Vom Propheten Mohammend und dem Fair Trade Handel - Kaffee als Politikum
Zusammenfassung
Eine davon erzählt vom Propheten Mohammed, der krank und dem Tode nahe auf seinem Bett lag, als der Erzengel Gabriel erschien und ihm einen dampfenden und dunklen Trunk gab. Das Getränk heilte Mohammend umgehend, er gesundete sofort und konnte dank dieser vom Himmel gesendeten Stärkung ein so großes islamisches Reich zusammenführen, wie es zuvor noch nicht auf der Erde existierte. Die Legende verdeutlicht die Bedeutung des Kaffees schon zu frühen Zeiten, indem die Entstehung des ersten islamischen Reiches eben scheinbar allein diesem Getränk zu verdanken ist. Auch heute ist Kaffee für Millionen von Menschen ein wichtiger Bestandteil des alltäglichen Lebens, sei es zum Genießen zwischendurch oder zur Finanzierung des Lebensunterhaltes. Zahlreiche Länder stützen ihre Wirtschaft auf dieses Handelsgut. Kaffee als Produkt ist eng verzahnt mit wirtschaftlichen Interessen und sozialen Lebensumständen und damit, bestärkt durch die weltumspannende Vernetzung aller durch die Globalisierung, politischen Einflüssen unterworfen. Deshalb ist Kaffee auch immer politisch zu analysieren, als Politikum. In dieser Arbeit möchte ich, nach einer kurzen Darstellung der Geschichte des Kaffees, den Umfang des Kaffeehandels und dessen Folgen für die Beteiligten beleuchten. Anschließend werde ich diskutieren, ob der Fair Trade Handel das Potenzial hat, die negativen Effekte der Globalisierung auzugleichen. Im Fazit werde ich abschließend feststellen, dass der richtige Weg eingeschlagen wurde, aber weitere, weitreichendere politische Anstrengungen vonnöten sind, um die ökologischen und sozialen Folgeschäden des Kaffeehandels zu beschränken.
Leseprobe
Gliederung
1. Eine Legende als Einleitung
2. Die Fakten zur Geschichte des Kaffees
3. Kaffee als Handelsgut
4. Politische Steuerung und soziale Konsequenzen
5. Fair Trade als Lösung aus dem Dilemma? - Eine Diskussion
6. Abschließende Worte
7. Literaturverzeichnis
1. Eine Legende als Einleitung
Die wahre Geschichte hinter der anfänglichen Nutzbarmachung der Kaffeepflanze liegt weit zurück und ist nicht überliefert. Erst mit dem beginnenden 15. Jahrhundert lässt sich die Entwicklung des Kaffees zum Genussmittel und dessen Verbreitung historisch verfolgen. Dementsprechend gibt es zahlreiche Legenden über die Urspünge des Kaffees. Eine davon erzählt vom Propheten Mohammed, der krank und dem Tode nahe auf seinem Bett lag, als der Erzengel Gabriel erschien und ihm einen dampfenden und dunklen Trunk gab. Das Getränk heilte Mohammend umgehend, er gesundete sofort und konnte dank dieser vom Himmel gesendeten Stärkung ein so großes islamisches Reich zusammenführen, wie es zuvor noch nicht auf der Erde existierte.1
Die Legende verdeutlicht die Bedeutung des Kaffees schon zu frühen Zeiten, indem die Entstehung des ersten islamischen Reiches eben scheinbar allein diesem Getränk zu verdanken ist. Auch heute ist Kaffee für Millionen von Menschen ein wichtiger Bestandteil des alltäglichen Lebens, sei es zum Genießen zwischendurch oder zur Finanzierung des Lebensunterhaltes. Zahlreiche Länder stützen ihre Wirtschaft auf dieses Handelsgut. Kaffee als Produkt ist eng verzahnt mit wirtschaftlichen Interessen und sozialen Lebensumständen und damit, bestärkt durch die weltumspannende Vernetzung aller durch die Globalisierung, politischen Einflüssen unterworfen. Deshalb ist Kaffee auch immer politisch zu analysieren, als Politikum.
In dieser Arbeit möchte ich, nach einer kurzen Darstellung der Geschichte des Kaffees, den Umfang des Kaffeehandels und dessen Folgen für die Beteiligten beleuchten. Anschließend werde ich diskutieren, ob der Fair Trade Handel das Potenzial hat, die negativen Effekte der Globalisierung auzugleichen. Im Fazit werde ich abschließend feststellen, dass der richtige Weg eingeschlagen wurde, aber weitere, weitreichendere politische Anstrengungen vonnöten sind, um die ökologischen und sozialen Folgeschäden des Kaffeehandels zu beschränken.
