Empowerment - Konzept und Praxis in der interkulturellen Mediation
Zusammenfassung
Es werden die Grundlagen und die praktische Verwendung der Methode des Empowerment als klientenzentrierter Ansatz innerhalb interkultureller Konfliktbearbeitung im Sinne der interkulturellen Mediation diskutiert. Welche Ideologie und welches Konfliktverständnis liegen der Anwendung zu Grunde und resultieren in der praktischen Anwendung des Empowerment in der interkulturellen Mediation? Worauf basieren das implizite Konfliktverständnis und die Praktiken im Umgang mit Konflikten, die zu den Entwicklungen der Theorien und Praktiken des Empowerment und der interkulturellen Mediation führen? Im ersten Teil wird das Konzept Empowerment, seine historischen Ursprünge, Definitionsannäherungen und Grundlagen für professionelles Handeln analysiert. Im zweiten Teil wird durch eine Einführung in die interkulturelle Mediation auf den Einsatz von Empowerment innerhalb dieser hingearbeitet. Es soll geklärt werden, welches Konfliktverständnis der Mediation obliegt und welche Rolle Macht und das implizite Machtverständnis innerhalb interkultureller Konflikte spielt und die Methode Empowerment innerhalb dieser legitimiert.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Das Empowerment Konzept
1.1 Definition
1.2 Ideologische Ursprünge: Individualisierung und Empowerment
1.2.1 Menschenbild und Wertebasis
1.2.2 Konsequenzen für professionelles Handeln
2 Die interkulturelle Mediation
2.1 Definition
2.2 Kulturelle Konfliktorientierung innerhalb der Mediation
2.3 Kulturelle Machttheorie innerhalb der Mediation
2.4 Macht und Konflikt als westliches Konstrukt - alternative kulturspezifische Interpretationen
2.5 Diskussion des Empowerment in der - interkulturellen - Mediation
3 Resümee
Literaturverzeichnis
Eigenständigkeitserklärung
Einleitung
Mit dem Werk Autoren Robert A. Baruch Bush und Joseph P. Folger (1994) The Promise of Mediation: Responding to Conflict Through Empowerment and Recognition gewann der transformative Mediationsansatz in der Mediationspraxis an Reputation und Relevanz. Die als Urheber dieses Ansatzes verstandenen Autoren kontrastieren in ihrer Publikation die problem solving und transformative Mediationsansätze. Transformative Mediation stellt den Menschen und seine Bedürfnisse wie Gefühle in den Mittelpunkt. Zentral ist die Annahme, dass sich Menschen inmitten eines Konfliktes transformieren können, sodass soziales Lernen möglich ist. Die Zielgrößen sind Empowerment und Recognition. Hingegen liegt beim problem-solving Ansatz der Fokus lediglich auf dem Finden einer gegenseitig akzeptablen Vereinbarung der unmittelbaren Auseinandersetzung.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen die Grundlagen und die praktische Verwendung der Methode des Empowerment als klientenzentrierter Ansatz innerhalb interkultureller Konfliktbearbeitung im Sinne der interkulturellen Mediation diskutiert werden. Welche Ideologie und welches Konfliktverständnis liegen der Anwendung zu Grunde und resultieren in der praktischen Anwendung des Empowerment in der interkulturellen Mediation? Worauf basieren das implizite Konfliktverständnis und die Praktiken im Umgang mit Konflikten, die zu den Entwicklungen der Theorien und Praktiken des Empowerment und der interkulturellen Mediation führen? So wird im ersten Teil der vorliegenden Arbeit das Konzept Empowerment analysiert, seine historischen Ursprünge, Definitionsannäherungen und Grundlagen für professionelles Handeln. Im zweiten Teil wird durch eine Einführung in die interkulturelle Mediation auf den Einsatz von Empowerment innerhalb dieser hingearbeitet. Es soll geklärt werden welches Konfliktverständnis der Mediation obliegt und welche Rolle Macht und das implizite Machtverständnis innerhalb interkultureller Konflikte spielt und die Methode Empowerment innerhalb dieser legitimiert.
