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Neue Methoden in der Reproduktionsmedizin

Aktuelle Probleme und Aussichten für die Zukunft

©2007 Hausarbeit 20 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung
1.1 Zum Begriff der Eugenik und seiner begrifflichen Systematik

2. Präimplantationsdiagnostik (PID) und Pränataldiagnostik (PND)
2.1 Problemfelder der PND
2.2 Problemfelder der PID
2.2.1 Positionen in der bioethischen Debatte um den Status des Embryos
2.2.2 Unterschiede zwischen einer Legalisierung der PID und der des
Schwangerschaftsabbruchs
2.2.3 Die Debatte um die Legalisierung der PID
2.2.4 Ist die PID der Weg zu einer neuen Art der Eugenik?
2.2.5 Die ethische Einschränkung der Person in Folge der PID oder der
Keimbahntherapie

3. Keimbahnmanipulation – eine neue Vision zur Umprogrammierung des Lebens?

4. Fazit

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zum Begriff der Eugenik und seiner begrifflichen Systematik

2. Präimplantationsdiagnostik (PID) und Pränataldiagnostik (PND)
2.1 Problemfelder der PND
2.2 Problemfelder der PID
2.2.1 Positionen in der bioethischen Debatte um den Status des Embryos
2.2.2 Unterschiede zwischen einer Legalisierung der PID und der des
Schwangerschaftsabbruchs
2.2.3 Die Debatte um die Legalisierung der PID
2.2.4 Ist die PID der Weg zu einer neuen Art der Eugenik?
2.2.5 Die ethische Einschränkung der Person in Folge der PID oder der Keimbahntherapie

3. Keimbahnmanipulation – eine neue Vision zur Umprogrammierung des Lebens?

4. Fazit

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Viel zu oft wird der Begriff Eugenik[1] automatisch mit Geschehnissen der Vergangenheit assoziiert und mit einer bestimmten historischen Epoche, vor allem der NS-Zeit, in Verbindung gebracht. Hierbei handelte es sich allerdings um politische Programme, die vom Staat genutzt wurden, um direkt in die Freiheit der individuellen Fortpflanzung der Menschen einzugreifen und die heutzutage als inakzeptabel gelten. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Zeit des Nazi-Regimes gab es dann erst einmal einen deutlichen Trend dazu, das Verhalten und das Wesen des Menschen nicht mehr genetisch, sondern vor allem nicht-genetisch zu erklären. Doch gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurden in der klinischen Genetik neue Methoden entwickelt, die zu einem erneuten Aufschwung der Debatte um eine mögliche neue Eugenik führten. Diese Methoden, auf die später noch genauer eingegangen wird, eröffneten die Möglichkeit, nach einer genetischen Beratung Entscheidungen über die eigene Fortpflanzung in einer Weise zu treffen, wie es bisher nicht möglich war. Laut einer Meldung der dpa am 10. Dezember 1986, gab es in der ehemaligen Sowjetunion sogar schon Gesetze, die dieser neuen Art der Eugenik einen Weg eröffnen sollten: „Angesichts der zunehmenden Zahl nervenkranker Kinder in der Sowjetunion hat das Gesundheitsministerium […] Gesetze zur medizinischen Kontrolle aller jungen Paare vor der Eheschließung verlangt. Die Gesundheitsbehörde habe beim Justizministerium beantragt, die jungen Eheleute künftig einer vollständigen medizinischen Untersuchung und einer genetischen Beratung zu unterwerfen. Für Alkoholikerinnen und drogensüchtige Frauen solle eine Schwangerschaftsverhütung zur Pflicht gemacht werden, hieß es ferner.“[2] Heutzutage ist die Fortpflanzungsentscheidung – zumindest in westlich demokratischen Gesellschaften – zwar den Paaren selbst überlassen und wird nicht mehr durch bestimmte soziale Normen und Regeln beeinflusst, dennoch bietet der Staat seit dem Zusammentreffen von Reproduktionsmedizin[3] und Gentechnik[4] durch seine Gesetze die Möglichkeiten für bestimmte Methoden, bei denen manche Menschen von Eugenik sprechen. Hier sind vor allem die Methoden der Pränataldiagnostik (PND) und die der Präimplantationsdiagnostik (PID) zu nennen. Diese werden im Folgenden - nach einer kurzen Begriffsklärung des Begriffs der Eugenik - im Hinblick auf ethische Fragestellungen und auf die Frage, in wie fern diese Methoden als eugenisch zu betrachten sind, noch genauer erklärt und erörtert werden sollen, da sich der Bürger durch den möglichen, direkten Eingriff in die menschliche Fortpflanzung - vor allem durch das Verfahren der PID - mit Fragen konfrontiert sieht, die weit über die politische Substanz der üblichen politischen Streitgegenstände hinausgehen, und zudem auch noch ethische Problemfelder ansprechen, die diese Verfahren mit sich ziehen. Des Weiteren werden die verschiedenen Positionen zu einer möglichen Legalisierung der PID besprochen. In sehr weiter Zukunft sehen sich sogar einige Wissenschaftler in der Lage durch direkte Eingriffe ins Genom des Menschen (wie zum Beispiel die Keimbahntherapie[5] ) das Entstehen bestimmter Krankheiten zu reduzieren. Auf den Punkt, in wie fern die moderne Genetik – vor allem die PND und die PID und die noch nicht durchführbare Keimbahntherapie in Zukunft zu einer ganz neuen Eugenik führen könnten wird zuletzt eingegangen.

