Jeanne d`Arc - eine Ketzerin?
©2007
Hausarbeit (Hauptseminar)
32 Seiten
Zusammenfassung
Jeanne d`Arc gehört zu den wenigen Personen der mittelalterlichen Geschichte, die Historiker, Theologen, Psychologen und Dichter jeder Generation aufs Neue lebhaft beschäftigen. Dabei gehen die Bewertungen ihres Lebens häufig weit auseinander – trotz Verwendung derselben Quellen. Je nach Provenienz des Interpreten existieren unterschiedliche Darstellungen: so wurde Jeanne z.B.im 19. Jahrhundert von emanzipierenden Frauen als weibliche Kriegsheldin charakterisiert, im 20. Jahrhundert von französischen Nationalisten als Befreierin Frankreichs politisch aufgegriffen und im 21. Jahrhundert von japanischen Manga-Zeichnern als globales „magical girl“ mit Vorbildcharakter für pubertierende Teenager reinkarniert. Bei der vorliegenden Hausarbeit geht es also um eine Person, deren Darstellung in der Literatur oftmals divergiert: „Sobald es sich […] um Johanna handelt, entflammen die Leidenschaften, und wer die zahlreichen Bände betrachtet, die ihren Namen tragen, hat das Gefühl, einer Polemik beizuwohnen, die von vorgefassten Ansichten, tendenziösen Auslegungen und willkürlichen Auslassungen genährt wird.“ Neben den mutmaßlichen Hintergründen der Autoren wird jede Jeanne-Arbeit durch die komplizierte Quellenlage erschwert. Die Quellen wurden nämlich bereits zu ihren Lebzeiten von Legenden beeinflusst. Zu den wenigen festen Lebensumständen kann man das Lebensende Jeannes betrachten - schließlich bilden der Verurteilung- und der spätere Rehabilitierungsprozess die Primärquellen für eine Beurteilung von Jeannes Leben. Die Aufgabe der vorliegenden Hausarbeit soll nun darin bestehen, einen Teilaspekt von Jeannes Leben näher zu untersuchen, nämlich einige der Akteure und deren Motivationen zu betrachten, die zu Jeannes Verurteilung führten. Wird sie als politische Kriegsgefangene oder als eine von der Kirche verdächtigte Ketzerin verurteilt? Dabei soll weiterhin gefragt werden, ob man von einem juristisch wie moralisch fairen Prozess sprechen kann. Bei der Bearbeitung der Fragen müssen zwei Umstände stets Berücksichtigung finden, nämlich die problematische Quellenlage und vor allem gewisse Parteilichkeiten in der Sekundärliteratur. Im Bewusstsein dieser Schwierigkeit wertet z.B. Gerd Krumeich als einer der führenden deutschen Jeanne-Forscher, dass viele seiner Kollegen in eigene Deduktionen „verliebt“ seien, so dass schließlich eine Vermutung auf die andere aufbaue: „Das Bedürfnis nach ´Originalität` erzeugt immer wieder Paradoxien, Über- und Fehlinterpretationen.“
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung: Problematisierung
II. Zur Vorgeschichte: Wer war Jeanne?
III. Das Verfahren von Rouen – Ablauf, Akteure und Motivationen
III.1. Der Prozess
III.1.1. Die zeitlichen Phasen des Prozesses (9. Januar – 30. Mai 1431)
III.1.2. Zur Bewertung des Prozessablaufes
III.2. Jeannes Gegner und ihre Motive
III.2.1. Die englische Partei
III.2.2. Die Universität von Paris
III.2.3. Der Oberste Richter Pierre Cauchon
III.3. Die Begründung der Verurteilung
III.3.1. Die Wertung der zwölf Schuldartikel durch die Universität
III.3.2. Männerkleidung und
III.3.3. Kirchengehorsam
IV. Fazit
V. Literaturangaben