Schockierende und provokative Werbung am Beispiel von Benetton
Zusammenfassung
1.Einleitung
2. Werbung – Theoretischer Teil
2.1. Definitionen: Werbung/Öffentlichkeitsarbeit, Werbeziele und -erfolg
2.2. Appelle in der Werbebotschaft
2.3. Werbung mit provokativen und schockierenden Elementen
3. Praktischer Teil: Provokation und Schock am Beispiel der „Benetton“
3.1. United Colors of Benetton – eine kurze Unternehmensbeschreibung
3.2. Werbephilosophie und die proklamierten Ziele von Oliviero Toscani
3.3. Themen der Plakate von Toscanis Benetton-Werbung
3.3.1 Rassismus
3.3.2 Todesstrafe
3.4. Reaktionen auf Benetton-Werbung
3.5. Erfolg oder Misserfolg?
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
1.Einleitung
Anfang der neunziger Jahre war mit der sog. “schockierenden Werbung” bzw. „provozierenden Werbung“ eine neue Werbeform unter anderem in Westeuropa und USA zu beobachten. Ein gutes Beispiel dafür sind die viel diskutierten Plakate und Anzeigen von Oliviero Toscani, denn „wahrscheinlich wurde über kein Unternehmen mehr wegen seiner Werbung berichtet als über Benetton“ (HEINEMANN in MOSS 2009, 71). Die Werbekampagnen von Benetton bedienten sich der provozierenden Themen, „die realistisch die Schattenseiten der Gesellschaft demonstrieren“ (MORITZ 2002, 15). Sie erzielten eine große Aufmerksamkeit „in Form eines ungeheuren Protestes“ (Ebd.) und haben die Entwicklung weg von der konventionellen Werbung hin zur der provozierenden Werbung stark geprägt.
Die vorliegende Arbeit wird anhand der Werbekampagnen des Benetton-Unternehmens das Phänomen der Werbung mit provokativen und schockierenden Elementen untersuchen. Am Fallbeispiel Benetton soll erläutert werden, welche Merkmale diese Art von Werbung auszeichnen und wie diese Werbung auf ihre Zielgruppe wirken kann bzw. zu wirken beabsichtigt. Darüber hinaus werden die Vor- und Nachteile der provozierenden Werbung identifiziert.
In Abschnitt 2.1. werden zuerst für die vorliegende Untersuchung wesentliche Begriffe „Werbung“, „Öffentlichkeitsarbeit“ sowie „Werbeziele“ und „Werbeerfolg“ erläutert, die eine Einführung in das Thema (schockierende) Werbung bieten. Anschließend werden in
Abschnitt 2.2. die Arten der Botschaften, die in der Werbung zum Einsatz kommen, kurz dargestellt. Abschnitt 2.3. widmet sich dem Begriff „Provokation“ und ordnet die Werbung mit provokativen und schockierenden Elementen als besonderer Bereich der emotionalen
Werbung zu. Dieser Abschnitt schließt den theoretischen Teil der Untersuchung ab.
In Abschnitt 3.1. der Untersuchung wird zuerst eine kurze Unt
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Werbung – Theoretischer Teil
2.1. Definitionen: Werbung/Öffentlichkeitsarbeit, Werbeziele und -erfolg
2.2. Appelle in der Werbebotschaft
2.3. Werbung mit provokativen und schockierenden Elementen
3. Praktischer Teil: Provokation und Schock am Beispiel der „Benetton“
3.1. United Colors of Benetton – eine kurze Unternehmensbeschreibung
3.2. Werbephilosophie und die proklamierten Ziele von Oliviero Toscani
3.3. Themen der Plakate von Toscanis Benetton-Werbung
3.3.1 Rassismus
3.3.2 Todesstrafe
3.4. Reaktionen auf Benetton-Werbung
3.5. Erfolg oder Misserfolg?
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Anfang der neunziger Jahre war mit der sog. “schockierenden Werbung” bzw. „provozierenden Werbung“ eine neue Werbeform unter anderem in Westeuropa und den USA zu beobachten. Ein gutes Beispiel dafür sind die viel diskutierten Plakate und Anzeigen von Oliviero Toscani, denn „wahrscheinlich wurde über kein Unternehmen mehr wegen seiner Werbung berichtet als über Benetton“ (HEINEMANN in MOSS 2009, 71). Die Werbekampagnen von Benetton bedienten sich der provozierenden Themen, „die realistisch die Schattenseiten der Gesellschaft demonstrieren“ (MORITZ 2002, 15). Sie erzielten eine große Aufmerksamkeit „in Form eines ungeheuren Protestes“ (Ebd.) und haben die Entwicklung weg von der konventionellen Werbung hin zur der provozierenden Werbung stark geprägt.
