Permafrostdegradation in den Alpen
Naturgefahren und geomorphologische Prozesse im Hochgebirge
Zusammenfassung
Die Stabilität der gefrorenen Berge in den Alpen scheint immer mehr aus dem Gleichgewicht zu geraten und birgt somit ein erhöhtes Gefahren- und Risikopotential in sich. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Massenbewegungen steigt und damit auch die Gefährdung von Menschen und infrastrukturellen Einrichtungen.
Die Forschung zur Permafrostdegradation ist allerdings eine noch sehr junge Disziplin. Zwar beschäftigten sich russische und amerikanische Forscher schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts mit Permafrost, doch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit
den Ursachen, Prozessen und Folgen der Permafrostdegradation erfolgt erst seit den 1970er Jahren (vgl. FRENCH 1996, S. 51 f.). Seitdem gab es zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, um die Verbreitung von Permafrost, insbesondere in Form von
Blockgletschern, zu verstehen und mögliche Auswirkungen der Klimaerwärmung abschätzbar zu machen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Betrachtungsraum
3 Permafrost - Grundlagen
3.1 Begriffsbestimmung
3.1.1 Permafrost
3.1.2 Degradation
3.2 Differenzierungen
3.3 Aufbau
3.4 Verteilungsmuster
3.5 Verbreitungsfaktoren
4 Vorkommen von Permafrost
4.1 Global
4.2 Schweiz
4.3 Oberengadin
4.4 Anzeiger
4.4.1 Schneeflecken
4.4.2 Blockgletscher
5 Degradation
5.1 Ursachen
5.2 Auswirkungen
5.3 Messmethoden
5.3.1 Extensometer (mechanisch)
5.3.2 Bohrloch (thermisch)
5.3.3 Geoelektrik (elektrisch)
6 Folgen
6.1 Massenbewegungen
6.1.1 Steinschlag
6.1.2 Felssturz
6.1.3 Bergsturz
6.1.4 Mure
6.2 Infrastruktur
6.2.1 Gipfelbauten
6.2.2 Lawinenverbauungen
7 Gegenmaßnahmen
7.1 Pontresina
7.2 Erzherzog-Johann-Hütte
8 Schlussbemerkung
9 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Gliederung der Alpen (www.klett-verlag.de)
Abb.2: Aufbau eines Permafrostbodens (FRENCH 1996)
Abb.3: Permafrost in Lockermaterial - Muragl (ARENSON 2003)
Abb.4: Verteilungsmuster von Permafrost (KING 1984)
Abb.5: Verbreitungsfaktoren von Permafrost (NYENHUIS 2005; HAEBERLI u. HOELZLE. 1996)
Abb.6: Vorkommen von Permafrost auf der Nordhalbkugel (www.nsidc.org)
Abb.7: Gletscher- und Permafrostverbreitung in den Schweizer Alpen (ARENSON2003)
Abb.8: Glaziologische Karte der Region Julier-Bernina, Oberengadin (VDF 1998)
Abb.9: Perennierender Schneefleck bei Samnaun, Unterengadin (www.ethz.ch)
Abb.10: Blockgletscher Muragl, Oberengadin (ARENSON 2003)
Abb.11: Fossiler Blockgletscher (www.climate-change.ch)
Abb.12: Palügletscher im Jahr1900 (ZÄNGL u. HAMBERGER 2004)
Abb.13: Palügletscher im Jahr2000 (ZÄNGL u. HAMBERGER 2004)
Abb.14: Temperaturprofil im Permafrost (Haeberli 1999b)
Abb.15: Verschiebung der Permafrostgrenze (Entremont, Walliser Alpen) (www.climate-change.ch)
Abb.16: Klufteis (KRAUTBLATTER 2005)
Abb.17: Extensometer (KRAUTBLATTER 2005)
Abb.18: Bohrlochmessung am Muragl, Oberengadin (ARENSON 2003)
Abb.19: 2D-Widerstandstomographie des Blockgletschers Murtèl-Corvatsch.. (VONDER MÜHLL et al. 2001)
Abb.20: Bergsturz bei Bormio, Veltlin (REVAZ 2004)
Abb.21: Anrisszone eines Murgangs (www.climate-change.ch)
Abb.22: Wetterstation Zittelhaus, Hohe Tauern (3.105 m); (Handreichung Prof. Dr. M. REICHSTEIN, emer.)