1.1 Zum Begriff der Eugenik und seiner begrifflichen Systematik

Was nun genau der Begriff der Eugenik eigentlich bezeichnet, ist nicht immer ganz klar und unterliegt großen Diskussionen.

Abgeleitet vom altgriechischen eugenes (von guter Herkunft), bezeichnet der Begriff Eugenik eine Wissenschaft, die auf den modernen Erkenntnissen der Humanmedizin beruht und deren Ziel es ist, durch gezielte Fortpflanzung den Anteil an gewünschten, positiv bewerteten Erbanlagen, zu vergrößern und die unerwünschten nach und nach zu eliminieren. Diese Definition des Begriffs ist jedoch immer noch umstritten. Deshalb schlägt Ruth Chadwick[6] vor, den Begriff „als eugenisches Prinzip zu betrachten, das besagt, wenn alle anderen Dinge gleich sind, es moralisch gesehen besser ist, ein Kind mit höherem genetischem Potential zu zeugen als mit einem niedrigeren.“[7]

Um die verschiedenen Fälle der Eugenik unterscheiden zu können, ist es wichtig, diesen komplexen Begriff aufzuschlüsseln und systematisch zu betrachten: Francis Galton, der Begründer der Eugenik, unterschied schon in den 1870er Jahren zwischen positiver und negativer Eugenik; der weitest verbreiteten Unterscheidung. Erstere versucht die guten Eigenschaften in einer Gesellschaft zu vermehren, letztere versucht die Ausbreitung von nachteiligen Genen einzuschränken. „Als gut und nachteilig gilt jeweils das, was die Person oder Institution, die die Entscheidung über die Eugenik trifft, als gut oder nachteilig auffasst.“[8] Je nach Verständnis der Guten bzw. der Nachteiligen verändert sich das Verhältnis der positiven zur negativen Eugenik.

Die zumeist diskutierte Art der Eugenik ist die der liberalen Eugenik[9], die von der staatlichen Eugenik abgegrenzt werden muss. Unter staatlicher Eugenik versteht man staatlich gelenkte Programme, wie die zur Zeit des Nationalsozialismus. Liberale Eugenik geht von den betroffenen Elternpaaren aus, die Entscheidungen über zukünftige Eigenschaften ihrer noch ungeborenen Kinder treffen, die durch bestimmte Techniken manipuliert werden können; es handelt sich hierbei also um Fremdbestimmung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. Sowohl die staatliche als auch die liberale Eugenik unterliegen heteronomen Entscheidungen - d.h, dass die Entscheidung zur eugenischen Veränderung nicht von einem selbst getroffen wird. Im Falle einer Pränataldiagnostik[10] wäre dies zum Beispiel die Entscheidung der Eltern, einen Embryo nach einer Fruchtwasseruntersuchung[11] und der Diagnose einer schweren Behinderung, abzutreiben. Des Weiteren wird zwischen indirekter und direkter Eugenik unterschieden – ein signifikanter Unterschied, bei dessen Bewertung unterschiedliche Kriterien herangezogen werden müssen. Direkte Eugenik würde vorliegen, wenn sich ein Elternpaar dazu entscheiden würde, die Gene ihrer Nachkommen durch Keimbahntherapien[12] so zu verändern, dass die Wahrscheinlichkeit bestimmter Erkrankungen stark abnimmt. Dieses Beispiel ist fiktiv, da solch ein Eingriff technisch (noch) nicht möglich ist und zudem in Deutschland verboten ist. Wenn eine Schwangere sich jedoch entschließt, ihr behindertes Kind abzutreiben, liegt ein Fall von indirekter Eugenik vor, da die Erbanlagen nur indirekt gefördert werden, indem der allgemeine Genpool[13] indirekt gefördert wird. Passive Eugenik liegt vor, wenn man nach dem Auswählen der Zygote[14] (im Falle einer PID) die Zygote nicht mehr weiter verändert. Dagegen wäre die technisch noch nicht realisierbare Keimbahntherapie ein Beispiel für aktive Eugenik, denn hier würden Gene aktiv verändert werden. Wie wir auch später noch sehen werden, wenn es um die Unterscheidung einer Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und einer Legalisierung der PID geht, ist es moralisch sehr wichtig zwischen dem aktiven Handeln und dem passiven Unterlassen zu unterscheiden.

