Jungen – die neuen Sorgenkinder der Schule?
Zusammenfassung
1.1 Einführung und Zielsetzung
Jungen, das neue schwache Geschlecht? Noch vor gar nicht langer Zeit war es umgekehrt und die Frau galt als das zu fördernde Geschlecht. Im Zuge der Frauenbewegung wurden berechtigterweise zahlreiche Programme eingeführt, die speziell die Mädchen fördern sollten. Die deutsche Bildungspolitik richtete lange ihre Bemühungen nur zugunsten der Mädchen aus. Mädchen bekamen Privilegien. Zwar besetzen Männer auch heute noch immer die meisten Spitzenpositionen in Politik und Wirtschaft, verdienen besser und können laut dem Bestseller von Allan und Barbara Pease besser einparken, aber sind die Jungen immer noch in der Vorreiterposition oder hinkt der männliche Nachwuchs den Mädchen in der Schule hinterher?
Laut der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland sollen beide Geschlechter im Schulsystem die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben, denn das Grundgesetz schreibt vor, dass niemand wegen seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen und eben auch wegen seines Geschlechtes, benachteiligt oder bevorzugt werden darf. (vgl. Grundgesetz, 1949, Artikel 3) Aber haben Jungen und Mädchen tatsächlich dieselben Chancen auf eine gute Schulkarriere? Bietet das System Schule Jungen wie Mädchen dieselben Bedingungen? Werden die Fähigkeiten und Potenziale von beiden Geschlechtern gleichviel gefördert? Dieser Frage soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einfuhrung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Sind Jungen die neuen Bildungsverlierer?
2.1 Die Lebenssituation der Jungen von heute
2.2 Daten und Fakten
3 Erklarungsversuche
3.1 Schattenseiten der Emanzipation
3.2 Feminisierung von Schule und Lebenswelt
3.3 Unterricht ist auf Madchen ausgerichtet
3.4 Madchen lernen anders, Jungen auch
4 Wege aus der Misere
4.1 Mannerquote fur Kindergarten und Schule?
4.2 Zuruck zur Monoedukation?
4.3 Geschlechtergerechter Unterricht
5. Zusammenfassung und Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einfuhrung und Zielsetzung
Jungen, das neue schwache Geschlecht? Noch vor gar nicht langer Zeit war es umgekehrt und die Frau galt als das zu fordernde Geschlecht. Im Zuge der Frauenbewegung wurden berechtigterweise zahlreiche Programme eingefuhrt, die speziell die Madchen fordern sollten. Die deutsche Bildungspolitik richtete lange ihre Bemuhungen nur zugunsten der Madchen aus. Madchen bekamen Privilegien. Zwar besetzen Manner auch heute noch immer die meisten Spitzenpositionen in Politik und Wirtschaft, verdienen besser und konnen laut dem Bestseller von Allan und Barbara Pease besser einparken, aber sind die Jungen immer noch in der Vorreiterposition oder hinkt der mannliche Nachwuchs den Madchen in der Schule hinterher?
Laut der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland beide Geschlechter im Schulsystem die gleichen Chancen und Moglichkeiten haben, denn das Grundgesetz schreibt vor, dass niemand wegen seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiosen oder politischen Anschauungen und eben auch wegen seines Geschlechtes, benachteiligt oder bevorzugt werden darf. (vgl. Grundgesetz, 1949, Artikel 3) Aber haben Jungen und Madchen tatsachlich dieselben Chancen auf eine gute Schulkarriere? Bietet das System Schule Jungen wie Madchen dieselben Bedingungen? Werden die Fahigkeiten und Potenziale von beiden Geschlechtern gleichviel gefordert? Dieser Frage soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden.
1.2 Aufbau der Arbeit
Im ersten Teil dieser Hausarbeit werden zunachst die wichtigsten Daten und Fakten uber die Lebenssituation der Jungen von heute zusammengetragen. Diese sollen aufzeigen, inwiefern Jungen die neuen Bildungsverlierer des Systems Schule sind.