Die vorliegende Arbeit wird anhand der Werbekampagnen des Benetton-Unternehmens das Phänomen der Werbung mit provokativen und schockierenden Elementen untersuchen. Am Fallbeispiel Benetton soll erläutert werden, welche Merkmale diese Art von Werbung auszeichnen und wie diese Werbung auf ihre Zielgruppe wirken kann bzw. zu wirken beabsichtigt. Darüber hinaus werden die Vor- und Nachteile der provozierenden Werbung identifiziert.
In Abschnitt 2.1. werden zuerst für die vorliegende Untersuchung wesentliche Begriffe „Werbung“, „Öffentlichkeitsarbeit“ sowie „Werbeziele“ und „Werbeerfolg“ erläutert, die eine Einführung in das Thema (schockierende) Werbung bieten. Anschließend werden in Abschnitt 2.2. die Arten der Botschaften, die in der Werbung zum Einsatz kommen, kurz dargestellt. Abschnitt 2.3. widmet sich dem Begriff „Provokation“ und ordnet die Werbung mit provokativen und schockierenden Elementen als besonderer Bereich der emotionalen Werbung zu. Dieser Abschnitt schließt den theoretischen Teil der Untersuchung ab.
In Abschnitt 3.1. der Untersuchung wird zuerst eine kurze Unternehmensbeschreibung der Benetton gegeben. Anschließend wird in Abschnitt 3.2. die Werbephilosophie von Oliviero Toscani dargestellt. Die Werbung von Benetton wird von der konventionellen Werbung abgegrenzt. Abschnitt 3.3. widmet sich den Werbekampagnen von Benetton, wobei insbesondere Rassismus- und Todesstrafe-Kampagnen analysiert werden. Nachdem die Reaktionen auf die Benetton-Werbung im Abschnitt 3.4. dargestellt werden, wird im letzen Abschnitt 3.5. des praktischen Teils einen Versuch unternommen, den Werbeerfolg dieser Kampagnen zu bewerten.
Den Abschluss der Untersuchung bildet der Abschnitt 4, in dem die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit thesenförmig zusammengefasst werden.
2. Werbung – Theoretischer Teil
2.1. Definitionen: Werbung/Öffentlichkeitsarbeit, Werbeziele und -erfolg
Da mehrere Definitionen von Werbung existieren[1], erscheint es sinnvoll, diese verschiedenen Definitionen aus unterschiedlichen Quellen zu betrachten, um ein besseres Verständnis der Werbung für diese Arbeit zu erlangen.
Die American Marketing Association (AMA) empfiehlt die folgende Definition der Werbung (advertising):
“The placement of announcements and persuasive messages in time or space purchased in any of the mass media by business firms, nonprofit organizations, government agencies, and individuals who seek to inform and/ or persuade members of a particular target market or audience about their products, services, organizations, or ideas.“[2]
Diese Definition zielt auf das Informieren über die Produkte, Dienstleistungen, Organisationen oder Ideen und die Überzeugung von einer Zielgruppe, also die Beeinflussung dieser Zielgruppe, ab. Eine ähnliche Definition bietet BEHRENS, der unter Werbung „eine absichtliche und zwangfreie Form der Beeinflussung, welche die Menschen zur Erfüllung der Werbeziele veranlassen soll“ (BEHRENS in KOSCHNICK 1987, 909) versteht.
PEPELS unterscheidet zwischen psychographischen und ökonomischen Dimensionen der Werbeziele. Psychographische Ziele umfassen kognitive (u.a. Bekanntheitsgrad der Marke, Kenntnis über Produkteigenschaften), affektive (u.a. positive Einstellung, emotionale Zuwendung zum Produkt oder Unternehmen und Präferenz eines Angebotes vor anderen) und konative (u.a. konkrete Kaufabsicht und Kaufakt) Ziele. Ökonomische Werbeziele umfassen die Größen wie Umsatz, Gewinn, Produktpreis oder Marktanteil und können in Ihrer absoluten Höhe gemessen werden (Vgl. PEPELS 1996, 1138). Auch MAYER unterscheidet zwischen psychologischen (außerökonomischen) und ökonomischen Zielen der Werbung (Vgl. MAYER 2000, 383 ff).
