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Die Schuldenbremse in der Bundesrepublik Deutschland. Entwicklung, Konzeption und Auswirkungen

©2010 Hausarbeit (Hauptseminar) 22 Seiten

Zusammenfassung

Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte hat in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. In diesem und im nächsten Jahr soll dieser Schuldenberg weiter stark wachsen. Grund hierfür ist die konjunkturelle Eintrübung infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise. Trotz der absehbaren Defizite hat die Föderalismuskommission II, die sich aus Vertretern der Bundesländer und der Bundesregierung zusammengesetzt, eine neue Regelung für die Finanzpolitik der öffentlichen Hand erarbeitet. Mit dieser neuen Regelung soll die Spirale der Neuverschuldung durchbrochen werden und die Lasten für künftige Generationen verringert werden. Dies ist nötig, da die Finanzierung der Tilgung und Zinsen mittlerweile ein Achtel der Bundesausgaben verbraucht. Auch bei den Ländern, Kommunen und den Sozialkassen haben sich teilweise große Rückstände angehäuft. Sowohl von Seiten der Exekutive als auch von der Legislative wurden Anstrengungen unternommen um die Schuldenproblematik einzudämmen. Der Handlungsdruck und die politischen Rahmenbedingungen erlaubte schließlich die Einigung zwischen der Bundesregierung und den Ländern auf die Neuregelung der Bund- Länder Finanzbeziehungen, dessen Kern eine so genannte Schuldenbremse gewesen ist.

Die Idee der Schuldenbremse und die Entwicklung des Projekts vor dem Hintergrund der steigenden Staatsverschuldung soll das Thema dieser Arbeit werden. Das besondere Augenmerk liegt bei der Ausarbeitung auf der Konzeption und Umsetzung der neuen Regel. Einführend wird kurz der bisherige Stand der Staatsverschuldung in der BRD dargestellt, sowie die Bestimmungen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes erörtert. Außerdem wird das bisher einzige Beispiel einer erfolgreichen Schuldengrenzenregelung in der Schweiz kurz erläutert und analysiert.

Anschließend wird dann ausführlich die Konzeption der Schuldenbremse und deren Auswirkungen auf Bund und Länder dargestellt. Zum Schluss wird dann die neue Regelung einer kritischen Analyse unterworfen und eruiert wie sinnvoll die Schuldenbremse für den Bund und die Bundesländer tatsächlich ist.

Leseprobe

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Idee und die Entwicklung einer Schuldenbremse für Bund und Länder
2.1. Schuldenpolitik der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesländer
2.2. Verfassungsrechtliche Beschränkung der Nettokreditaufnahme
2.3. Der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt
2.4. Die Schweizer Schuldenbremse als Vorbild für Deutschland

3. Die Konzeption der deutschen Schuldenbremse
3.1. Die Föderalismuskommission II
3.2. Die Schuldenbremse
3.3. Ziele der deutschen Schuldenbremse

4. Auswirkung und Kritik an der Schuldenbremse
4.1. Mittelfristige Finanzplanung aufgrund der Schuldenbremse
4.2. Einschränkung des staatlichen Handlungsspielraumes
4.3. Umgehungsmöglichkeiten der neuen Schuldenregel

5. Schluss

Literatur

Onlinequellen

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte hat in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. In diesem und im nächsten Jahr soll dieser Schuldenberg weiter stark wachsen. Grund hierfür ist die konjunkturelle Eintrübung infolge der Wirtschaftskrise. Trotz der absehbaren Defizite hat die Föderalismuskommission II, die aus Vertretern der Bundesländer und der Bundesregierung zusammengesetzt ist, eine neue Regelung für die Finanzpolitik der öffentlichen Hand erarbeitet. Mit dieser neuen Regelung soll die Spirale der Neuverschuldung durchbrochen werden und die Lasten für künftige Generationen verringert werden. Dies ist nötig, da die Finanzierung der Tilgung und Zinsen mittlerweile ein achtel der Bundesausgaben verbraucht. Auch bei den Ländern, Kommunen und den Sozialkassen haben sich teilweise große Rückstände angehäuft. Sowohl von Seiten der Exekutive als auch von der Legislative wurden Anstrengungen unternommen um die Schuldenproblematik einzudämmen. Die Maßnahmen hierfür waren vielfältig. Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen haben allerdings nur begrenzte Wirkungen gezeigt und über die Jahre zu keiner strukturellen Absenkung der Verschuldung geführt. Mit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 stiegen die Ausgaben der öffentlichen Haushalte und der Sozialkassen stark an. Gleichzeitig brachen die Steuereinnahmen auf die Unternehmensgewinne massiv ein und führten so zu einem großen Haushaltsloch. Die Auswirkungen der Krise konnten nur durch Konjunkturhilfen und, damit dem weiteren Anstieg der Staatsverschuldung bekämpft werden. Dieser Handlungsdruck und die politischen Rahmenbedingungen erlaubte schließlich die Einigung zwischen der Bundesregierung und den Ländern auf die Neuregelung der Bund- Länder Finanzbeziehungen, dessen Kern eine so genannte Schuldenbremse gewesen ist. Die Idee der Schuldenbremse und die Entwicklung des Projekts vor dem Hintergrund der steigenden Staatsverschuldung soll das Thema dieser Arbeit werden. Das besondere Augenmerk liegt bei der Ausarbeitung auf der Konzeption und Umsetzung der neuen Regel. Einführend wird kurz der bisherige Stand der Staatsverschuldung in der BRD dargestellt, sowie die Bestimmungen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes erörtert. Außerdem wird das bisher einzige Beispiel einer erfolgreichen Schuldengrenzenregelung in der Schweiz kurz erläutert und analysiert. Anschließend wird dann ausführlich die Konzeption der Schuldenbremse und deren Auswirkungen auf Bund und Länder dargestellt. Zum Schluss wird dann die neue Regelung einer kritischen Analyse unterworfen und eruiert wie sinnvoll die Schuldenbremse für den Bund und die Bundesländer tatsächlich ist.