Abb.23: Seilbahnstation Corvatsch, Oberengadin (KRAUTBLATTER 2005)
Abb.24: Sackung durch Permafrostdegradation (www.climate-change.ch)
Abb.25: Deformierter Lawinenschutzzaun (www.slf.ch)
Abb.26: Gemeinde Pontresina, Oberengadin (ROOS 2004)
Abb.27: Modell der Schutzmaßnahme (KELLER et al. 2002)
Abb.28: Schutzdämme (ZÄNGL u. HAMBERGER 2004)
Abb.29: Erzherzog-Johann-Hütte (3.454 m); (www.dywidag-systems.at)
Abb.30: Schäden durch Permafrostdegradation (www.dywidag-systems.at)
Tabellenverzeichnis
Tab.1: Schlüssel zur Permafrostverbreitung in den Alpen (HAEBERLI u. HOELZLE 1996)
1 Einleitung
Permafrost bedingt in den Alpen bereits ab Höhen über 2.000 m eine wesentliche Stabilisierungsfunktion. Sowohl aus Lockermaterial bestehende Berghänge als auch geklüftete Felswände werden durch Permafrost zusammengehalten. Der globale Klimawandel führt jedoch auch im Alpenraum zu veränderten klimatischen Bedingungen mit der Folge, dass sich die Untergrenze der Permafrostverbreitung bis heute bereits um mehrere 100 m erhöht hat. Der Anstieg der Permafrostgrenze führt zu einer eigenen Dynamik geomorphologischer Formen und Prozesse in der alpinen Eiswelt
Spätestens seit dem Sommer von 1987 rückte die Problematik des schwindenden Permafrostes verstärkt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit und in den Blickpunkt der Forschung. Damals kam es z.B. in den Schweizer Alpen nach heftigen Regenfällen und vergleichsweise hohen Temperaturen zu einer deutlich erhöhten Murgangaktivität mit beträchtlichen Folgen für Mensch und Infrastruktur. Permafrostdegradation gilt als eine der Ursachen dieser Ereignisse (vgl. ZIMMERMANN u. HAEBERLI 1992, S. 61 ff.).
Die Stabilität der gefrorenen Berge in den Alpen scheint immer mehr aus dem Gleichgewicht zu geraten und birgt somit ein erhöhtes Gefahren- und Risikopotential in sich. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Massenbewegungen steigt und damit auch die Gefährdung von Menschen und infrastrukturellen Einrichtungen. Die Forschung zur Permafrostdegradation ist allerdings eine noch sehr junge Disziplin. Zwar beschäftigten sich russische und amerikanische Forscher schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts mit Permafrost, doch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Ursachen, Prozessen und Folgen der Permafrostdegradation erfolgt erst seit den 1970er Jahren (vgl. FRENCH 1996, S. 51 f.). Seitdem gab es zahlreiche wissenschaft- liche Untersuchungen, um die Verbreitung von Permafrost, insbesondere in Form von Blockgletschern, zu verstehen und mögliche Auswirkungen der Klimaerwärmung abschätzbar zu machen. Wegweisende Publikationen stammen von HAEBERLI (1999a; 1999b), HAEBERLI u. HOELZLE (1996), HAEBERLI, WEGMANN u. VONDER MÜHLL (1997) und KNEISEL (2003a; 2005). Beachtenswerte aktuelle Dissertationen zum Thema „Permafrostdegradation“ finden sich bei ARENSON (2003), GRUBER (2005) und NYENHUIS (2005). Eine viel versprechende, noch nicht abgeschlossene Arbeit zur Messung der Degradation wird zurzeit von KRAUTBLATTER durchgeführt. Weitere wichtige Informationen werden im Internet von der International Permafrost Association (IPA) und dem Permafrostmonitoring der Schweiz (PERMOS) bereitgestellt.
2 Betrachtungsraum
In der vorliegenden Arbeit soll die Permafrostdegradation am Beispiel der Alpen be- trachtet werden. Die Alpen bilden einen ca. 1.200 km langen Faltengebirgsbogen und gliedern sich in West-, Ost-, Nord- und Südalpen (siehe Abbildung 1). Die inneralpine Grenze zwischen Ost- und Westalpen bildet die Linie Bodensee - Comer See. Im Vergleich zu den Ostalpen weisen die Westalpen größere durchschnittliche Höhen auf (vgl. DONGUS 2003, S. 2 ff.).
