Rollentheorie: Warum trägt der Clown immer so große Schuhe?
Zusammenfassung
Ich habe mich als Kind immer gefragt, warum der Clown ständig so große Schuhe trägt. Ich meine damit nicht den Clown, sondern generell alle Clowns. Ich habe in meinem Leben so viele verschiedene Clowns gesehen: Die einen waren groß, die anderen klein, die nächsten waren dick, andere wiederum sehr schlank. Aber eins hatten sie alle gemeinsam: Sie trugen immer riesige Schuhe. Ist diese Art der Kleidung gewollt und können wir sie somit als „typisches Merkmal eines Clowns“ bezeichnen? Oder war das nur Zufall, denn für mich als einzelne ist es wohl kaum möglich, alle Clowns der Welt zu sehen zu bekommen? Diesen und ähnlichen Fragen möchte ich nun in meiner Arbeit zur Rollentheorie nachgehen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Die soziale Rolle
1.1. Erwartungen an den Roll entrager
1.1.1. Muss-/Soll- und Kann-Erwartungen
1.1.2. Shakespeare - ein historisches Bei spiel
1.2. Rechte und Pflichten der sozialen Rolle
2. Der Rollenkonflikt
3. Die soziale Position
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Einleitunq
Wenn uns ein unbekannter Gast auf einer Party vorgestellt wird, dann erfahren wir meist etwas uber Name, Alter, Beruf, Familienstand und eventuell noch uber die Hobbys des Fremden. Dann haben wir das Gefuhl, er ware uns doch nicht mehr so fremd. Wie kommt das? Es gibt viele Menschen, die gleiche Merkmale in Beruf, Alter und so weiter aufweisen. Trotzdem glauben wir eine Fremden aufgrund weniger Aussagen, wenn auch nur fluchtig, zu kennen. Sind das nur vorschnelle Bilder, die wir uns zusammen reimen oder kann man wirklich einen Fremden anhand weniger Aussagen grob charakterisieren? Wenn das der Fall ist, woher hat dann ein Mensch diese Fahigkeit? Man konnte meinen, derartige Einschatzungen waren oberflachlich und wurden das einzigartige Individuum vernachlassigen. Aber sind es nicht gerade diese Vereinfachungen, die uns das Leben im Alltag uberhaupt ermoglichen? Indem wir ein bestimmtes System in die vielen Menschen bringen, die uns jeden Tag begegnen, erleichtern wir uns das Zusammenleben.
Ich habe mich als Kind immer gefragt, warum der Clown standig so groGe Schuhe tragt. Ich meine damit nicht den Clown, sondern generell alle Clowns. Ich habe in meinem Leben so viele verschiedene Clowns gesehen: Die einen waren groG, die anderen klein, die nachsten waren dick, andere wiederum sehr schlank. Aber eins hatten sie alle gemeinsam: Sie trugen immer riesige Schuhe. Ist diese Art der Kleidung gewollt und konnen wir sie somit als „typisches Merkmal eines Clowns" bezeichnen? Oder war das nur Zufall, denn fur mich als einzelne ist es wohl kaum moglich, alle Clowns der Welt zu sehen zu bekommen? Diesen und ahnlichen Fragen mochte ich nun in meiner Arbeit zur Rollentheorie nachgehen.
1. Die soziale Rolle
Soziale Rollen gibt es in jeder Gesellschaft. Sie sind Richtlinien des menschlichen Verhaltens und stellen somit eine Art „Sicherheitssystem" fur Interaktionen dar. Rollen haben auGerdem einen Bezug auf bestimmtes Verhalten und Einstellungen, wobei ein Mensch meist mehrere Rollen verkorpert. Es gibt aber keine allgemeinen Gesetze, die dem Rollentrager vorschreiben, wie er sich verhalten muss. „Sonst gabe es kein abweichendes Verhalten und kein Verhalten, fur das es keinerlei Rolle gibt..." (Esser 1999: S.60). Wenn eine Person einkaufen geht oder gerne in den Bergen wandert, dann sind das Beispiele fur Verhaltensweisen, denen man nur schwer eine Rolle zuordnen kann.
