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Immanuel Kants Unterscheidung der Urteilsarten in analytisch und synthetisch in den Prolegomena

©2008 Seminararbeit 18 Seiten

Zusammenfassung

„Meine Absicht ist, alle diejenigen, so es wert finden, sich mit Metaphysik zu beschäftigen, zu überzeugen: daß es unumgänglich notwendig sei, ihre Arbeit vor der Hand auszusetzen, alles bisher Geschehene als ungeschehen anzuerkennen, und vor allen Dingen zuerst die Frage aufzuwerfen: »ob auch so etwas, als Metaphysik, überall nur möglich sei«.“ Die Metaphysik, so beschreibt es Immanuel Kant in den „Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können“, befindet sich in einen unmöglichen Zustand. Jeder mischt sich in die Metaphysik ein und denkt sie betreiben zu können. Weiterhin tobt ein Streit zwischen dem Empirismus und dem Rationalismus, was die erste erkenntnistheoretische Frage, nach dem Ursprung der Erkenntnis, angeht. Beide philosophische Strömungen behaupten Recht zu haben. Die Empiristen sagen, dass die Quelle der menschlichen Erkenntnis eher in der Erfahrung als in der Vernunft zu Suchen sei und, dass es keine angeboren Ideen gäbe. Die Rationalisten hingegen behaupten vehement, dass den angeboren Ideen ein Dasein zugesprochen werden müsse und räumen der Vernunft einen Vorrang gegenüber der Erfahrung ein. Immanuel Kant geht nun in der „Kritik der reinen Vernunft“ und in den „Prolegomena“ der philosophischen Frage „Was kann ich wissen?“ nach und schafft mit seiner Transzendentalphilosophie eine Synthese zwischen dem Empirismus und dem Rationalismus – den wir Kritizismus nennen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Einführung

1. Immanuel Kant und die Prolegomena – Allgemeine Vorbetrachtungen

2. Die Unterscheidung der Urteile in analytisch und synthetisch sowie a priori als auch a posteriori
a) Begriffspaar 1: a priori und a posteriori
b) Begriffspaar 2: synthetisch und analytisch
c) Die Kombinationsmöglichkeiten der zwei Begriffspaare

3. Die Hauptfragen der Prolegomena und die Frage ob es synthetische Urteile a priori geben kann
a) Wie ist reine Mathematik möglich?
b) Wie ist reine Naturwissenschaft möglich?
c) Wie ist Metaphysik überhaupt möglich?
d) Abschließende Bemerkungen zu den drei transzendentalen Hauptfragen der Prolegomena

Resümee

Literaturverzeichnis

Primärquellen

Sekundärliteratur

Einführung

„Meine Absicht ist, alle diejenigen, so es wert finden, sich mit Metaphysik zu beschäftigen, zu überzeugen: daß es unumgänglich notwendig sei, ihre Arbeit vor der Hand auszusetzen, alles bisher Geschehene als ungeschehen anzuerkennen, und vor allen Dingen zuerst die Frage aufzuwerfen: »ob auch so etwas, als Metaphysik, überall nur möglich sei«.“[1] Die Metaphysik, so beschreibt es Immanuel Kant in den „Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können“, befindet sich in einen unmöglichen Zustand.[2] Jeder mischt sich in die Metaphysik ein und denkt sie betreiben zu können. Weiterhin tobt ein Streit zwischen dem Empirismus und dem Rationalismus, was die erste erkenntnistheoretische Frage, nach dem Ursprung der Erkenntnis, angeht.[3] Beide philosophische Strömungen behaupten Recht zu haben. Die Empiristen sagen, dass die Quelle der menschlichen Erkenntnis eher in der Erfahrung als in der Vernunft zu Suchen sei und, dass es keine angeboren Ideen gäbe. Die Rationalisten hingegen behaupten vehement, dass den angeboren Ideen ein Dasein zugesprochen werden müsse und räumen der Vernunft einen Vorrang gegenüber der Erfahrung ein.[4] Immanuel Kant geht nun in der „Kritik der reinen Vernunft“ und in den „Prolegomena“ der philosophischen Frage „Was kann ich wissen?“ nach und schafft mit seiner Transzendentalphilosophie eine Synthese zwischen dem Empirismus und dem Rationalismus – den wir Kritizismus nennen.

Kant sucht in den Prolegomena ein neues Fundament, auf das er die Metaphysik als Wissenschaft errichten kann. Die Hauptfrage der Prolegomena ist „Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?“. Die Beantwortung dieser ‚Gretchenfrage’ entscheidet darüber, ob Metaphysik als Wissenschaft möglich sein kann oder nicht. In der vorliegenden philosophischen Arbeit möchte ich den Unterschied zwischen den analytischen und den synthetischen Urteilen in Kants Prolegomena herausarbeiten. Dabei möchte ich mich in dem ersten Kapitel „Immanuel Kant und die Prolegomena – Allgemeine Vorbetrachtungen“ dem Werk an sich zuwenden und eine kurze Einführung in die Prolegomena vornehmen. Im zweiten Kapitel sollen dann die verschiedenen Urteilsarten aus den Prolegomena herausgearbeitet werden. Weiterhin soll dargelegt werden, welche Urteile die volle Aufmerksamkeit von Immanuel Kant verdienen. Im dritten und letzten Kapitel möchte ich mich den drei transzendentalen Hauptfragen die in den „Prolegomena“ zuwenden: 1. Wie ist reine Mathematik möglich? 2. Wie ist reine Naturwissenschaft möglich? 3. Wie ist Metaphysik überhaupt möglich? Die Beantwortung der Fragen soll als Beweis für die synthetischen Urteile dienen.

