Es gehört längst vergangenen Tagen an, dass das Ruhrgebiet ein Synonym für konjunkturelle Stärke einhergehend mit einem hohen Beschäftigungsgrad war. Bereits beginnend mit der ersten Kohlekrise im Jahr 1957 und schließlich mit dem sich abzeichnenden Untergang der Montanindustrie in den siebziger Jahren entwickelte sich eine immer ausuferndere Problemregion. Der einstige Vorteil des Ruhrgebiets, eine Industrieagglomeration aufzuweisen, die den speziellen Bedürfnissen einer großen Branche gerecht wurde, entfaltete sich im Zeitverlauf zu einem wachsenden Problem .
Welche Wirkungen die Interventionsmaßnahmen der Europäischen Union und des Landes NRW zur strukturellen Anpassung des Ruhrgebiets und zur wachsenden Arbeitslosigkeit induzieren sowie die kritische Auseinandersetzung mit jenen Interventionsversuchen sind Gegenstand dieser Arbeit; thematisch liegt der Schwerpunkt dabei in den europäischen Strukturfondsinterventionen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Problemstellung
2 Strukturwandel im Ruhrgebiet
2.1 HistorischerAufriss regionalpolitischer Intervention
2.2 Regionale Demarkation
3 Europäische Strukturfondsintervention
3.1 Förderperiode 2000-2006
3.1.1 Oberziele und Maßnahmen des Landes NRW
3.1.2 Finanzausstattung der Fondsintervention
3.2 Förderperiode 2007-2013
3.2.1 Oberziele und Maßnahmen des Landes NRW
3.2.2 Finanzausstattung der Fondsintervention
3.3 Zusammenfassende Einschätzung
4 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abb. 1: Entwicklung der Erwerbstätigen
Tab. 1: Mittelaufschlüsselung nach Prioritätsachse
Tab. 2: Zielerreichung bei Programmindikatoren 2008
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Problemstellung
Es gehört längst vergangenen Tagen an, dass das Ruhrgebiet ein Synonym für konjunkturelle Stärke einhergehend mit einem hohen Beschäftigungsgrad war. Bereits beginnend mit der ersten Kohlekrise im Jahr 1957 und schließlich mit dem sich abzeichnenden Untergang der Montanindustrie in den siebziger Jahren entwickelte sich eine immer ausuferndere Problemregion. Der einstige Vorteil des Ruhrgebiets, eine Industrieagglomeration aufzuweisen, die den speziellen Bedürfnissen einer großen Branche gerecht wurde, entfaltete sich im Zeitverlauf zu einem wachsenden Problem[1].
Welche Wirkungen die Interventionsmaßnahmen der Europäischen Union und des Landes NRW zur strukturellen Anpassung des Ruhrgebiets und zur wachsenden Arbeitslosigkeit induzieren sowie die kritische Auseinandersetzung mit jenen Interventionsversuchen sind Gegenstand dieser Arbeit; thematisch liegt der Schwerpunkt dabei in den europäischen Strukturfondsinterventionen.
Zunächst werden die wichtigsten strukturellen Gründe für regionalpolitische Interventionen im Ruhrgebiet aus historischer Perspektive vorgestellt. Dabei wird auch auf die frühen regionalen prozesspolitischen Aktionen des Landes NRW eingegangen.
Darauf folgend wird die Problematik unterschiedlicher Jurisdiktionen der betrachteten Region aufgegriffen und auf einen aus der Theorie abgeleiteten möglichst zutreffenden Regionsbegriff abgestellt.
Die somit für die Zwecke dieser Arbeit erstellte räumliche Demarkation dient als Grundlage für die nähere Vorstellung der Strukturfondsinterventionen mit ihren inhärenten Oberzielen und Maßnahmen in dem vorgegebenen Förderzeitraum.
Der darauf aufbauende Themenschwerpunkt behandelt die summarische Evaluation jener Finanzmaßnahmen unter der Prämisse normierter Konvergenzmotive.
Die Arbeit schließt in Bezug auf die einleitende Problemstellung mit einer kritischen Würdigung der vorgestellten wirtschaftspolitischen Interventionsversuche im gesamten Betrachtungszeitraum 2000-2013 in Form eines Fazits und geht dabei auf die Probleme einer exakten Quantifizierung der Erfolge ein, um einen möglichen Ausblick über zukünftige Förderanstrengungen zu geben.