2. Die Idee und die Entwicklung einer Schuldenbremse für Bund und Länder

Mit dem Ende des Wirtschaftswunders und dem Einbruch im Zuge der Ölkrisen in den 1970er Jahren begannen Bund und Länder mit Hilfe der Fiskalpolitik die Konjunktur zu stützen. Zu diesem Zweck finanzierten sowohl der Bund als auch die Länder verstärkt Ausgaben durch die Aufnahme von Schulden. Um die Konjunktur zu schonen und das Wirtschaftswachstum stabil zu halten wurde auf die Gegenfinanzierung durch Steuer- und Abgabenerhöhung im benötigten Umfang verzichtet. Auch die Bundesländer hatten zum Teil unter großen wirtschaftlichen Problemen zu leiden. Besonders betroffen waren die Regionen, die in den alten Industriezweigen verwurzelt waren. Mit dem Niedergang und dem Strukturwandel kamen auf die Länder große wirtschaftliche und soziale Probleme zu, die sie nicht durch eine Erhöhung der Abgaben verschärfen wollten. Wie in Abbildung 1 zu erkennen ist, schwoll die Staatsverschuldung der BRD vor allem zwischen 1980 und 2000 stark an[1]. Ein entscheidender Faktor ist hier die Wiedervereinigung 1990, die überwiegend durch Kredite finanziert werden musste. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Verbindlichkeiten der DDR übernommen werden mussten und außerdem große Teile der ostdeutschen Wirtschaft nur durch massive finanzielle Hilfen am Leben erhalten werden konnten. Für die Entwicklung der östlichen Bundesländer mussten erhebliche Mittel aufgewendet werden. Außerdem wurden Teile der benötigten Finanzmittel über die Sozialversicherungssysteme bereitgestellt. Um die Kosten für den Steuerzahler möglichst gering zu halten, wurden nur geringe Steuererhöhungen durchgesetzt[2]. Auch der wirtschaftliche Aufschwung infolge des Mauerfalls und der erhebliche Nachholbedarf in den neuen Ländern konnte die Verschuldungsentwicklung nicht ausreichend bremsen Durch die Privatisierung zahlreicher Staatsbetriebe und das globale Wirtschaftswachstum konnte zu Beginn des neuen Jahrtausends nur eine kleine Eindämmung erzielt werden. Erst 2008 gelang es Deutschland erstmals wieder einen gesamtwirtschaftlich ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Rückblickend muss man feststellen, dass keine Regierung bisher willens oder in der Lage war die Kreditaufnahme ernsthaft zu begrenzen. Um diesen Zustand zu beenden sollten gesetzliche Budgetbeschränkungen eine übermäßige Nettokreditaufnahme verhindern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Anstieg der Staatsverschuldung 1960 - 2008[3]

