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Das Deutschlandbild in der Erzählung "Meister Martin der Küfner und seine Gesellen"

Seminararbeit 19 Seiten

Zusammenfassung

Die Rezeptionsgeschichte von E. T. A. Hoffmanns Erzählung Meister Martin der Küfner und seine Gesellen weist eine durchgehende Tendenz auf: Sowohl frühe zeitgenössische Bespre-chungen wie auch spätere Beurteilungen setzen bei der Art und Weise der Darstellung des Inhalts an. So interessiert sich Willibald Alexis 1823 für die Umsetzung des Gegenstands . Die zeitgenössische Kritik betrachtet die Erzählung durchaus als herausragendes Werk , hebt aber gerade die für Hoffmann als untypisch geltende realistische Darstellung und „[…] klare Auffassung und Verarbeitung des Gegenstands […]“ als positiv hervor. Eben dieses Merkmal gilt im 20. Jahrhundert jedoch, weniger wohlwollend angeführt, als „ […] nüchtern […]“ . Deutlicher wird Carl Georg von Maassen für den „[…] alles strotzt […] von Biederkeit, Herz-lichkeit und Edelsinn.“ Offensichtlich spielen hierbei die verschiedenen, der Zeit der Urtei-lenden geschuldeten Rezeptionshaltungen eine Rolle. Es werden jeweils unterschiedliche Darstellungsweisen erwartet und schließlich entsprechend ihrer Erfüllung gewertet. Während im 19. Jahrhundert die Reduktion einer „[…] ausschweifende[n] Phantasie […]“ zugunsten eines stärkeren Realismus gelobt wird, bezeichnet beispielsweise Arnold Schmidt die Erzäh-lung gerade wegen dieser Eigenschaft als „[…] bocksteife Notstandsarbeit […]“ .

Jenseits aller erwarteten und der Zeit geschuldeten „Bilder“ angesichts des vermuteten Inhalts erscheint daher PIKULIKS im voran gestellten Zitat aufgeworfene Frage nach dem „Warum“ für Ort und Zeit der Handlung vielversprechender als die Erzählung vorschnell zu etikettieren. Ein erster Schritt hin zum „Warum“ wird in vorliegender Arbeit unternommen: Was für ein Bild bietet Hoffmanns Meister Martin selbst überhaupt? An Pikuliks Fragestellung angelehnt und unter Berücksichtigung der Attribuierungen, die durch „biedermeierlich“ oder „nüchtern“ vorgenommen werden lässt sich somit eine genauere Fragestellung ableiten: Welches Deutschlandbild findet sich in der Erzählung? Nicht der Grund für die Thematik und Darstellungsweise der Erzählung stehen im Fokus sondern eine Analyse der Erzählung hinsichtlich eines Deutschlandbilds. Hinweise auf ein solches Bild beziehungsweise auf Teilkomponenten werden im Folgenden durch die Untersuchung verschiedener Bereiche erhoben: Der Entstehungskontext, der Aufbau der Erzählung, die Handlungsorte, der Erzähler sowie das Personeninventar stehen im Fokus.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Eine Erzählung wie ein biedermeierlicher Bilderbogen?

2. Die Erzählung im Kontext ihrer Entstehung und Veröffentlichung

3. Die Bildhaftigkeit des Aufbaus

4. Symbolträchtiger Ort: Nürnberg

5. Der Erzähler – ein Museumsführer?

6. Das Personeninventar
6.1 Meister Martin
6.2 Conrad
6.3. Reinhold
6.4 Friedrich

7. Hoffmanns Meister Martin: Nur auf den ersten Blick ein Idyll

8. Literaturverzeichnis
8.1 Primärliteratur
8.2.1 Monographien
8.2.2 Sammelwerk
8.2.3 Aufsätze

1. Eine Erzählung wie ein biedermeierlicher Bilderbogen ?

„Was ist es, was den Erzähler am Nürnberg des 16. Jahrhunderts (für die Romantik noch des Mittelalters), so fasziniert, daß[!] er sich sehnsüchtig in die alte Zeit zurückträumt und dem Leser ein Bild von ihr zu malen versucht?“[1][2]

