Wie wirken sich die Devolution und der EU-Beitritt auf die britische Verfassungspraxis, speziell auf das System der Parlamentssouveränität aus?“
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
Die britische Verfassung im groben Überblick:
Definition Parlamentssouveränität:
Das Vereinigte Königreich und die Europäische Union
Wie wirkt sich die EU-Mitgliedschaft auf die britische Verfassungspraxis aus?
Was ist die Devolution?
Wie wirkt sich die Devolution auf die britische Verfassungspraxis aus?
Vom Einheitsstaat zum Föderalstaat?
Schlussfolgerungen:
Literaturverzeichnis:
Vorwort
Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Regierungsformen, Wahlrechts- und Parteiensysteme im Vergleich“ im WS 2007/08 habe ich mich in Form einer Proseminararbeit mit den Auswirkungen des EU-Beitrittes und der Devolution auf die britische Verfassungspraxis, vor allem auf die Parlamentssouveränität, beschäftigt. Im ersten Teil der Arbeit stelle ich knapp das politische System des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland vor, weiters gehe ich einleitend auf die Grundlagen der britischen Verfassung ein und versuche kurz die Parlamentssouveränität zu erklären. Im zweiten Teil befasse ich mich intensiver mit den Auswirkungen des EU-Beitrittes und im dritten Teil mit denen der Devolution.
Die Methode, die dieser PS-Arbeit zu Grunde liegt, ist jene des Literaturstudiums. Hauptsächlich werden Monografien und Sammelwerke verwendet, jedoch stellten auch diverse PDF-Dateien aus dem Internet wichtige Quellen dar. Hierbei weise ich darauf hin, dass ich nur seriöse Dateien verwendet habe.
Innsbruck, am 30. März 2008
Einleitung
Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland ist eine konstitutionelle Erbmonarchie. Das Einzigartige am politischen System der britischen Insel (mit Nordirland) ist zum einen die scheinbar nicht kodifizierte Verfassung in einem funktionierenden, demokratischen System und zum anderen vor allem die Souveränität des Parlaments im Gegenzug zum in Kontinentaleuropa vorherrschenden System der Volkssouveränität. Durch den Beitritt des Vereinigten Königreiches zur Europäischen Union 1973 und durch die Politik der Devolution (vor allem seit den späten Neunziger Jahren) stellen sich die Fragen, in wie weit durch diese zwei wichtigen, politischen Aktionen die britische Verfassungspraxis, vor allem aber die Parlamentssouveränität, verändert worden sind und ob Großbritannien noch als Einheitsstaat, der zentral vom Parlaments- und Regierungssitz London aus regiert wird, bezeichnet werden kann.
Die britische Verfassung im groben Überblick
Eine der Besonderheit am britischen, politischen System im internationalen Vergleich ist, dass die Verfassung zum größten Teil nicht gesetzlich gesichert ist. Auch signifikant in diesem Zusammenhang ist, dass selbst die alt hergebrachten Verfassungsgrundlagen nur einfache Gesetze sind, die mit einer einfachen Mehrheit abgeändert werden können. Es gibt also keine besonderen Mehrheitserfordernisse (z.B. 2/3 Mehrheit) um dies durchzuführen. Dadurch kann gesagt werden, dass die britische Verfassung besonders flexibel ist.[1]
Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass sich die britische Verfassung aus drei Säulen zusammensetzt:
1. die verfassungsgebenden Dokumente (Beispiel: Magna Charta, Bill of Right, Act of Scottland)
2. constitutional conventions, dem Gewohnheitsrecht, das sich über lange Zeit entwickelt hat und meist auf bestimmte Traditionen beruht, jedoch in keiner Weise kodifiziert ist.
3. common law – Recht, welches sich nicht auf Gesetze stützt, sondern auf richterliche Präzedenzfälle
Entgegen der weit verbreiteten Meinung gibt es in Großbritannien also sehr wohl auch verfassungsgebende Dokumente, jedoch sind es die constitutional conventions, also die Verfassungskonventionen, auf denen sich im Prinzip die Funktionsweise des britischen Regierungssystems stützt.
Die britische Verfassung scheint zwar ungeschrieben, da es zum Beispiel kein Dokument gibt, welches den Namen „Verfassung von Großbritannien“ trägt. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass verschiedenste niedergeschriebene Texte existieren, in denen die wichtigsten Rechte abgefasst wurden. Hier sind vor allem die Magna Charta (erster Schritt Richtung Grundrechte) aus dem Jahr 1215 und die Bill of Rights von 1689 zu nennen.[2]
Definition Parlamentssouveränität:
Die Staatsgewalt geht nicht vom Volk aus, sondern ist ein Vorrecht des Parlaments. Sie schließt jegliche Gewaltenteilung, wie etwa den Föderalismus, aus. Auch besagt die Parlamentsouveränität, dass das Parlament einzig und allein das Recht hat zu bestimmen was und was nicht Gesetz wird bzw. ist. Zusätzlich darf nach dem System der Parlamentssouveränität kein Parlament seinen Nachfolger in irgendwelcher Weise binden. Des Weiteren schließt die Souveränität des Parlamentes aus, dass eine andere Person oder Gremium die Macht besitzt, Entscheidungen, die in Westminister gefällt worden sind, zu verändern oder abzuschaffen. In Großbritannien gibt es also folglich kein Verfassungsgericht oder der gleichen, welches den Prozess der Gesetzgebung kontrolliert. De facto existieren somit auch keine formalen Überprüfungen des Parlaments, was aber nicht heißt, dass überhaupt keine Kontrolle stattfindet. So sind politische Kontrollen der Regierung, etwa in Form von Selbstkontrolle, wenn sie mit mächtigen Pressure-groups verhandelt oder ihre Hinterbänkler beschwichtigen muss, durchaus vorhanden. Die größte Kontrolle wird aber ohne Frage durch die wahlberechtigte Bevölkerung des Vereinigten Königreiches vollzogen, denn spätestens bei den nächsten General Elections können sie ihre Unzufriedenheit mit den Gesetzesbeschlüssen der mehrheitsinnehabenden Partei durch ihre Wahlentscheidung äußern. Aber grundsätzlich ist noch einmal festzulegen, dass es keine verfassungsmäßigen Checks and Balances im britischen System gibt. Somit unterscheidet sich das britisch politische System grundlegend von jenen in Kontinentaleuropa.[3]
[...]
[1] vgl.: Sturm Roland: Großbritannien. Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Opladen 1997, S. 233- 235
[2] vgl.: ebenda
[3] vgl.: Hartmann Jürgen: Westliche Regierungssysteme. Parlamentarismus, präsidentielles und semipräsidentielles Regierungssystem, Wiesbaden 2005