Der Antisemitismus und Rassismus des Adolf Bartels
Zusammenfassung
Eine derart rasante Entwicklung musste Gegenbewegungen hervorrufen. Bewegungen, die versuchten, diese scheinbar zum Untergang der bekannten Welt führende Entwicklung zu erklären und die für diese neue Situation Schuldigen zu suchen. Eine dieser Strömungen war die völkische Bewegung, deren Basis zum Teil der Okkultismus, teilweise auch landwirtschaftlich – romantische Strömungen waren, aber auch der Antijudaismus bzw. später der Antisemitismus. Dieser entwickelte sich im Kaiserreich bis zum ersten Weltkrieg vor allem in intellektuellen Kreisen, konnte aber spätestens während der Weimarer Republik durch deren Agitatoren und Publizisten großflächig verbreitet werden.
Einer dieser Verfechter des Antisemitismus war der Literaturhistoriker Adolf Bartels, der durch seine provokant vorgetragenen rassistischen und antisemitischen Ideen den Nerv der Zeit traf und eine völkische Musterkarriere einschlagen konnte. Er entwickelte sich vom Kritiker jüdischer Schriften zu einem politisch und gesellschaftlich engagierten Gegner alles jüdischen und es war nur eine Frage der Zeit, bis auch die Nationalsozialisten auf ihn und seine Ansichten aufmerksam wurden, wenngleich er deren spätere Radikalität in der Umsetzung der „Judenfrage“ nicht teilte.
Doch wer war Adolf Bartels? Worauf beruhte sein Stolz, Antisemit zu sein? Was bedeutete für ihn Rassismus und Antisemitismus und warum war dies eine seiner zentral vorgetragenen Thesen zur Vermeidung des „Finis Germaniae“? Wie sah er dies und inwieweit konnte er seine Ideen verbreiten und Einfluss auf die Nationalsozialisten üben?
Nach einer kurzen Biographie, werden in dieser Arbeit die aufgeworfenen gestellten Fragen eine zentrale Rolle spielen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Biographische Daten
3. Der Antijudaismus und Antisemitismus bei Adolf Bartels
3.1 Der Judenhass des Adolf Bartels
3.2 Forderung nach Aus- und Abgrenzung der Juden aus dem kulturellen, politischen und ökonomischen Leben
4. Rassismus bei Adolf Bartels
4.1 „Rassenstolz“
4.2 Kampf gegen die Juden/“Semiten“
4.3 „Rassenzucht“
4.4 „Erhaltung des Volkstums“
5. Adolf Bartels und die Nationalsozialisten.
6. Rezeption
7. Schlussbetrachtung
Literaturangaben
1. Einleitung
Als Mitte des 19. Jahrhunderts auch im Deutschen Reich die Industrialisierung einsetzte vermochte noch niemand zu sagen, welch große Umwälzungen sie mit sich führen sollte. Doch es waren nicht nur große wirtschaftlichen Veränderungen, die das Land grundlegend verändern sollten. Auch und vor allem auf kultureller, wissenschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Ebene wurde das Land innerhalb weniger Jahrzehnte in den Augen vieler Menschen damals auf den Kopf gestellt. Jahrhunderte alte Traditionen, Dogmen, Denkweisen, Gepflogenheiten und Strukturen wurden revidiert oder wurden zumindest von Grund auf angezweifelt.
Eine derart rasante Entwicklung musste Gegenbewegungen hervorrufen. Bewegungen, die versuchten, diese scheinbar zum Untergang der bekannten Welt führende Entwicklung zu erklären und die für diese neue Situation Schuldigen zu suchen. Eine dieser Strömungen war die völkische Bewegung, deren Basis zum Teil der Okkultismus, teilweise auch landwirtschaftlich – romantische Strömungen waren, aber auch der Antijudaismus bzw. später der Antisemitismus. Dieser entwickelte sich im Kaiserreich bis zum ersten Weltkrieg vor allem in intellektuellen Kreisen, konnte aber spätestens während der Weimarer Republik durch deren Agitatoren und Publizisten großflächig verbreitet werden.
Einer dieser Verfechter des Antisemitismus war der Literaturhistoriker Adolf Bartels, der durch seine provokant vorgetragenen rassistischen und antisemitischen Ideen den Nerv der Zeit traf und eine völkische Musterkarriere einschlagen konnte. Er entwickelte sich vom Kritiker jüdischer Schriften zu einem politisch und gesellschaftlich engagierten Gegner alles jüdischen und es war nur eine Frage der Zeit, bis auch die Nationalsozialisten auf ihn und seine Ansichten aufmerksam wurden, wenngleich er deren spätere Radikalität in der Umsetzung der „Judenfrage“ nicht teilte.
Doch wer war Adolf Bartels? Worauf beruhte sein Stolz, Antisemit zu sein? Was bedeutete für ihn Rassismus und Antisemitismus und warum war dies eine seiner zentral vorgetragenen Thesen zur Vermeidung des „Finis Germaniae“? Wie sah er dies und inwieweit konnte er seine Ideen verbreiten und Einfluss auf die Nationalsozialisten üben?
