Energieversorgung und Klimawandel
Prognosen und Wechselwirkungen
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Zielsetzung und Überblick
2. Energieversorgung und Energieprognosen
2.1 Energieversorgung global
2.2 Energieprognosen global
2.2.1 Angebotsorientierte Energieprognosen
2.2.2 Nachfrageorientierte Energieprognosen
3. Klimawandel
3.1 Anthropogener Klimawandel global
3.1.1 Ursachen des Klimawandels
3.1.2 Folgen des Klimawandels
3.2 Regionaler Klimawandel in Deutschland
4. Einflüsse des Klimawandels auf die Energieversorgung
4.1 Einflüsse auf die Energieproduktion
4.2 Einflüsse auf den Energietransport
4.3 Einflüsse auf den Energieverbrauch
4.3.1 Einflüsse auf die Menge
4.3.2 Einflüsse auf die Struktur
5. Synthese und Bewertung
6. Literaturverzeichnis
1. Zielsetzung und Überblick
Der Klimawandel und seine möglichen Folgen sind aus der Tagespresse und dem öffentlichen Bewusstsein nicht mehr wegzudenken. Doch die allgemeinen Erkenntnisse beschränken sich auf globale Phänomene wie Erwärmung und Meeresspiegelanstieg. Lokal sind jedoch extreme Wetterereignisse spürbar, die scheinbar häufiger auftreten und leichter im Bewusstsein haften bleiben als die Wirkungszusammenhänge der Ursachen eines sich ändernden globalen Klimas. Anhand des Schemas in Figur 1 soll zunächst der Energiesektor, danach der Klimawandel und schließlich die Wechselwirkungen (v.a. zwischen den einzelnen „Kettengliedern“ und dem Klimawandel) beleuchtet werden. Die Wechselwirkungen innerhalb des Energiesektors unterliegen eher wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und werden von unterschiedlichen Akteursgruppen (Haushalte, Unternehmen, Staat) beeinflusst. Dies kann jedoch in dieser Arbeit lediglich als bedeutend erwähnt werden.
Unsicherheiten über Art, Ausprägung und Rückkopplung bei den Wechselwirkungen werden durch „trübe“ Filter (in Anlehnung an SCHENK&SCHLIEPHAKE, 2005, S.38) abgebildet und finden sich sowohl in der Mensch-Mensch Beziehung des Marktgeschehens (Angebot, Nachfrage), als auch in der Mensch-Umwelt-Beziehung des Klimawandels wieder. Die Filter resultieren aus Informationsdefiziten und der beschränkten menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit. Gleichzeitig repräsentieren die Filter Forschungsbedarf, der gegenwärtig bspw. bei der Abschätzung regionaler Folgen des globalen Klimawandels besteht.
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Figur 1 : Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und der „Prozesskette“ Energie. Eigene Darstellung.
2. Energieversorgung und Energieprognosen
Fragen zur Versorgung der Menschen mit Energie und der Klimawandel allgemein sind Aspekte, die den Blick unweigerlich auf Prognosen schweifen lassen. Um jedoch Prognosen zum Energieverbrauch (Figur 2) besser zu verstehen, müssen zunächst verschiedene Bereiche der gegenwärtigen Energieversorgung kurz beleuchtet werden. Weniger entwickelte Regionen, die ihren Energiebedarf größtenteils aus Biomasse decken, werden nicht explizit betrachtet. Auf weltweiter Ebene ist hierzu eine Betrachtung geographisch unterschiedlich verteilter Energieressourcen und -reserven, des dadurch und durch unterschiedliche Produktivität entstehenden internationalen Handels mit Energieträgern, der charakteristischen Eigenschaften der Transportmittel und -wege derselben und schließlich des Verbrauchs von Energie auf nationaler und lokaler Ebene nötig. In diesem Umfang ist dies jedoch in dieser Arbeit nicht immer möglich.