Die Rezeptionsgeschichte von E. T. A. Hoffmanns Erzählung Meister Martin der Küfner und seine Gesellen weist eine durchgehende Tendenz auf: Sowohl frühe zeitgenössische Besprechungen wie auch spätere Beurteilungen setzen bei der Art und Weise der Darstellung des Inhalts an. So interessiert sich Willibald Alexis 1823 für die Umsetzung des Gegenstands[3].Die zeitgenössische Kritik betrachtet die Erzählung durchaus als herausragendes Werk[4], hebt aber gerade die für Hoffmann als untypisch geltende realistische Darstellung und „[…] klare Auffassung und Verarbeitung des Gegenstands […]“[5] alspositiv hervor. Eben dieses Merkmal gilt im 20. Jahrhundert jedoch, weniger wohlwollend angeführt, als „ […] nüchtern […]“[6]. Deutlicher wird Carl Georg von Maassen für den„[…] alles strotzt […] von Biederkeit, Herzlichkeit und Edelsinn.“[7] Offensichtlich spielen hierbei die verschiedenen, der Zeit der Urteilenden geschuldeten Rezeptionshaltungen eine Rolle. Es werden jeweils unterschiedliche Darstellungsweisen erwartet und schließlich entsprechend ihrer Erfüllung gewertet. Während im 19. Jahrhundert die Reduktion einer „[…] ausschweifende[n] Phantasie […]“[8] zugunsten eines stärkeren Realismus gelobt wird, bezeichnet beispielsweise Arnold Schmidt die Erzählung gerade wegen dieser Eigenschaft als „[…] bocksteife Notstandsarbeit […]“[9].

Es wird deutlich, dass es also ganz bestimmte Vorstellungen sind, die Hoffmanns Erzählung für den einen Rezensenten lobenswert machen, während ein anderer dieselbe Erzählung für trivial erachtet. Die Kommentatoren nennen entweder eine realistische Ausarbeitung oder aber eine biedermeierliche, gar „idyllische Verklärung“[10] als Hauptmerkmal. DetlefKremer nennt die Erzählung schließlich deutlich wertend einen „biedermeierlich[en] Bilderbogen“[11]. In dieser Beurteilung findet sich ein entscheidender Begriff: Wie bei Kremer so sind es auch bei den vorherigen Kommentaren stets Bilder, die in der Erzählung vermutet werden und dann beurteilt werden: Für Eichendorff beispielsweise ist es gerade das Fehlen des sonst oft als düster bezeichneten Hoffmann’schen Erzählers, dass lobenswert scheint.[12] Er findet in der Erzählung das Bild einer seiner Meinung nach gesunden Romantik. Hingegen bietet sich für Hans von Müller eine eher inhaltsschwache und zur bloßen Unterhaltungsliteratur zählende Erzählung, die nicht an die Werke Hoffmans heranreicht, „die er mit seinem Herzblut geschrieben“ hat.[13]

Jenseits aller erwarteten und der Zeit geschuldeten „Bilder“ angesichts des vermuteten Inhalts erscheint daher Pikuliksim voran gestellten Zitat aufgeworfene Frage nach dem „Warum“ für Ort und Zeit der Handlung vielversprechender als die Erzählung vorschnell zu etikettieren. Ein erster Schritt hin zum „Warum“ wird in vorliegender Arbeit unternommen: Was für ein Bild bietet Hoffmanns Meister Martin selbst überhaupt? An Pikuliks Fragestellung angelehnt und unter Berücksichtigung der Attribuierungen, die durch „biedermeierlich“[14] oder „nüchtern“[15] vorgenommen werden lässt sich somit eine genauere Fragestellung ableiten: Welches Deutschlandbild findet sich in der Erzählung? Nicht der Grund für die Thematik und Darstellungsweise der Erzählung stehen im Fokus sondern eine Analyse der Erzählung hinsichtlich eines Deutschlandbilds. Hinweise auf ein solches Bild beziehungsweise auf Teilkomponenten werden im Folgenden durch die Untersuchung verschiedener Bereiche erhoben: Der Entstehungskontext, der Aufbau der Erzählung, die Handlungsorte, der Erzähler sowie das Personeninventar stehen im Fokus. Zunächst soll jedoch der Kontext, in dem die Erzählung entstand, Beachtung finden.