Nach einer kurzen Biographie, werden in dieser Arbeit die aufgeworfenen gestellten Fragen eine zentrale Rolle spielen.
2. Biographische Daten
Bevor auf Adolf Bartels und dessen Ideologie eingegangen wird, soll an dieser Stelle ein Kurzabriss über sein Leben stehen. Dieses begann am 15.11.1862, als Adolf Bartels in Wesselburen (Schleswig-Holstein) als Sohn eines Schlossermeisters geboren wurde. Nachdem er zwischen den Jahren 1875 und 1882 das örtliche Gymnasium besuchte, es aber vorzeitig abbrechen musste, begann er 1885 sein Studium der Literatur, Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie in Leipzig und beendete es 1888[1]. Trotz eines fehlenden akademischen Abschlusses wurde er 1905 zum Professor ernannt[2]. Während er in den Jahren des Studiums und kurz danach hauptsächlich schriftstellerisch tätig war, begann spätestens Anfang des 19. Jahrhunderts auch seine politische Karriere: So trat er 1907 dem „Deutschbund“ bei und im Jahr 1910 zählte er zu den Mitbegründern des „Deutschvölkischen Schriftstellerverbandes“, dessen Zeitschrift „Deutsches Schrifttum“ seitdem von Bartels herausgegeben wurde[3].
Zu Beginn seiner Autoren-Karriere verfasste er hauptsächlich Gedichte, Theaterstücke und Romane und arbeitete zeitweise als Redakteur[4], stieg aber bereits in diesen Jahren zu einem der führenden völkisch-antisemitischen Literaturhistoriker auf[5]. Spätestens durch die Mitbegründung der „Deutschvölkischen Vereinigung“[6] 1913, deren Vorsitzender er zugleich wurde, ließen sich seine völkischen Tendenzen kaum mehr übersehen[7]. In den Jahren 1914-1918 war er zudem Mitglied in der Deutschvölkischen Partei (DvP)[8].
Nach dem Krieg gehörte er erneut zu den Mitbegründern einer völksichen Organisation, nämlich des im Jahr 1919 gegründeten „Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes“ - zu dessen Kern auch Theodor Fritsch und der Hammer-Verlag gehörten, der seit Ende der 1890er Jahre „das geistige und organisatorische Zentrum des völkischen Antisemitismus im Kaiserreich“ war[9]. Aufgrund seiner spätestens während der 1920er Jahre erreichten landesweiten Bekanntheit wurde er 1927 zum Ehrenbürger in seiner Geburtsstadt Wesselburen ernannt.
Dass er mit den Nationalsozialisten konform ging (wenngleich er nie Mitglied der NSDAP wurde), lässt sich aus der Tatsache schließen, dass er während deren Herrschaft zu weiteren Würden gelangte: Bereits 1933 wurde er Professor an Universität Jena mit Ehrensold und erhielt vier Jahre später 1937 das mit der Widmung „Dem deutschen Vorkämpfer für völkische Kulturerneuerung“ versehene Adlerschild des Deutschen Reiches[10]. Ebenfalls 1937 wurde er Ehrenbürger der Stadt Weimar ernannt, einen Titel, den er weit über seinen Tod hinaus bis zum Jahr 1997 behalten sollte. Weitere Bartels in der nationalsozialistischen Ära zukommende Ehren sind die 1938 erhaltene Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig und den wenige Jahre später (1941) erhaltenen Dietrich-Eckart-Preis der Stadt Hamburg, sowie das im folgenden Jahr verliehene „Goldene Parteiabzeichen“ der NSDAP. Im Jahr 1942 wurde zudem die Adolf-Bartels-Stiftung „zur Fortsetzung des wissenschaftlichen Werkes von Adolf Bartels“ ins Leben gerufen[11].
Über seine persönlichen Ehrungen hinaus wurde ihm bereits 1922 durch die Umbenennung einer Straße in „Adolf Bartels Straße“ in seinem Geburtsort und durch die Benennung von Schulen in Wesselburen und Heide/Holstein nach ihm, ein Denkmal gesetzt[12].
Am 7.3.1945 starb Adolf Bartels in Weimar.
3. Der Antijudaismus und Antisemitismus bei Adolf Bartels
Wenn man im Leben des Adolf Bartels nach einer, sich entwickelnden Konstante suchen will, so kann man dies mit Sicherheit bei seiner antisemitischen Haltung erfolgreich tun. Stets empfand er es als seine Pflicht durch antijüdische und sehr bald auch antisemitische Äußerungen und Publikationen Stimmung gegen das vermeintliche Übel der deutschen Kultur, das „Judentum“, zu machen und Vorschläge zu dessen Ausgrenzung zu erarbeiten. In seiner kulturantisemitischen Haltung stand er der Prominenz auf diesem Gebiet, wie etwa Houston Stewart Chemberlain (1855-1927), in nichts nach.