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Figur 2 : Entwicklung des Primärenergieverbrauchs (PEV) weltweit,
Quelle: REMPEL, 2007, S.8 © BGR Hannover
2.1 Energieversorgung global
Die Entwicklung des weltweiten Primärenergieverbrauchs (PEV, Figur 2) von 1950 bis 2007 zeigt die wichtigsten Energieträger und ihren Anteil am PEV in Mrd. Tonnen Öläquivalent (TOE) (zu den Prognosen siehe Kap. 2.2). Unter Primärenergieverbrauch versteht man den Verbrauch von Energieträgern (fossil, nuklear, regenerativ) in erster Stufe vor deren technischer Energieumwandlung (vgl. HAAS, et al., 2005, S.430). Auffallend ist, dass sich Erneuerbare Energien (EE) außer Biomasse und Wasserkraft hier nicht wiederfinden und dass letztere zusammen mit der Kernenergie nur geringe Anteile am Gesamtverbrauch verzeichnen, aber dennoch regional von Bedeutung sind. Außerdem können Wasserkraft und Kernenergie lediglich als Stromquelle dienen, wohingegen die Nutzungsformen der fossilen Energieträger breiter sind. Den Großteil des PEV decken nicht-erneuerbare Energierohstoffe zu deren geographischer Verteilung REMPEL (2008) Auskunft gibt. Hierbei handelt es sich um die „fossilen, aus organischer Substanz gebildeten Rohstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle sowie die Kernbrennstoffe Uran und Thorium“ (REMPEL, 2008, S.22). Eine weitere Untergliederung in „konventionelle und nicht-konventionelle Energierohstoffe“ (REMPEL, 2008, S.22) schließt Ölsande, Schwerstöl, Ölschiefer und beispielsweise Gashydrate (vgl. REMPEL, 2008, S.23) mit ein, wobei diese Untergliederung aus höheren Produktionskosten der nicht-konventionellen Rohstoffe herrührt. Für die räumliche Verteilung ist das „Gesamtpotenzial“ als Summe aus Reserven (REMPEL, 2008, S.23), Ressourcen und kumulierter Förderung zu betrachten. Reserven sind hierbei „Lagerstätten, die bereits entdeckt sind und derzeit wirtschaftlich abgebaut werden können – und auch rechtlich zum Abbau freigegeben sind“ (PRESS & SIEVER, 2003, S.596); Ressourcen sind die „weltweit vorhandenen Gesamtmengen eines Rohstoffs, die künftig gewonnen werden können“ (PRESS & SIEVER, 2003, S.596), und die kumulierte Förderung ist die seit Beginn der Förderung eines Rohstoffes geförderte Gesamtmenge bis zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Räumlich sehr ungleichmäßig verteilt ist konventionelles Erdöl und Erdgas, wohingegen Kohle gleichmäßiger verteilt ist. Es ist sogar die Rede von einer „Strategischen Ellipse (…) vom Nahen Osten über den Kaspischen Raum bis nach Nordwest-Sibirien“ (REMPEL, 2008, S. 23 und Abb.3, S.25), um die räumliche Konzentration von über 70% der weltweiten Reserven konventionellen Erdöls zu verdeutlichen. Allerdings ist der Anteil des Nahen Ostens an Reserven und Ressourcen dreimal so groß wie der Anteil der GUS (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten).
Neben dem Umfang und der räumlichen Verteilung der Ressourcen trägt zur Konzentration der Weltreserven auch bei, dass z.B. in Nordamerika bereits über 60% des Gesamtpotenzials gefördert sind (vgl. REMPEL, 2008, S. 23). Als regionales Gegengewicht auf dem amerikanischen Kontinent könnte sich nicht-konventionelles Erdöl (v.a. Ölsande und Schwerstöle) erweisen, obwohl es teurer als konventionelles Erdöl zu gewinnen ist. Bei steigenden Preisen könnte es jedoch ebenfalls wirtschaftlich abgebaut werden (vgl. GERLOFF, 2008, S.42f).
Konventionelles Erdgas hat ein ähnliches Verteilungsmuster wie Erdöl, denn die „Strategische Ellipse“ umfasst auch ca. 69% der Welterdgasreserven (vgl. REMPEL, 2008, S.25), allerdings verbuchen die GUS hier ähnlich große Anteile an Reserven und Ressourcen wie der Nahe Osten. Auch beim Erdgas verbleibt Nordamerika nur noch etwa die Hälfte seines Gesamtpotentials - eine Verknappung, die allerdings intrakontinental durch Substitution mit Kohle gemildert werden könnte oder durch interkontinentalen Handel mit Flüssiggas (vgl. REMPEL, 2008, S.29).