1 Das Empowerment Konzept
1.1 Definition
Die erste Herausforderung besteht darin, den Terminus Empowerment eindeutig zu definieren, gibt es doch viele Anwendungsbereiche, Kontexte und resultierend Auslegungen. Versuche der Definition wurden von vielen Seiten unternommen, folgend einige Begriffsbestimmungen, die im Rahmen der interkulturellen Mediation von Relevanz sind[1]:
Herriger (1997: 12-16) führt vier verschiedene Ansätze zur Annäherung an das Konzept Empowerment an: (a) politisch als konflikthafter Prozess der Umverteilung politischer Macht; Menschen bzw. Gruppen treten aus der Position relativer Machtunterlegenheit aus und eigenen sich mehr Macht, Entscheidungsvermögen und Verfügungskraft an (b) lebensweltlich, power als Kompetenz, Stärke oder Durchsetzungsmacht; Stärkung und Erweiterung der Selbstverfügungskräfte des Subjektes (c) reflexiv als selbstinitiierter und -gesteuerter Prozess der (Wieder-)Herstellung von Lebenssouveränität auf den Ebenen Alltagsbeziehung sowie politischer Teilhabe und Gestaltungskraft, die Fähigkeit von Einzelnen oder Gruppen eigennützig zu handeln, um ein größeres Maß an Kontrolle über das Leben zu erlangen (d) transitiv: Prozesse der (Wieder-)Aneignung von Selbstgestaltungskräften – als professionelle Haltung.
Nach Curry (2008: 10) bezieht sich Empowerment mehr auf Veränderung von Menschen als auf Veränderung der Gesellschaft und ist somit eine individuelle Erfahrung. Garba zitierend ist Empowerment ein Prozess, der mit der Zeit von einer Gruppe von Menschen oder Individuen zunimmt (in ebd.: 10). Es ist ein Phänomen, das als Motivator, ein Gefühl von Kontrolle resultierend aus der Teilhabe und Entscheidungsprozessen oder auch als Tool uns und andere zu bestärken, verstanden wird. (vgl. Muller in ebd.: 11)
Empowerment is neither subject-nor-discipline-specific; it is about self-esteem, about ways of responding to new situations and changing circumstances; it is about self-actualisation and competence. An individual who is competent should be able to understand, predict and control his/her world in a way that will be intrinsically enabling, rewarding and satisfying. (Hughes in Curry 2008: 8)
Als Urheber der transformativen Mediation verstehen Bush & Folger (1994) Empowerment verstehen sie als „(t)he restoration to individuals of a sense of their own value and strength and their own capacity to handle life´s problems“ (2). Es geht also weder um Machtausgleich oder die Umverteilung von Macht innerhalb des Mediationsprozesses, um die schwächere Partei zu schützen, noch um das Kontrollieren oder Beeinflussen des Mediationsprozesses, sodass Ressourcen oder Macht außerhalb des Prozesses von der stärkeren auf die schwächere Partei umverteilt wird. Sondern nach Bush & Folger (1994) werden innerhalb der transformativen Mediation auf zwei Wegen die Mediationsparteien empowert: durch (a) Mikrofokus auf die Konfliktparteien und deren Möglichkeiten zur Entscheidungsfähigkeit und Stärkung der Kontrollfähigkeit und durch (b) das Bestärken und Unterstützen der Parteien in sorgfältiger Beratung über das Angebot von verfügbaren Möglichkeiten und Handlungsalternativen (vgl. Dugan 2003). Wachstum in Empowerment betrifft das Realisieren und Bestärken der Kapazitäten einer Person, um negativen Umständen und Problemen zu begegnen und auseinanderzusetzen. Konflikte bzw. Probleme liefern zahlreiche Möglichkeiten für Empowerment (vgl. Bush/ Folger 2005: 306).
„Conflict gives people the occasion to develop and exercise self-determination, in deciding for themselves how to define and address difficulties, and self-reliance, in actually putting their decisions into effect. Moreover, conflict creates opportunities for recognition – for acknowledging, although not necessarily accepting or agreeing with, the situations and perspectives of others. The emergence of conflict automatically confronts each party with a differently situated other, holding a very different viewpoint. This in itself gives rise to the possibility for the individual to feel and express some degree of understanding and concern for another, despite diversity and disagreement.” (Bush/ Folger 2005: 306)
In interkulturellen Konflikten mögen diese Definitionen und einhergehende Praktiken einige Fragen offen lassen: Welche Rolle spielt Macht als kultureller Standard? Fungieren Machtungleichheiten als Katalysatoren von Konflikten und dem Verständnis von Konflikten?
