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Zur Notwendigkeit von Frauenhäusern

©2009 Hausarbeit 25 Seiten

Zusammenfassung

Ziel dieser Arbeit ist, Gründe aufzuzeigen, warum Frauenhäuser auch heute so wie in Zukunft einen wichtigen und unverzichtbaren Bereich im sozialen Sektor darstellen.
Dazu wird die Arbeit in zwei Teile gegliedert. Teil I befasst sich mit zentralen Begriffen und Definitionen sowie dem geschichtlichem Hintergrund der Frauenbewegungen und der damit im Zusammenhang stehenden Entstehung von Frauenhäusern.

Der zweite Teil bezieht sich auf die zentralen Aufgaben, die Frauenhäusern heute zu Grunde liegen sowie auf theoretische und empirische Erkenntnisse im Bereich der häuslichen Gewalt. Daraus ergeben sich Gründe für die Existenzberechtigung und Notwendigkeit von Frauenhäusern.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Teil I
2.1 Klärung zentraler Begriffe
2.1.1 Häusliche Gewalt
2.1.2 Frauenbewegung
2.1.3 Frauenhäuser
2.2 Ein Exkurs durch die Geschichte der Frauenbewegung
2.3 Die Entstehung von Frauenhäusern: „Das private ist politisch!“

3 Teil II
3.1 Aufgaben und Angebote der Frauenhäuser
3.1.1 Krisenintervention
3.1.2 Beratung
3.1.3 Öffentlichkeitsarbeit
3.1.4 Prävention
3.2 Die Notwendigkeit von Frauenhäusern anhand empirischer Daten
3.3 Ein Exkurs zu männlichen Gewaltwiderfahrnissen

4 Diskussion und Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Diese Arbeit ist ausgehend von dem Modul SP-13b „Handlungs- und Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit“ entstanden.

Ausschlaggebend für die Wahl des Themas war die aktuelle Debatte um die Finanzie­rung der Frauenhäuser und besonders die Äußerungen des Soziologen Gerhard Amendt, der die Meinung vertritt, dass Frauenhäuser „Horte des Männerhasses“ seien. Er unterstellt den Frauenhäusern, dass sie eine Ideologie verfolgen, in der nur Männer Täter und Frauen Opfer sind. Statt Frauenhäusern fordert Amendt nun von ihm so ge­nannte „Familienhäuser“, in der die ganze, von der Gewalt betroffene Familie, betreut werden soll (Amendt, 2009).

Die Forderung nach „Familienberatungsstellen, die in den intergenerationellen Zyklus der Weitergabe von Gewalt am Ort seiner Entstehung erfolgreich eingreifen können“ (Amendt, 2009), erscheint gut gemeint, aber auch etwas naiv. Denn, wie sollen Bera­tungsstellen eingreifen, wenn sich niemand an sie wendet, da die Einsicht in das Prob­lem von Seiten der Täterinnen meist völlig fehlt.

Es ist nicht die Aufgabe der Frauenhäuser, die Frauen gegen ihre Männer (oder Männer im Allgemeinen) aufzuhetzen und sie zum „Feind“ zu erklären, wie Amendt meint, son­dern ihnen und ihren Kindern, vor einem Gewalt ausübenden Partner Schutz und Si­cherheit zu bieten. Das Prinzip der Parteilichkeit (Konzeption der Frauenhäuser der Ar­beiterwohlfahrt, 2009) bedeutet u.a. die „Akzeptanz und Unterstützung des Selbstbe­stimmungsrechtes der Frau“, d.h. dass jede Entscheidung, auch die zum gewalttätigen Partner zurückzugehen, voll und ganz akzeptiert wird. Die Mitarbeiterinnen nehmen keinen Einfluss auf die Entscheidungen oder Handlungen der Frau, sondern versuchen sie im Entscheidungsprozess zu unterstützen (Konzeption der Frauenhäuser der Arbei­terwohlfahrt, 2009). Dies steht im Widerspruch zu der Behauptung Amendts, Frauen­häuser entzögen sich jeglicher Professionalität (Amendt 2009).

Auch die Zahlen sprechen für sich: Jährlich flüchten 20.000 Frauen vor ihren Partnern in die bundesweit 400 Frauenhäuser (Offener Brief der Frauenhauskoordinierungsstelle 2009).