HASELOFF versteht unter Werbung eine „öffentliche und zwangfreie instrumentelle Kommunikation, die strategisch geplant wird“ (HASELOFF in KOSCHNICK 1987, 911). Werbung wird also als Kommunikation bzw. Kommunikationsprozess verstanden. So lässt sich das Kommunikationsmodell entsprechend der sog. Lasswell-Formel[3] mit den Elementen Kommunikator, Aussage, Medium, Kommunikant und Wirkung auf die Werbung übertragen. Der Kommunikator ist demnach der Werbetreibende, die Aussage ist die Werbebotschaft, das Medium ist der Werbeträger, Kommunikanten bzw. Rezipienten sind die Zielpersonen bzw. Zielgruppe (Umworbenen). Die Wirkung kann im Werbeerfolg bestehen (Vgl. KOSCHNICK 1987, 445 f.).
Eine exakte Beurteilung des Werberfolges scheint bisher nicht möglich zu sein, weil insbesondere die psychographischen Dimensionen der Werbung schwer messbar sind und ein psychographisches Messergebnis nicht mit genügender Sicherheit mit dem ökonomischen Ergebnis korreliert ist. So ist der Fall denkbar, dass eine Werbekampagne zwar einen hohen Bekanntheitsgrad für ein Produkt generiert, aber der Absatz des Produktes davon unbeeinflusst bleibt. Darüber hinaus ist es möglich, dass ein Produkt ohne Kenntnis der entsprechenden Werbekampagne gekauft wird, so dass bei einer nicht vorhandenen Werbewirkung ein Werbeerfolg eintritt (Vgl. PEPELS 1996, 1139).
Nachdem die Werbung und der Werbeerfolg erläutert wurden, soll die Werbung im Rahmen der Kommunikationspolitik eingeordnet werden. Werbung stellt ein Instrument der Kommunikationspolitik (Kommunikations-Mix) eines Unternehmens dar. Der Kommunikations-Mix umfasst „alle diejenigen marktorientierten Maßnahmen eines Unternehmens, die primär dazu dienen, Informationen vom Unternehmen an die aktuellen bzw. potenziellen Abnehmer und die Öffentlichkeit zu übermitteln“ (BÖCKER/LUTZ in KOSCHNICK 1987, 444). Diese Maßnahmen umfassen neben Werbung auch Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations).
KOSCHNICK ist der Meinung, dass Werbung besonders von der Öffentlichkeitsarbeit zu unterscheiden ist. Während die Werbung auf eine einseitige Übermittlung zweckbestimmter Informationsinhalte abzielt, stellt die Öffentlichkeitsarbeit „einen Prozess der organisierten Interaktion zwischen der sie betreibenden Institution und der Öffentlichkeit“ (KOSCHNICK 1987, 614) dar.
PEPELS vertritt hingegen die Meinung, dass die Öffentlichkeitsarbeit nur schwer gegenüber der Werbung abgrenzbar ist und definiert die Öffentlichkeitsarbeit als Werbung für eine Organisation oder Person. Ziel der Öffentlichkeitsarbeit ist die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens, wobei psychographische Werbeziele anstelle von ökonomischen Zielen verfolgt werden. Mittelbar werden damit allerdings ökonomische Werbeziele verfolgt (Vgl. PEPELS 1996, 747 f.).
Gemäß AMA stellt die Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) eine Form der Kommunikation dar, die wie die Werbung (advertising) auf die Beeinflussung der Zielgruppe abzielt:
“That form of communication management seeks to make use of publicity and other nonpaid forms of promotion and information to influence the feelings, opinions, or beliefs about the company, its products or services, or about the value of the product or service or the activities of the organization to buyers, prospects, or other stakeholders.”[4]
In der vorliegenden Arbeit wird der Ansatz von PEPEL verfolgt, dass Öffentlichkeitsarbeit Werbung für eine Organisation darstellt, da diese zwei Instrumente die Beeinflussung der Rezipienten im Rahmen des Kommunikationsmodells zum Ziel haben.
