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Schule im Wandel - Herausforderungen lebensweltorientierter Schulsozialarbeit

©2009 Hausarbeit 18 Seiten

Zusammenfassung

[Aus Einleitung]
´Gewalt an Berliner Rütlischule`, ´Brennpunkt Hauptschule`, TV-Dokumentation ´S.O.S. Schule: Hilferuf aus dem Klassenzimmer` – immer öfter dringen Nachrichten über die in manchen Schulen vorherrschenden problematischen Zustände an die Öffentlichkeit, werden zum Teil sogar direkt im Fernsehen ausgestrahlt, wie im Falle der sechsteiligen Dokumentation ´S.O.S. Schule` über die prekären Verhältnisse an der Berliner Pommernschule 2006. Überforderte Lehrer, unkontrollierte Schüler und ratlose Eltern lassen als Repräsentanten eines Schulbildes heutiger Zeit die Frage nach den Gründen dieser Zustände an vielen Schulen laut werden. Wie konnte es so weit kommen? Wieso scheint dieses altbewährte, etablierte System Schule auf einmal nicht mehr so zu funktionieren, wie es das über einen so langen Zeitraum weitestgehend reibungslos getan hat?
Ein wesentlicher Grund dafür, dass Schule heute nicht mehr so funktionieren kann wie noch vor einigen Jahren, ist in dem rasanten Wandel heutiger gesellschaftlich-strukturellen Verhältnisse zu finden. Mit dem Eintritt in das 21. Jahrhundert hat sich ein umfassender Wandel gesellschaftlicher Strukturen und damit auch eine zunehmende Erosion klassischer Gesellungsformen Bahn gebrochen, dessen Ende auch bis heute nicht absehbar ist. Bedingungen des Aufwachsens haben sich binnen weniger Jahre grundlegend geändert, viele Familien haben mit den neuen, aus den vielschichtigen Modernisierungsprozessen resultierenden komplexen Anforderungen der alltäglichen Lebensbewältigung zu kämpfen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffserläuterungen und inhaltliche Verortung
2.1 Das Konzept „Lebensweltorientierung“
2.2 Schulsozialarbeit

3 Schule vor dem Hintergrund heutiger gesellschaftlich-struktureller Veränderungen, oder: Warum Lebensweltorientierte Schulsozialarbeit?
3.1 Schule- gestern wie heute?
3.2 Begründung und Bedeutung Lebensweltorientierter Schulsozialarbeit im Lebensraum Schule
3.2.1 Relevante Strukturmaximen Lebensweltorientierter Schulsozialarbeit
3.2.1.1 Alltagsnähe
3.2.1.2 Schulsozialarbeit als Baustein in flexibel-integrierten Hilfen
3.2.1.3 Sozialraumverankerung

4 „Von der Unterrichtsschule zum Haus des Lernens“ – Möglichkeiten und Grenzen der Einflussnahme Lebensweltorientierter Schulsozialarbeit in Hinblick auf eine Lebensweltorientierte Schulentwicklung
4.1 Herausforderungen Lebensweltorientierter Schulsozialarbeit im Wandel der Lebenswelten
4.1.1 Möglichkeiten und Grenzen
4.1.1.1 Charakteristische Ziel-Mittel-Konflikte

5 Tendenzielle Einschätzung der weiteren Entwicklung Lebensweltorientierter Schulsozialarbeit in Zeiten des (Schul-) Wandels - Ausblick und Fazit

6 Quellenverzeichnis

1 Einleitung

´Gewalt an Berliner Rütlischule`, ´Brennpunkt Hauptschule`, TV-Dokumentation ´S.O.S. Schule: Hilferuf aus dem Klassenzimmer` – immer öfter dringen Nachrichten über die in manchen Schulen vorherrschenden problematischen Zustände an die Öffentlichkeit, werden zum Teil sogar direkt im Fernsehen ausgestrahlt, wie im Falle der sechsteiligen Dokumentation ´S.O.S. Schule` über die prekären Verhältnisse an der Berliner Pommernschule 2006.