Ziel dieser Arbeit ist, Gründe aufzuzeigen, warum Frauenhäuser auch heute so wie in Zukunft einen wichtigen und unverzichtbaren Bereich im sozialen Sektor darstellen.

Dazu wird die Arbeit in zwei Teile gegliedert. Teil I befasst sich mit zentralen Begriffen und Definitionen sowie dem geschichtlichem Hintergrund der Frauenbewegungen und derdamit im Zusammenhang stehenden Entstehung von Frauenhäusern.

Der zweite Teil bezieht sich auf die zentralen Aufgaben, die Frauenhäusern heute zu Grunde liegen sowie auf theoretische und empirische Erkenntnisse im Bereich der häuslichen Gewalt. Daraus ergeben sich Gründe für die Existenzberechtigung und Not­wendigkeit von Frauenhäusern.

2 Teil I

2.1 Klärung zentraler Begriffe

Es folgen nun die Definitionen zentraler Begriffe, welche für diese Arbeit von besonde­rer Bedeutung sind. Diese wären zum einen was Frauenhäuser sind, wie Gewalt defi­niert wird und welche Arten von Gewalt unterschieden werden, und zum anderen was unter einer (Frauen-)Bewegung zu verstehen ist.

2.1.1 Häusliche Gewalt

Der Begriff der „häuslichen Gewalt“ umfasst die Gewalt zwischen Erwachsenen in na­hen Angehörigenverhältnissen. Oft wird häusliche Gewalt mit „Partnerschaftsgewalt“ gleichgesetzt und man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Gewalt in Paarbe­ziehungen“. Diese drei Begriffe werden synonym verwendet. Allerdings besteht bun­desweit keine einheitliche Definition des Begriffes (Koordinierungsstelle gegen häusli­che Gewalt et. al. 2008, S. 11).

Erscheinungsformen von häuslicher Gewalt sind die körperliche, die psychische und die sexuelle Gewalt. Körperliche Gewalt kann in verschiedenen Schweregraden bestehen und reicht „vom wütenden Wegschubsen über Fausthiebe, Tritte oder Verbrühen bis hin zum Waffeneinsatz oder sogar Tötung (...)“ (ebd.). Kategorien psychischer Gewalt sind „Kontrolle, (extreme) Eifersucht, verbale Aggression, Demütigungen, Drohungen und Dominanz“ (ebd.).

Die vorliegende Definition der sexuellen Gewalt orientiert sich am Strafrecht und um­fasst Vergewaltigung sowie sexuelle Nötigung, also „mit Gewalt oder Drohung erzwun­gene sexuelle Handlungen (...)“ (ebd.).

Die Trennungsphase ist besonders riskant, denn in vielen Fällen eskaliert die körperli­che Gewalt oder tritt überhaupt erst während der Trennung auf. Als Beispiel sei ange­führt, dass die Tötungsrate in dieser Zeit auf das fünffache steigt (ebd.).

In einigen Kulturen ist die häusliche Gewalt gesellschaftlich anerkannt und legalisiert. Ein aktuelles Beispiel ist Afghanistan: Präsident Hamid Krasai hat ein Gesetz verab­schiedet, in dem die Vergewaltigung in der Ehe praktisch legalisiert wird. In dem um­strittenen Artikel 132 heißt es: "Solange der Mann nicht auf Reisen ist, hat er jede vierte Nacht das Recht auf Geschlechtsverkehr mit seiner Frau.", und weiter heißt es "Außer wenn die Frau krank ist oder irgendeine Krankheit hat, die sich bei Geschlechtsverkehr verschlimmert, ist die Frau verpflichtet, den sexuellen Bedürfnissen ihres Mannes eine positive Antwort zu geben.“. (WELT Online 2009). Dies ist nur ein Beispiel unter vielen, wie versucht wird, Gewalt gegen Frauen kulturell zu legitimieren.