Zusammenfassend ist Empowerment innerhalb der Mediation auf das Individuum bezogen, weniger auf Gesellschaft bzw. Gruppen (vgl. Dugan 2003). Individuelle sowie kulturelle Überzeugungen führen zu Mediation, dem innewohnend ein bestimmtes Konfliktverständnis und resultierend daraus der praktische Umgang mittels Empowerment. Somit ist es unerlässlich, im Folgenden auf den ideologischen Ursprung unseres westlichen Konflikt- und Machtverständnisses und daraus resultierend der Praxis und Funktionalität des Empowerment innerhalb der interkulturellen Mediation zu blicken.
1.2 Ideologische Ursprünge: Individualisierung und Empowerment
Folgend ein Abriss des soziologischen Konzeptes der Individualisierungstheorie, um seine Relevanz für das Empowerment und seine Anwendung im Rahmen der interkulturellen Mediation darzustellen. Kurz: Individualisierung ist eine westliche gesellschaftliche Entwicklung, ein Prozess, der Herauslösung und Freisetzung des Menschen aus historisch vorgegebenen Sozialbindungen und Kontrollzusammenhängen. Es ist ein Prozess der radikalen Enttraditionalisierung, der Individuen aus bisher selbstverständlich gegebenen sozialen Lebensbedingungen und Sicherheiten löst. Dies beinhaltet die Befreiung von Kontrollzwängen und Sicherheiten traditionaler Bindungen wie Familie, Milieu, Lebensplänen und Glaubenssystemen. Im Zuge der Individualisierung entstehen neue Bedürfnisse und Anforderungen an das Subjekt. Daher ist soziales Handeln im Rahmen der Individualisierung als Handeln in Situationen der Unsicherheit (Orientierungsverlust durch Rollenvielfalt und -komplexität sowie neuen, flexiblen und unsicheren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in einer unübersichtlichen Welt der Orientierungs- und Entscheidungsvielfalt etc.) zu verstehen. Ehemals verlässliche Basissicherheiten wie soziale und örtliche Stabilität sind nicht mehr gewährleistet. Die selbstbestimmte Lebensführung fordert psychosoziale Fähigkeiten des Subjektes hinsichtlich einer erfolgreichen Selbstbemächtigung (vgl. Herriger 1997: 36-51). „Individualisierung (...) bedarf eines Subjektes, das auf Vorräte von (selbstreflexiven, psychischen, sozialen) Kompetenzen zurückgreifen kann, die für eine produktive Nutzung der riskanten Chancen einer individualisierten Lebensführung unentbehrlich sind.“ (Herriger 1997: 47). Das Empowerment Konzept bezieht sich somit auf biographische Prozesse und Kontexte, die für die souveräne und eigenmächtige Lebensführung unerlässlich sind. Selbstbemächtigung ist somit auch Notwendigkeit einer gelingenden Individualisierung (vgl. ebd.: 47).
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit des Empowerment, dessen Ansatzpunkt das Vertrauen in die Kompetenzen des Menschen ist. Wird davon ausgegangen, dass in einer individualisierten Gesellschaft Individuen orientierungs- und sinnsuchend sind und sich selbst schwer der sinnstiftenden und selbstbestimmten Qualitäten ermächtigen können, so „bedarf“ es der Unterstützung durch Dritte wie es Mediation ist. Nach Stimmer (2006: 51) unterstützt Empowerment das Wahrnehmen von Kompetenzen zum Einsatz für Problemlösen und aktiv Zielvorstellungen zu verfolgen (i.S. oben aufgeführten der Selbstbemächtigung Herrigers) auf Ebenen von Individuen, Gruppen, Organisationen und Gemeinden. Empowerment im Rahmen der Mediation heißt dann „(...) einen Menschen im Konflikt zu bestärken und zu bekräftigen zu (noch) mehr Selbstreflexion, Selbst-Erkenntnis, Selbst-Klarheit, Selbst-Bewusstsein, Selbst-Vertrauen, Selbstausdruck und Ich-Stabilität.“ (Gattus Hösl Institut 2010). (vgl. Kap. 1.2.1 Menschenbild)
Stimmer (2006: 51-52) versteht Empowerment als einen ressourcenorientierten Ansatz mit den Zielen Selbstbestimmung, soziale Gerechtigkeit und demokratische Partizipation im Kontrast zur defizit- und konfliktorientierten Sichtweise. Das Spannungsverhältnis zwischen Individualismus und Kollektivismus und dessen Gestaltung ist für das Empowerment-Denken maßgeblich. So bilden sich Chancen, Gefährdungen und deren Förderung bzw. Minimierung im spannungsreichen Verhältnis ab. An dieser Stelle setzt Empowerment – als professionelle klientenzentrierte Beratung, Unterstützung und Begleitung an: Die Arbeit in und mit Gruppen und Netzwerkförderung.