Um Kants Transzendentalphilosophie herauszuarbeiten, habe ich mich dabei auf zwei Primärquellen beschränkt, die „Kritik der reinen Vernunft“ und die „Prolegomena“. Den Schwerpunkt meiner Analyse bilden dabei die Prolegomena. Die Prolegomena kann man als eine zusammenfassende Einführung in Kants Philosophie ansehen.[5] Ich werde mich an geeigneten Stellen aber auch auf die „Kritik der reinen Vernunft“ beziehen um die Gesamtzusammenhänge besser darstellen zu können.

1. Immanuel Kant und die Prolegomena – Allgemeine Vorbetrachtungen

Immanuel Kant (1724-1804) zählt zu den größten Philosophen der Neuzeit. Mit seinen drei großen Kritiken, „Kritik der reinen Vernunft“, erste Auflage 1781 und zweite Auflage 1787, „Kritik der praktischen Vernunft“ (1788) und „Kritik der Urteilskraft“ (1790) hat er die Philosophie nachhaltig geprägt. Er hat sich in diesen drei großen Kritiken mit dem Wahren, dem Guten und dem Schönen auseinandergesetzt.[6] Arthur Schoppenhauer (1788-1860)[7] meinte zu der „Kritik der reinen Vernunft“, dass es, das wichtigste Buch, was je in Europa geschrieben wurden ist, sei.[8] Jedoch blieb zuerst für Kant das gewünschte Feedback und Anerkennung seines Werkes aus. Als zu trocken und dunkel wurde sein Buch beschrieben. Von dem Populärphilosophen Christian Garve (1742-1798), bekommt Kant, in einer Rezension sogar einen totalen Verriss seines Werkes.[9] Mit Ironie spottet Garve über Kants Werk. Der Grund dafür bildeten grundlegende Missverständnisse über die „Kritik der reinen Vernunft“ beim Leser. Daraufhin schrieb Kant die „Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können“ (Prolegomena - griech. Plural), die ‚einleitende Vorbemerkungen’ (1783) zu seiner „Kritik der reinen Vernunft“.

In den Prolegomena versucht nun Kant nicht mehr, wie in der „Kritik der reinen Vernunft“, durch eine synthetische Methode seine Transzenden-talphilosophie dem Leser vermitteln zu wollen, sondern er bedient sich hier einer analytischen Methode. Die synthetische Methode geht von seinen Prinzipien fortschreitend zu den Folgerungen über. Sie ist progressiv gestaltet und steht im Gegensatz zu einer analytischen Methode. Die analytische Methode hingegen, kann man als eine zugänglichere Variante der Wissensvermittlung für den Leser sehen. Hier geht man davon aus, dass, was gesucht wird, schon gegeben ist. Man geht von den Folgerungen zu den letzten Gründen über (regressiv).[10] Man kann sich dies an dem Beispiel eines Lego-Hauses vielleicht besser Vorstellen: In der analytischen Methode ist das Lego-Haus fertig gebaut und man nimmt es während der Analyse Schritt für Schritt auseinander und schaut sich die einzelnen Teile an. In der synthetischen Methode hingegen sucht man erst die einzelnen Teile und baut dann das Haus.

Die „Prolegomena“ bietet für den Leser eine zusammenfassende Einführung in die transzendentale Vernunftkritik Kants.[11] Sie ist im Vergleich zu der „Kritik der reinen Vernunft“ (griech. krinein untersuchen, prüfen) eine ‚populäre Ausgabe’. Jedoch darf man dabei nicht übersehen, dass auch die Prolegomena einen bestimmten Anspruch an seinen Leser stellt. So sagt Kant selbst zu seinem Werk: „Diese Prolegomena sind nicht zum Gebrauch vor Lehrlinge, sondern vor künftige Lehrer, und sollen auch diesen nicht etwa dienen, um den Vortrag einer schon vorhandenen Wissenschaft anzuordnen, sondern um diese Wissenschaft selbst allererst zu erfinden.“[12] Kant stellt damit gar nicht den Anspruch populärwissenschaftlich für das gemeine Volk zu schreiben, sondern er ist der Meinung, dass Metaphysik nicht jeder betreiben kann. Jedoch sind die Prolegomena im Vergleich zur ersten Kritik einem größeren Publikum offen und können im Weitesten Sinne eher populär als die Kritik angesehen werden. Kant sagt selbst treffend mit den Worten von Virgilius: „Ignavum, fucos, pecus a praesepibus arcent.“[13] Kant meint mit diesen Worten, dass nicht jeder Metaphysik verstehen oder betreiben kann.