Im Anschluss daran erfolgt eine Suche nach den Ursachen fur die obige Entwicklung. Dazu zahlt die Feminisierung der kindlichen Umwelt als auch die Unterschiede im Lernverhalten. Im Zuge dieses Kapitels werden auch die nachteiligen Auswirkungen der Emanzipations- bewegung beleuchtet.
Im darauffolgenden Abschnitt erfolgt eine Auseinandersetzung mit den einschlagigen wissenschaftlichen und politischen Forderungen, die aus der Benachteiligung der Jungen resultieren. Hierzu zahlt die Mannerquote fur Schulen und Kindergarten als auch der Ruf nach geschlechtergetrenntem Unterricht. Zum Schluss werden die Bedingungen des geschlechtergerechten Unterrichts diskutiert.
Die Hausarbeit schlieRt ab mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einem Fazit.
2 Sind Jungen die neuen Bildungsverlierer?
2.1 Die Lebenssituation der Jungen von heute
Fur viele Jungen ist es schwer geworden, ihre Rolle in der Welt zu finden. Was ist richtig? Wie benimmt sich ein „richtiger“ Mann? Was genau ist mannlich und ist dies dann auch erwunscht? Was wird erwartet von einem Mann? Starker Macho oder doch lieber Softie? Aber von beidem bitte auch nicht zu viel. Die Erwartungen an einen kleinen Jungen sind verwirrend. (vgl. Schnack & Neutzling, 2000, 38ff.)
Madchen steht eine groRere Zahl an Verhaltensweisen zur Verfugung. Sie durfen Gefuhle zeigen, durfen mitfuhlend und hilfsbereit sein, konnen aber auch gleichzeitig stark, wild und selbstbewusst auftreten. Sie durfen Selbstverteidigungskurse besuchen ohne gleich als gewalttatig abgestempelt zu werden. Jungen hingegen stehen nur wenige Verhaltensweisen zur Verfugung. (vgl. Budde, 2007)
Mannliche Vorbilder sind knapp, auch identitatsfindende Mannerrituale gibt es nicht mehr. Als sicher gilt nur, dass Manner anders als Frauen sind. Helden aus Film, Fernsehen und Computer werden als Rollenvorbilder herangezogen. Wer als „echter“ Junge anerkannt werden mochte und nicht als Streber, der muss den Unterricht storen und alles was mit Schule zu tun hat, blod finden, denn in der Schule gilt es als uncool, wenn man aufpasst und gute Noten schreibt.
Auch auf dem Arbeitsmarkt wird es gerade fur junge Manner aus den bildungsfernen Schichten kritisch. Tatigkeiten, wo mannliche Fahigkeiten wichtig sind, werden immer rarer. Soft Skills, wie Kommunikationsfahigkeit und Dienstleistungsbereitschaft hingegen, werden immer bedeutender. Und diese liegen besonders den Frauen.
Des Weiteren trifft einen Jungen die Erwerbslosigkeit besonders, denn ihm fehlen im Gegensatz zu den Madchen die Alternativen. Der Weg: „Dann werde ich eben Hausfrau und Mutter“ ist fur sie leider immer noch nicht ausreichend gesellschaftlich anerkannt. (vgl. Thimm, 2005)
Auch beim Thema Gewalt kann man deutlich sehen, wie sich die Ansichten gewandelt haben. Fruher war eine Schulhofrangelei eben keine groRe Sache, heute wird sie als Gewaltvorfall gesehen und die „Tater“ stehen mit einem Bein in der Erziehungsberatungsstelle und werden zum Anti-Gewalttraining geschickt. (vgl. Etzold, 2002)
In manchen Kindergarten ist das Mitbringen von Waffen untersagt und auch Eltern versuchen, alles Gewalttatige von ihren Kindern fern zu halten. Laut Gerard Jones brauchen Jungen aber das Spiel mit Waffen um lernen zu konnen, mit Gewalt umzugehen. Fur die Personlichkeitsentfaltung mussen aggressive Fantasien ausgelebt werden durfen. Naturlich soll hier Gewalt nicht verherrlicht werden, aber gehoren Raufereien nicht zum Jungssein dazu und ist dies nicht in einem bestimmten Alter nun mal die Art von Jungen, Konflikte zu losen? (vgl. Jones, 2005, S. 196ff.)