2.1. Schuldenpolitik der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesländer

Die Schuldenpolitik des Bundes und der Länder war aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten seit jeher sehr unterschiedlich. Während die Länder mit hoher wirtschaftlicher Prosperität im Allgemeinen geringe Defizitquoten aufweisen, haben der Bund und die Stadtstaaten sowie die ostdeutschen Länder z. T. große Defizite. Gründe für die überproportionale Verschuldung liegen in den Ländern vor allem bei der unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte. Besonders die Länder mit den ehemaligen Industrieregionen und starker Fokussierung auf den industriellen Sektor haben seit Mitte der 70er Jahre stark unter dem Strukturwandel zu leiden. Auch die Subventionspolitik des Bundes und der Länder führt zu Ungleichgewichten. Um die finanziellen Rahmenbedingungen in Deutschland anzugleichen, wurde in der Föderalismuskommission I der Länderfinanzausgleich neu geregelt und so die Lasten zwischen Bund und Ländern z. T. neu verteilt. Für den Bundeshaushalt gelten indes andere Maßstäbe als für die Budgets der Länder. Die Einnahmen des Bundes werden in allen Regionen Deutschlands generiert. Daher sind für den Bundeshaushalt sektorale Schwankungen nicht von besonderer Bedeutung für die Einnahmenseite. Die Gründe für die beständige Nettokreditaufnahme sind vielmehr in der Ausgabepolitik der Bundesrepublik zu suchen. Bei den Defiziten sind zwei wesentliche Unterschiede festzustellen. Zum einen existiert häufig ein konjunkturelles Defizit, das durch steigende Staatsausgaben und sinkende Einnahmen in Rezessions- und konjunkturellen Schwächephasen entsteht. Die andere Fehlbetragsform ist das strukturelle Defizit, das nicht auf konjunkturelle Schwankungen zurückzuführen ist und am besten durch Ausgabenkürzungen beseitigt werden kann[4]. Allerdings sind die Ausgaben des Bundes ungleich verteilt. So bilden die Sozialausgaben mit Abstand den größten Posten im Haushalt. Ein Teil dieser Ausgaben ist sogar Verfassungsrechtlich geschützt[5]. Betrachtet man nun weiterhin die Ausgaben des Bundes, so stellt man fest, dass bereits heute ca. 40 Milliarden Euro für den Schuldendienst aufgebracht werden müssen[6]. Aufgrund der guten Bonität Deutschlands an den internationalen Kapitalmärkten und der Niedrig- Zins- Politik der EZB sind die Zahlungen an die Gläubiger im Augenblick ziemlich niedrig. Dies kann sich allerdings ändern, wenn die EZB in Frankfurt die Zinsen erhöht, oder die Bonität des Euroraumes, und damit auch der Bundesrepublik, durch die Schuldenpolitik einzelner Länder Schaden nimmt[7]. Eine Erhöhung der Zinsen hätte zur Folge, dass in den kommenden Jahren größere Zinszahlungen auf das Bundesbudget und natürlich auch auf die Länderhaushalte zukommen würden. Um diese auszugleichen wäre entweder eine Reduzierung der Staatsausgaben oder eine Erhöhung der Einnahmen notwendig. Aufgrund der politischen Kosten tendieren politische Entscheidungsträger weiterhin zu einer Steigerung der Einnahmen mit Hilfe von Krediten. Für diese müssten dann allerdings ebenfalls hohe Zinsen entrichtet werden. Sind die Kapitalgeber dann, aufgrund der ständig wachsenden Schulden, nicht mehr bereit ihr Kapital für den entsprechenden Zinssatz bereitzustellen, könnten noch höhere Zinsen die Folge sein. Dieser Teufelskreis ist besonders für die Länder zu befürchten, deren Schuldenquote bereits sehr hoch ist, und die nicht über ausreichendes Wirtschaftswachstum verfügen[8]. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Staatsverschuldung ist die Auswirkung auf die übrigen Teilnehmer auf den Kredit- und Kapitalmärkten. Benötigen die öffentlichen Gebietskörperschaften hohe Kredite kann das Angebot für private Kreditnehmer reduziert werden. Diese Reduzierung der verfügbaren Kreditmenge durch die öffentlichen Akteure kann zu einem Verdrängungseffekt gegenüber den privaten Kreditnehmern führen und so deren Investitionsbereitschaft einschränken[9].

[...]


[1] Ab 1990 Gesamtdeutschland

[2] z. B. Der Solidaritätszuschlag (dieser sollte ursprünglich auch nur zeitlich begrenzt eingeführt werden)

[3] vgl. Bundesministerium der Finanzen: Entwicklung der Schuldenstandquote 1960 bis 2008 (in Prozent des BIP). URL: http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_76712/DE/BMF__Startseite/Aktuelles/ Monatsbericht__des__BMF/2009/03/analysen-und-berichte/b01-reform-verschuldungsregeln/reform-verschuldungsregeln.html?neverpopup=true (aufgerufen am 05.04.2010)

[4] vgl. Fuest/ Thöne: Tragfähige Finanzpolitik, S. 12

[5] Insgesamt gibt der Bund rund die Hälfte seines Budgets für die Sozialpolitik aus. Die Zuschüsse zur Rentenversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit sind im Sozialgesetzbuch (Arbeitslosenversicherung) und im Grundgesetz (Rentenversicherung) verankert. Sofern diese beiden Versicherungen Defizite aufweisen ist die Bundesregierung verpflichtet diese Defizite mit eigenen Finanzmitteln auszugleichen (Defizithaftung); Pilz: Der Sozialstaat, S. 97

[6] vgl. Monatsbericht des BMF – Juli 2008, S. 13

[7] vg. Fischer/Schuermann: Die Schuldenlawine, S. 83 – 91

[8] Blanchard/ Illing: Makroökonomie, S. 776 – 778

[9] Dieser „Crowding out“- Prozess kann natürlich auch zu höheren Zinsen führen. Allerdings ist dies nur bei einem unelastischen Kreditangebot realistisch. vgl. Altmann: Wirtschaftspolitik, S. 352

Details

Seiten
22
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783640672462
ISBN (Paperback)
9783640672646
DOI
10.3239/9783640672462
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg – Volkswirtschaftliches Institut
Erscheinungsdatum
2010 (Juli)
Note
1,3
Schlagworte
Schuldenbremse Bundesrepublik Deutschland Entwicklung Konzeption Auswirkungen
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Titel: Die Schuldenbremse in der Bundesrepublik Deutschland. Entwicklung, Konzeption und Auswirkungen