2. Die Erzählung im Kontext ihrer Entstehung und Veröffentlichung

Um die Jahreswende 1817/1818 verfasste E. T. A. Hoffmann die Erzählung Meister Martin der Küfner und seine Gesellen[16].Die Erzählung erschien schließlich im Herbst 1818 im Taschenbuch zum geselligen Vergnügen auf das Jahr 1819[17]. Ein Jahr später, im Herbst 1819, fand die Erzählung Eingang in den zweiten Band der Serapionsbrüder. Was sich zunächst recht nüchtern als eine Aneinanderreihung von Fakten darstellt, gewinnt bei genauerer Betrachtung durchaus Bedeutung für die Frage nach einem Deutschlandbild: 1817, zwei Jahre nach dem Wiener Kongress, sind die Forderungen nach einer geeinten deutschen Nation lauter denn je. Im Oktober findet schließlich das erste Wartburgfest statt, ein Kristallisationspunkt des […] Streben[s] Ein Volk zu werden, das voll der Tugenden der Väter und Brüder […]“[18] ist. In diesem Spannungsfeld sind es freilich die Romantiker, die historische Sujets behandeln und darin eine gewisse Gegenwartsflucht betreiben.[19] Allerdings ist die Festlegung Hoffmanns und seiner Erzähler auf diese Strömung nicht so ohne weiteres zu treffen. Zudem ist das Interesse an vergangener Geschichte durchaus allgemein: Dem deutschen Bürgertum war seit dem Wiener Kongress bewusst, dass der Wunsch nach liberaleren Strukturen und einem nach mittelalterlichem Vorbild vereinten Reich nicht erfüllt werden würde. Insofern ist die Hinwendung zur Frühen Neuzeit ab 1500 zu einem großen Teil einer historischen Reflexion und Positionsbestimmung des Bürgertums geschuldet.[20] Es wird jedoch in der Forschung darauf verwiesen, dass Hoffmann diesen Themenkatalog in seinen historischen Erzählungen zwar bedient, die politische Reflexion bei ihm aber nur sehr begrenzt zum Vorschein tritt.[21] Deutlich wird dies auch bei den Grundlagen für Hoffmanns Erzählung: Eine Inspirationsquelle für die Erzählung war unter anderem das lange verloren geglaubte Gemälde Die Böttcherwerkstatt von Karl Wilhelm Kolbe, dass Hoffman selbst in der Veröffentlichung im Taschenbuch zum geselligen Vergnügen auf das Jahr 1819 als Bildquelle angibt.[22] Das Gemälde zeigt einen Böttchermeister mit einer jungen Frau und zwei Gesellen – in Hoffmanns Erzählung sind es bekanntlich drei Gesellen.[23] Weitere Recherchearbeiten führte Hoffmann mithilfe der Nürnberger Chronik Wagenseils durch, in der das Bürgerleben Nürnbergs, das Zunftwesen und nicht zuletzt Details des Ortes beschrieben sind.[24] Der vierte Band des Schauplatz der Künste und Handwerke, oder vollständige Beschreibung derselben, verfertiget oder gebilliget von denen Herren der Akademie der Wissenschaften zu Paris enthält Informationen zum Böttcherhandwerk. Nürnberg schließlich kannte Hoffmann schließlich auch aus eigener Anschauung; er hielt sich im März 1812 dort auf.[25] Zusammengenommen ergeben diese Umstände der Entstehung der Geschichte weniger das Bild einer Erzählung im Kontext von politischer Realität und unbefriedigten Wünschen, als vielmehr das Bild einer „Almanacherzählung“[26], die der Konjunktur geschichtlicher Themen entsprungen ist, aber keinen politischen Fokus stellt.

Nicht übersehen werden darf die Einbettung der Erzählung in die Serapionsbrüder. Innerhalb dieser Werkreihe Hoffmanns finden sich mehrere Werke, die DetlefKremer unter dem Oberbegriff der „historischen Erzählung“[27] subsumiert. Sie folgt im zweiten Band dieses Werks der Erzählung Doge und Dogaresse, die ebenfalls auf einem Kolbe-Gemälde basiert. Im „Vierten Abschnitt“ beurteilen die Serapionsbrüder nach dem Vortrag durch Sylvester die Erzählung als zu „bildhaft. Die Spuren des „[…] pikturalen Ausgangspunktes der Erzählung […]“[28] sind zu deutlich.

