Neue Methoden in der betrieblichen Ausbildung
Die Übungs- und Juniorfirma
Zusammenfassung
Ein ausschlaggebender Wandel, der sich in den 80er Jahren vollzogen hat, ist die Verände-rung der Anforderungen an die berufliche Arbeit. Es etablierte sich eine prozessorientierte Arbeitsorganisation, wodurch die beruflichen Tätigkeiten an Komplexität und Abstraktion zunahmen. Um diesen gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, war es nötig sich neben fachlichen Qualifikationen auch personale und soziale Fähigkeiten anzueignen. Die damaligen Ausbildungsmethoden waren für die Vermittlung dieser Qualifikationen eher ungeeignet. Es entstand der Grundgedanke des handlungsorientierten Lernens und der damit verbundene Erwerb beruflicher Handlungskompetenzen. (Hillebrand M./Tunat S., 2006, S. 46)
Die Frage die sich dabei stellt ist, welche Ausbildungsmethoden gibt es, die diesen Anforderungen gerecht werden. Zwei dieser neuen Methoden in der betrieblichen Ausbildung werden in dieser Arbeit dargestellt und analysiert, die Übungs- und Juniorfirma.
Im ersten Abschnitt dieser Arbeit wird das handlungsorientierte Lernen dargestellt. Wie kam es zu seiner Entstehung und was soll dadurch erreicht werden?
Das nächste Kapitel bezieht sich auf die Methode Juniorfirma, in dem der Begriff definiert und beschrieben wird. Außerdem werden die Entstehungsgeschichte, das Konzept der Juniorfirma und auch die didaktisch verfolgten Leitziele thematisiert.
Die Übungsfirma als weitere neue Methode in der betrieblichen Ausbildung stellt das dritte und letzte Kapitel dieser Arbeit dar. Auch hier erfolgt zunächst eine begriffliche Definition mit einhergehender Beschreibung des Konzeptes.
Die begleitende Frage dieser Arbeit ist, inwiefern diese Methoden geeignet sind für die betriebliche Ausbildung und ob sie den neuen Anforderungen gerecht werden können.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung (Problemstellung)
2. Handlungsorientiertes Lernen
3. Die betriebliche Juniorfirma
3.1. Der Begriff Juniorfirma
3.2. Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte
3.3. Rahmenbedingungen für die Gründung
3.4. Konzept einer Juniorfirma
3.5. Didaktische Leitziele
4. Die betriebliche Übungsfirma
4.1. Beschreibung der Methode Übungsfirma
4.2. Gründe für die Einführung der Übungsfirma
4.3. Die Übungsfirmenvolkswirtschaft
4.3.1. Der Übungsfirmenmarkt
4.3.2. Der Deutsche Übungsfirmenring
4.3.3. Zentralstelle des Deutschen Übungsfirmenring
5. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung (Problemstellung)
Die betriebliche Ausbildung und der damit verbundene Begriff des dualen Systems ist kennzeichnend für Deutschland. Die Verbindung zweier Lernorte, dem Ausbildungsbetrieb und der Berufsschule, soll die Vermittlung von beruflicher Erfahrung und benötigtem Fachwissen gewährleisten. (DIHK) „Damit dies so bleibt, muss sich die duale Berufsausbildung an den neuen Herausforderungen messen lassen. Nur durch gezielte Innovationen wird das System der beruflichen Bildung auch in Zukunft seinen Beitrag zum nachhaltigen Wandel der Arbeitswelten wie auch der Gesellschaft insgesamt leisten können.“ (BMBF)
Ein ausschlaggebender Wandel, der sich in den 80er Jahren vollzogen hat, ist die Verände- rung der Anforderungen an die berufliche Arbeit. Es etablierte sich eine prozessorientierte Arbeitsorganisation, wodurch die beruflichen Tätigkeiten an Komplexität und Abstraktion zunahmen. Um diesen gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, war es nötig sich neben fachlichen Qualifikationen auch personale und soziale Fähigkeiten anzueignen. Die damali- gen Ausbildungsmethoden waren für die Vermittlung dieser Qualifikationen eher ungeeignet. Es entstand der Grundgedanke des handlungsorientierten Lernens und der damit verbundene Erwerb beruflicher Handlungskompetenzen. (Hillebrand M./Tunat S., 2006, S. 46)
Die Frage die sich dabei stellt ist, welche Ausbildungsmethoden gibt es, die diesen Anforderungen gerecht werden. Zwei dieser neuen Methoden in der betrieblichen Ausbildung werden in dieser Arbeit dargestellt und analysiert, die Übungs- und Juniorfirma. Im ersten Abschnitt dieser Arbeit wird das handlungsorientierte Lernen dargestellt. Wie kam es zu seiner Entstehung und was soll dadurch erreicht werden?
