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Möglichkeiten und Grenzen politischer Bildung in der Arbeit gegen Rechtsextremismus

©2010 Hausarbeit (Hauptseminar) 25 Seiten

Zusammenfassung

„Rechtsextremismus ist ein gesellschaftliches Problem, das [...] mit präventiven Maßnahmen […] bekämpft werden muss“ (zit. FDP-Fraktion des Deutscher Bundestags 2009: 1). So ist der Beginn einer kleinen Anfrage der FDP-Fraktion vom 9. Februar 2009 im Deutschen Bundestag formuliert, die Präventions- und Ausstiegsprogramme aus dem Rechtsextremismus thematisiert. Hierin zeigt sich, dass das Problem des Rechtsextremismus mitten in der Gesellschaft sowohl vorhanden ist, als auch als solches erkannt wird.

Einen großen Teil der Maßnahmen, die sich präventiv mit der Problematik und Lösungsansätzen beschäftigen, sind die pädagogischen Strategien und Programme gegen Rechtsextremismus aus. Einen Teil dieser Arbeit wiederum nimmt die politische Bildung ein. Diese geht davon aus, dass jeder Mensch durch soziale Beziehungen in Gesellschaft und Staat eingebunden ist und während seiner politischen Sozialisation eigene Positionen und dezidierte Einstellungen zu seinem politischen Umfeld entwickelt (Mickel 2007: 422). Durch verschiedene Methoden und Ansätze kann Einfluss auf die Sozialisation des Menschen genommen werden. Eben hierin besteht die Möglichkeit der politischen Bildung bei der Arbeit gegen Rechtsextremismus.
Da sich das Selbstverständnis politischer Bildung seit den Anfängen der Bundesrepublik Deutschland jedoch immer wieder gewandelt hat und erst in der Konferenz von Beutelsbach einen Minimalkonsens gefunden wurde, existiert ein gewisser Spielraum, in dem sich politische Bildung in ihrer Arbeit gegen Rechtsextremismus bewegen kann, aber auch muss. Die Frage, die in dieser Arbeit untersucht werden soll, ist also worin genau diese Möglichkeiten aber auch Grenzen der politischen Bildung in ihrer Arbeit gegen Rechtsextremismus liegen.
Nach der Erläuterung des theoretischen hintergrundes wird der politikdidaktisch normative Rahmen vorgestellt, in dem sich jede Form der politischen Bildung bewegen soll. Im weiteren Verlauf werden konkrete Möglichkeiten vorgestellt, die die Politische Bildung in ihrer Arbeit gegen Rechtsextremismus hat. Diese sollen alle unter den erwähnten normativen Forderungen betrachtet werden. Weiterhin werden die Grenzen betrachtet, an welche die politische Bildung in ihrer Arbeit stößt und die überwunden werden müssen.
Zum Abschluss soll ein bewertender Überblick über die Möglichkeiten und Grenzen geschaffen und auch ein Ausblick über die Zukunft der politischen Bildung im Hinblick auf die Arbeit gegen Rechtsextremismus gegeben werden.

Leseprobe

Gliederung

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen

3. Selbstverständnis von politischer Bildung

4. Möglichkeiten politischer Bildung gegen Rechtsextremismus
4.1 Historisch politische Aufklärung
4.2 Aufklärung zur aktuellen Politik
4.3 Menschenrechtspädagogik
4.4 Stärkung von demokratischen Strukturen

5. Methodische Zugänge

6. Grenzen politischer Bildung gegen Rechtsextremismus
6.1 Erreichen der Zielgruppen
6.2 Strukturen der Lernorganisationen
6.3 Fehlende Anregung von Bildungsprozessen beim kognitvem Lernen
6.4 Tiefe Verankerung von Vorurteilen

7. Schlussbetrachtung und Bewertung

Literatur

1. Einleitung

„Rechtsextremismus ist ein gesellschaftliches Problem, das [...] mit präventiven Maßnahmen […] bekämpft werden muss“ (zit. Deutscher Bundestag 2009: 1). So ist der Beginn einer kleinen Anfrage der FDP- Fraktion vom 9. Februar 2009 im Deutschen Bundestag formuliert, die Präventions- und Ausstiegsprogramme aus dem Rechtsextremismus thematisiert. Hierin zeigt sich, dass das Problem des Rechtsextremismus mitten in der Gesellschaft sowohl vorhanden ist, als auch als solches erkannt wird. Neben Programmen, die den Ausstieg aus dem Rechtsextremismus unterstützen gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, die präventiv unternommen werden können, um Rechtsextremismus zu unterdrücken, bzw. erst gar nicht aufkommen zu lassen.