Kohle hingegen ist auf der Erde gleichmäßiger verteilt, jedoch müssen Hart- und Weichkohlen unterschieden werden. Hartkohlen machen über 90% der weltweiten Kohleförderung aus und werden wegen ihres günstigeren Verhältnisses von Energiegehalt zu Transportkosten weltweit gehandelt (vgl. REMPEL, 2008, S.24ff). Weichkohlen werden v.a. zur Stromproduktion in der Nähe der Förderstandorte genutzt (z.B. Rheinisches Braunkohlenrevier, vgl. MICHAEL, 2008, S.50f).
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Figur 3 : Handel mit Energierohstoffen nach Regionen. Datenquelle: Rempel, 2007, Tabellen 12,13,19,20,26,27.
Erdöl = Rohöl, Kohle = Hartkohle (Steinkohle, Anthrazit, Hartbraunkohlen mit Energiegehalt >16500kj/kg)
Uran wiederum ist ungleichmäßiger verteilt, wobei über 80% der Weltreserven in den Ländern Australien, Kanada, Kasachstan, Brasilien und Südafrika vorkommen (vgl. REMPEL, 2007, S.27). Die Ressourcen der uranreichen Regionen (USA, Südafrika, Kasachstan, Russland, Mongolei, Kanada, Australien, Brasilien) betragen mindestens 75% des Gesamtpotenzials, wohingegen in Europa, das nur ca. 3% der Ressourcen und ca. 0,1% der Reserven aufweist, bereits die Hälfte seines Gesamtpotenzials gefördert wurde (vgl. REMPEL, 2007, S.78f). Trotzdem hat Europa einen Anteil am weltweiten Uranverbrauch von 35% (vgl. REMPEL, 2007, S.81), der nur durch Energieimporte zustande kommen kann und somit die Bedeutung des Handels mit Energierohstoffen und die Importabhängigkeit Europas illustriert.
Über den Handelsumfang von Erdöl, Erdgas und Kohle und dessen regionale Verteilung gibt Figur 3 Auskunft. Die Ländergruppen sind Lateinamerika, Nordamerika, Austral-Asien, Naher Osten, Afrika, GUS und Europa. Wegen dieses kleinen Maßstabs exportierten und importierten die Regionen gleichzeitig den gleichen Rohstoff, was in der Graphik durch negative Werte für Import und positive Werte für Export dargestellt ist. Betrachtet man die Handelsbilanz (Differenz von Export und Import) werden die Quellen und Ziele des internationalen Handels zumindest kleinmaßstäbig sichtbar: Europa importierte die gesamten Rohstoffe, während die GUS-Staaten, Afrika, der Nahe Osten und Lateinamerika alle drei Rohstoffe exportierten. Die Länder der Region Austral-Asien importierten vorwiegend Erdöl und Erdgas, wobei Kohle in diesem Maßstab eine auf hohem Handelsvolumen ausgeglichene Bilanz aufweist. Dies ist dadurch zu erklären, dass Australien und Indonesien sehr viel Kohle aus der Region exportierten, während Japan, Korea, Taiwan, Indien und China sehr viel Kohle in die Region importierten (vgl. REMPEL, 2007, Tab.26&27). Die Region Nordamerika importierte vorwiegend Erdöl und Erdgas und zeigte einen leichten Exportüberschuss bei Kohle.
Nicht direkt auf künftige Handelsströme, jedoch auf mögliche künftige regionale Anteile an der Weltproduktion der Rohstoffe, wird in Kapitel 2.2 eingegangen. Die Transportmittel und -wege können in dieser Arbeit leider nicht näher betrachtet werden.
Die Verteilung Erneuerbarer Energien muss anders betrachtet werden, denn wegen ihrer Vielfalt können einzelne Varianten (z.B. Wasserkraft) durchaus sehr ungleich verteilt sein, in ihrer Gesamtheit kann man sie aber dennoch als „heimische“ – also gleichmäßiger verteilte - Energieträger bezeichnen (vgl. HENNICKE, 2007, S.13). Mit Blick auf Aspekte des Klimawandels leisten sie einen essentiellen Beitrag, denn sie vermeiden CO2-Emissionen. Jedoch kann Energieversorgung nicht allein dahingegen beurteilt werden, sondern muss auch nach Aspekten wie bedarfsgerechter Versorgung, Versorgungssicherheit oder Wettbewerbsfähigkeit untersucht werden (vgl. HENNICKE, 2007, S.12).
Figur 4 zeigt die verschiedenen Arten und Nutzungsformen regenerativer Energien, die sicherlich in ihrem Potential zwischen verschiedenen Standorten differieren, allerdings nur in Kombination Risiken der Versorgungssicherheit minimieren können.
