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Gedenkstätte Moritzplatz - Vergangenheit und Gegenwart im ehemaligen MfS-Gefängnis Magdeburg

©2010 Seminararbeit 18 Seiten

Zusammenfassung

Untersuchungen zur Entwicklung der heutigen Gedenkstätte Moritzplatz Magdeburg. Haftbedingungen und Vorgänge in der Haft.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

I. Eidesstattliche Erklärung

II. Einführendes

III. Zur Geschichte der Anstalt bis 1958

IV. Das „MfS“ übernimmt. Die „UHA I.“ entsteht
IV.I Vorgehen gegen „Feinde des Staates“ und gesetzlicher Rahmen
IV.II Haftalltag Ablauf, Ziele, Bedingungen – Erfahrungsberichte

V. Gedenkstätte Moritzplatz 1990 bis 2010

VI. Literaturverzeichnis

VII. Anhang

I. Eidesstattliche Erklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die Hausarbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe, alle Ausführungen, die anderen Schriften wörtlich oder sinngemäß entnommen wurden, kenntlich gemacht sind und die Arbeit in gleicher oder ähnlicher Fassung noch nicht Bestandteil einer Studien- oder Prüfungsleistung war.

Robert Schich.

II. Einführendes

„Die Verfolgung politischer Kritik blieb jedoch immer ein Grundbestandteil der Herrschafftsausübung der SED, […].“1 Diese These kann mit hoher Wahrscheinlichkeit jeder2 bezeugen, der längere Zeit in der „Deutschen Demokratischen Republik“3 gelebt hat oder sich mit Zeugenaussagen und Lebensgeschichten derer beschäftigt hat, die dies taten. Damit eine effektive Überwachung der Bürger der „DDR“ gewährleistet sein konnte, musste das „Ministerium für Staatssicherheit“4 zu jeder Zeit und an jedem Ort Möglichkeiten der Präsenz einrichten. Um ein Druckmittel zu besitzen und der Bevölkerung vor Augen zu halten, wohin der Weg politischer Kritik führte, wurden (und auch aufgrund der mit den Jahren steigenden Hälftlingszahl) in zahlreichen Städten der „DDR“ Untersuchungshaft- und Strafvollzugsanstalten errichtet, wie Abbildung 15 aus dem Jahre 1977 zeigt. Die Bekanntesten waren wohl Berlin Hohenschönhausen, Dresden Bautzner Straße, „Roter Ochse“ in Halle und „Gelbes Elend“ in Bautzen. Diese Haftanstalten waren gefürchtet und bekannt, doch gab es auch andernorts vom „MfS“ eingerichtete Untersuchungshaftanstalten, in welchen das Schicksal von Inhaftierten nicht weniger erschütternd war. Im Fokus dieser Arbeit soll die Untersuchungshaftanstalt Magdeburg-Neustadt stehen. Ich habe mich bewusst für diese Einrichtung entschieden, da sie überregional weniger bekannt ist als die genannten Beispiele und dennoch zu einem der zentralen und entscheidenden Orte im Leben vieler Menschen im Raum der heutigen Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts wurde. Weiterhin empfand ich die Möglichkeit, direkt vor Ort, in Ruhe und für sich selbst, Eindrücke zu gewinnen und Untersuchungen anstellen zu können als sehr einladend, da die heutige Gedenkstätte vom Besucherandrang nicht überfüllt wird.