In der heutigen Gesellschaft gilt mannlich gleich negativ. Manner sind grundsatzlich die Tater. Wildes Temperament ist bei Madchen gern gesehen, Jungen gelten bei gleichem Verhalten als gestort. Sobald Jungen sich wie Jungen benehmen, wird dies bestraft. Es reicht schon, mit ausgestrecktem Zeigefinger jemanden erschieRen zu wollen. Diese gesellschaftliche Grundstimmung hinterlasst auch bei kleinen Jungen ihre Spuren. Von klein auf lernen Jungen, dass alles, was sie gerne tun als schlecht angesehen wird und nur Madchen „richtige“ Dinge tun. (vgl. Beuster, 2007, S.94ff.)
2.2 Daten und Fakten
Viele Fakten sprechen dafur, dass Jungen in der heutigen Gesellschaft benachteiligt sind: Schon bei Schulbeginn zeichnen sich die ersten Unterschiede ab. Jungen werden zu fast 6 Prozent und Madchen zu nur 3,5 Prozent zuruckgestellt.
Eine weitere Benachteiligung der Jungen wird beim Ubergang von der Grundschule in die weiterfuhrende Schule deutlich. Jungen mussen fur eine Gymnasialempfehlung eine hohere Leistung erbringen als Madchen.
Und so geht es weiter: Madchen machen haufiger Abitur, bleiben seltener sitzen und haben im Durchschnitt bessere Noten. Zwei Drittel aller Sonderschuler sind Jungen und auf den Hauptschulen sind sie auch in der Mehrzahl. Zweimal so viele Jungen wie Madchen mussen in den so genannten Berufsvorbereitungsjahren aufgefangen werden, weil sie keinen Ausbildungsplatz bekommen haben. Fast doppelt so viele Jungen wie Madchen beenden Ihre Schulkarriere ohne Abschluss. Und so sind sie weit haufiger von Arbeitslosigkeit betroffen.
Jungen und Madchen zeigen unterschiedliche Leistungen in den jeweiligen Fachern. Jungen schneiden in geringem MaRe in den naturwissenschaftlich/mathematischen Fachern besser ab. Madchen hingegen zeigen aber eine deutlich hohere Lesekompetenz. Diese Differenz verstarkt sich noch in der weiteren Schullaufbahn. (vgl. vbw, 2009, S. 13ff.)
Auch besteht ein Zusammenhang zwischen dem gesellschaftlichen Ansehen einer Schule und dem Anteil der Madchen, die diese besuchen. Je hoher das Ansehen und der zu erwartende Abschluss, umso hoher ist der Madchenanteil. (vgl. Wenning, 2008, S.66)
Egal, wo man hinschaut, alle Statistiken kommen zum gleichen Ergebnis: Die Jungenproblematik nimmt zu. Aber nicht nur in der Schule, in anderen Bereichen sieht es ahnlich aus: Das Zappelphillipsyndrom ADHS wird wesentlich ofter bei Jungen diagnostiziert. Erziehungsberatungsstellen werden sehr viel haufiger wegen „Jungenproblemen“ aufgesucht, mehr Jungen sind sogenannte „Schreibabys“, Jungen veruben ofters Selbstmord, begehen ofters Straftaten und werden haufiger drogen- und computerabhangig. (vgl. Nitsch, 2002,18f.)
Auch bei der Motivation zeigen sich Unterschiede: 45% aller Madchen gehen sehr gern zur Schule, bei den Jungen sind es bloR 32%. (vgl. Spiegelonline, 2005)
Bei Jungen mit Migrationshintergrund sieht es noch dusterer aus. So beenden zwei Drittel ihre Schulkarriere mit keinem oder nur mit Hauptschulabschluss. (vgl. Kuhne, 2009)
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