Da die Schweiz und Österreich den größten Flächenanteil der Alpen einnehmen, beziehen sich die Ausführungen zur Permafrostdegradation überwiegend auf die Schweizer und Österreichischen Alpen. Ausschlaggebend für eine eingehendere Betrachtung der Schweizer Alpen ist auch, dass dort die Forschungsaktivitäten am höchsten sind, so zum Beispiel in der Julier-Bernina Region des Oberengadins. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass die Schweiz bei der Permafrostdegradation aufgrund ihrer naturräumlichen Gegebenheiten einem höheren Betroffenheitsgrad ausgesetzt ist. Um einer umfassenden Betrachtung der Permafrostdegradation in den Alpen trotzdem gerecht zu werden, erfolgt auch eine Berücksichtigung von einzelnen ausgewählten Beispielen aus den Deutschen, Französischen und Italienischen Alpen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Gliederung der Alpen
Quelle: www.klett-verlag.de
3 Permafrost - Grundlagen
3.1 Begriffsbestimmung
3.1.1 Permafrost
Permafrost ist Bestandteil der Kryosphäre und kommt in den Alpen zu großen Teilen im periglazialen Raum vor (vgl. AHNERT 2003, S. 142 ff.). Das Wort leitet sich vom Ausdruck „permanenter Frost“ ab und bezeichnet dauerhaft gefrorenen Boden. Von Permafrost spricht man, wenn die Bodentemperatur mindestens in zwei aufeinander folgenden Jahren unter 0 °C liegt (vgl. FRENCH 1996, S. 52 u. LESER 2001, S. 613). Die Definition erfolgt jedoch ausschließlich über die Temperatur. Das heißt, der Untergrund muss nicht immer zwangsweise gefroren sein. Durch verschiedene Einflüsse wird der Gefrierpunkt des Wassers erniedrigt, so dass Permafrost bei Temperaturen von weniger als 0 °C neben gefrorenen auch ungefrorene Bestandteile enthalten kann (vgl. FRENCH 1996, S. 52).
3.1.2 Degradation
Degradation ist die generelle Umwandlung des Bodenaufbaus und der Bodeneigenschaften durch eine Klimaänderung (vgl. LESER 2001, S. 133). Die Degradation des Permafrostbodens bezeichnet demzufolge eine klimatisch verursachte Veränderung des Bodens durch austauenden Permafrost.
3.2 Differenzierungen
Permafrost lässt sich nach dem Vorkommen, der Genese und dem Eisgehalt differenzieren. Das Vorkommen von Permafrost kann polar, alpin oder submarin sein. Polarer (high latitude) Permafrost tritt überwiegend erst ab 60° n. Br. auf und besitzt Mächtigkeiten von mehreren 100 m (vgl. NYENHUIS 2005, S. 8). Alpinen (high altitude) Permafrost findet man in den Höhenlagen der Hochgebirge, in den Alpen bereits ab 2.000 m. Die hier anzutreffenden Mächtigkeiten sind wesentlich geringer als bei polarem Permafrost. Submariner Permafrost kommt dort vor, wo die mittlere jährliche Seebodentemperatur dauerhaft unter 0 °C liegt (vgl. FRENCH 1996, S. 62 u. 64). Die Genese des Permafrostes kann reliktisch sein, das heißt, Permafrost wurde bereits unter Vorzeitbedingungen gebildet. Eine rezente Bildung findet dann statt, wenn die notwendigen Bedingungen hierfür gegeben sind. Der Permafrost der Alpen ist zum größten Teil reliktischer Entstehung. Weiterhin lässt sich trockener, wenig Eis enthaltender Permafrost von eisreichem unterscheiden (vgl. Lexikon der Geowissenschaften Bd. 4, 2001, S. 110).
3.3 Aufbau
Der allgemeine Aufbau eines Permafrostbodens wird in Abbildung 2 dargestellt. Die oberste Schicht besteht aus dem Auftauboden (active layer), welcher an der Oberfläche sichtbar ist und saisonal je nach Temperaturbedingungen mehrere Zentimeter bis mehrere Meter auftaut. Der Permafrostkörper selbst wird nach oben durch die Permafrosttafel (Permafrost table) und nach unten von der Permafrostbasis begrenzt. Im Permafrost können ungefrorene Einschlüsse auftreten (Talik). Unter dem Permafrostkörper befindet sich das ungefrorene Felsgestein.
