Integration Europas und die Europäische Union
Zusammenfassung
der Begriff der Integration nicht eindeutig definierbar ist.
Aus diesem Grund wird hier eine Begriffsklärung vorgestellt, welche auf die
verschiedenen integrationstheoretischen Ansätze und möglichen Gründe für die
Integration eingeht. Darauffolgend wird die europäische
Integration aus der geschichtshistorischen Perspektive vorgestellt, wobei vor allem die
Hintergründe und Ursprungsansätze eines europäischen Zusammenschlusses erläutert
werden. Desweiteren wird skizziert, wie
und in welchen Schritten die europäische Vergemeinschaftung genau ablief.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Begriff der Integration
2. Europäische Integration
2.1 Begriffsklärung und historische Hintergründe
2.2 Entwicklung der europäischen Integration
2.3 Zukunftsaussichten der EU: Perspektive der Osterweiterung
Schlusswort
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die Europäische Union ist ein politischer und wirtschaftlicher Zusammenschluss europäischer Staaten mit dem Ziel ein Gesamteuropa mit gemeinsamen sozialen,politischen und wirtschaftlichen Strukturen zu schaffen. Heute stellt die Europäische Union eine Organisation dar, deren Entwicklung sowohl integrationstheoretisch als auch wirtschaftlich, politisch und geschichtlich interessant zu beobachten ist, da die Reichweite und Tiefe des Integrationsgrades in Europa bei keiner anderen Organisation im internationalen Raum zu beobachten ist. Es ist deswegen wichtig die Europäische Union aus den genannten Perspektiven zu betrachten.
Die Europäische Union ist zweifellos durch ein Prozess der Integration entstanden, der Begriff der Integration ist aber in näherer Hinsicht nicht eindeutig definierbar. Aus diesem Grund wird hier zuerst eine Begriffsklärung dargestellt, wobei auf die verschiedene integrationstheoretische Ansätze und mögliche Gründe für die Integration eingegangen wird. Dabei ist auch der Bezug auf die europäische Integration wichtig, wobei da die einzelne Integrationstheorien die Prozesse in Europa nicht unbedingt eindeutig erklären. Deswegen wird folgend auf die europäische Integration aus der geschichtlichen Perspektive eingegangen, wobei vor allem die Hintergründe und Ursprungsansätze eines europäischen Zusammenschlusses erläutert werden. Dabei wird sichtbar, dass das Gedanke des vergemeinschafteten Europas eine lange Geschichte hinter sich hat, dennoch waren die ersten tieferen Schritte der Integration in vielen Aspekten von den aussenstehenden Ereignissen abhängig. Wie und in welchen Schritten die europäische Vergemeinschaftung genau ablief wird dann als Nächstes skizziert. Klar wird dabei, dass die Integration keineswegs einfach und einstimmig war, sondern es gab tiefgehende Meinungsverschiedenheiten zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten der Union. Zuletzt wird ein Blick in die Zukunft geworfen, vor allem unter der Betrachtung der künftigen Osterweiterung der Europäischen Union.
Es ist dabei zu beachten, dass die europäische Integration nicht vollendet ist und es viele Meinungsverschiedenheiten gibt, wie und ob überhaupt sie vollendet wird. Nicht nur politisches oder wirtschaftliches Nutzen, sondern auch die Einstellung der Bürger spielen dabei eine wichtige Rolle.
1.Begriff der Integration
Integration als Begriff kommt aus dem lateinischen und bedeutet allgemein eine (Wieder-)Herstellung eines Ganzen durch Einbeziehung aussenstehender Elemente.1 Ursprünglich wird der Integrationsbegriff im Bereich der Soziologie definiert und bedeutet das Verschmelzen einer Vielheit zu einer Einheit,2 gleichermassen als Gleichgewichtszustand eines Systems zu verstehen3. Im Sinne der politischen Soziologie und Politikwissenschaft ist der Begriff der Integration ziemlich ungenau und wird als Zusammenschluss von Systemen zu einer neuen Gesamtsystem, das aber mehr ist als die blosse Summe der einzelner Systeme4. Genauer gesagt, stellt eine politische Integration laut Karl W. Deutsch die Zusammenfügung zuvor unabhängiger oder unabhängigerer Teile der Nationen oder Nationalstaaten dar, wobei die verschiedenen Formen der Integration sich in Bezug auf die zu integrierenden Teile und deren Ziele unterscheiden. Im Innenverhältnis der Staaten geht es also um Regionen, Provinzen und Länder, die sich freiwillig zusammenschliessen, weil die mehr gemeinsam haben als mit anderen politischen Einheiten oder die gewaltsam zusammengeschlossen werden, um die Macht des Zentralstaats zu stärken.5