2. Die Fakten zur Geschichte des Kaffees
Als geografische Ursprungsregion des Kaffees2 gilt das abessinische Hochland in Äthiopien. Der erste Beleg für die Nutzung des Kaffees durch den Menschen findet sich im 11. Jahrhundert, in das eine Erwähnung von Heilmitteln, die aus Kaffee bestehen könnten, datiert werden kann. Jedoch ist erst ab dem 15. Jahrhundert nachzuweisen, dass in Arabien Kaffee getrunken wurdeund im 16. Jahrhundert verbreitet sich der Kaffee durch die Expansion des Osmanischen Reiches im gesamten Orient. Europäische Forscher und Reisende lernen dort die Pflanze und das Getränk kennen und berichten in ihrer Heimat davon. Insbesondere die Handelszentren und Hafenstädte etablieren sich als Kaffeeverbrauchsmärkte und 1645 eröffnet das erste Kaffeehaus in Venedig, gefolgt vom ersten Kaffeehaus auf deutschem Boden in Bremen im Jahre 1673. Nach ihrer Niederlage vor den Toren Wiens ließen die Türken große Bestände an Kaffee zurück, woraufhin auch dort ein Kaffeehaus eröffnet wurde. In Wien wurde der Kaffee dann zum ersten Mal mit Honig und Sahne gemischt, wodurch der nun nicht mehr so bittere Trank besseren Absatz bei den Europäern fand.
Die aufstrebenden europäischen Mächte versuchten, das bestehende Kaffeemonopol des Orients zu brechen, was den Holländern als Erstes gelang, indem sie die Kaffeepflanzen in ihren Kolonien Sri Lanka, Java, Bali und Timor einführten. So ist die Kaffepflanze seit ihrer allgemeinen Bekanntwerdung in Europa Symbol, aber auch Mittel für die Hegemonie des Westens über die restlichen Regionen der Welt. In den folgenden Jahrzehnten trieben die Kolonialmächte den Anbau der Kaffeepflanze in allen von ihnen kontrollierten und geeigneten Gebieten voran, Kaffee wurde zu einem Produkt von weltwirtschaftlichem Rang. Mit der beginnenden Industrialisierung in Europa wurde Kaffee auch zu einem alltäglichen Haushaltsartikel, der von allen gesellschaftlichen Schichten getrunken wurde. Die wohlhabenden Bürger genossen ihn bei den Mahlzeiten, die Ärmeren nutzen ihn in Form von Kaffeesuppe mit Brot als Universalmahlzeit den ganzen Tag über, weil sie sich richtige Mahlzeiten kaum leisten konnten.
Um 1800 herum waren alle Anbaugebiete zwischen den beiden Wendekreisen, im so genannten Kaffeegürtel, erschlossen. Kaffee wurde endgültig zum Volksgetränk. Politisch relevant wurde die Verzehrkultur des Kaffees, da sich die entstandenen Kaffeehäuser in vielen Regionen Europas zu sozialen Treffpunkten und politischen Klubs entwickelten, in denen historisch bedeutende Meinung bekannt wurden und wichtige Ereignisse begannen. So wurde in einem Kaffeehaus zum Sturm auf die Bastille zu Beginn der französischen Revolution aufgerufen, ebenso wie die Proklamation der universellen Menschenrechte ein paar Jahre später in einem Kaffeehaus in Paris vorbereitet wurde3.
Durch die auf der Erfindung der Dampfmaschine beruhenden Folgeentwicklungen im Transportwesen sowie neuen Kommunikationsmöglichkeiten stieg die gegenseitige Beeinflussung von Kaffeeanbau und -produktion, es bildete sich ein spezialisierter Kaffeehandel heraus und 1882 wurde in New York die Kaffeebörse eröffnet.
Die Folgen der großen Preisschwankungen, bedingt durch Überproduktion, Weltwirtschaftskrisen und den Weltkriegen, veranlassen die Vereinten Nationen 1963 zur Gründung der Internationalen Kaffee-Organisation, welche seitdem für eine bessere Absprache zwischen den Kaffeeexport- und Kaffeeimportländern zuständig ist.
Heute ist Kaffee durch die fortwährende Nachfragesteigerung zum zweitwichtigsten Handelsgut nach Erdölprodukten aufgestiegen.
