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Kindheit im Wandel vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart

©2010 Hausarbeit 19 Seiten

Zusammenfassung

„Rund ein Drittel aller Kinder wächst heutzutage ohne Geschwister auf. Trotz der Weiterentwicklung und dem Statusgewinn der Frauenerwerbsarbeit übernehmen nur zwischen 70 und 80 % der Väter Hausarbeit und beteiligen sich weiterhin recht wenig an der Kindererziehung. Mittlerweile werden rund ein Drittel der Ehen geschieden, 13 % (West-) bzw. 18 % (Ostdeutschland) der Kinder wachsen in Teilfamilien sowie 10 % (West-) bzw. 13 % (Ostdeutschland) in Stieffamilien auf. In den neuen Bundesländern ist in 18 % der Haushalte mit Kindern unter 16 Jahren kein Kinderzimmer vorhanden und es erhalten in den alten Bundesländern rund 8% aller Kinder und Jugendlichen Sozialhilfe, leben also in Armut“ (Bendit, Gaiser und Nissen 1992, S. 24ff.).
Aufgrund der Pluralisierung und Individualisierung familialer Lebensformen wachsen Kinder in Mehrkinder-, Einzelkind-, Teil-, Stief-, Dreigenerationen-, Adoptiv- und Pflegefamilien, in nichtehelichen Lebens- und Wohngemeinschaften auf.
Die folgende Arbeit behandelt den Wandel der Kindheit vom 18. Jahrhundert bis hin zur heutigen Zeit. Dabei wird zunächst kurz auf die „Entdeckung der Kindheit“ von Ariès im 2. Kapitel eingegangen. Im 3. Kapitel wird die Entwicklung der modernen Kindheit näher beleuchtet, wo-bei dann die Kindheit in der bürgerlichen Familie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Kindheit in der proletarischen Familie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beschrieben wird. Abschließend wird die Kindheit in der heutigen Zeit in besonderen Familienformen anhand der Stieffamilie und Ein-Eltern-Familie dargestellt

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die historische Entwicklung der Lebensphase Kindheit

3. Die Entwicklung moderner Kindheit
a. Kinder in burgerlichen Familien
b. Kinder in proletarischen Familien
c. „Kindsein“heute

4. Entwicklung von Kindern in Stieffamilien

5. Kinder in Ein-Eltern-Familien

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

,,Rund ein Drittel aller Kinder wachst heutzutage ohne Geschwister auf. Trotz der Weiterentwicklung und dem Statusgewinn der Frauenerwerbsarbeit uber- nehmen nur zwischen 70 und 80 % der Vater Hausarbeit und beteiligen sich weiterhin recht wenig an der Kindererziehung. Mittlerweile werden rund ein Drit­tel der Ehen geschieden, 13 % (West-) bzw. 18 % (Ostdeutschland) der Kinder wachsen in Teilfamilien sowie 10 % (West-) bzw. 13 % (Ostdeutschland) in Stieffamilien auf. In den neuen Bundeslandern ist in 18 % der Haushalte mit Kindern unter 16 Jahren kein Kinderzimmer vorhanden und es erhalten in den alten Bundeslandern rund 8% aller Kinder und Jugendlichen Sozialhilfe, leben also in Armut“ (Bendit, Gaiser und Nissen 1992, S. 24ff.).

Aufgrund der Pluralisierung und Individualisierung familialer Lebensformen wachsen Kinder in Mehrkinder-, Einzelkind-, Teil-, Stief-, Dreigenerationen-, Adoptiv- und Pflegefamilien, in nichtehelichen Lebens- und Wohn- gemeinschaften auf.

Die folgende Arbeit behandelt den Wandel der Kindheit vom 18. Jahrhundert bis hin zur heutigen Zeit. Dabei wird zunachst kurz auf die „Entdeckung der Kind­heit" von Aries im 2. Kapitel eingegangen.

Im 3. Kapitel wird die Entwicklung der modernen Kindheit naher beleuchtet, wo- bei dann die Kindheit in der burgerlichen Familie in der zweiten Halfte des 18. Jahrhunderts und die Kindheit in der proletarischen Familie in der zweiten Half­te des 19. Jahrhunderts beschrieben wird. Abschlieftend wird die Kindheit in der heutigen Zeit in besonderen Familienformen anhand der Stieffamilie und Ein- Eltern-Familie dargestellt.

2. Die historische Entwicklung der Lebensphase Kindheit

Bis zum Ende des Mittelalters gab es keinen Begriff fur „Kindheit“ als eigen- standige Lebensphase eines Menschen. „Kind“ bezeichnete vorrangig ein Ver- wandtschaftsverhaltnis. Phillipe Aries schildert anschaulich, wie Kinder im fru- hen Mittelalter als „kleine“ Erwachsene mit „groften“ Erwachsenen zusammen- lebten (siehe Hurrelmann & Brundel 2003, S. 58).