Die ungeklärte Frage ist nun, ob bestimmte Methoden wie zum Beispiel die Präimplantationsdiagnostik[15], die nicht offen unter das eugenische Prinzip fallen, dennoch zu einer Art neuen Eugenik in Zukunft beizutragen. Die Ansicht, dass Eugenik als rein historisches Problem dargestellt wird, ist angesichts neuer Methoden der Reproduktionsmedizin, die zur genetischen Optimierung beitragen können, demnach nicht mehr vertretbar. Zu Klären bleibt nun die Frage, in wie weit die Methoden als eugenisch anzusehen sind.

2. Präimplantationsdiagnostik (PID) und Pränataldiagnostik (PND)

2.1 Problemfelder der PND

Bei einer PND wird das ungeborene Kind im Mutterleib mit Zuhilfenahme spezieller Methoden[16] auf genetische Defekte und bestimmte Erbkrankheiten hin untersucht. Auf die medizinischen Fachbegriffe und auf die Erläuterung der genauen Vorgehensweisen solcher Untersuchungen wird hier verzichtet. Einerseits wird die PND oft als erste Kontaktaufnahme zum eigenen Kind angesehen (vor allem durch die ersten Ultraschallaufnahmen). Andererseits schürt die Durchführung solcher Untersuchungen aber auch die Ängste der werdenden Eltern und so fällt es ihnen oftmals schwer sich nach einem auffälligen Ultraschallbild gegen weitere Untersuchungen zu entscheiden. Dies hat zur Folge, dass das Kind und die Schwangerschaft oftmals erst angenommen werden, wenn die Ärzte den negativen Befund bestätigen. Bei positivem Befund (d.h. dass eine Fehlbildung oder einer Krankheit festgestellt wurde) ist gegebenenfalls eine Abtreibung bis in ein sehr weit fortgeschrittenes Stadium der Schwangerschaft straffrei. Die PND war schon von ihren Anfängen an ethisch umstritten, da man die Befürchtung hatte, dass man Schwangerschaft und Fortpflanzung in einem ganz anderen Licht betrachten würde. Statt die Schwangerschaft als einen Zustand guter Hoffnung anzusehen ginge man heute nur eine Schwangerschaft auf Probe ein – d.h. nur bei negativem Befund wird das Kind auch bis zur Geburt hin ausgetragen.

Durch das Wissen um den Gesundheitszustand des Fetus, geraten die werdenden Eltern in eine Art Handlungszwang. Es bleiben nur zwei Möglichkeiten: die Schwangerschaft fortzusetzen oder diese abzubrechen. Dies bedingt nicht nur einen sehr großen persönlichen Druck, der auf den Paaren lastet, sondern auch den gesellschaftlichen Druck, der immer größer wird und dem sich kein Paar in einer solchen Situation entziehen kann. Das heißt, wenn sich Paare nach einer PND nun doch für ihr möglicherweise behindertes oder krankes Kind entscheiden, müssten sie dafür vor der Gesellschaft, die gesunde, nicht-behinderte Kinder (vor allem nach einer PND) erwartet, auch noch rechtfertigen.

Meiner Meinung nach sollten Schwangere, die ihr Kind ohne Zweifel und Angst austragen möchten und alle Konsequenzen ihrer Entscheidung tragen können, auch das Recht haben, sich ohne Druck von Seiten der Gesellschaft oder der Ärzte willentlich gegen eine PND entscheiden zu können. Unsicherheit, Angst und Unruhe, die man bei Frauen, die eine PND durchführen lassen, vermutlich verstärkt antrifft, wirkt sich nämlich auch auf das ungeborene Kind aus. Diese Entscheidung sollte von jeder Schwangeren ganz individuell und ohne äußeren Einfluss getroffen werden können. Außerdem sollte den Eltern auch die Möglichkeit gegeben werden, sich willentlich für die Geburt ihres behinderten Kindes zu entscheiden, ohne dass die dadurch mit negativen Konsequenzen seitens ihres persönlichen Umfelds oder seitens der Gesellschaft zu rechnen hätten.

