Das Verhalten der Senatoren in den 50er Jahren v.Chr.
Betrachtungen zum Ende der römischen Republik
Zusammenfassung
Beitrag zu den innenpolitischen Ereignissen? Wie trugen ihre Maßnahmen zur Radikalisierung des politischen Kampfes mit ihren Gegnern bei und damit zur Destabilisierung der Republik? Mit welchen politischen Mitteln wurde Politik gemacht und verhindert? Wer waren die bedeutendsten Vertreter, die sich gegen Caesar und das Triumvirat stellten? Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Einleitung
1. Anfang
2. Der Senat
3. Das Triumvirat
4. Caesars Konsulat
5. Caesars Statthalterschaft
6. Nach der Konferenz von Luca
7. Der Antrag Caesar den Germanen auszuliefern
8. Das Jahr 54. Eine Chance für die Opposition?
9. Das Ende des Dreibundes
10. Das Jahr 51
11. Bis zum Ausbruch des
Bürgerkrieges
Ergebnisse
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Einleitung
Die fünfziger Jahre v. Chr. stellen einen Zeitraum der Krise in Rom dar, an deren Ende die traditionelle Staatsordnung im Bürgerkrieg verschwindet. Die aristokratisch beherrschte römische Republik geht unter. Die fünfziger Jahre sind besonders interessant, da an ihrem Anfang die senatorische Herrschaft in Rom als noch sehr gefestigt anzusehen ist, zehn Jahren später allerdings kommt es zum Bürgerkrieg zwischen Caesar und den Verteidigern der alten Ordnung. Caesar geht siegreich aus diesem Krieg hervor und verändert die staatliche Ordnung maßgeblich. Aus der Herrschaft einer Oberschicht ist die Alleinherrschaft von einem ihrer Abkömmlinge entstanden. Das Anliegen der vorliegenden Arbeit soll es sein, das Verhalten der Senatoren in besagtem Zeitraum zu untersuchen. Es wird sich hierbei auf diejenigen Senatoren konzentriert, die für eine starke Senatspartei eintreten, Vertreter der überkommenen Ordnung, die Partei der Optimaten. In chronologischer Reihenfolge sollen die Aktionen ihrer politischen Gegner betrachtet werden sowie die Reaktionen der Senatoren. Die Frage stellt sich, welche Möglichkeiten hatten die Senatoren überhaupt, um auf die Bedrohung ihrer Herrschaft reagieren zu können? Welche Maßnahmen haben sie dann tatsächlich ergriffen? Hatten diese Maßnahmen den gewünschten Erfolg? Da bekanntermaßen der Bürgerkrieg am Ende dieses Jahrzehnts steht, soll geklärt werden, warum offensichtlich die senatorische Politik gescheitert ist. Welchen Einfluß hatte der senatorische Beitrag zu den innenpolitischen Ereignissen? Wie trugen ihre Maßnahmen zur Radikalisierung des politischen Kampfes mit ihren Gegnern bei und damit zur Destabilisierung der Republik? Mit welchen politischen Mitteln wurde Politik gemacht und verhindert? Wer waren die bedeutendsten Vertreter, die sich gegen Caesar und das Triumvirat stellten? Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden.
1. Anfang
Die Senatsdebatte über die Bestrafung der catilinarischen Verschwörer stellte die erste Konfrontation zwischen den zwei bedeutendsten Charakteren in der römischen Politik der kommenden Jahre dar. Zum einen Cato, der wie kein anderer darum bemüht war, die überkommene Ordnung zu verteidigen und zum anderen Caesar, der ebenfalls wie kein zweiter, an deren Veränderung arbeitete. Weiterhin lässt sich an jener Sitzung der Zustand des Senats zu dieser Zeit ablesen: Scheinbar einig im Kampf gegen die Verschwörer und fest entschlossen, hart durchzugreifen. So fordert der erste befragte Consular die ultima poena und alle weiteren Senatoren stimmen ihm zu, bis die Befragung bei dem designierten Praetor Caesar anlangt. Dieser versteht es, obwohl er sich für das Recht des Senats aussprach, jede ihm angemessene Strafe zu verhängen, Zweifel an der Richtigkeit der Todesstrafe zu verbreiten. Er erreicht etwas Erstaunliches, Alle Senatoren, die nach seiner überzeugenden Rede befragt wurden, stimmten nun ausnahmslos gegen die Todesstrafe. Das bedeutete, dass alle rangniederen Senatoren plötzlich gegen die Meinung der ansonsten meinungsbildenden Consulare stimmten. Der römische Senat war in seiner Gesamtheit offenbar doch nicht so einig und entschlossen. Dies wiederum erkannte der designierte Volkstribun Marcus Porcius Cato, der sich nun seinerseits energisch gegen jenes wechselhafte Verhalten des Senats wandte, sich für eine endgültige und zeichensetzende Bestrafung der Verschwörer aussprach und dadurch mit Caesar aneinander geriet. Erst der Konsul Cicero konnte eine Eskalation vermeiden1.