Einen großen Teil dieser präventiven Maßnahmen machen die pädagogischen Strategien und Programme gegen Rechtsextremismus aus. Einen Teil dieser Arbeit wiederum nimmt die politische Bildung ein. Diese geht davon aus, dass jeder Mensch durch soziale Beziehungen in Gesellschaft und Staat eingebunden ist und während seiner politischen Sozialisation eigene Positionen und dezidierte Einstellungen zu seinem politischen Umfeld entwickelt (Mickel 2007: 422). Durch verschiedene Methoden und Ansätze kann Einfluss auf die Sozialisation des Menschen genommen werden. Eben hierin besteht die Möglichkeit der politischen Bildung bei der Arbeit gegen Rechtsextremismus.

Da sich das Selbstverständnis politischer Bildung seit den Anfängen der Bundesrepublik Deutschland jedoch immer wieder gewandelt hat und erst in der Konferenz von Beutelsbach einen Minimalkonsens gefunden wurde, existiert ein gewisser Spielraum, in dem sich politische Bildung in ihrer Arbeit gegen Rechtsextremismus bewegen kann, aber auch muss. Die Frage, die in dieser Arbeit untersucht werden soll, ist also worin genau diese Möglichkeiten aber auch Grenzen der politischen Bildung in ihrer Arbeit gegen Rechtsextremismus liegen.

Dazu wird zunächst sehr kurz der theoretische Hintergrund zum Rechtsextremismus erläutert, da ein einheitliches Verständnis des teils mehrdeutig gebrauchten Begriffs nötig ist. Im Folgenden wird der politikdidaktisch normative Rahmen vorgestellt, in dem sich jede Form der politischen Bildung bewegen soll. Im weiteren Verlauf werden konkrete Möglichkeiten vorgestellt, die die Politische Bildung in ihrer Arbeit gegen Rechtsextremismus hat. Diese sollen alle unter den erwähnten normativen Forderungen betrachtet werden, die an die politische Bildung gestellt werden. Weiterhin werden konkrete methodisch-didaktische Zugänge vorgestellt, mit denen eine praktische Arbeit am Thema möglich ist. Im weiteren Verlauf werden die Grenzen betrachtet, an welche die politische Bildung in ihrer Arbeit stößt und die überwunden werden müssen.

Zum Abschluss soll ein bewertender Überblick über die Möglichkeiten und Grenzen geschaffen und auch ein Ausblick über die Zukunft der politischen Bildung im Hinblick auf die Arbeit gegen Rechtsextremismus gegeben werden.

2. Theoretische Grundlagen

Um sich mit Mitteln und Strategien gegen Rechtsextremismus auseinan- derzusetzen ist eine vorherige Klärung des Begriffes zwingen notwendig, da es sich um ein vielschichtiges Phänomen handelt. Der Begriff „Rechts- extremismus“ wird in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik äußerst unter- schiedlich diskutiert und definiert (vgl. Rieker 2009: 11f.).

Neben der Makro- und Mesoebene (auf die nicht näher eingegangen wer- den kann) ist für die vorliegende Arbeit ist die Mikroebene von Bedeutung. Auf dieser wird Rechtsextremismus als Einstellungssyndrom und der Bür- ger als Individuum, der Teil einer Gruppe ist, betrachtet.

Der Begriff „Rechtsextremismus“ hat sich in den letzten Jahren als Sam- melbegriff für „politische und soziale Orientierungs- und Handlunsweisen etabliert, die sich gegen Demokratie und Rechtsstaat, ethnisch-kulturelle Vielfalt und Toleranz sowie die kritische Auseinandersetzung mit dem Na- tionalsozialismus richten“ entwickelt (zit. Rieker 2009: 12).

Rechtsextremismus auf der Einstellungsebene besteht also aus verschie- denen Aspekten. Diese sind unter anderem die Verherrlichung und ideali- sierte Aufrechterhaltung der Ziele des historischen Nationalsozialismus, klare antipluralistische Argumentationen, Fremdenfeindlichkeit und über- steigerter Nationalismus. Aus diesen bildet sich (auf der Einstellungsebe- ne!) in einer Schnittmenge das, was als Rechtsextremismus zu bezeich- nen ist.

Durch diese wiederum können auf der Handlungsebene beim Individuum Verhaltensweisen, wie gewaltsame und rechtsextrem bedingte Auseinan- dersetzungen, Mitgliedschaften in einschlägigen Parteien, Gruppierungen und Verbänden oder schlicht die Wahl von rechtsextremen Parteien ent- stehen.