Nun muss auch auf die aussenpolitische bzw internationale Integration näher eingegangen werden. In diesem Zusammenhang kann die Integration als politische Einigung einer Nation ausser des Nationalstaats auch in internationalen Organisationen und als das Zusammenwachsen von zuvor unabhängigen Staaten zu einer supranationalen Organisation, wie im Falle der EU verstanden werden.6 Die Form der Zusammenschlüsse variiert im internationalen Raum von der schon erwähnten supranationalen Integration (EU), Allianzen oder Bündnissen (NATO), internationalen Integration(UNO) und Unionen (Deutsche Zollunion) hin zu Freihandelsassoziazionen(EFTA). Weiterhin kann zwischen Faktoren unterschieden werden, die den Aussmass der Integration bestimmen können: Die Ziele der Integration reichen von Harmonisierung von für wichtig gehaltenen Politikbereichen, Erhöhung der militärischen Sicherheit, Schaffung gemeinsamer Aussenzölle bis zur Liberalisierung des Handels. Dabei ist es wichtig zu fragen, welche Form der politischen Organisation am besten geeignet ist bestimmte Aufgaben zu erfüllen, so dass Zugewinn für alle Teile gewährleistet wird. Auch im Prozess der europäischen Integration wurden diese Ziele verfolgt. Der Grad der Integration als Faktor kann anhand drei Indikatoren bestimmt werden; nach Zahl und Art der integrierten Politikfelder, nach dem Umfang der Kompetenzabgabe und nach der geographischen Reichweite der integrierten Gebiete, also nach der Zahl der Mitglieder. Das heisst also, dass je mehr Politikfelder zusammengelegt werden, je umfangreicher die abgegebene Kompetenzen sind und je näher die integrierte Teile geographisch beieinander liegen, desto höher ist der Grad der Integration.7
Weiterhin muss man auf die Ursachen und Ziele der Integration eingegangen werden, und zwar ganz allgemein gafragt, warum sich überhaupt Teile der Gesellschaft oder Staaten zusammenschliessen. Hier muss erwähnt werden, dass es bisher entweder in der juristisch-zeitgeschichtlichen, politischen oder historischen Fachliteratur kaum eine Veröffentlichung existiert, die sich explizit und systematisch mit der Darstellung der Integrationsbestrebungen anhand der Vergemeinschaftungsziele und-mittel beschäftigt.8 Hingegen werden verschiedene theoretische Ansätze angeboten, die zusammen unter dem Begriff der “Integrationstheorien” zusammengefasst werden. Integrationstheorien sind also theoretische Überlegungen zur Ermittlung von Einflussgrössen zur Bestimmung von Fortschritt, Stagnation oder Rückschritt der Verschmelzung, sowie der Geschwindigkeit der Entwicklung. Daraus ergibt sich die Beziehung der Theorien zum Integrationsbegriff, die die Integration als Begriff nicht erklären, sondern es sich dabei um die Ermittlung von Faktoren handelt, die die Integration als Prozess in ihrem Verlauf beeinflussen können. Daraus ergibt sich auch die eventuelle Funktion der Integrationstheorien als Mittel der nachstehenden Überprüfung nach praktischem Zutreffen.9
Die verschiedene Ansätze der Integration, also die verschiedenen Integrationstheorien sollen hier auch knapp skizziert werden. Die bekannteste ist die Funktionalismus- bzw die Neofunktionalismustheorie, mit dem Leitsatz “form follows function” die in der Lage ist einige Prozesse zu erklären, die sich in der Realität vollziehen. Dabei wird auf die Frage zurückgegriffen, welche Organisationsformen zur Erfüllung bestimmter Aufgaben am besten geeignet sind, sowie wird auf den Effekt des “spill-over” hingedeutet, wonach wirtschaftliche und technische Gemeischaftsaufgaben auf Politikbereiche wie die Aussenpolitik, Sicherheitspolitik erweitert werden und somit eine “abgestufte Integration” aufweisen.10 Die supranationale Integration wird so ständig ausgebaut, so dass die Mitglieder im Zuge der steigender Interdependenz nicht mehr alleinstehend effektiv agieren können und gezwungen sind ihre Souveränität durch Kompetenzübertragung auf die supranationale Ebene einzuschränken.
Karl W. Deutsch formuliert den Kommunikations- oder Tarnsaktionsansatz, wonach die Aufgaben der Integration in der Einhaltung des Friedens, der Erlangung grösserer Mehrzweckpotentiale, der Fähigkeit zur Lösung spezifischer Aufgaben und der Gewinnung eines neuen Selbstverständnisses und einer neuen Identität gesehen werden.