Die Sache war vorerst gerettet: Cato gelang eine erneute Umstimmung, die Verschwörer wurden hingerichtet. Damit konnte der Senat seine Macht demonstrieren und für viele der Zeitgenossen wird dies als Abschreckung gegolten haben. Ein Staatsstreich ist nicht zu machen, der Senat behält das Ruder in der Hand. Dem kritischen Beobachter wird jedoch schon damals nicht entgangen sein, dass dieser Schein trog. Die Schwäche des Senats, die innere Uneinigkeit, sowie die zunehmende Beherrschung des politischen Alltags durch einige wenige Einzelpersonen sollten von nun an prägend für die nächsten Jahre, den letzten Jahren der Republik, werden. Insbesondere Caesar und Cato stellen quasi zueinander Gegenpole dar, indem sie zwei mögliche Auswege aus der Krise der Republik vertraten. Beide aus angesehenen Familien stammend sind sie Vertreter römischer Tradition, jedoch auf völlig unterschiedliche Weise.
2. Der Senat
Wenn im Folgenden vom Senat als politischer Gruppierung die Rede ist, deren Ziel die Verteidigung der alten staatlichen Ordnung gegenüber den neuen Machthabern ist, so bezieht sich das im Wesentlichen auf die Optimaten, die Konsulare, die obersten Herren im Senat. Zu keiner Zeit war der ganze Senat, also alle seine Mitglieder, eine geschlossene Partei, die sich gegen die Entmachtung des Senats als Institution zur Wehr setzte. Nur ein kleiner Teil gehörte zur Gruppe der Optimaten. Die Masse der rangniederen Senatoren konnte gelegentlich für ihre Ziele gewonnen werden, oftmals aber auch für jene der Gegner. Im Senat waren auch immer Anhänger des Pompeius und Caesars, die teilweise auch sehr hohe Ämter inne hatten, insofern ins klassische Bild ihrer Gegner passen würden. Nicht zuletzt durch enorme Bestechungen ließen sich Anhänger gewinnen. Der Begriff optimates ist schwer zu definieren, bezeichnet allgemein den senatorischen Adel Roms. Auf den Gegensatz zu den Popularen soll, für den in dieser Arbeit betrachteten Zeitraum, nicht eingegangen werden2. Die Angehörigen des Adels stammen aus den vornehmsten Familien, deren Vorfahren bereits hohe Ämter bekleideten, und die selbst meist Konsulare waren bzw. danach strebten. „Das übliche war, daß mit dem Consulat insofern ein Endziel erreicht war, als die Consulare fortan im Senat als ,principes ´ den obersten Rang einnahmen, deren Meinungsäußerung in jedem Fall vom Sitzungsleiter erfragt wurde und über deren gelegentlich sich widersprechende Ansichten die folgenden Rangstufen durch Zustimmung oder Ablehnung entschieden“3. Durch dieses System war eine gewisse Gleichheit unter den Obersten erreicht. Dieses System zu verteidigen war erklärtes Ziel der meisten Angehörigen der Oberschicht, ihre Namen werden wir weiter unten kennenlernen. Ihre Gegner waren allerdings ebenso Angehörige der Oberschicht, wie beispielsweise der aus patrizischer Familie stammende Caesar oder einer von Pompeius´ Anhängern, der Konsular Gabinius. Grundlage für die Zusammenarbeit waren oft die politische und persönliche amicitia, sowie weitverzweigte verwandtschaftliche Bindungen innerhalb der Oberschicht4.