Es geht Kant in den Prolegomena darum, die Metaphysik, als die erste Philosophie, die sich auf Wissen, welches jenseits der Erfahrung liegt, auf ein neues Fundament zu stellen und sie als Wissenschaft zu begründen. Die Metaphysik hat nach Kant in den letzten Jahrtausenden keine Fortschritte gemacht. Im Vergleich zu der Mathematik ist sie noch weit davon entfernt eine Wissenschaft zu werden. Sie befindet sich auf einem Kampfplatz, wo sich Empiristen (John Locke, George Berkeley, David Hume) und Rationalisten (René Descartes, Gottfried Wilhelm Leibniz, Baruch de Spinoza) streiten wer mit seiner Philosophie Recht hat. Die Empiristen sagen, dass es keine Metaphysik geben kann. David Hume geht davon aus, dass die Metaphysik keine Grundlage hat und wie ein Luftgebäude in sich zusammen fallen muss. Alle Wissenschaften, so Hume weiter, müssen auf Beobachtung und Erfahrung begründet werden und das widerspricht dem Wesen der Metaphysik.[14] Die Rationalisten hingegen räumen der Vernunft einen größeren Rang bei der Gewinnung der Erkenntnis ein und werten die Erfahrung ab. Das Erkenntnisvermögen ist damit bei beiden Strömungen mit einer Hierarchie versehen.[15] Kant versucht nun den Streit zwischen den Empiristen und Rationalisten zu schlichten und beide Erkenntnisvermögen nicht durch eine Hierarchie zu subsumieren, sondern sie als zwei gleich-berechtigte Erkenntnisstämme darzustellen – die Vernunft und die Erfahrung. Dabei ist die Hauptfrage von den Prolegomena: „Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?“[16]. Wie Kant aber in den oben erwähnten Zitat schon verrät, wird in den Prolegomena, nur aufgezeigt, wie Metaphysik als Wissenschaft möglich ist und nicht wie Metaphysik als eine schon fertige Wissenschaft aussieht. Vielmehr beweist Kant philosophisch den wissenschaftlichen Charakter der reinen Mathematik und der reinen Naturwissenschaft in den Prolegomena.[17]

2. Die Unterscheidung der Urteile in analytisch und synthetisch sowie a priori als auch a posteriori

Wie sind synthetische Urteile a priori möglich? – die sogenannte Gretchen-frage. Diese Frage stellt den Kern der Prolegomena dar. Mit der Beantwortung der Frage und ihrem Beweis für die synthetischen Urteile, die eine apriorische Gültigkeit besitzen, steht oder fällt die Metaphysik als Wissenschaft. In diesem zweiten Kapitel folgen nunmehr die zwei Begriffspaare, die Kant verwendet:

a) a priori und a posteriori und
b) synthetisch und analytisch

a) Begriffspaar 1: a priori und a posteriori

Das erste Begriffspaar um das es hier gehen soll sind die Begriffe a priori (oder apriorisch) und a posteriori (oder aposteriorisch). Mit diesem Begriffspaar werden die Erkenntnisse nach ihrem Ursprung, ob sie aus der Vernunft oder aus der Erfahrung kommen, von Kant unterschieden.

[...]


[1] Kant, Immanuel: „Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft auftreten können“, Stuttgart 2005, S. 5.

[2] Vgl. ebd., S. 6.

[3] Vgl. Gabriel, Gottfried: „Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Von Descartes zu Wittgenstein“, 2. Auflage, Paderborn 1998, S. 26.

[4] Vgl. ebd., S. 39ff.

[5] Vgl. Höffe, Otfried: „Immanuel Kant“, 7. Auflage, München 2007, S. 37.

[6] Vgl. Kunzmann, Peter; Burkard, Franz-Peter; Wiedemann, Franz: „dtv-Atlas Philosophie“, 7. Auflage, München 1991, S. 137-145.

[7] ebd., S. 161.

[8] Vgl. Höffe, Otfried: „Kleine Geschichte der Philosophie“, München 2005, S. 210.

[9] Vgl. Höffe, Otfried: „Immanuel Kant“, S. 36.

[10] Vgl. Kant, Immanuel: „Prolegomena“, S. 31.

[11] Vgl. Höffe, Otfried: „Immanuel Kant“, S. 37.

[12] Kant, Immanuel: „Prolegomena“, S. 5.

[13] Kant, Immanuel: „Prolegomena“, S. 16.

[14] Vgl. Höffe, Otfried: „Kleine Geschichte der Philosophie“, S. 203.

[15] Vgl. Gabriel, Gottfried: „Grundprobleme der Erkenntnistheorie“, S. 29.

[16] DTV Atlas, S. 137.

[17] Vgl. Kant, Immanuel: „Prolegomena“, S. 29.

Details

Seiten
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783640696505
ISBN (Paperback)
9783640696871
DOI
10.3239/9783640696505
Dateigröße
597 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena – Institut für Philosophie
Erscheinungsdatum
2010 (September)
Note
2,7
Schlagworte
Immanuel Kants Unterscheidung Urteilsarten Prolegomena
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Titel: Immanuel Kants Unterscheidung der Urteilsarten in analytisch und synthetisch in den Prolegomena