2 Strukturwandel im Ruhrgebiet
2.1 Historischer Aufriss regionalpolitischer Intervention
Das Ruhrgebiet im 20. Jahrhundert war geprägt durch die nahezu größte Industrieagglomeration des sekundären Sektors in dem damaligen Mittel- und Westeuropa. Eine äußerst spezialisierte Infrastruktur brachte einen strukturfesten Montankomplex hervor, der den industriellen Mittelstand ausschließlich in Ansätzen prosperieren ließ. Vorwiegend vertikal integrierte Großunternehmen aus den Branchen des Kohlebergbaus und der Stahlindustrie formten die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Strukturen der Region.[2] Eng verzahnte Gefüge in Folge ausgeprägter Kooperationen zwischen der Landes- und Kommunalpolitik und den bedeutendsten Akteuren der damaligen Wirtschaftslandschaft bildeten das Fundament der regionalen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Forschung und Entwicklung waren von untergeordneter Priorität und der ansässige Arbeitsmarkt attrahierte im großen Ausmaß einen Pool von Beschäftigen mit einer geringen Bildungsdichte.[3] Jenes ausdifferenzierte Konglomerat wirtschaftlicher Akteure begann bereits zum Ende der 1950er Jahre zu bröckeln, als im Zuge wachsender Importquoten von Erdöl und Kohle die lokalen Erzeugnisse an Kostenvorteilen einbüßten und die Güterabsatzmengen stetig sanken. Schließlich kam es 1987 zur Stilllegung ganzer Betriebsstandorte und der fallende Dollarkurs forcierte den Import von Kohle weiter.[4]
Die Folge war ein Verlust von 17% aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in einem Zeitraum zwischen 1977 und 2006. Real betrug jener Beschäftigungsabbau nahezu 300 000 Arbeitsplätze, so dass 2006 circa 358 000 Arbeitslose im Ruhrgebiet zu verzeichnen waren, was 8% aller Arbeitslosen im Bundesgebiet entsprach.[5]
Die Landespolitik erkannte die geschilderte Historie bereits in den 1960er Jahren, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des normierten Leitmotivs zur gleichmäßigen Entwicklung des Bundesgebiets gemäß Art. 72 GG, welches heutzutage durch § 2 Abs. 2 ROG ergänzt wird.[6] Umfassende Anstrengungen, den wirtschaftlichen Anschluss der Region an den Rest des Landes anzukoppeln, wurden z.B. mit dem Entwicklungsprogramm Ruhr von 1968 und dem Nordrhein-Westfalen-Programm von 1970 sowie mit dem 1979 implementierten Technologieprogramm Stahl unternommen. Doch die antiquierte politische Perspektive, dass der altindustrielle Montankomplex weiterhin eine fundamentale Rolle im strukturellen Aufholprozess übernehmen sollte, war nicht zielführend.[7] Dies führte letztlich zur politischen Einsicht, dass eine Prioritätenverschiebung bei den prozesspolitischen Interventionen unumgänglich erschien. Neue Industrien, besonders der tertiäre Sektor sowie eine ausgebaute Gewerbeförderung wie auch die finanzielle Unterstützung von Unternehmensgründungen und neuer Technologiecluster sollten nun auch eine EU-konforme Strukturpolitik erfüllen und den regionalen Wettbewerb stärken. Somit sollte der strukturelle Anpassungsprozess dieser Problemregion unterstützt und letztlich beschleunigt werden.[8]
2.2 Regionale Demarkation
Der in dieser Arbeit analysierte geographische Raum, das Ruhrgebiet, verlangt es, eine Gebietseinteilung vorzunehmen, die vom staatlichen Hoheitsgebiet variiert. Die untersuchten Raumpunkte bilden zusammen einen Regionsbegriff, der aus der Aufgabenstellung nach dem Funktionalitätskriterium abgeleitet wird.[9]
Hervorzuheben sind hier die drei Regierungsbezirke, Arnsberg, Düsseldorf und Münster, die das Ruhrgebiet in divergierende Jurisdiktionen spaltet. Diese Konstellation begünstigt den Umstand, dass interkommunale Kooperation nur bedingt stattfindet und die untersuchte Region nur unterdurchschnittlich prosperiert.
[...]
[1] Vgl. Maier/Tödtling/Trippl (2006), S. 7.
[2] Vgl. RWI (RWI Projektberichte 2005), S. 11.
[3] Vgl. Lageman/Neumann/Schmidt (ZfW 2006),S. 233 f.
[4] Vgl. Wissen (Geographische Revue 2001), Heft 1, S. 6 f.
[5] Vgl. Eltges (IzR 2008), S. 539.
[6] Vgl. Krappweis: Gleichwertige Lebensverhältnisse, http://planung-tu-
berlin.de/Profil/Gleichwertige_Lebensverhaeltnisse.htm vom 21.08.2009.
[7] Vgl. Wissen (Geographische Revue 2001), Heft 1, S. 7.
[8] Vgl. Lageman/Neumann/Schmidt (ZfW 2006), S. 235ff.
[9] Vgl. Maier/Tödtling/ Trippl (2006), S. 13 ff.