III. Zur Geschichte der Anstalt bis 1958

In den Jahren 1873 bis 1876 wurde das Gebäude für das königliche, preußische Amtsgericht und als Polizeigefängnis für den Ort Neustadt (damals noch ein eigenständiger Ort, der erst im Jahre 1886 zu Magdeburg eingemeindet wurde) erbaut. Auch nach dieser Eingemeindung wurde es weiterhin als Gerichts- und Vollzugseinrichtung genutzt. 1940 verlagerten die Nationalsozialisten die Gerichtsfunktion und bauten die Anstalt in dem Maße um, dass einige größere Gemeinschaftszellen entstanden. Die Anstalt diente nun ausschließlich als Gefängnis. Der Gebäudetrakt wurde durch den Zweiten Weltkrieg kaum versehrt und im Mai 1945 von amerikanischen Invasoren befreit und kurz darauf aufgegeben. Noch im selben Jahr übernimmt im Juli die „Sowjetische Militäradministration in Deutschland“ die Verwaltung.6 Diese eröffnete die Haftanstalt im September 1945 und übergab sie damit an deutsche Behörden. 1949 wurde die Haftanstalt „Sudenburg“ mit deutlich höheren Kapazitäten eröffnet und „Magdeburg-Neustadt“ wurde ihr unterstellt und zugewiesen. Im Laufe der zunehmenden Zentralisierung in der SBZ und später der „DDR“ war die Haftanstalt nun dem Innenministerium und der „Deutschen Volkspolizei“ unterstellt.7 In den Jahren zwischen 1946 und 1956 beschäftigte die Haftanstalt nahezu ständig 50 Wärter, deren überwiegender Anteil (zeitweise sogar über 40 Personen) Vertreter der „Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“8 waren oder ihr an gehörten, sodass diese die komplette Kontrolle, bis hin zu den Geschehnissen innerhalb des Gefängnisses hatte. Natürlich war der Großteil der Inhaftierten der Nachkriegszeit (hier: 1945-1949) aufgrund typischer „Nachkriegsdelikte“9, wie zum Beispiel kleinerer Diebstähle, Schwarzhandel oder nicht genehmigtem Schlachten10 inhaftiert, doch änderte sich dies bis 1956. Diesen Verlauf zeigt auch Abbildung 211, welche die Verteilung der Delikte der Bewohner der „Sowjetischen Besatzungszone“ und „DDR“ nach verschiedenen Gruppierungen darstellt. Schon in den Jahren 1954/55 waren mehr als die Hälfte der Häftlinge politische Strafgefangene. Diese saßen überwiegend aufgrund des vollkommen überzogenen Strafrechts der „DDR“ ein. So kam es vor, dass sogenannte „Arbeitskriminelle“12 bis zu einem Jahr Haft bekamen, weil sie Zement im Wert von ungefähr 25 Pfennig entwendet hatten.13 Dass unter solchen Bedingungen die Häftlingszahlen stiegen, dürfte nicht überraschen. Auch das Jahr 1953 ist erwähnenswert, da am 17.06., vor dem Hintergrund der Demonstrationen, die Haftanstalt gestürmt wurde und 221 Inhaftierte befreit wurden, zum Teil auch, weil das Volk die unberechtigten Inhaftierungen nicht akzeptierte. Bereits zuvor, im Februar selben Jahres, war die Anstalt mit 314 Strafgefangenen in etwa doppelt überbelegt.14 Den Aufstand konnte die „SED“ bekanntlich mittels sowjetischer Truppen überstehen. Folge dessen war, dass die neu inhaftierten Demonstranten in Haft eine rote Binde oder ähnliches Tragen mussten, sodass sie noch zusätzlich schikaniert wurden.15 Zu sagen ist jedoch, dass die „SED-Führung“, anders als man eventuell vermuten würde, von „Massenverurteilungen“ ab sah, da sie Angst vor weiteren Unruhen hatte und sich darauf beschränkte, demonstrativ verschiedene Menschen zu beschuldigen und zu verurteilen, um an ihnen „ein Exempel zu statuieren“. Meistens konnte die Schuld der Verurteilten (was zum Teil sogar bis zur Todesstrafe führte) nicht nachgewiesen werden und es wurden Schauprozesse veranstaltet, um eine dementsprechende Außenwirkung zu erzielen, wie beim Fall von Ernst Jennrich.16 Aufgrund der Tatsache, dass die Zahl der Inhaftierungen nicht weiter anstieg, kam es vorerst in den Folgejahren von 1953 bis 1956 zu einer Abnahme der Zahl von Häftlingen in „Magdeburg-Neustadt“, sodass diese 1956 fast geschlossen werden konnte, dann jedoch vom „MfS“ übernommen wurde und zur „Untersuchungseinrichtung“17 umgebaut wurde. 1958 wurde eine hohe Zahl von Häftlingen aus der Anstalt „Magdeburg Sudenburg“ nach „Magdeburg-Neustadt“ verlegt und die „UHA I.“18 nahm ihre Arbeit auf.