Bereits Ende der 1890er Jahre, am Beginn seiner schriftstellerischen Karriere, ließ sich ein immer offeneres Bekenntnis zum Antisemitismus erkennen, wenngleich seine Schriften erst nach und nach davon erfasst wurden[13]. Seine immer aggressiver und provokanter vorgetragene antisemitische Haltung und Kritik jüdischer Schriftsteller und Literatur regte sehr bald eine lebhafte öffentliche Diskussion unter jüdischen, aber auch deutschen Autoren über Adolf Bartels an, was nicht zuletzt zu zahlreichen Kritiken Bartels´ führte, ihm schließlich aber half sehr früh landesweite Bekanntheit und Bedeutung zu erlangen[14]. Durch den Eintritt in den „Deutschbund“ 1907, welcher wiederum spätestens seit 1912 offen das Vorantreiben und die Umsetzung des Rassegedankens verfolgte, lässt sich sein Semitenhass auch durch eine dezidiert politische Betätigung belegen.
Denn hier blieb er nicht untätig, wobei er zur Umsetzung seiner Ansichten zuerst das Ziel verfolgen sollte, die Kräfte der vielen völkisch-antisemitischen Strömungen zu bündeln. Zu diesem Zwecke fand am 5.10.1913 der „Deutsche Tag“ in Eisenach statt, an dem sich 17 völkische Bünde, darunter der „Deutschbund“, der „Reichshammerbund“ und der „Deutsche Orden“ zur „Deutschvölkischen Vereinigung“ zusammenschlossen, deren Vorsitzende Adolf Bartels und Max Robert Gerstenbauer wurden. Ebenfalls trug er nicht unwesentlich zum Zustandekommen des bedeutenden antisemitischen „Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes“ 1919 bei[15].
Im Jahr 1920 gründeten einige seiner Anhänger zudem eine Vereinigung, um die Lehren Bartels´ zu verbreiten. Der von dem Lehrer Walter Loose und Studenten gegründete „Adolf Bartels-Bund“ setzte sich offen das Ziel „gegen fremdrassiges und jüdisches Geistesleben [zu] kämpfen“[16]. Durch ihn konnten Bartels´ Ideen über seine Anhänger weiterverbreitet werden. Im Jahr 1924 verschmolz der Bund mit dem 1910 von Bartels mitbegründeten „Deutschvölkischen Schriftstellerverband“, der nicht minder antisemitisch einzuschätzen war.[17]
[...]
[1] Rösner, Thomas, Adolf Bartels, in: Puschner, Uwe u.a. (Hrsg.), Handbuch zur „Völkischen Bewegung“ 1871-1918, München 1996, S.874-894, S. 874.
[2] Sarkowicz, Hans/Mentzer, Alf, Literatur in Nazi-Deutschland: Ein biografisches Lexikon, Erweiterte Neuausgabe, Hamburg, 2002, S. 74.
[3] Ulbricht, Justus H., „Ein heimlich offener Bund für das große Morgen...“. Methoden systematischer
Weltanschauungsproduktion während der Weimarer Republik, in: Puschner, Uwe/Cancik, Hubert (Hrsg.), Antisemitismus, Paganismus, Völkische Religion, München 2004, S.65-83, S.78, ebenso Rösner, T., Adolf Bartels, S. 884f.
[4] König, Christoph (Hrsg.), Interntionales Germanistenlexikon 1800-1950, Berlin 2003, S. 86.
[5] Sarkowicz, H., Literatur in Nazi-Deutschland, Hamburg, 2002, S. 74.
[6] Ein Zusammenschluss mehrerer prominenter völkischer Verbände, unter anderem des „Deutschbunds“, des „Reichshammerbunds und des „Deutschen Ordes“.
[7] Rösner, T., Adolf Bartels, S. 885.
[8] König, Ch., Interntionales Germanistenlexikon 1800-1950, Berlin 2003, S. 86.
[9] Ebd., ebenso Ulbricht, J. H., Methoden systematischer Weltanschauungsproduktion, S. 74.
[10] Hülsen, Hans v., Neid als Gesinnung: Der manische Antisemitismus des Adolf Bartels, in: Karl Schwedhelm u.a. (Hrsg.), Propheten des Nationalismus, München 1969, S. 177.
[11] Sarkowicz, H., Literatur in Nazi-Deutschland, Hamburg, 2002, S. 75.
[12] König, Ch., Interntionales Germanistenlexikon 1800-1950, Berlin 2003, S. 86.
[13] Rösner, T., Adolf Bartels, S. 876f.
[14] Ebd. S. 883, 878f.
[15] Ebd. S. 884f.
[16] Zitat bei Conrady, Karl Otto, Literatur und Germanistik als Herausforderung: Skizzen und Stellungnahmen, Frankfurt a.M. 1974, S. 230f.
[17] Rösner, T., Adolf Bartels, S. 886f.