Abbildung 3 zeigt den Aufbau eines alpinen Permafrostbodens in Lockermaterial am Beispiel des Blockgletschers Muragl. Auch hier besteht die oberste Schicht aus der Auftauschicht, die auf der Permafrosttafel aufliegt. Darunter befindet sich der eisreiche Permafrostkörper, der aus gefrorenem Material unterschiedlicher Korngröße besteht. Dann folgen ungefrorene Sedimentschichten und abschließend das anstehende Felsgestein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2: Aufbau eines Permafrostbodens Abb.3: Permafrost in Lockermaterial - Muragl
Quelle: FRENCH 1996, S. 53 Quelle: ARENSON 2003, S. 85
3.4 Verteilungsmuster
Alpiner Permafrost weist verschiedene räumliche Verteilungsmuster auf. Die Dreigliedrigkeit dieser Verteilung ist in Abbildung 4 dargestellt.
Bis zu einer mittleren jährlichen Lufttemperatur (MAAT) von -2 °C tritt Permafrost nur sporadisch auf. Seine Existenz in dieser Zone ist nur punktuell an wenigen be- günstigten Stellen möglich. Der Flächenanteil, der dabei eingenommen wird, liegt unter 30 % (vgl. NYENHUIS 2005, S. 9). Das sporadische Auftreten von Permafrost in den Alpen ist stellenweise schon ab der Baumgrenze1 möglich und reicht in Abhängigkeit der Hangexposition in Höhen bis über 2.000 m (KNEISEL et al. 2000, S. 295 ff.). Ab einer Durchschnittstemperatur von -2 °C kommt Permafrost diskontinuierlich vor. Hier liegt der Flächenanteil zwischen 30 - 80 %. Die Verbreitung von Permafrost in der diskontinuierlichen Zone erfolgt bereits in größeren, teilweise zusammenhängenden, Flecken (vgl. ebd., S. 9). Dies ist in den Alpen überwiegend zwischen 2.000 und 3.000_m der Fall.
Unterhalb einer mittleren jährlichen Lufttemperatur von -8 °C tritt Permafrost kontinuierlich auf. In dieser Zone liegt der Flächenanteil über 80 % (vgl. ebd., S. 9). Diese flächenhafte Verbreitung findet sich in den Alpen ab einer Höhe von 3.000 m.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.4: Verteilungsmuster von Permafrost Quelle: KING 1984, S. 131 [veränd.]
3.5 Verbreitungsfaktoren
Die Verbreitung alpinen Permafrostes hängt von verschiedenen Faktoren ab. In Abbildung 5 sind die wesentlichen Faktoren dargestellt.
Einer der wichtigsten Faktoren ist die mittlere Jahrestemperatur der Luft, wie oben schon ausgeführt wurde. Von großer Bedeutung ist auch die Hangexposition, denn die Verbreitung von Permafrost beginnt an nordexponierten Hängen in der Regel in geringeren Höhen, als dies an südexponierten Hängen aufgrund längerer Sonnen- einstrahlungsdauer der Fall ist (vgl. HAEBERLI u. HOELZLE 1996, S. 37). Ein weiterer Faktor, der die Verbreitung von Permafrost wesentlich beeinflusst, ist der Niederschlag. Hierbei kommt es auf Niederschlagsdauer bzw. -höhe und -zeitpunkt an. Eine geschlossene Schneedecke erhöht zunächst den Albedowert der Erdoberfläche. Die Erwärmung durch Solarstrahlung wird dadurch verringert und die Existenz von Permafrost begünstigt. Große winterliche Schneehöhen führen jedoch zu einem Iso- lationseffekt, der die Bodenabkühlung und damit die Verbreitung von Permafrost vermindert. Andererseits verzögert ein langes Liegenbleiben der Schneedecke im Frühjahr die Erwärmung des Bodens, was sich auf die Verbreitung von Permafrost positiv auswirkt (vgl. HAEBERLI u. HOELZLE 1996, S. 36 ff.; NYENHUIS 2005, S. 17 f.). Einfluss auf die Permafrostverbreitung hat auch die Korngröße des Substrates, das die Erdoberfläche bedeckt. Grobblockiges Material wirkt aufgrund besserer Auskühlungs- effekte Permafrost begünstigend (vgl. HAEBERLI u. HOELZLE 1996, S. 17). Dies wird besonders bei näherer Betrachtung von Blockgletschern deutlich (siehe Kapitel 4.4.2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.5: Verbreitungsfaktoren von Permafrost
Quelle: NYENHUIS 2005, S. 13 ff.; HAEBERLI u. HOELZLE 1996, S. 13 ff.; [eigene Darstellung]
4 Vorkommen von Permafrost
4.1 Global
Abbildung 6 stellt die Verbreitung von Permafrost auf der Nordhalbkugel dar. Ausgedehnte Flächen polaren Permafrostes finden sich auf Grönland, in Canada, Alaska, Sibirien, China und der Antarktis.