Aries' Buch „L'enfant et la vie familiale sous I'Ancien Regime" (1960), zu Deutsch „Geschichte der Kindheit", vertritt vor allem eine Hauptthese, dass die „Kindheit“ erst im 17./18. Jahrhundert „entdeckt“ wurde. Aries wertete Schriften uber die Periodisierung des Menschenlebens, Bildmaterial und Kinderspiele aus und folgerte daraus, dass man im Mittelalter von Kindheit im heutigen Sinne nur bedingt sprechen konnte. Die Gesellschaft hatte keine Vorstellung von Kindheit und somit auch nicht von Erziehung (siehe http://userpage.fu- berlin.de/~history1/bs/niederhu/pages/entdeck.htm).

Eine Abgrenzung zwischen Kinderwelt und Erwachsenenwelt gab es nicht. Mit 7 Jahren war der Status der Erwachsenen erreicht und sie wurden als eigen- standige Mitglieder der Erwachsenengesellschaft anerkannt (siehe Hurrelmann & Brundel 2003, S. 58ff.). Es gab einen direkten Ubergang vom Kleinkind- zum Erwachsenenalter. Kinder waren nur wichtig als Arbeitskraft und um Fortbe- stand der Familie zu sichern. Kinder und Erwachsene ernahrten und kleideten sich ahnlich, es gab keine separierten Lebensbereiche und sie erledigten die- selben Tatigkeiten (siehe Hurrelmann & Brundel 2003, S. 58).Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern war vergleichbar der zwischen einem Lehrer und seinem Lehrling, Kinder lernten Sitte, Religion, Handwerk usw. Es gab kaum eine emotionale Bindung (siehe http://userpage.fu- berlin.de/~history1/bs/niederhu/pages/entdeck.htm).

Die Rolle von Kindern veranderte sich schrittweise. Seit dem 14. Jahrhundert interessierten sich die Familienmitglieder fur die Kinder, sie spielten mit ihnen und fanden Vergnugen an dem kindlichen Wesen. Es entstand ein Bestreben Kinder in ihrer Personlichkeitsentwicklung zu begleiten (siehe Hurrelmann & Brundel 2003, S. 59f.).

Mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden Kinder in speziellen Einrichtungen fur das Leben in der Erwachsenenwelt befahigt. Der Bildungsgedanke setzte sich zunehmend durch und somit auch die Idee der Institution Schule, die an die Stelle des Lehrverhaltnisses zwischen Eltern und Kindern. In der burgerlichen Familie entstand ein soziales und padagogisches Verstandnis von „Kindse]in“ (siehe Hurrelmann, Brundel 2003, S. 60f.).

3. Die Entwicklung moderner Kindheit

Das Verstandnis von Kindheit, wie wir sie heute kennen, dehnte sich nur ge- machlich auf alle Bevolkerungsschichten aus und dauerte mehrere hundert Jah- re. Fur das bauerliche Milieu und die stadtische Arbeiterschichten waren Kinder noch lange uber das 18. Jahrhundert unfertige, nicht ganz menschliche Wesen. Die Kindheit konnte sich aufgrund der relativ stark ausgepragten schichtspezifi- schen Unterschiede innerhalb der Kindergeneration in ein und derselben Epo- che unterschiedlich gestalten (20. Jahrhundert) (siehe Kranzl-Nagl, Mierendorff 2007, S. 10).

,,Der Trend zur Padagogisierung und die Sichtweise von Kindern als durch ge- zielte Erziehung formbare Wesen wirkten sich unterschiedlich fur Kinder ver- schiedener sozialer Herkunft aus“ (Kranzl-Nagl, Mierendorff 2007, S. 10). Fur Kinder hoherer Schichten wurden Turen zur Bildung geoffnet. Fur Kinder arme- rer Schichten war der Zugang zur Bildung vermehrt, fur sie waren Fabrik- oder Heimarbeit vorgesehen - dies brachten wirtschaftliche Veranderungen im 18. und 19. Jahrhundert mit sich (siehe Kranzl-Nagl, Mierendorff 2007, S. 11.).

Die Bildung ruckte immer mehr fur Wohlhabende in den Vordergrund und wurde zum wichtigen Zuweisungskriterium fur die soziale Stellung.

Die Padagogisierung von Kindheit fur Armere war mehr eine Erziehung zur Ar­beit; Gewalt galt dabei als entsprechendes Zuchtmittel (siehe ebd.)