3. Das Triumvirat
Einen genauen Zeitpunkt für den Anfang vom Ende der Republik ist schwer festzulegen. Caesars Konsulat bietet sich hierfür jedoch besonders an. Der Senat war schon vor seiner Bewerbung so besorgt vor einem Konsul Caesar, dass er beschloss dem nächsten Konsul höchst unattraktive Provinzen zuzuordnen5. Caesar, dem vom Senat für seine Erfolge während der Statthalterschaft in Spanien ein Triumph gewährt wurde, bat um Erlaubnis seine Bewerbung zur Kandidatur um das Konsulat für das Jahr 59 in Abwesenheit einbringen zu dürfen. Er hätte sich innerhalb der geheiligten Stadtgrenze, dem pomerium, bewerben müssen, nur wäre damit sein Anspruch auf den Triumphzug erloschen, da er bei Übertritt dieser Grenze sein Kommando verlieren würde. Caesar musste sich nun zwischen dem höchst ehrenwerten Triumphzug und der Bewerbung für das Konsulat entscheiden. Beides zu tun wäre ihm mit einer einfachen Sondergenehmigung des Senats erlaubt, jedoch allen voran Cato gelang es dies zu verhindern, indem er mit einer Dauerrede die Abstimmung verschleppte, bis kein Beschluß mehr gefasst werden konnte. Caesar war entschlossen genug, sich nicht aus seinem Konzept bringen zu lassen, verzichtete auf den Triumph und bewarb sich um das Konsulat des Jahres 59. Hier lässt sich also schon ein erstes Mittel beobachten, mit dem, in diesem Fall Cato versucht die Oberhand zu behalten: die Dauerrede6. Es schien unabwendbar, dass eine Mehrheit im Senat bereit sei, Caesar die Ausnahmeregelung zu gewähren. Warum auch nicht, könnte man denken, immerhin wurde ihm auch ein Triumph gewährt. Um im Sinne der Senatspartei, die nun eben nicht die Mehrheit der Senatoren umfasste, eine Entscheidung zu erwirken, nutzte Cato sein Talent und dehnte seine Rede auf den gesamten Rest der Sitzung aus. Er durfte nicht unterbrochen werden und jede Sitzung wurde bei Sonnenuntergang abgebrochen. „Der Vorsitzende [einer Senatssitzung] kann den Redenden weder unterbrechen noch ihn zur Sache oder zur Ordnung rufen noch ihm das Wort entziehen. Es ist so zu sagen ein constitutionelles Recht des Mitglieds auch nicht zur Sache zu reden“7. Ihm gelang damit nicht nur eine Verschleppung der Debatte sondern er erwirkte gar die Entscheidung nach seinem Wunsch. Denn wegen des festen Bewerbungstermins konnte man nicht ewig über eine Sondergenehmigung für Caesar debattieren. In dieser Sache erkennen wir bereits die Uneinigkeit innerhalb des Senats, insofern, dass eine Mehrheit im Senat nicht zwangsläufig mit der Senatspartei, den Vertretern einer starken traditionellen Politik des Senats, konform geht. Chr. Meier stellt zu dieser Situation fest: „Merkwürdig, daß die Senatsmehrheit zwar bereit war, die „Wälder und Triften“ als Provinzen zu beschließen, nicht jedoch Caesars Antrag auf Dispens abzulehnen“8. Auch wenn Caesars Entscheidung, auf den Triumphzug zu verzichten einige überrascht haben mag und vielleicht auch nicht ganz das erwünschte Ziel Catos war, so haben wir trotzdem ein erfolgreiches Beispiel, wie durch das Mittel der Dauerrede der weitere Fortgang erzwungen wurde. Diesen Erfolg wird Cato in Zukunft nochmal zu wiederholen versuchen.