Hinsichtlich des Entstehungskontexts lässt sich festhalten, dass die politisch-kulturelle Gemengelage der Zeit nach dem Wiener Kongress für ein historisiertes Deutschlandbild der Erzählung sprechen. Insbesondere die Recherchearbeiten Hoffmanns im Hinblick auf eine genaue und detaillierte Darstellung des Böttcherhandwerks aus dem 16. Jahrhundert weisen auf eine gewollte Rückbesinnung hin. Gleichzeitig bleibt aber der in den Serapionsbrüdern ja wörtlich erwähnte Ursprung zu bedenken. Tatsächlich ist ein Bild eine Inspirationsquelle.[29] Ein Bild hat jedoch immer eine idealtypische und letztlich nicht wirklichkeitsgetreu Darstellung zur Folge. In der Besprechung der Serapionsbrüder äußert sich Silvester kritisch über den harmonischen Hergang.[30] Hoffmann gibt sich also nicht einer unreflektierten Mittelaltersehnsucht hin, sondern nimmt eine durch die in der Erzählung aufgenommene Anlehnung an ein Bild kritische Würdigung vor: Die ganze Erzählung steht unter dem Vorzeichen, alle Nachteile eines Bildes mit sich zu bringen.

3. Die Bildhaftigkeit des Aufbaus

Zu Beginn der Erzählung führt der Erzähler in sein Vorhaben ein, eine alte Zeit vor dem Auge des Lesers erlebbar machen zu wollen.[31] Dies geschieht über den titelgebenden Meister Martin und seine Gesellen, sowie die Kulisse der Werkstatt und der Stadt Nürnberg. Bereits in dieser ankündigenden Einleitung wird der Leser darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um eine „[…] vergangene Zeit […]“[32] handelt. Sehr deutlich erklärt der Erzähler, dass ein tatsächliches Hineinversetzten in diese Zeit nicht möglich ist, dass alles Hineinfühlen nichts andereszum Vorschein bringt als „eine holde Traumgestalt […] die scheu entflieht“[33], wenn der Traum zu Ende ist. Die eigentliche Erzählung wird schließlich nochmals als ein Bild benannt, vor dem man verweilen kann, dass aber eben ein Bild bleibt[34]. Im Aufbau folgen nun die durch Zwischenüberschriften betitelten Unterkapitel der Erzählung. Sie folgen der Dramaturgie der Handlung, spannen also den Bogen von der Einführung des Meisters Martin über die Problematik, einen geeignete „Edam“[35] für die Tochter Rosa zu finden bis zum Erscheinen und Abtreten der Gesellen und zum glücklichen Ende. Auffallend ist hierbei, dass oftmals eine Zwischenüberschrift wiederum eine bildhafte Szenerie beschreibt. „Wie Herr Martin zum Kerzenmeister erwählt wurde und sich dafür bedankte“[36] kündigt, einer Bildunterschrift nicht ähnlich, genau diesen Ausschnitt an, der zwar mit einer nicht bild-gemäßen Handlung versehen ist, nichtsdestotrotz aber an nur einem Ort stattfindet und durchaus als Gemälde vorstellbar ist. Die Handlung kommt über die Wahl und anschließende Dankesrede nicht hinaus; und dieser Inhalt ist auch als statisches Gemälde vorstellbar. Die folgenden beiden Abschnitte umfassen ebenfalls wiederum einen begrenzten Ort und einen absehbaren Handlungsschritt.[37] Einzig die Weissagung der Großmutter fällt in eine andere Zeitebene und erschwert dadurch die Bildhaftigkeit.[38]