1.2.1 Menschenbild und Wertebasis
Grundlage des Empowerment Konzeptes ist der Bruch mit dem Defizitblickwinkel und der Fokus auf einem positiven Menschenbild, dem u.a. Carl Rogers (1974), als Vertreter der Humanistischen Psychologie, entscheidende Beiträge lieferte. Dieser Wissenschaftszweig geht davon aus, dass sich die Persönlichkeit eines Menschen durch eine im Organismus angelegte Tendenz zur Selbstaktualisierung entwickelt. Damit gehen Vorstellungen und Handlungsanweisungen wie Selbstentfaltung, Ausschöpfung des individuellen Wachstumspotentials, Vertrauen in Stärken und Potentiale eines Menschen und des Lebens einher. Diese Stärkenperspektive ist Kernstück des Empowermentgedanken. Was wiederum auch das Vertrauen in individuelle, kollektive sowie umweltbezogene Stärken als kraftvolle soziale Ressourcen impliziert. Aus dieser Ressourcenperspektive wurden diverse Grundsätze der Beratung, die sich wiederum im Kontext der Mediation wiederfinden, abgeleitet: die unbedingte Annahme des Anderen, Verzicht auf etikettierende, entmündigende oder denunzierende Expertenurteile, der Respekt vor dem Standpunkt und Entscheidungen des Anderen, Akzeptanz und Respekt der Andersartigkeit (vgl. Theunissen/ Plaute 2002: 20-21; ausführlich hierzu Herriger 1997: 76ff.).
Selbstbestimmung, kollaborative und demokratische Partizipation und Verteilungsgerechtigkeit sind nach Theunissen/ Plaute (2002: 22-32) wesentliche Grundsätze des Empowerment Konzeptes. Selbstbestimmung bezieht sich auf Einstellungen und Fähigkeiten, die für ein Individuum notwendig sind, um das eigene Leben zu gestalten und in Hinsicht auf die eigene Lebensqualität frei von unnötigen, unverhältnismäßigen externen Einflüssen, Eingriffen oder Beeinträchtigungen eine Auswahl von Dingen und Entscheidungen zu treffen. Im Zentrum dieses Grundsatzes steht die Grundannahme eines Selbst[2] und die notwendige Aneignung oder Wiedergewinnung zu Fähigkeiten zum Erhalt und Schutz dessen im Sinne von Kontrolle und Verfügung über eigene Lebensumstände. Besonders im Zusammenhang mit Macht und Unterdrückung in Konflikten beinhaltet dies die Empowerung zu Autonomie d.h. Stärkung der Selbstbestimmung, Fähigkeit des Eruierens kritischer Situationen hinsichtlich Unterdrückung, Fremdbestimmung, Entfremdung. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass es nicht um eine Förderung der Selbstbezogenheit im Empowerment Konzept geht, sondern um eigenverantwortliches und autonomes Handeln und Entscheiden in Relation zu sozialen Bindungen und Interaktionen. Individuen sind sozial angepassten Rollen verpflichtet und so ist Selbstbestimmung bestimmten sozialen Normen und Beschränkungen unterworfen, was kulturell geprägte Forderungen nach Rücksicht, Selbstbeherrschung oder einhalten von gemeinsam vereinbarten Regeln mit sich führt. Kollaborative und demokratische Partizipation versteht sich als Grundsatz „Wo immer Menschen von Entscheidungen betroffen sind, haben sie ein Recht auf Mitbestimmung!