Das nächste Kapitel bezieht sich auf die Methode Juniorfirma, in dem der Begriff definiert und beschrieben wird. Außerdem werden die Entstehungsgeschichte, das Konzept der Juniorfirma und auch die didaktisch verfolgten Leitziele thematisiert.
Die Übungsfirma als weitere neue Methode in der betrieblichen Ausbildung stellt das dritte und letzte Kapitel dieser Arbeit dar. Auch hier erfolgt zunächst eine begriffliche Definition mit einhergehender Beschreibung des Konzeptes.
Die begleitende Frage dieser Arbeit ist, inwiefern diese Methoden geeignet sind für die betriebliche Ausbildung und ob sie den neuen Anforderungen gerecht werden können.
2. Handlungsorientiertes Lernen
„Die Verknüpfung von Arbeiten und Lernen und der handlungsorientierte Unterricht sind heute ein fester Bestandteil der beruflichen Ausbildung“ (Hillebrand M /Tunat S., 2006, S. 67) In der beruflichen Ausbildung wird die Aneignung beruflicher Handlungskompetenzen angestrebt. „Die berufliche Handlungskompetenz meint die individuelle Befähigung des Ler- nenden, damit dieser sowohl Routineaufgaben bewältigen als auch auf neue berufliche Situa- tionen und Anforderungen adäquat reagieren kann. Sie umfasst die Fähigkeit, in beruflichen Situationen Arbeitstätigkeiten sachgerecht und verantwortungsbewusst zu planen, auszuüben und zu beurteilen und entfalten sich in Dimensionen Fach-, Methoden-, Personal- und Sozial- kompetenz.“ (Halfpap, 1992, S. 144 zitiert in Hillebrand M Tunat S., 2006, S. 46) Für den Erwerb beruflicher Handlungskompetenzen sind zudem außerfachliche Qualifikationen, so genannten Schlüsselqualifikationen von Bedeutung. Handlungsorientiertes Lernen bietet da- bei eine gute Möglichkeit sich solche Qualifikationen anzueignen. „Der handlungsorientierte Unterricht stellt einen konkreten Vorgang aus dem Arbeitsleben in den Mittelpunkt und be- schränkt sich nicht darauf, ein bestimmtes Pensum an theoretischen Inhalten abzuarbeiten. Die Lernenden erwerben Kenntnisse und Fertigkeiten im Zusammenhang mit der Lösung praktischer Aufgaben.“ (ebenda, S. 51) Solch ein Vorgang aus dem Arbeitsleben wird als di- daktisches Instrument benutzt, wodurch eine vollständige Handlung vollzogen wird und der Auszubildende lernt. Zu einer vollständigen Handlung gehört informieren, planen, entschei- den, ausführen, kontrollieren und reflektieren. Dabei wird der Auszubildende gefördert selbst- ständig zu Lernen und sich während der Handlung Schlüsselqualifikationen anzueignen. (ebenda, S.51)
Den didaktischen Ursprung findet das handlungsorientierte Lernen in dem lerntheoretischen Modell von John Dewey, mit dem Prinzip „learning-by-doing“. Die Annahme dabei ist, dass durch aktives Handeln ein größerer Lernerfolg erzielt werden kann. (Reich Kersten, 2007) Eine weitere Begründung für handlungsorientiertes Lernen ist die Veränderung der Arbeitsan- forderungen, denen viele herkömmliche Ausbildungsmethoden allein häufig nicht gerecht werden können. (Hillebrand M./Tunat S., 2006, S. 52) Teamarbeit und eigen-verantwortliches Arbeiten hat beispielsweise in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Durch den Wandel wird daher stärkeres Augenmerk auf Qualifikationen gelegt, welche benötigt werden um den neuen Tätigkeitsprofilen und Verantwortungsbereichen gerecht zu werden. Es handelt sich dabei unter anderem um Qualifikationen, wie Zuverlässigkeit, Teamarbeit und Eigenini- tiative, sowie auch berufsbezogene Qualifikationen, wie planvolles Arbeiten. (ebenda, S. 7) Durch das handlungsorientierte Lernen können diese erforderlichen Qualifikationen erworben werden, da es im Gegensatz zu den traditionellen Methoden durch ein mehrdimensionales Lehr-Lern-Arrangement gekennzeichnet ist. (ebenda, S. 52)