Überforderte Lehrer, unkontrollierte Schüler und ratlose Eltern lassen als Repräsentanten eines Schulbildes heutiger Zeit die Frage nach den Gründen dieser Zustände an vielen Schulen laut werden. Wie konnte es so weit kommen? Wieso scheint dieses altbewährte, etablierte System Schule auf einmal nicht mehr so zu funktionieren, wie es das über einen so langen Zeitraum weitestgehend reibungslos getan hat?

Ein wesentlicher Grund dafür, dass Schule heute nicht mehr so funktionieren kann wie noch vor einigen Jahren, ist in dem rasanten Wandel heutiger gesellschaftlich-strukturellen Verhältnisse zu finden. Mit dem Eintritt in das 21. Jahrhundert hat sich ein umfassender Wandel gesellschaftlicher Strukturen und damit auch eine zunehmende Erosion klassischer Gesellungsformen Bahn gebrochen, dessen Ende auch bis heute nicht absehbar ist. Bedingungen des Aufwachsens haben sich binnen weniger Jahre grundlegend geändert, viele Familien haben mit den neuen, aus den vielschichtigen Modernisierungsprozessen resultierenden komplexen Anforderungen der alltäglichen Lebensbewältigung zu kämpfen.

Aus diesen Strukturveränderungen der Bedingungen des Aufwachsens resultiert, dass Heranwachsende heute über völlig andere Voraussetzungen und Hintergründe verfügen als etwa noch vor 20 Jahren. Strukturelle Bedingungen des alltäglichen Lebens, der eigenen Lebensgestaltung, des Aufwachsens haben sich geändert – das System Schule jedoch ist (bisher) weitestgehend das gleiche geblieben. Nun treffen im Lernort Schule gewissermaßen zwei Welten aufeinander, die ihre jeweiligen Ansprüche aneinander (bislang) nicht zu erfüllen vermögen. Schule hat bisher bestimmte Fähigkeiten der Schüler, wie etwa Lernbereitschaft, Kompetenz im sozialen Umgang miteinander, Respekt vor den Lehrern als Autoritätspersonen u.ä. als natürlich gegeben, da durch die Familie vermittelt, vorausgesetzt. Allerdings ist die Familie heute, resultierend aus den vielschichtigen gesellschaftlichen Umbrüchen, nicht mehr als selbstverständlicher Ort des Aufwachsens zu begreifen, so dass grundlegende Kompetenzen des sozialen Miteinanders mit Eintritt der Kinder in das Schulalter eventuell noch gar nicht erworben wurden.

Ein gelingender, ruhiger Unterricht setzt diese Fähigkeiten jedoch voraus. Schule sieht sich heute der Herausforderung gegenübergestellt, auf den sozialen Wandel und insbesondere seine Folgen zu reagieren. Ein erster Schritt in diese Richtung kann durch die Einbindung von Sozialarbeit in das bislang etablierte System Schule erfolgen. Schulsozialarbeit weiß gewissermaßen schon heute auf die sich den Heranwachsenden aktuell darbietenden Lebensbedingungen zu reagieren, indem sie ihre lebensweltlichen, die alltäglichen und privaten, d.h. sowohl die innerschulischen als auch die außerschulischen Probleme der Kinder und Jugendlichen zum Gegenstand ihrer Arbeit macht. Die Einbindung von Sozialarbeit in das System Schule ermöglicht damit ein Lernen auf mehreren Ebenen, indem sie z.B. soziale Kompetenzen und neue Lernstrategien zu vermitteln versucht. Damit vermag sie u.a. diejenigen Heranwachsenden aufzufangen, die sich aufgrund ihrer Voraussetzungen nicht im System Schule zurechtzufinden wissen.

Diese Arbeit soll sich mit den Möglichkeiten der Einflussnahme Lebensweltorientierter Schulsozialarbeit hinsichtlich einer den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen gerecht werdenden Schule beschäftigen. Inwiefern kann Lebensweltorientierte Schulsozialarbeit also zu einem gelingenden, auch für die Schüler zufriedenstellenden Schulalltag beitragen, welche Bedeutung kommt ihr im Prozess der Herausbildung einer Schule umfassenderen, an den lebensweltlichen Bedingungen der Schüler ausgerichteten Lernens zu?