Der bildhaft-träumerischen Art der Erzählung entsprechen auch die märchenhaften Zutaten einer Prophezeiung, die ja überhaupt erst die Dramaturgie der Handlung mit sich bringt: Rosa darf, so wie Meister Martin die Prophezeiung versteht, lediglich einem Böttchermeister versprochen werden. Daraufhin folgen die Werbungsversuche der drei Gesellen, von denen nur einer sich als geeignet herausstellt. Was zunächst märchenhaft anmutet entpuppt sich als doppelbödig: Immerhin ist keiner der Jünglinge der für den er sich zunächst ausgibt. Und die Weissagung ist letztlich nur missverstanden worden. Die Prophezeiung lässt sich gemeinsam mit anderen Stellen als eingeschobene Unterbrechungen des idyllischen Verlaufs deuten. Die Idylle, die die Stadt Nürnberg vermittelt und die wenig Spannung versprechende Kür eines Kerzenmeisters werden jäh unterbrochen durch das seltsame Verhalten des Meisters. Das sorgfältig beschriebene und von Martin stolz gezeigte Handwerkerheim wird zum Ort eines nicht so ungezwungen ablaufenden Gesprächs. Die Prophezeiung und Martins Stolz schweben bedrohlich über dem Idyll. Das Leben der Gesellen in der Werkstatt verläuft ebenfalls nicht Störungsfrei und durch Conrad kommt es fast zu einem Mord. Das Hineinversetzen in das Bild eines mittelalterlichen Handwerksbetriebs geschieht also ganz und gar nicht als bloße gefahrenlose Träumerei, sondern führt ganz im Gegenteil ständig zu Störungen. Dennoch erhält die Handlung ein harmonisches Ende, das insofern an den verklärenden Einstieg anschließt: Jeder der Gesellen findet eine für ihn passende Erfüllung seiner Sehnsucht, die tatsächlich nur bei Friedrich genau auf Rosa zielt.

4. Symbolträchtiger Ort: Nürnberg

Für den Erzähler ist das alte Nürnberg die Stadt „altdeutscher Kunst“[39] und des „tüchtigen Bürgerlebens“[40]. Mit dem metaphorischen Vergleich Nürnbergs mit einem „verlassene[n] Haus“[41], in dem die vergangene Zeit unverändert sichtbar wird, entsteht die Stadt als eine Art Museum, in dem sowohl „Denkmäler“[42] als auch das „gewerbliche und private[43] Leben der Bewohner wie „[…] eins dieser Bilder […]“[44] entstehen. Bilder und Kunst im Allgemeinen kommen aber auch direkt zur Sprache: Die „weltberühmte Stadt Nürnberg“[45] bietet neben schon zur Entstehungszeit der Erzählung historischen Gebäuden auch „tiefsinnige Meisterwerke“[46] eines Albrecht Dürers. Die Nennung und Darstellung dieser Merkmale ist es, die den Kritikern des 19. Jahrhunderts zusagt.[47] Willibald Alexis würdigt besonders „[…] das reichstädtische reiche und bunte Leben […]“[48], das Hoffmann treffend darstelle. Anklang findet also eine idealtypische, romantisierte Zeichnung der Stadt von der bezweifelt werden darf, ob die zur Entstehungszeit auf die Industriestadt zutraf.

Tatsächlich ist auch bei der Ankunft der beiden Gesellen Friedrich und Reinhold vor den Toren der Stadt Nürnberg Sehnsuchtsort und Symbol einer romantischen Welt. Vor dem „Grabmal in St. Sebald, […] bald auf der Burg“[49] erblickt der Erzähler eingangs in „süße[r] Träumerei“[50] das alte, in der Tat vergangene Nürnberg.„Ganz deutlich“ können die beiden Burschen „die berühmte Reichsstadt Nürnberg sehen, die sich im Tale ausbreitete und ihre stolzen Türme kühn in das Abendrot hinauf streckte, das sein Gold ausströmte auf ihre Spitzen“[51]. Nürnberg vereint hier drei verschiedene Bedeutungen, die sowohl für den Leser als auch für die Gesellen in der Erzählung bestehen: Es ist ein romantisch verklärter Ort, Stadt des Handwerks und der Künste und Heimat der schönen Tochter des Meisters Martin, Rosa. Wie also dem Leser Nürnberg als eine Heimat von mittelalterlichen Gebäuden, Kunst und Handwerk angepriesen wird, so führt auch die beiden Gesellen letztlich eine Schwärmerei, eine Sehnsucht nach einem so gar nicht existenten Ort in die Stadt.

[...]