2.2 Problemfelder der PID

Bei der PID hingegen, die hier in Deutschland noch nicht legalisiert ist, werden per IVF (=In-vitro-Fertilisation[17] ) befruchtete Embryonen auf bestimmte Erbkrankheiten und Chromosomenanomalien hin untersucht und bei positivem Befund gar nicht erst in die Gebärmutter der Frau eingepflanzt. Deshalb bieten sich hier durch die vorherige Untersuchung und die Auswahl von ganz bestimmten Embryonen noch weitere Möglichkeiten der Qualitäts- Kontrolle an[18]. Dies bedeutet, dass also nur gesunde nicht behinderte Kinder auf die Welt kommen sollen. Genau dies ist der Punkt, warum Kritiker hier von Eugenik reden. Doch auf diese Diskussion soll noch genauer eingegangen werden.

2.2.1 Positionen in der bioethischen Debatte um den Status des Embryos

Für eine weitere Bewertung der PID sind Fragen nach dem moralischen und rechtlichen Status und Fragen nach der Schutzwürdigkeit des Embryos unerlässlich. Denn gerade die Gefahr, dass eine Gesellschaft eine moralische Grenzüberschreitung durchmacht, indem sie zum Beispiel Embryonen für Forschungszwecke oder für den Nutzen Dritter missbraucht oder sie unachtsam verwirft, sollte nicht unterschätzt werden und verlangt ein besonders wachsames Auge.

[...]


[1] Zur Begriffklärung des Begriffs „Eugenik“ siehe Punkt 1.1

[2] Arnold, Hermann: Medizin und Ethik, Problemfeld Eugenik, Seite 103

[3] Ein Teilgebiet der Medizin, das sich mit der menschlichen Fortpflanzung und mit deren Problemen und Lösungen beschäftigt.

[4] Gentechnik oder Gentechnologie ist ein Teilgebiet der Biotechnologie. Sie beschäftigt sich mit (molekular-)biologischen, chemischen und physikalischen Methoden, durch die Gene isoliert, analysiert, verändert und wieder in einen Organismus eingebaut werden können und mit der Regulation dieser Gene. Seit den 1970er Jahren kam es zu einem raschen Fortschritt in diesem Gebiet.

[5] Bei der Keimbahntherapie wird ein Gen in das Genom einer Ei- oder einer Samenzelle eingebaut und somit auch an die Nachfahren weitergegeben. Dieses Verfahren ist in Deutschland verboten.

[6] Birx, H. James und Sorgner, Stefan Lorenz: Eugenik und die Zukunft, Seite VI

[7] ebd., Seite VI

[8] ebd. Seite 203

[9] vgl. Habermas, Jürgen: Die Zukunft der menschlichen Natur, Auf dem Weg zu einer liberalen Eugenik? (eine zentrale Schrift zur Diskussion um die liberale Eugenik in der deutschen Diskussion)

[10] medizinische Untersuchungen des ungeborenen Kindes

[11] = Amnioznetese: Methode der Pränataldiagnostik, um bestimmte Erkrankungen oder Fehlbildungen des Fetus schon in den ersten Wochen der Schwangerschaft zu diagnostizieren

[12] Verfahren, mit denen vererbte Krankheiten, die auf einem genetischem Defekt beruhen, geheilt werden sollen, indem man das gesunde Gen in die Keimzellen des Trägers einbringt, so dass es nach der Befruchtung in allen Zellen der Nachkommen vertreten ist. Somit ersetzt das gesunde Gen das defekte Gen in seiner Funktion.

[13] Gesamtheit aller Allele (= die Variationen eines Gens) in einer Population

[14] befruchtete Eizelle

[15] Die Präimplantationsdiagnostik wäre also ein Beispiel für eine heteronome, liberale, direkte und passive Eugenik.

[16] Hierzu gehören alle Vorsorgeuntersuchungen: nicht-invasive Methoden: Ultraschall und Triple-Test; invasive Methoden: Fruchtwasseruntersuchung, Nabelschnurpunktion, Biopsie der Plazenta. Zumindest die Ultraschalluntersuchung ist schon Standard bei jeder Schwangeren.

[17] lateinisch für „Befruchtung im Reagenzglas“; eine Methode der künstlichen Befruchtung

[18] diese Entscheidung müssen die Eltern dem Arzt überlassen, d.h. die Eltern müssen hier hier Handlungsvermögen abgeben.

Details

Seiten
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783640656554
ISBN (Paperback)
9783640656431
DOI
10.3239/9783640656554
Dateigröße
584 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Erscheinungsdatum
2010 (Juli)
Note
2,0
Schlagworte
Neue Methoden Reproduktionsmedizin Aktuelle Probleme Aussichten Zukunft
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