ausgebaut und erweitert wurden. So zum Beispiel taucht in „Episode I - Die Dunkle Bedrohung“ die Kopfgeldjägerin Aura Sing auf (I, 01:03:06-01:03:08). In den Filmen wird zwar nichts weiter über sie berichtet, doch in der Community hat sie eine eigene Biografie und eine wichtige Rolle im Gesamtzusammenhang.
16 Anmerkung DM: Die Filmzitation erfolgt nach dem Muster (Kürzel der entsprechenden Episode, Beginn des Filmausschnittes in Std.: Min.: Sek.- Ende des Filmausschnittes in Std.: Min.: Sek.). Beispiel: (V, 02:01:00- 02:01:34) meint ("Star Wars: Episode VI - Das Imperium schlägt zurück", 02:01:00-02:01:34).
17 Lk 4,6.
18 Vgl. VASEL, Stephan: „Möge die Macht mit dir sein…“ - Religionspädagogische Anknüpfungen an George Lucas´ Mythenmix. In: Inge KIRSNER/Michael WERMKE (Hg.): Religion im Kino. Religionspädagogisches Arbeiten mit Filmen, Jena 2005, Seite 180.
19 (I, 01:26:20-01:26:28).
20 (I, 02:05:50-02:06:08).
21 Vgl.: (VI, 00:44:56-00:45:06).
22 Vgl.: (II, 00:27:10-00:27:55).
23 (II, 02:09:00-02:09:07).
24 Anmerkung DM: Die Allianz wird vom Imperium abfällig als Rebellion bezeichnet.
25 VASEL, Stephan: „Möge die Macht mit dir sein…“, Seite 180.
26 (V, 01:46:44-01:46:46).
27 (VI, 01:17:45-01:17:58).
28 (VI, 02:02:19-02:02-39).