Alpiner Permafrost ist zum Beispiel verbreitet in den asiatischen Hochgebirgen, Skandinavien und den Alpen. Die flächenmäßige Ausdehnung des Permafrostes in den Alpen scheint im Vergleich verschwindet gering.
Submariner Permafrost findet sich auf dem sibirischen Kontinentalschelf und der Beaufortsee (NYENHUIS 2005, S. 8). Die Gesamtausdehnung von Permafrost beträgt global ca. 24 % der Landfläche (vgl. FRENCH 1996, S. 56). Mit diesem hohen Flächenanteil kann Permafrost als verbreitetes Phänomen bezeichnet werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.6: Vorkommen von Permafrost auf der Nordhalbkugel
Quelle: www.nsidc.org
4.2 Schweiz
Gletscher, Permafrost und Schnee sind die wichtigsten Elemente der alpinen Kryosphäre. Hochgebirgspermafrost kommt in den Alpen in der Regel im periglazialen Raum, also in Gletschernähe, vor (vgl. MAISCH et al. 2000, S. 321 f.). Abbildung 7 zeigt die Verbreitung von Gletschern und Permafrost in den Schweizer Alpen. Die größten Vorkommen von Permafrost gibt es in den Walliser Alpen, den Berner Alpen und den Bündner Alpen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.7: Gletscher- und Permafrostverbreitung in den Schweizer Alpen Quelle: ARENSON 2003, S. 10
Insgesamt bedeckt Permafrost ca. 5 % der Landesfläche der Schweiz. Die Verbreitung ist damit doppelt so hoch wie die von Gletschern bedeckte Fläche (vgl. VDF 1998).
4.3 Oberengadin
Gletscher sind im Gelände leicht erkennbar und lassen sich dementsprechend gut kartieren. Die Erfassung der Permafrostverbreitung ist ungleich schwerer. Permafrost kommt überwiegend im Untergrund vor und ist meist vom Auftauboden überdeckt, so dass eine exakte Aussage über die tatsächliche Verbreitung nicht leicht zu treffen ist.
Zur Abschätzung der lokalen Permafrostverbreitung in den Alpen wurden deshalb von HAEBERLI Mitte der 1970er Jahre konkrete Faustregeln2 formuliert. Aus diesen wurde ein Schlüssel entwickelt, mit dem die Verbreitung von Permafrost „grob abgeschätzt“ werden konnte (siehe Tabelle 1). Dieser Schlüssel unterscheidet zwischen den beiden Kategorien „Permafrost möglich“ und „Permafrost wahrscheinlich“ in Abhängigkeit der Exposition von Steilhängen und Hangfußlagen. Bei Verflachungen wurden die Kriterien „windexponiert“ und „windgeschützt“ berücksichtigt (HAEBERLI u. HOELZLE 1996, S. 16).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab.1: Schlüssel zur Permafrostverbreitung in den Alpen
Quelle: HAEBERLI u. HOELZLE 1996, S. 16
Aus dem Schlüssel zur potentiellen Permafrostverbreitung geht hervor, dass das Auftreten von Permafrost beispielsweise an Steilhängen mit nördlicher Exposition ab 2.400_m möglich und ab 2.600 m wahrscheinlich ist.
[...]
1 Eine Untersuchung zu Permafrostvorkommen unterhalb der Baumgrenze leisten KNEISEL et al. 2000, S. 295 ff.
2 Eine systematische Auflistung der Faustregeln zur Abschätzung der potenziellen Permafrostverbreitung in den Alpen findet sich in HAEBERLI u. HOELZLE 1996, S. 16 f.