3. Die betriebliche Juniorfirma
In diesem Abschnitt wird nun, die Juniorfirma, eine neue Methode in der beruflichen Ausbil- dung betrachtet.
3.1. Der Begriff Juniorfirma
Neben der Definierung des Begriffes Juniorfirma werden im Folgenden die wichtigsten Eigenschaften dieser Methode vorgestellt.
Die Juniorfirma ist eine handlungsorientierte Lernform, durch die der Erwerb von Schlüssel- qualifikationen gefördert und ein berufsfeldübergreifendes Lernen ermöglicht wird. Diese Lernform ist eine Methode, die während der Berufsausbildung im entsprechenden Unterneh- men stattfindet. Daneben existiert in der beruflichen Bildung eine weitere Methode, die oft synonym dafür verwendet wird, die Schülerfirma. Die Schülerfirma wird im Gegensatz zur Juniorfirma an Berufsschulen oder beruflichen Vollzeitschulen praktiziert. Die Juniorfirma ist in der Regel auf Dauer angelegt, die Schulfirma hingegen ist häufig auf ein Jahr begrenzt. Im Folgenden wird jedoch lediglich die Juniorfirma als fester Bestandteil der betrieblichen Be- rufsausbildung betrachtet. (Hillebrand M./Tunat S., 2006) „Bei einer Juniorfirma handelt es sich um ein „kleines“ Unternehmen in einem „großen“; sie wird von Auszubildenden gegrün- det und selbstständig von diesen geführt. In der Regel ist sie allerdings rechtlich gesehen nicht selbstständig. Die Schirmherrschaft obliegt dem Ausbildungsbetrieb.“ (Reich K., 2007) Die berufliche Ausbildung soll nicht nur theoretische Inhalte vermitteln, sondern eine gewisse Praxisnähe besitzen, in der die Auszubildenden ihre theoretischen Kenntnisse anwenden kön- nen. Ein Merkmal der Juniorfirma ist das Zusammenführen von Lernen und Arbeiten. (eben- da) Die Auszubildenden durchlaufen in der Juniorfirma verschiedene Aufgabenbereiche, die ein kaufmännischer Betrieb mit sich bringt. Die Vertrautheit mit einer Vielzahl von Arbeits- weisen und Techniken wird durch diese Lernmethode angestrebt. (ebenda) Abläufe des Aus- bildungsbetriebs, von Beschaffung, Produktion, Logistik, Kostenrechnung, Vertrieb bis hin zu Marketing erfahren die Auszubildenden durch selbstständiges Arbeiten in der Juniorfirma. (Kutt K., S. 1) Bei dieser Methode ist wichtig zu erwähnen, dass die Juniorfirma keine Scheinfirma ist, sondern real. Der reale Geschäftsbetrieb umfasst die Herstellung und auch den Vertrieb von realen verkaufsfähigen Waren oder Dienstleistungen. Die Kosten und Ein- nahmen die durch solch Geschäftsprozesse entstehen führen zu einem wirtschaften mit realem Geld. Wie schon angesprochen sind die Auszubildenden für alle Bereiche der Juniorfirma eigenständig verantwortlich, demnach ebenfalls für die Finanzverwaltung, was zu einer Stei- gerung der Ernsthaftigkeit dieser Lernmethode führt. (Reich K., 2007) „Ausbilder treten im Rahmen der Juniorfirma üblicherweise in einer zurückhaltenden Moderatorenrolle auf.“ (Rei- chelt W., 2005, S. 4)
3.2. Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte
Bevor auf das Konzept der Juniorfirma explizit eingegangen wird, wird zunächst ihre Entstehungsgeschichte und Entwicklung dargestellt.