Eine weitere Reaktion der Optimaten war die Aufstellung eines ihrer Vertreter zu den Wahlen, M. Calpurnius Bibulus. Tatsächlich wurden dann auch Caesar und Bibulus die beiden Konsuln. Das also bestimmte Kreise innerhalb des Senats Caesar nicht wohlgesonnen waren war offensichtlich, allein durch die Behinderungen zur Anmeldung der Kandidatur9. Durch den Erfolg bei der Niederschlagung der catilinarischen Verschwörung gestärkt, war der Senat ebenso gewillt dem wohl mächtigsten Mann in Rom, Pompeius, aufzuzeigen, wo seine Grenzen liegen. Pompeius war mit großen Kommanden ausgestattet und hatte nach einer Vielzahl von militärischen Erfolgen zahlreiche Veränderungen durchgeführt, die nun vom Senat abgesegnet werden sollten. Nur tat der Senat ihm nicht den Gefallen, sondern wollte sich jede einzelne Neuerung genaustens ansehen. Desweiteren war Pompeius gezwungen seine Veteranen mit Land zu versorgen und auch hier war der Senat nicht bereit die nötigen Landverteilungen zu billigen, nicht zuletzt wegen Cato und Crassus10. Auf Entgegenkommen des Senats konnte allerdings auch M. Licinius Crassus nicht hoffen. Der angeblich reichste Mann Roms vertrat die Interessen der Steuerpächter in Asien, die Ausgleichzahlungen des Staates für ihre Mindereinnahmen in den Provinzen forderten. Auch Crassus gegenüber konnte sich der Senat stark verhalten und musste keinerlei Zugeständnisse machen. Gerade Cato erreichte esdurch seine bewährte Taktik entsprechende Beschlüsse zu verhindern und konnte vor allem die Väter im Senat, die Consulare, auf seine Seite ziehen. Diese drei Männer, Caesar, Pompeius und Crassus, konnten jeweils allein gegen die Optimaten im Senat wenig ausrichten, doch zusammen waren sie mächtig genug, es versuchen zu können. Da genau dies Caesar erkannte, konnte er sich vor Beginn seines Konsulates mit den anderen verbünden und sie an sich binden, indem er ihre Interessen während seines Amtsjahres vertreten würde. Das sogenannte Erste Triumvirat war entstanden. An dieser Stelle wird nun oft der Anfang vom Ende der Republik ausgemacht. Hier stellt sich die Frage, ob von den Optimaten nicht bereits ein entscheidender Fehler begangen wurde. R. Fehrle stellt fest: „Die relative Leichtigkeit, mit der Cato und seine Gruppe Pompeius disziplinieren konnten, verführte sie dazu, die Erfordernisse der Situation zu verkennen [...] Er [Cato] glaubte sich kurz vor dem Ziel und versuchte, seine Politik auch da fortzusetzen, wo er hätte einlenken sollen“11. War der Senat wirklich stark genug, es sich mit drei der mächtigsten Männer in Rom zu verscherzen? Auch Chr. Meier fragt: „Brauchte man nicht bei der Schwäche des Senats jede Hilfe, die sich bot? Legte nicht gerade die Gefahr für die res publica ein Bündnis mit ihm [Pompeius] nahe?“12. Catos Verhinderungstechniken funktionierten jedoch bis hier hin sehr erfolgreich. Die Gefahren, die er witterte, konnten damit bestens zurückgehalten werden. Aus seiner Sicht machte er nichts falsch. Auf der anderen Seite war Pompeius nicht von Haus aus ein Gegner des Senats, sich mit ihm zu verbünden hätte den Senat gestärkt. Im sturen Blickfeld Catos konnte man allerdings keinen übermächtigen Pompeius in das tradtionelle Gefüge der römischen Aristokratie einfügen13.
4. Caesars Konsulat
Caesar begann gleich zu Beginn seines Amtsjahres mit einer seiner größten Aufgaben, die Landbeschaffung für die Veteranen des Pompeius. Er brachte dazu ein Ackergesetz ein, nachdem Land im Gemeindebesitz, außer den campanischen Äckern, aufgeteilt, sowie zusätzliches Land angekauft und ebenfalls verteilt werden sollte. Zunächst ging er damit auf seinen Teil der Abmachungen unter den Triumvirn ein. Des weiteren konnte er bei erfolgreicher Umsetzung seine eigene Popularität steigern, indem er Tausenden der verarmten Stadtbevölkerung ebenfalls Land versprach14. Auf optimatischer Seite kam eine weitere Stärkung Pompeius´ nicht in Frage, denn das hätte die Veteranenansiedlung bedeutet, doch richtige Argumente gegen das Gesetz konnten sie nicht