,,Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in vielen europaischen Landern der Wohlfahrtsstaatsgedanken" (de Swaan 1993 in Kranzl-Nagl, Mie- rendorff 2007, S. 11). Eine Verbesserung in den Lebenslagen der Kinder zeich- nete sich ab, dies gelang durch sozialen Wohnbau, durch Regelungen zur Ein- haltung der Schulpflicht oder durch sozialgesetzliche Bestimmungen (z. B. Ver- bot der Kinderarbeit in Industrie und Gewerbe) (siehe Kranzl-Nagl, Mierendorff 2007, S. 11).

,,Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeigen sich politische Bemuhungen, soziale Ungleichheiten zu reduzieren, wobei der Zugang zu Bildung ein erklartes Ziel war" (Kranzl-Nagl, Mierendorff 2007, S. 11). Die Kindheit wurde vor allem auf der Kinderarbeit „befreit“. Der gesellschaftliche Status von Kindern wurde er- neuert. Waren sie einst wertvolle Arbeitskrafte, fungierten sie nun als Zukunfts- ressource und vor allem fur Eltern emotionalen BeziehungspartnerInnen. (siehe Kranzl-Nagl, Mierendorff 2007, S. 11). ,,Das Leitbild der burgerlichen Kernfami- lie im 19. Jahrhundert setzte sich als ideal angesehene, gesellschaftlich akzep- tierte und anzustrebende Form des familialen Zusammenlebens durch" (Kranzl- Nagl, Mierendorff 2007, S. 12).

Der Vaters als gut verdienender Mann und die umsorgende Mutter waren vor allem wahrend des Nationalsozialismus das Bild der burgerlichen Familien und wurde von da an idealisiert.

Die Kinder und Jugendlichen waren meist in die propagandistischen Organisa- tionen des NS-Regimes eingegliedert. Dies macht deutlich, dass die Erziehung im Nationalsozialismus nicht nur in der Familie erfolgen sollte, sondern v. a. eine Aufgabe des Staates war. Der Staat wurde zum zentralen Erziehungsor- gan und Kinder wurden als wichtige Ressource fur eine nach den Idealen des Nationalsozialismus zu schaffende Gesellschaft angesehen (siehe Kranzl-Nagl, Mierendorff 2007, S. 12).

In der Nachkriegszeit verbesserte sich die materielle Existenzsicherung der Familien und auch die Lebensqualitat der Kinder erhohte sich immens (Schutze & Geulen 1983 in Kranzl-Nagl, Mierendorff 2007, S. 12). Kindheit wurde un- missverstandlich zur Familienkindheit und als Schutz-, Schon- und Lernraum begrundet (siehe Kranzl-Nagl, Mierendorff 2007, S. 12).

a. Kinder in burgerlichen Familien

,,In der zweiten Halfte des 18. Jahrhunderts entstand erstmals eine soziale und wirtschaftliche Struktur, in der sich die Hoffnung und die Idee eines burgerlichen Familienlebens verbreiten konnten" (Sieder 1987, S. 125). Der burgerlichen Schicht wurden nicht nur Kaufleute, Bankiers und kapitalistische Unternehmer zugerechnet, sondern auch Beamte, Lehrer, Richter und Kunstler. Es waren alle „Stadtburger“, die Steuern bezahlten und politische Rechte besaften. Sie leiteten ihre Privilegien aus wirtschaftlichen und intellektuellen Leistungen ab. Somit war das Abgrenzungskriterium: Besitz oder/und Bildung (siehe Sieder 1987, S. 125f.).

Charakteristisch fur das Burgertum ist vor allem die Trennung von Wohn- und Lebensbereich und Arbeitsplatz (siehe Sieder 1987, S. 125). Die Trennung von Privatsphare und Arbeitswelt ist der wesentlichste Schritt zur „Uberwindung“ des bauerlichen Familienmodells. Der zweite Schritt war die Ausgrenzung der Frauen und Kindern von der Erwerbsarbeit (siehe ebd.).

Den zentralen Ort der neuen Lebensweise bildete das privatisierte und intimi- sierte Familienleben. Dieser neue Binnenraum, der sich aus der Trennung von „Offentlichkeit“ und „Privatheit“ ergab, sollte durch die Sentimentalisierung der Beziehungen ausgefullt werden (siehe Sieder 1987, S. 129).

Vor allem ist die Trennung der Hausgemeinschaft in „Familie“ und „familien- fremde Personen" abzuzeichnen. Weiterhin wurde die Geschlechtsrollen neu definiert, der Umgang mit den Kindern padagogisiert, sogar ein neuer Typus burgerlicher Kindheit war die Folge (siehe Sieder 1987, S. 128f.).

[...]

Details

Seiten
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783640789788
ISBN (Paperback)
9783640789283
DOI
10.3239/9783640789788
Dateigröße
466 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Koblenz-Landau – Institut für Soziologie
Erscheinungsdatum
2011 (Januar)
Note
1,7
Schlagworte
Kindheit Wandel 18. Jahrhundert Kinder
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