2.2. Appelle in der Werbebotschaft
Wie im Kapitel 2.1. bereits gezeigt wurde, werden im Rahmen des Kommunikationsmodells der Werbung Botschaften übermittelt, die Konsumenten beeinflussen sollen. Von Bedeutung sind drei Arten von Botschaften bzw. Appellen, die in der Werbung zum Einsatz kommen und die schon Aristoteles in der Rhetorik, also Redekunst und Theorie der Überzeugung, verwendete. Diese drei Arten sind Logos (Rationale Argumentation), Pathos (Appelle an Gefühle) und Ethos (Appelle an das Gewissen, an die Moral) (Vgl. SCHWEIGER/SCHRATTENECKER 1992, 161).
Mit Hilfe von rationalen Appellen sollen die Konsumenten durch Sachinformationen und logische Argumente überzeugt werden (Vgl. SCHWEIGER/SCHRATTENECKER 1992, 145). Diese Appelle richten sich an das Interesse des Konsumenten, die Werbeobjekte mit bestimmten Eigenschaften zu erwerben und sollen den Vorteil des Produktes, wie z.B. die Qualität, Nutzen oder Preis des Produktes, zum Ausdruck bringen (Vgl. KOTLER/BLIEMEL 2001, 897). Konsumenten empfangen die rationale Botschaft und werden in die Lage versetzt, Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese Schlussfolgerungen können dabei sowohl implizit als auch explizit sein. Bei einer impliziten Schlussfolgerung muss der Empfänger die Schlussfolgerung für sein Verhalten selbst ziehen, was eine gewisse Neugier für die Auseinandersetzung mit dem Appell bzw. dem Werbeobjekt und ein Nachdenken voraussetzt. Diese aktive Auseinandersetzung wird in der Werbebranche als Involvement bezeichnet. Bei einer expliziten Schlussfolgerung wird die Botschaft explizit vermittelt und kann so mit geringer Anteilnahme vom Empfänger aufgenommen werden, es handelt sich also um „Low Involvement“ (Vgl. SCHWEIGER/SCHRATTENECKER 1992, 168).
Moralische Appelle sind an das gute Gewissen des Empfängers gerichtet. Mit Hilfe von moralischen Appellen werden meistens gesellschaftliche Anliegen, wie z.B. Hilfe für Menschen in Krisengebieten, unterstützt. Es handelt sich dabei in der Regel um die nicht-kommerzielle Werbung („social advertising“). Im Rahmen der moralischen Appelle wird oft auf soziale Bestrafung oder Belohnung hingewiesen (Vgl. SCHWEIGER/SCHRATTENECKER 1992, 161 ff). Die moralischen Botschaften finden zunehmend bei normalen Verbrauchsgütern (z.B. Bio-Eier) oder Finanzprodukten (z.B. ethische Investments) Anwendung. Moralische Appelle, die nur das behaupten, woran die Empfänger bereits sowieso glauben, beeinflussen Empfänger vergleichsweise schwach. Im Falle, dass der Botschaftsinhalt vergleichsweise stark von der herrschenden Meinung bzw. Überzeugungen des Publikums abweicht, werden im Bewusstsein eines Empfängers in der Regel Gegenargumente herausgebildet. Aus diesem Grund neigen die Werbetreibenden dazu, beide Extreme zu vermeiden. Der Beeinflussungseffekt der moralischen Appelle ist dann am größten, wenn sie lediglich geringfügig davon abweichen, was das Zielpublikum glaubt (Vgl. KOTLER/BLIEMEL 2001, 898).
[...]
[1] Die erste Definition des Begriffes „Werbung“ im deutschen Sprachraum findet sich im Brockhaus aus dem Jahre 1848. Dort wird die Werbung im Sinne der Soldatenwerbung, also des Ersatzes des Heeres durch Rekruten, welche freiwillig in den Militärdienst treten, definiert. Ein Überblick über die Definitionen von Werbung findet sich bspw. bei KOSCHNICK (1987) und PEPELS (1996).
[2] http://www.marketingpower.com/_layouts/Dictionary.aspx, (20.04.11.)
[3] Lasswell-Formel („Who says what in which channel to whom with what effect?“) in LASSWELL 1966, 117.
[4] http://www.marketingpower.com/_layouts/Dictionary.aspx?dLetter=P (22.4.11.)