Bevor auf diese und ähnliche Fragen näher eingegangen wird, sollen zunächst im zweiten Kapitel die zum grundlegenden Verständnis relevanten Begriffe erläutert und in ihren aktuellen inhaltlichen Kontext eingebettet werden. Darauf folgt im dritten Kapitel eine Skizzierung des Systems Schule vor den heutigen gesellschaftlichen Veränderungen sowie die sich daraus ableitende Bedeutung einer lebensweltorientierten Sozialarbeit in der Schule. Im vierten Kapitel sollen die Möglichkeiten und Chancen der Einflussnahme einer lebensweltorientierten Schulsozialarbeit hinsichtlich der Entwicklung einer den lebensweltlichen Bedingungen Heranwachsender gerecht werdenden Schule erörtert werden, bevor dann im fünften Kapitel die tendenzielle Einschätzung der zukünftigen Entwicklung und Bedeutung lebensweltorientierter Schulsozialarbeit sowie ein abschließendes Fazit folgen.

2 Begriffserläuterungen und inhaltliche Verortung

2.1 Das Konzept ´Lebensweltorientierung`

„Das Konzept Lebensweltorientierung ist [...] ein Zugang, Soziale Gerechtigkeit in den neuen sozialpolitischen Aufgaben der Hilfe und Unterstützung in den heutigen lebensweltlichen Bedingungen zu realisieren.”[1]

Fällt der Begriff der Lebensweltorientierung bzw. der Lebensweltorientierten Sozialen Arbeit, so tut er dies oftmals in einem Atemzug mit dessen Begründer, dem Reformpädagogen Hans Thiersch, der das seitdem kontinuierlich weiterentwickelte Konzept gegen Ende der siebziger Jahre in die öffentliche Diskussion brachte. Mittlerweile stellt sein institutionskritisches Konzept der Lebensweltorientierung, das eine „[…] spezifische Sicht der Bestimmungsmerkmale heutiger Lebensverhältnisse mit [den] (sich daraus) ergebenden Konstruktionsprinzipien der Sozialen Arbeit“[2] verknüpft, eines der bedeutsamsten „Rahmenkonzepte der Theoriebildung Sozialer Arbeit“[3] dar. Im Gegensatz zu einer vereinfachten Sicht des Alltags bzw. der alltäglichen, als selbstverständlich aufgefassten Lebensbewältigung in einer heilen, geordneten und unkomplizierten Wirklichkeit, betont das Konzept Lebensweltorientierung vielmehr die „[…] Ambivalenz von Alltagserfahrungen im Spiel von Selbstzuständigkeit, Entlastung, Borniertheit und protestativer Authentizität“.[4] So ist die erfolgreiche Alltagsbewältigung aus der Perspektive des Konzepts Lebensweltorientierung als eine tägliche Herausforderung an das Individuum zu sehen, das in seinen gegebenen Alltagskompetenzen wie auch in Bezug auf die eventuell bestehende „[…] Notwendigkeit institutionell-professioneller Unterstützung gegen die im Alltag angelegten Verengungen […]“[5] respektiert werden soll. Wie schon das eingangs formulierte Zitat nahelegt, erhält das Konzept der Lebensweltorientierung seine besondere Bedeutung in Anbetracht der aktuellen gesellschaftlich-strukturellen Veränderungen, welche mit Titeln wie „reflexive Moderne“[6] oder auch „Gesellschaft der Unübersichtlichkeit“[7] typisiert werden. Die sich heute darbietenden gesellschaftlichen Strukturen in all ihrer Komplexität und stetigen Veränderung stellen die Lebensweltorientierte Soziale Arbeit vor eine große Herausforderung, denn der gesellschaftliche Wandel impliziert eine sich immer komplexer und anspruchsvoller gestaltende alltägliche Lebensbewältigung. Diese erfolgreich zu meistern, wird angesichts der „[…] heutigen lebensweltlichen Brüche und Offenheiten und der in ihnen liegenden Zumutungen für die eigene Lebensgestaltung […]“[8] zu einer immer schwierigeren Aufgabe der AdressatInnen Lebensweltorientierter Sozialer Arbeit. Diese neuen Herausforderungen an die Lebensweltorientierte Soziale Arbeit spiegeln sich auch in ihrer stetigen Erweiterung der Bandbreite von Dienstleistungen wieder, indem vermehrt „[…] Schwierigkeiten und Bewältigungsaufgaben in Bezug auf andere Institutionen der Gesellschaft […]“[9] wie z.B. der Psychiatrie, der Justiz, vor allem aber auch des Schulwesens, zum „Gegenstand spezifisch sozialpädagogischen Engagements“[10] werden. Lebensweltorientierte Soziale Arbeit ist in Strukturmaximen[11] als Richtziele organisiert, an denen sie sich orientieren und weiterentwickeln soll. Anhand dieser Strukturmaximen ergeben sich Konsequenzen für das „Gefüge der Institutionen der Sozialen Arbeit“[12] sowohl in Bezug auf die Gewichtung als auch auf die Gestaltung von Hilfsangeboten. So sei hier nach Grunwald/Thiersch besonderes hervorzuheben, dass in einer heutigen, vor allem durch stetigen Wandel geprägten Gesellschaft das „[…] Gefüge von Hilfen nicht als gleichsam selbstverständlicher Bestand genommen und aus sich selbst heraus legitimiert werden [dürfe], [sondern dass] es […] vielmehr von den Bedürfnissen der AdressatInnen her immer wieder neu begründet werden [müsse]“.[13]