Die soziale Rolle stellt eine Verbindung zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft her: „Der Einzelne ist seine sozialen Rollen, aber diese Rollen sind ihrerseits die argerliche Tatsache der Gesellschaft." (Dahrendorf 1974: S.133). Soziale Rollen dienen in der Soziologie der Analyse von menschlichem Handeln. Mit deren Hilfe versucht der Soziologe zu verstehen, warum verschiedene Menschen in bestimmten Situationen auf die gleiche Art und Weise handeln. Die Rolle an sich ist aber unabhangig von dem einzelnen Trager denkbar. Zusatzlich sollte man beachten, dass die soziale Rolle nicht die Wirklichkeit darstellt, sondern nur eine wissenschaftliche Vereinfachung ist (vgl. Dahrendorf 1974: S.134).
1.1. Erwartunqen an den Rollentraqer
In dem Moment, wo man eine soziale Rolle wahrnimmt, tritt auch eine gewisse Verbindlichkeit ein. Rollen sind ein Bundel von Erwartungen, welche durch die Gesellschaft definiert werden. Diese tragt an jeden bestimmte Rollenerwartungen heran, die dessen Denken und Handeln in der Umwelt beeinflussen. Diese Rollenerwartungen ergeben sich aus dem sozialen Kontext und sind zeitabhangig. Vor hundert Jahren zum Beispiel setzte die Gesellschaft an die Rolle einer Frau ganz andere Erwartungen als heute. Damals sollte die Frau verheiratet sein, moglichst zu Hause bleiben und sich um Haushalt und Kinder kummern. Heutzutage ist es in Deutschland nichts Ungewohnliches, wenn eine Frau arbeiten geht und trotzdem Kinder und Haushalt meistert. Alleinerziehende Frauen waren vor hundert Jahren undenkbar gewesen. Daran sieht man, dass soziale Rollen einem standigen gesellschaftlichen Wandel unterliegen.
Die Entscheidung fur oder gegen das Ausleben der Rollenerwartungen erfolgt individuell. Hierbei gibt es zwei Moglichkeiten: Entweder man nimmt die Forderungen der Gesellschaft an oder man lehnt diese ab. Die Bezugsgruppe legt dabei die jeweiligen Sanktionen fest. Der Rollentrager muss sich zwischen Individualitat und der Anerkennung durch die Gesellschaft entscheiden. Wenn man sich den Forderungen der Gesellschaft beugt, verliert man zwar seine Individualitat, aber dafur bekommt man als „Gewinn“ die Anerkennung von der Gesellschaft. Lehnt man die Forderungen der Gesellschaft ab, kann man zwar seine Individualitat bewahren, aber solches Verhalten wird von der Bezugsgruppe negativ sanktioniert und kann sogar zum AusstoG aus der Gesellschaft fuhren.
Das von der Gesellschaft erwartete Rollenverhalten kann erlernt werden. Die dafur verantwortlichen Prozesse sind Sozialisierung {socialization) und Verinnerlichung (.internalization). Eltern, Lehrer, Kirchen und weitere Instanzen erziehen die Kinder gemaG den Erwartungen der Gesellschaft und bringen ihnen somit das Rollenverhalten bei. Die Kinder lernen den Inhalt ihrer Rollen und die moglichen positiven und negativen Sanktionen. Rollenlose Personen gibt es in der Soziologie praktisch nicht, da jeder Mensch einen Teil der Gesellschaft darstellt und ihm damit bestimmte Rollen zugeteilt wurden. Auch wenn ein Kind nicht „richtig“ oder „zu wenig“ sozialisiert wurde, zum Beispiel aufgrund von falscher Erziehung, kann es das Rollenverhalten auch nachtraglich noch erlernen.
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