Das Beispiel Windenergie in Deutschland zeigt, dass eine Standortkonzentration von Windkraftanlagen im hierfür günstigen Norden weniger Versorgungssicherheit bietet, als ein flächenhafter Ausbau auch in ungünstigeren Gebieten (vgl. JÄGER, 2008, S.5).
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Figur 4 : Art und Nutzungsformen Erneuerbarer Energien. Quelle: Nach Hennicke, 2007, S.30
2.2 Energieprognosen global
2.2.1 Angebotsorientierte Energieprognosen
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Nach der Betrachtung der aktuellen Gegebenheiten bei der Energieversorgung kann nun ein Blick auf mögliche, künftige Entwicklungen geworfen werden. Dies soll aus dem Blickwinkel Nordamerikas und der Europäischen Union stellvertretend geschehen durch den „International Energy Outlook 2008“ der amerikanischen Energiebehörde EIA und die „European Energy and Transport Trends to 2030“ der Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission.
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Figur 5: Weltölpreise in Preisszenarien.
Quelle: EIA, 2008, S.18
Hauptdeterminanten und somit gleichzeitig Hauptquellen von Unsicherheiten bei Hochrechnungen sind bei den IEO2008-Prognosen die makroökonomischen Entwicklungen, Preisentwicklungen beim Erdöl und Wandel bei der Energieintensität von Volkswirtschaften (vgl. EIA, 2008, S.17ff). Mit Energieintensität wird das Verhältnis von Primärenergieverbrauch und Bruttoinlandsprodukt bezeichnet, d.h. sinkende Energieintensität zeigt Fortschritte bei der Energieeffizienz und/oder sektoralen Wandel der BIP-Anteile an (vgl. CAPROS, 2008, S.12). Um alternative Entwicklungspfade in den Rechnungen zu berücksichtigen, wurden verschiedene Szenarien neben einem sogenannten Referenzszenario generiert. Bei der wirtschaftlichen Entwicklung ist dies ein Szenario mit hohem und eines mit geringem Wachstum, wobei jeweils 0,5% zu dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Referenzszenarios addiert bzw. davon subtrahiert wird. Die Preisszenarien bewegen sich zwischen hohen und geringen künftigen Preisen von Erdöl (Nominalpreise 2005, s. Figur 5). Mit der Berücksichtigung der Energieintensität wird der Tatsache Rechnung getragen, dass mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung der Anteil der Ausgaben für Industrieenergieverbrauch am BIP abnehmen und eher der Tertiäre Sektor an Bedeutung gewinnen kann (vgl. HENNICKE, 2007, S.110).
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Figur 6 : Historischer Welt-Ölpreis. Datenquelle: http://tonto.eia.doe.gov/dnav/pet/hist/wtotworldw.htm
Bis 2008 nicht berücksichtigt werden konnten der Rohstoffpreisverfall (Figur 6) und die aktuelle weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise - beides Aspekte, die in den IEO2008-Prognosen zu den Hauptdeterminanten gehören. Der Preisverfall beim Erdöl seit Mitte 2008 bis Anfang 2009 (s. Figur 6) unterbietet sogar das Niedrigpreisszenario des IEO2008. Dies hat jedoch nur einen geringen Effekt auf den absoluten Energieverbrauch zum Ende des Prognosezeitraums 2030, einen großen Effekt jedoch auf den „Energiemix“ (EIA, 2008, S.18). Flüssigbrennstoffe (Erdöl, Ethanol, Biodiesel, verflüssigte Kohle, verflüssigtes Gas, Flüssigwasserstoff und auch Erdölkoks, vgl. EIA, 2008, S.1), Kohle, Erdgas, Erneuerbare Energien und Kernenergie können zum Teil untereinander substituiert werden. Ein wichtiger Faktor hierfür ist der Preis der einzelnen Energieträger. Von der Höhe des Ölpreises beispielsweise wird zum einen der künftige Umfang der Produktion nicht-konventioneller Flüssigbrennstoffe erheblich mitbestimmt. Figur 7 macht die Produktionsschwankungen deutlich, die durch abweichende Ölpreisentwicklungen vom Referenzszenario entstehen können. Zum anderen bestimmt der Ölpreis die Substitution von Öl durch die übrigen Energieträger.
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