IV. Das „MfS“ übernimmt. Die „UHA I.“ entsteht.

Vorweg ist zu sagen, dass das „MfS“ sehr akribisch und nahezu in Perfektion „Terror“ in den Untersuchungshaftanstalten zelebrierte. Es wurde rund um die Uhr bewacht und verhört. Dazu brauchte es in der „UHA I.“ natürlich zahlreiche Vernehmer, Wachposten, Offiziere, sogenannte „Läufer“19, Torposten, Spitzel und Mitarbeiter des „MfS“. Um den Aufwand und diese Perfektion erhalten zu können, wurden ständig neue Mitarbeiter ausgebildet. Das „MfS“ hatte sogar eine eigene Hochschule für diese Zwe name="_ftnref20" title="">[19], in welcher unter anderem die Offiziersschüler so ausgebildet wurden, dass sie die Häftlinge als „Verbrecher und Feinde des Friedens und Fortschritts“20 sahen, um kein Mitleid oder Ähnliches für sie empfinden zu können. Sie sollten mit allen Mitteln und aller zur Verfügung stehenden Macht bekämpft werden.21 Die in Potsdam und anderen Orten ausgebildeten Schüler wurden dann unter anderem in den Untersuchungshaftanstalten wie der „UHA I.“ eingesetzt.

[...]


1 Aufzeichnungen für die Fachschulung von Rudolf Wanura, Diensteinheit IX, BStU, Ast. Magdeburg, Abt. XIV, Nr. 576, Bl. 13, in: Möbius, S.: “Grundsätzlich kann von jedem Beschuldigten ein Geständnis erlangt werden.“. Die MfS-Untersuchungshaftanstalt Magdeburg-Neustadt von 1957 bis 1970. 2. überarbeitete Auflage. Magdeburg 2002. S. 100.

2 Möbius, S.: „Grundsätzlich kann von jedem Beschuldigten ein Geständnis erlangt werden.“ S. 21.

3 Müller, K.-D./Stephan, A. [Hrsg.]: Die Vergangenheit lässt uns nicht los. Haftbedingungen politischer Gefangener in der SBZ/DDR und deren gesundheitliche Folgen. Berlin 1998. S. 16.

4 Im Folgenden wird das Maskulinum verwendet. Dies soll dem flüssigeren Lesen dienen und stellt keineswegs eine Diskreditierung oder Diskriminierung des weiblichen Geschlechts dar.

5 Zum flüssigeren Lesen wird im folgenden Text bevorzugt die Abkürzung „DDR“ verwendet.

6 Zum flüssigeren Lesen wird im folgenden Text bevorzugt die Abkürzung „MfS“ verwendet.

7 Karte aus: Lolland, J./Rödiger, F.S. [Hrsg.]: Gesicht zur Wand! Berichte und Protokolle politischer Häftlinge der DDR. Stuttgart 1977, in Müller, K.-D.: Die Vergangenheit lässt uns nicht los. S26.

8 Vgl. Möbius, S.: „Grundsätzlich kann von jedem Beschuldigten ein Geständnis erlangt werden.“ S. 27.

9 Vgl. Ebd. S. 28.

10 Zum flüssigeren Lesen wird im folgenden Text bevorzugt die Abkürzung „SED“ verwendet.

11 Ebd. S. 32.

12 Vgl. ebd. S. 33.

13 Stephan, A./Möbius, S. [Hrsg.]: Erinnern. Forschung, Bildung und die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit politischer Verfolgung in der SBZ/DDR. Berlin 2009. S. 86.

14 Möbius, S.: “Grundsätzlich kann von jedem Beschuldigten ein Geständnis erlangt werden.“ S. 34.

15 Vgl. ebd. S. 34.

16 Vgl. ebd. S. 35f.

17 Vgl. ebd. S. 41.

18 Vgl. ebd. S. 41f.

19 Ebd. S. 45.

20 Ebd. S. 23.

21 Ebd. S. 62.

Details

Seiten
18
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783640848256
ISBN (Paperback)
9783640843848
DOI
10.3239/9783640848256
Dateigröße
1.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dresden – Institut für Geschichte
Erscheinungsdatum
2011 (Februar)
Note
2,0
Schlagworte
DDR MfS Stasi Staatssicherheit Moritzplatz Gedenkstätte Haft Haftbedingungen Gefängnis Untersuchungshaft Geschichte UHA I
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Titel: Gedenkstätte Moritzplatz - Vergangenheit und Gegenwart im ehemaligen MfS-Gefängnis Magdeburg