2.1.2 Frauenbewegung

Die Frauenbewegung ist die „politische und soziale Bewegung von Frauen zum Kampf gegen Diskriminierung und Unterdrückung der Frau in allen Lebensbereichen. Sie steht im Zusammenhang mit verschiedenen politischen Strömungen der Kritik an bestehen­den gesellschaftlichen Verhältnissen, wobei sie die Lage der Frau besonders betont. Die Frauenbewegung ist ein historisches und internationales Phänomen; ihre Phasen werden unterschieden in „alte“ und „neue“ Frauenbewegung“ (Simmel-Joachim 2007, S. 339f). Punkt 2 gibt einen kursorischen Überblick über die Frauenbewegung seit der Französischen Revolution.

2.1.3 Frauenhäuser

Frauenhäuser bieten in erster Linie Zuflucht und Schutz für Frauen und ihre Kinder, die von körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt, sowie vor ökonomischer Ausbeu­tung betroffen und/oder bedroht sind. Neben dem Schutzraum erfahren die Frauen Kri­senintervention, Beratung und Unterstützung von den Mitarbeiterinnen sowie von Koo­perationspartnerinnen, um in Zukunft ein Leben ohne Gewalt führen zu können. Ziel­gruppe der Frauenhäuser sind alle Frauen, ungeachtet ihrer sozialen, ökonomischen oder kulturellen Herkunft[1]. Frauenhäuser sind generell 24 Stunden am Tag und 365 Ta­ge im Jahr erreichbar. Die Finanzierung ist nicht einheitlich für alle Frauenhäuser gere­gelt. Misch- und Tagessatzfinanzierung mit einer Kostenbeteiligung der Nutzerinnen sind die Regel, und es besteht keine gesicherte öffentliche Finanzierung (Wieners 2007, S. 342).

2.2 Ein Exkurs durch die Geschichte der Frauenbewegung

Eine lange Zeit galten Frauen als von Natur aus „anders“ und „schlechter“ als Männer. Frauen wurden entrechtet und diskriminiert, und diese Diskriminierung galt als gottge­geben und normal. Zu jeder Zeit versuchten Frauen, ihre Stimme für gleiche Rechte zu erheben, was jedoch erst im Zuge der Industrialisierung auf die Art und Weise gelang, dass man ihnen auch zuhörte (Hervé 1988, S. 12).

Spätestens zu den Zeiten der Französischen Revolution (1789-1799), deren Schlagwor­te Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit lauteten, konnte man also von einer ersten „Frauenbewegung“ sprechen. Frauen setzten sich für eine bessere Lebenssituation ein und kämpften von nun an für ihre Rechte (Hervé 1988, S. 17). Vorreiterin in Frankreich war Olympe de Gouges (1789), in England war es Mary Wollestonecraft (1792), die alle bürgerlichen Freiheiten für die Frauen forderte. (Simmel-Joachim 2007, S. 340). Die Februarrevolution in Frankreich (1848) gab der Frauenbewegung einen Aufschwung und im März des selben Jahres machte sich diese revolutionäre Bewegung auch in Deutschland, vor allem in Form von Frauenpublizistik und Frauenliteratur, sowie im Kampf für eine bessere Lebenssituation für Arbeiterinnen bemerkbar (Hervé 1988, S. 17). Auch 1848 proklamierten Frauen in den USA in der „Declaration of Sentiments“ die volle Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts parallel zur Unabhängigkeitserklä­rung. In Deutschland gründete Luise Otto-Peters die erste „Frauen-Zeitung“, die sich vor allem für das Recht der Frau auf eine Berufsausbildung einsetzte. Der Unterschied zu den Frauenbewegungen in anderen Ländern bestand darin, dass die deutsche sich mehr als Bildungsbewegung zur Weckung der weiblichen Kräfte im Dienste der Nation verstand. Ihre Ideologie wurde stark von der romantischen Philosophie und der bürger­lichen Aufklärung beeinflusst. Diese beinhaltet die Vorstellung von der angeborenen Gegensätzlichkeit von Mann und Frau, und es galt die besonderen Wesenseigenschaf­ten der Frau zu nutzen. Dies war entscheidend für die Entwicklung neuer sozialer Beru­fe, die vor allem von Frauen ausgeübt wurden (Simmel-Joachim 2007, S. 340). Anfang des 19. Jahrhunderts wurden in Deutschland zahlreiche Frauenvereine gegründet, und Frauen begannen sich in das politische Geschehen einzumischen (Vahsen 2008, S. 1f). 1901 hatten sich ca. 70 000 Frauen im Bund deutscher Frauenvereine (BdF) zu­sammengeschlossen, und 1914 engagierten sich, zusammen mit den Mitgliedern eini­ger konfessionellen Verbände, ca. 250 000 Frauen im BdF (Wurms 1988, S. 41). Ein weiterer Verein war „Frauenwohl“, gegründet 1888 in Berlin, der sich von einem ge­meinnützigen Verein zu einem Frauenrechtsverein entwickelte. Dabei standen die „ethi­sche Kultur“ und ein Bezug zum radikalen Liberalismus im Vordergrund (Wurms 1988, S. 58f). Im Ersten Weltkrieg organisierte sich die bürgerliche Frauenbewegung für die Arbeit in der Kriegsfürsorge. Die sozialistische, kommunistische und proletarisch orien­tierte Frauenbewegung gründete eine internationale Kampagne von Frauen gegen den Krieg (Simmel-Joachim 2007, S. 340).