Eine weitere Herausforderung an die Lebensweltorientierte Soziale Arbeit stelle nach Grunwald/Thiersch die von ihr geforderte „Flexibilität der Hilfen“ als die „[…] Aufhebung der weithin noch herrschenden unterschiedlichen Zuständigkeiten […] [in Hinblick auf eine] transparente Koordination […]“[14] dar, welche jedoch in einem Gefüge durchgesetzt werden müsse, das oftmals in „[…] unterschiedlichen Trägerschaften, gesetzlichen Zuständigkeiten und damit einhergehenden Arbeitstraditionen verkarstet […]“[15] sei. So sind es die traditionellen und bislang weitestgehend bewährten (institutionellen) Strukturen, die in der Folge eines gesamtgesellschaftlichen Wandels aufgebrochen und neu zusammengefügt werden müssten, um ein Zusammenwirken verschiedener Hilfsmaßnahmen zu optimieren.

2.2 Schulsozialarbeit

Die alte reformpädagogische Ansicht, dass „Schule mehr […] als Unterricht”[16] sei, hat innerhalb der letzten Jahre aufgrund der fortschreitenden gesellschaftlich-strukturellen Veränderungen der „Bedingungen und Verlaufsformen des Aufwachsens”[17] zunehmend an Bedeutung und vor allem auch an Aktualität gewonnen. Stetige Modernisierungsprozesse unserer Gesellschaft beeinflussen in zunehmendem Maße auch die Bedingungen und Realisierungsweiten des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrages. Diese Entwicklungen regen auch die bildungspolitische Öffentlichkeit zu vermehrten Diskussionen darüber an, inwiefern die Notwendigkeit einer qualitativen Erweiterung des Angebots der Schule über den Unterricht hinaus besteht. Eine solche Erweiterung könnte z.B. durch den vermehrten Einbezug weiterer pädagogischer Handlungsansätze, wie speziell der Schulsozialarbeit, in das schulische Geschehen erfolgen.

[...]


[1] Grunwald/Thiersch 2004, S. 16.

[2] Ebd., S. 13.

[3] Ebd.

[4] Ebd., S. 14

[5] Ebd.

[6] Ebd.

[7] Ebd.

[8] Grunwald/Thiersch 2004, S. 31.

[9] Ebd., S. 16.

[10] Ebd.

[11] In Kapitel 3.2.1 werden die für die Lebensweltorientierte Schulsozialarbeit besonders relevanten Strukturmaximen näher erläutert.

[12] Grunwald/Thiersch 2004, S. 28.

[13] Ebd., S. 29.

[14] Ebd.

[15] Ebd.

[16] Braun/Wetzel 2000, S. 1.

[17] Braun/Wetzel 2000, S. 1.

Details

Seiten
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783640818402
ISBN (Paperback)
9783640821679
DOI
10.3239/9783640818402
Dateigröße
554 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Philipps-Universität Marburg – Philosophische Fakultät
Erscheinungsdatum
2011 (Februar)
Note
2
Schlagworte
schule wandel herausforderungen schulsozialarbeit
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