“ (Galtung in ebd.: 26) Individuelles und kollektives Empowerment impliziert individuelle und kollektive Selbstbestimmungsinteressen, Autonomiebedürfnisse nach individueller oder gemeinsamer Kontrolle und Verfügung über Lebensumstände zu beachten und zu unterstützen. Grundgedanke des Empowerment - und auch der Idee der Konfliktlösung - der der Demokratie, das Entscheidungen auf Mehrheitsbeschluss im Anschluss einer Debatte und Abstimmung unter Teilnahme aller Beteiligten (Herrschende und Beherrschter) basieren. Wenn immer die gleichen Personen oder Gruppen verlieren, führt dies gegebenenfalls zu einer tiefen Spaltung. Der Dialog ist hierfür Mittel zum Zweck, Konsens herzustellen. Diese Annahme bzw. Verständnis führt zu Handlungsanweisungen und Prämissen in unserer Gesellschaft und somit zu interkulturellen Konfliktbearbeitung bzw. Mediation. (vgl. Kap 2) Verteilungsgerechtigkeit ist die „faire und gerechte Verteilung von Ressourcen und Lasten in der Gesellschaft“. (Prilleltensky in ebd.: 28) Galtung (in ebd.: 28) formuliert die politische Machtverteilung zur Stärkung der Kompetenzen aller Bürger einer Gesellschaft und eine gerechte Verteilung ökonomischer Ressourcen. Dies basiert auf der Annahme, dass Wohlstand und Macht in unserer Gesellschaft ungleich verteilt sind. Diese Chancenungleichheit und Ungerechtigkeit ist unmoralisch und erschwert souveränes und sozial verantwortliches Handeln und Leben. Dies impliziert unweigerlich das Bedürfnis und das Handeln hinsichtlich eines Ausgleichs von Machtdivergenzen. Resultierend daraus, fokussiert Empowerment Menschenrechte und Grundbedürfnisse zur (politischen) Chancengleichheit und fairen Ressourcenverteilung. Empowerment im ursprünglichen Sinn ist ein gesellschaftskritisches Korrektiv zur Gewinnung von mehr Menschlichkeit und sozialer Gerechtigkeit (vgl. Herriger in ebd.: 30).
[...]
[1] Um die Terminologie und ihre Bedeutungsinhalte zu erfassen, ist es unerlässlich, die historischen Ursprünge in die Definitionsfindung mit einzubeziehen. Das Konzept Empowerment entwickelte sich geschichtlich betrachtet u.a. aus den politischen Bürgerrechtsbewegungen der schwarzen Minderheitsbewegung in den USA der 50er. Die zweite Welle der Entwicklung erfuhr es im Rahmen der feministischen Bewegung in den 60ern. In den 70ern folgte die Selbst-Hilfebewegung, die selbstinitiierte bürgerschaftliche Vernetzungen hervorbrachte (vgl. Herriger 1997: 18-36). Der Begriff Empowerment wurde in den 90ern auch im Managementbereich fruchtbar gemacht zur Stärkung von Mitarbeitern (vgl. Applegarth 2006: 3-5).
[2] Von Relevanz ist darüber hinaus die Betrachtung des Selbstkonzeptes in anderen Kulturen. Susan Lang (2001) bestätigte in mehreren Studien die Unterschiede in der Erinnerung von Amerikanern und indigenen Chinesen, die Rückschlüsse auf das Selbstbild und Identität ermöglichen. Während Amerikaner ausführliche individuumszentrierte und emotional Berichte formulieren, geben Chinesen kurze, wertneutrale gruppenorientierte Beschreibungen. Sie sind mehr auf moralische Korrektheit und Autorität fokussiert und weniger auf den Wert der Unabhängigkeit. Virtbauer (2009: 4f.) untersucht das Selbst-Konzept des Zen-Buddhismus in dem die Idee eines feststehenden Selbst-Konstrukt bezüglich jeglicher Phänomene eine Illusion ist, die aus buddhistischer Sicht das Leiden des Menschen im und am Leben erzeugt und verstärkt – wie jedoch in der westlichen Psychologie erarbeitet wurde. Somit steht im Zentrum des Buddhismus das Selbst zu vergessen.