3. Selbstverständnis von politischer Bildung

Politische Bildung in der Bundesrepublik Deutschland hat sich in den letzten 60 Jahren grundlegend verändert (vgl. Rieker 2009 49). In den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg handelte es sich noch mehr um eine klassische „Mission“ der Alliierten, bei der die politische Bildung als Instrument genutzt wurde, um die gesellschaftlichen Zustände in Deutschland in eine vorgegebene und bessere Richtung zu lenken (vgl. Sander 2005: 16). Dies Art der politischen Bildung impliziert zwar bereits eine Arbeit gegen rechtsextreme Tendenzen, geht jedoch von einem gänzlich anderen Grundverständnis aus, wie es die politische Bildung heute tut. Grund dafür ist die Weiterentwicklung während der nächsten Jahrzehnte. Nachdem zunächst eine Professionalisierung1 der politischen Bildung im Vordergrund stand, wurde der Forderung nach einem Konsens, „was politische Bildung sein soll und was nicht“ in der Fachtagung der Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg in Beutelsbach im Jahre 1976 genüge getan. Es haben sich drei grundsätzliche, wenn auch sehr vage und minimale Gebote, bzw. Verbote festhalten lassen, in denen die Möglichkeiten aber auch die Grenzen von politischer Bildung definiert sind. Neben dem Subjektbezug und dem Kontroversitätsgebot ist Insbesondere folgender Aspekt ist für die weiteren Überlegungen von großer Bedeutung. Es handelt sich um das Überwältigungsverbot (vgl. Sander 2005: 18) Es besagt, dass Schüler nicht von einer politischen Meinung überwältigt werden dürfen , sondern sich selbstständig ein Urteil bilden sollen. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich nicht um politische Bildung, sondern um Indoktrination.

Schiele (1996: 2) geht in seinen Aussagen so weit, dass er jeder Form von politischen Bildung ihre Berechtigung abspricht wenn sie sich nicht an dieses grundsätzliche Gebot hält. Er sieht in diesem eine praktische Umsetzung von Artikel 1, Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Wird der Schüler in der politischen Bildung nicht als ein Subjekt des pädagogischen Prozesses betrachtet, in dem er seine eigene Einstellung finden muss, so wird gegen diesen elementaren Grundsatz unserer Demokratie verstoßen und es handelt sich um politische Instrumentalisierung.

Diese sehr konsequente Darstellung von Schiele ist durchaus nachvollziehbar, wenn auch bis ins äußere gefolgert. Aber selbst wenn nicht direkt von einer Verletzung der Grundrechte gesprochen wird, handelt es sich beim Überwältigungsverbot um eine Grundlage, die die Vorstellung von politischer Bildung mit am stärksten geprägt hat.

Politische Bildung in ihrem Grundverständnis ist also ein biograpischer ergebnisoffener Prozess, der in der Selbstverantwortung des Schülers liegt (vgl. Kohlstruck 2001:3). Das Dilemma, welches sich auf den ersten Blick entwickelt ist, dass es sich bei Arbeit gegen Rechtsextremismus nicht um eine solch offene handelt, wie Bildung in allgemein fordert. Im Gegenteil, ohne tiefer in die Konzeptionen der Ansätze einzusteigen ist das implizite Ziel deutlich: Die pädagogischen Subjekte, also Schüler, mit denen gearbeitet wird, sollen vom Rechtsextremismus abgehalten werden. Noch deutlicher wird es beim aus der anderen Sicht: Konzepte der politischen Bildung gegen Rechtsextremismus würden eindeutig als gescheitert gelten, wenn die Schüler nach dem Prozess des Lernens ihre Position zum Rechtsextremismus gewandt hätten, indem sie während ihrer (Aus-)Bildung die Aspekte zugunsten des rechten Gedankengutes abgewägt hätten.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass politische Bildung als offener Prozess auch nur die Menschen erreichen und in die Arbeit einbeziehen kann, die eine gewisse Offenheit mitbringen (vgl. Rieker 2009: 50.), ihre Position hinterfragen und sich in dem Prozess ihrer politischen Sozialisation noch nicht festgefahren haben.

In der Regel handelt es sich aber gerade bei denen, die ein rechtsradikales Gedankengut vertreten und sich einstellungsmäßig auf dieser Ebene bewegen, nicht um solche Persönlichkeiten. Auch hier wird deutlich, dass die politikpädagogische Arbeit mit bereits radikalen Menschen unter dem Aspekt des Überwältigungsverbots sehr schnell an ihre Grenzen gelangt.

Im weiteren Verlauf sollen Ansätze und Möglichkeiten unter diesem Gesichtspunkt auf ihre Umsetzbarkeit und ihre Grenzen betrachtet werden.

[...]


1 Auf den genauen historischen Ablauf der Veränderung der politischen Bildung kann in dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Siehe hierzu: Sander 2005:13-18

Details

Seiten
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783640900435
ISBN (Paperback)
9783640900619
DOI
10.3239/9783640900435
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz – Institut für Politikwissenschaften
Erscheinungsdatum
2011 (April)
Note
2,0
Schlagworte
Politische Bildung Rechtsextremismus Beutelsbacher Konsens Fachdidaktik Sozialkunde Politisches System der BRD Verbotsverfahren Demokratiedidaktik Demokratie lernen ReX Schulhof CD Menschenrechtspädagogik Historische Aufklärung Nationalsozialismus NPD
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Titel: Möglichkeiten und Grenzen politischer Bildung in der Arbeit gegen Rechtsextremismus