[1] vgl. Kremer, Detlef: Meister Martin der Küfner und seine Gesellen. In: E. T. A. Hoffmann. Leben, Werk, Wirkung. Hg. v. DetlefKremer. Berlin 2009. S. 306.

[2] Pikulik, Lothar: E. T. A. Hoffmann als Erzähler. Ein Kommentar zu den Serapionsbrüdern. Göttingen 1987.

S. 132.

[3] vgl. Alexis, Willibald: Zur Beurteilung Hoffmanns als Dichter. In: Aus Hoffmanns Leben und Nachlass. Hg. v. JuliusHitzig. Berlin 1823. Bd. 2. S. 349f.

[4] vgl. Ders. S. 349.

[5] a. a. O.

[6] Ricarda Huch zitiert nach Kremer 2009 (Anm. 1), S. 305.

[7] Ders., S. 305.

[8] Alexis, S. 349.

[9] Arnold Schmidt zitert nach Kremer 2009 S. 305.

[10] Werner, Hans-Georg: E. T. A. Hoffmann. Darstellung und Deutung der Wirklichkeit im dichterischen Werk. Weimar 1962. S. 114.

[11] Kremer 2009, S. 306.

[12] vgl. Segebrecht, Wulf: Interpretation und literaturwissenschaftliche Rezeption. In: E. T. A. Hoffmann. Meister Martin der Küfner und seine Gesellen. Hg. v. BernhardSchemmel. Bamberg 1984. Bd 2. S. 91.

[13] Segebrecht S. 92.

[14] vgl. Kremer 2009, S. 304.

[15] vgl. ebd.

[16] vgl. ebd.

[17] vgl. ebd.

[18] Kühn, Hugo: Das Wartburgfest am 18. Oktober 1817, Weimar 1913, S. 15.

[19] vgl. Kremer, Detlef: E. T. A. Hoffmann. Erzählungen und Romane. Berlin 1999. S. 163.

[20] vgl. Kremer 1999, S. 163.

[21] vgl. ebd.

[22] Vgl. Türk, Klaus: E. T. A. Hoffmann: Meister Martin der Küfner und seine Gesellen. Kolbe-Gemälde wieder gefunden. In: E. T. A. Hoffmann Jahrbuch. Mitteilungen der E. T. A. Hoffmann-Gesellschaft. Hg. v. Hartmut Steinecke et al. Berlin 2003. Bd. 11. S. 134-137.

[23] vgl. ebd.

[24] vgl. Kremer 2009, S. 304.

[25] vgl. Pikulik, S. 132.

[26] Kremer 1999, S. 164.

[27] vgl. ebd., S. 162.

[28] vgl. ebd., S. 176.

[29] vgl. Hoffmann, E. T. A.: Die Serapionsbrüder. In: E. T. A. Hoffmann: Sämtliche Werke. Hg. v. WulfSegebrecht. Frankfurt am Main 2001. Bd. 4. S. 498.

[30] vgl. Serapionsbrüder S. 499.

[31] vgl. ebd.

[32] ebd., S. 438.

[33] ebd.,S. 439.

[34] vgl. ebd.

[35] Serapionsbrüder, S. 447.

[36] vgl. ebd. S.439.

[37] vgl. „Was sich darauf weiter in Meister Martins Hause begab“ und „Wie Meister Martin sein Handwerk über alle andere erhob“ auf S. 442. bzw. S. 445.

[38] Vgl. Serapionsbrüder, S. 450f.

[39] Serapionsbrüder,. S. 438.

[40] ebd.

[41] ebd.

[42] ebd.

[43] Segebrecht S. 95.

[44] Serapionsbrüder, S. 439.

[45] ebd.

[46] ebd.

[47] vgl. Segebrecht, S. 91.

[48] Alexis, S. 349.

[49] Serapionsbrüder, S. 438.

[50] ebd., S. 438.

[51] ebd., S. 456.

Details

Seiten
ISBN (eBook)
9783640772544
ISBN (Paperback)
9783640772964
DOI
10.3239/9783640772544
Dateigröße
546 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Erscheinungsdatum
2010 (Dezember)
Schlagworte
Hoffmann E. T. A. Hoffmann Deutschland Deutschlandbild Martin Meister Martin Küfner
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