Der integrationstheoretische Ansatz des Föderalismus sieht die Kompetenzverteilung und Aufgabenerledigung als einen geeigneten Weg für einen politischen Zusammenschluss mit dem Schlagwort “function follows form”.11 Nach diesem Ansatz erfolgt die Übertragung von Souveränitätsrechten von kleineren Einheiten auf grössere nach dem Prinzip der Subsidiarität, wonach die jeweils übergeordnete Einheit Funktionen übernimmt, die die jeweils kleinere Einheit nicht erfüllen kann.12 Weiterhin besteht der Ansatz der Intergouvernementalismus, der als Ziel den Gewinn an Handlungsspielraum und Erarbeitung gemeinsamer Regeln, Normen und Institutionen hat, die für alle von Vorteil sind. Hier kann man von formeller oder informeller Koordination von Regierungen sprechen, wobei die Koordination horizontal-zwischen den Gliedern, oder vertikal-zwischen übergeordneter und untergeordneter Einheiten zustande kommt. Dabei spricht man von einer Mehrebenen-Verflechtung, wie man auch bei der EU beobachten kann.13
Es lassen sich ausser der genannten theoretischen Ansätzen noch sechs weitere Gründe für eine Integration nennen, die auch in den Theorien zum Teil angesprochen werden. Als Erstes muss die Bedrohung von Aussen genannt werden, mit der “Kurzformel” “Gefahr eint”. Weiterhin kann Integration aus wirtschaftlichen Gründen entstehen, und zwar hauptsächlich aus Erwartung ökonomischer Vorteile für die Beteiligten. Auch emfundene politische Schwäche gegenüber anderen (Staaten), sowie vorhandensein der Gemeinsamkeiten zwischen den integrierten Teile (wie z.B. die “Abendlandvision” Europas) können als hinreichende Gründe für eine Integration gesehen werden. Das als “klassisch” bezeichnete Motiv der Beherrschung und Domination, sowie die sog. “Magnettheorie”, also Schaffung der Position des “Magnets” durch wirtschaftliche oder politische Stärke haben sich historisch durch beispielsweise Napoleons Kriege und Domination der Sowjetunion während Zeiten Stalins als durchaus wirksam gezeigt.14
Die Theorie der Integration kann, wie schon gesagt entweder auf Ziele des Integrationsprozesses richten, wo sie zumindest teilweise Aussagen über Gründe des Verschmelzungsprozesses Aussagen treffen, oder aber als Mittel zur Prüfung gesehen werden.15 Die europäische Integration als Prozess ist genau deswegen interessant zu beobachten, da die EU bisher als in dem Ausmass einzige supranationale Organisation im internationalen Raum gilt.
2. Europäische Integration
2.1 Begriffsklärung und historische Hintergründe
Bevor man anfangen kann über die europäische Integration zu sprechen, muss man eine begriffliche Abgrenzung darstellen, was überhaupt Europa angeht und auch einen kurzen historischen Abriss machen, woher das Gedanke eines integrierten Europas stammt.
Esrtmal scheint es sinnvoll mit einer räumlichen Abgrenzung und Klärung anzufangen. Geographisch gesehen liegen die Grenzen Europas im Westen an der Küste der Atlantik, im Süden am Mittelmeer, im Norden am Polarmeer und im Osten am Ural. Doch politisch tauchen Fragen auf, ob in Süden beispielsweise Malta und Zypern und im Osten Russland tatsächlich zu Europa gezählt werden können16.
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1 Schmidt, Manfred(1995): “Wörterbuch zur Politik”. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart. S. 431
2 Böttger, Ulrich(2002): “Ziele und Mittel europäischer Integration”. Peter Lang Verlag, Frankfurt.S.31
3 Schmidt, Manfred: “Wörterbuch zur Politik”. S. 431
4 Böttger, Ulrich: “Ziele und Mittel europäischer Integration”. S. 31
5 Pfetsch, Frank(1994): “Internationale Politik”. Kohlhammer Verlag, Stuttgart. S. 189-190vgl Weidenfeld, Werner(2000): “Europa von A bis Z”. Europa Union Verlag, Bonn. S. 262
6 Schmidt, Manfred: “Wörterbuch zur Politik”. S. 431-432
7 Pfetsch, Frank: “Internationale Politik”. S. 190-191
8 Böttger, Ulrich: “Ziele und Mittel europäischer Integration”. S. 26
9 Böttger, Ulrich: “Ziele und Mittel europäischer Integration”. S. 37
10 Pfetsch, Frank: “Internationale Politik”. S. 196
11 Woyke, Wichard(1998): “Europäische Union”. Oldenbourg Verlag, München. S. 2-3
12 Petsch, Frank: “Internationale Politik”. S. 197vgl Weidenfeld, Werner: “Europa von A bis Z”. S. 263
13 Schmidt,Manfred: “Wörterbuch zur Politik”.S.439vgl Weidenfeld, Werner: “Europa von A bis Z”. S.263-265
14 Pfetsch, Frank: “Internationale Politik”. S. 198-200
15 Böttger, Ulrich: “Ziele und Mittel europäischer Integration”. S. 37
16 Woyke, Wichard: “Europäische Union”. S. 9