Während der weiteren Entwicklung der Frauenbewegungen über Jahrhunderte hinweg, gab es zahlreiche Rückschläge, beispielsweise durch den Ersten Weltkrieg und die menschenverachtende Politik des Dritten Reiches, sowie auch durch den folgenden Zweiten Weltkrieg. Das zu Zeiten der Weimarer Republik eingeführte Frauenwahlrecht war zwar ein Erfolg (90% Wahlbeteiligung im Januar 1919), der Frauenrechtsbewegung fehlte esjedoch an Nachwuchs, und die alles zerstörende Diktatur mit ihrem „traditionel­len“ Frauenbild rückte immer näher (Schüler 2008, S. 2). Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler (1933) mussten sich alle Einrichtungen und Organisationen gleichschalten lassen; taten sie dies nicht, so wurden sie aufgelöst oder verboten. Schon 1921 wurden Frauen systematisch aus Politik und Parteien ausgeschlossen (Wagner 2008, S. 2).

Nach der Befreiung Deutschlands erholte sich die Frauenbewegung schnell wieder. Frauen waren maßgeblich am Wiederaufbau beteiligt. Ein Nachteil, den zwei Weltkriege mit sich brachten, war die „Rückbesinnung“ auf starre Geschlechterrollen: Es wurde von einer angeblichen „Normalisierung“ der Lebensverhältnisse gesprochen, bei der die Ehe und die Kernfamilie als das vorherrschende Leitbild galten (Gerhard 2008, S.3). Para­dox erscheint es daher, dass gerade zu dieser Zeit der „Re-Familialisierung“, nämlich im Jahre 1949, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes verankert wurde. Sie trat allerdings erst fast 10 Jahre später in Kraft. So fanden die privatrechtliche Gleichberechtigung sowie die Reform des Fami­lienrechts, bereits 1924 angesprochen, erst im Jahre 1957 durch das erste Gleichbe­rechtigungsgesetz ihren Niederschlag. Eingelöst wurde diese Reform aber tatsächlich erst 1977. Diese lange Verzögerung lag vermutlich an der Befürchtung, es könne ein „Rechtschaos“ entstehen, wenn das Familienrecht und somit die starren, patriarchali­schen Ideale verändert werden (Gerhard 2008, S.4). Ein weiteres, für Frauen sehr re­pressives Gesetz, besagte noch bis 1958, dass sie nur mit Erlaubnis des Ehemannes einer Erwerbstätigkeit nachgehen durften. Der Ehemann besaß in allen Erziehungs­und Familienangelegenheiten das alleinige Entscheidungsrecht.

[...]


[1] Je nach Aufenthaltsstatus von Migrantinnen, kann jedoch nicht jede Frau in jedes Frauenhaus, sondern muss sich an den Auflagen des Gesetzgebers orientieren.

Details

Seiten
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783640885930
ISBN (Paperback)
9783640885473
DOI
10.3239/9783640885930
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes
Erscheinungsdatum
2011 (April)
Schlagworte
notwendigkeit frauenhäusern
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Titel: Zur Notwendigkeit von Frauenhäusern