3. Kaffee als Handelsgut
Die große Bedeutung des Kaffees als Handelsgut ergibt sich aus der einfachen Tatsache, dass er weltweit getrunken wird. Der durchschnittliche Pro-Kopf Verbrauch in Kilogramm pro Jahr variiert stark, so konsumieren die Finnen 12 Kg pro Jahr, die Deutschen noch 6,4 Kg und die Ugander nur 0,3 Kg, weltweit schwankt der Durchschnittsverbrauch seit den 1970er Jahren konstant wischen 1,0 Kg und 1,1 Kg pro Person.4
Kaffee wird in über 60 Ländern in kleinbäuerlicher Weise, aber auch großflächig angebaut. Auf die Länder Brasilien, Vietnam und Kolumbien entfallen dabei rund 60 % des weltweiten Kaffeeanbaus.5 Es wird davon ausgegangen, dass der arbeitsintensive Anbau von Kaffee zwischen 20 und 25 Millionen Menschen in den Produktionsländern Arbeit gibt, die allerdings meist in totaler Abhängigkeit von den Plantagenbesitzer und unter kaum menschenwürdigen Zuständen geleistet wird. Weltweit verdienen so rund 100 Millionen Menschen ihren Lebensunterhalt mit Kaffee.6 Insbesondere Entwicklungs- und Schwellenländer sind an dem Export überdurchschnittlich beteiligt, über 90% der weltweiten Kaffeeausfuhren stammen von ihnen. 95 % des Kaffees wird als Rohware exportiert, nur die verbleibenden 5 % sind verarbeitete Produkte wie Instant- oder Röstkaffee. Die lukrativeren Produktionsschritte finden also in den Industrieländern statt.
Die Produktion von Kaffee hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen, insbesondere durch Innovationen in den Anbautechniken, aber auch die Nachfrage nimmt weltweit zu. So hat sich die Produktion vom Erntejahr 2004/2005 von rund 116.000 t auf rund 123.700 t im Erntejahr 2009/2010 gesteigert und damit um über 7.600 t zugenommen.7 Zeitgleich hat sich der Preis von 62,15 US Cent pro Pfund im Jahr 2004 auf 115 US Cent im Jahr 2009 erhöht.8 Die große Preisspanne lässt sich damit erklären, dass die Kaffeepreise aufgrund von Überproduktionen im Jahre 2001 auf ein historisches Tief sanken und sich der Markt in den Folgejahren erst wieder erholen musste.
Wie teuer der Kaffee gehandelt wird, entscheidet sich an der Börse. 1882 eröffnete in New York die erste Kaffeebörse für die Arabica Kaffeesorten, 1954 folgte die Börse für die Robustasorten in London. Der Preis wird für jede Lieferung neu berechnet, abhängig von der Qualität und der Herkunft des Kaffees kann der Wert entsprechend schwanken. Jedoch gibt es noch weitere preisbestimmende Faktoren, namentlich Angebot und Nachfrage, Währungsschwankungen, anfallende Zusatzkosten (Fahrtkosten, Zölle, etc.) und Differential- und Futuregeschäfte an der Börse. Jeder Kaffee, der im realen Handel landet, wird zuvor mindestens einmal virtuell über die Börse gehandelt. Dadurch können sich entsprechend Preise für das Produkt Kaffee bilden, die für die Produzenten und Konsumenten nur schwer nachvollziehbar sind und vor allem die Kaffeearbeiter schwer trifft.
Um effizienter gegen die nur schwer einzudämmenden großen Preisschwankungen aufgrund von Über-/ Unterproduktion, Weltwirtschaftskrisen und politischen Ereignissen wie den Weltkiegen vorgehen zu können, wurde 1963 die Internationale Kaffee-Organisation (ICO) gegründet. Unter der Aufsicht der Vereinten Nationen wurden anfangs Kaffeeabkommen abgeschlossen, die über eine Quotenregelung versuchten, die Preisbildung im Vorfeld zu bestimmen. Das Modell versagte jedoch am Markt und stürzte die ICO in eine tiefe Krise. Heute vertritt die Organisation 97% der Kaffeeproduzenten und 80% der Kaffeekonsumenten weltweit und dient den Mitgliedern als intergouvermentales Forum, in dem das gemeinsame Vorgehen bezüglich der Bewältigung aufkommender Herausforderungen abgesprochen und durch Internationale Kaffee-Abkommen - die aber nicht sanktionierbar sind - reglementiert wird. Konkrete Preisregelungen finden nicht statt.9
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1 Deutscher Kaffeeverband e.V. 2004: 11.1 Legenden
2 Dieses Kapitel stützt sich auf Informationen folgender Website: Deutscher Kaffeeverband e.V. 2004: 11.2 Fakten 2
3 Anke von Heyl 2007
4 International Coffee Organization 2008(e). Es ist zu beachten, dass der Weltdurchschnittswert nur wenig über die tatsächliche Verteilung aussagt, da Kaffee als Luxusprodukt generell eher in entwickelten als in Entwicklungsländern konsumiert wird.
5 Deutscher Kaffeeverband e.V. 2004: 5.7 Zusammensetzung der Exporte und Mengen
6 Diese und folgende Angaben (Ausnahmen sind gekennzeichnet) des Kapitels stützen sich auf: Deutscher Kaffeeverband e.V. 2004: 5.1 Kaffee - ein bedeutendes Agrarhandelsgut
7 International Coffee Organization 2010 (a)
8 ICO Composit Prices (jährlicher Durchschnittspreis), entnommen: International Coffee Organization 2010 (b)
9 International Coffee Organization 2010 (c)