Die Vermittlung wirtschaftlicher Kenntnisse innerhalb der Berufsschule ist eher eine trockene Angelegenheit. Der Bezug zur Praxis und daraus resultierend das Verständnis für wirtschaftli- che Vorgänge innerhalb des Betriebes ist gering. (H üchtermann M./Kenter M., 2000, S.5) Un- ter anderem um dieser Problematik entgegenzuwirken wurde im Jahr 1957 in der Zahnradfab- rik Friedrichshafen AG die erste Juniorfirma in Deutschland gegründet. Der damalige Aus- bildungsleiter, Professor Dr. Fix, kann als Urheber der Idee bezeichnet werden. (Hillebrand M./Tunat S., 2006, S. 27) Diese neu eingeführte handlungsorientierte Methode ersetzte dabei den betrieblichen Unterricht der Auszubildenden. „Ursprünglich galt die Juniorfirma als „Er- gänzungsmethode zur kaufmännischen betrieblichen Ausbildung“, heute wird sie als univer- sell anwendbar angesehen.“ (Reich K., 2007) Nachdem die Zahnradfabrik Friedrichshafen AG bei der Durchführung dieser neu eingeführten Methode positive Erfahrungen zu berichten hatte, entwickelte das Bundesinstitut für Berufsbildung einen wissenschaftlich begleitenden Modellversuch. (ebenda) Es schlossen sich von 1983 bis 1986 acht Betriebe zusammen und entwickelten unter der Trägerschaft der Industrie- und Handelskammer Bodensee- Oberschwaben die Methode Juniorfirma weiter. Während des Modellversuchs der BIBB etab- lierte sich der Begriff Juniorfirma. (Kutt K., S. 3) Als wissenschaftlicher Begleiter und Be- treuer stand der Urheber dieser Methode, Professor Dr. Fix zur Verfügung. (Hillebrand M./Tunat S., 2006, S. 27) Das Ziel dieses Versuches war es, die Anwendbarkeit zu testen und zu überprüfen, ob sich die positiven Eigenschaften dieser Methode auch unter verschiedenen Bedingungen bewahrheiten. Als Ergebnis des Modellversuches kann man festhalten, dass alle beteiligten Betriebe die positiven Erfahrungen bestätigten und ihre Juniorfirmen bis heute weiter führen. (Reich K., 2007) Nicht nur das Weiterführen war eine Folge des gelungenen Versuches, sondern außerdem der Zusammenschluss aller acht Juniorfirmen zu einer „Ar- beitsgemeinschaft der Juniorenfirmen“. Diese Gemeinschaft machte es sich zur Aufgabe, ei- nen regelmäßigen Erfahrungsaustausch der Ausbilder zu ermöglichen, Betriebe zu beraten, die eine Juniorfirma gründen möchten, sowie die Organisation einer jährlich stattfindenden Juniorfirma-Messe und die Öffentlichkeitsarbeit. (Kutt K., S. 3)
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