vorbringen. Man war sich einig den Triumvirn nichts durchgehen zu lassen und so verhielten sich Cato und der von den Optimaten ins Spiel gebrachte Mitkonsul Bibulus stur15. Die Optimaten „...waren nur darauf vorbereitet, Caesar mit den verfassungsmäßig zu Gebote stehenden Obstruktionsmitteln entgegenzutreten, und fest entschlossen, diese Mittel gegen ihn auch anzuwenden“16. Als nun Caesar sein Gesetz zur Beratung vorschlägt, trifft er auf eine relativ geschlossene Front optimatischer Senatoren, die nicht bereit waren ihm den Anschein von Legalität zu gewähren, indem sie seinen Gesetzesvorschlag überhaupt gar nicht erst diskutierten17. Doch Caesar drängte auf Abstimmung und rief auch Cato zur Meinungsäußerung auf. Darauf stimmte dieser seine altbewährte Dauerrede an, um die Angelegenheit zu verschleppen. Das scheint nach Chr. Meier sogar dafür zu sprechen, dass eine Mehrheit durchaus bereit war, sich für Caesars Antrag auszusprechen18. Hier ließ Caesar Cato durch einen Amtsdiener ins Gefängnis abführen19 und empörte dadurch den Senat, auch solche Senatoren, die nicht zu den Optimaten gehörten. Einer sagte gar zu Caesar: „Lieber will ich mit Cato im Gefängnis als mit dir hier zusammen sein“20. Zwar scheint zunächst auch in diesem Fall das Mittel der Dauerrede Erfolg zu versprechen, so musste der ungestüme Konsul, aufgrund der Proteste im Senat, seinen Befehl rückgängig machen. Doch reagierte Caesar anders auf Catos Provokation als dieser vermutete und ob er vorher auf das Wohlwollen des Senats gehofft hatte, ist mehr als fraglich. Das Recht eines Senators, nicht unterbrochen zu werden bei einer Rede, wird hier bereits nicht mehr geachtet. L. de Libero sieht überdies eine Verschärfung des Zwecks einer Dauerrede im Allgemeinen, sie diente in jenen Jahren nicht mehr nur der Verschleppung von Beschlüssen, sondern der Konfrontation: „Sie pervertierte, im wesentlichen unter Einwirkung der Agitationen Catos [...] zu einem Kampfmittel absoluter Verneinung...“21. Da der Senat offensichtlich nicht mit ihm zusammen arbeiten wollte, überging Caesar diesen und wandte sich direkt an das Volk22. Caesar befragte seinen Mitkonsul Bibulus vor dem Volk erneut zu dem Gesetz, doch dieser ließ lediglich verlauten, er lehne das Gesetz ab, ohne jedoch inhaltliche Einwände darzulegen. Caesar an das Volk: „Ihr werdet das Gesetz bekommen, wenn dieser Mann [Bibulus] da es will“, darauf erwiderte Bibulus „Ihr werdet dieses Gesetz im laufenden Jahr nicht bekommen, selbst wenn ihr alle es wollt“23. Diese Aussage zeigt sehr gut die ratlose und sture Einstellung der Optimaten, ebenso die übliche Nichtbeachtung des Volkes. Das Volk war nun auf Seiten Caesars. Bibulus blieb nichts anderes mehr übrig, als die Abhaltung von Comitien durch Himmelsbeobachtungen zu untersagen. Dies war allerdings keine große Überraschung. Im Folgenden versicherte sich Caesar Pompeius´ Beistand24, seine Veteranen und bewaffnete Anhänger Caesars sicherten die Abstimmung über das Ackergesetz am folgenden Tage in ihrem Sinne ab. Die Optimaten einigten sich darauf Bibulus, Cato und drei Volkstribune zur Abstimmung zu schicken um die Durchsetzung des Gesetzes, welches eigentlich schon durch Bibulus´ Obnuntiation ungültig war, durch Intercession zu verhindern25. Doch hier war den friedlichen verfassungsgemäßen Mitteln zur Verhinderung ein Ende gesetzt. Die Liktoren des Bibulus und sogar der Konsul selbst wurden tätlich angegriffen26, die eigentlich unangreifbaren Volkstribune wurden verletzt und schliesslich auch Cato vom Platz getragen. „Caesar hatte über seine Gegner gesiegt, aber er hatte diesen Sieg damit erkaufen müssen, daß er sich außerhalb der gesetzmäßigen Ordnung stellte“27. Mit einem Mal war die Macht des Senats dahin. Bibulus ruft ob der völlig untragbaren Gewaltaktion den Senat ein, doch gab es keine Möglichkeit, etwas auszurichten. Der Kassation des Gesetzes durch den Senat fehlten die rechtlichen Grundlagen. Da die Intercession nicht durchgeführt werden konnte, war das Gesetz gültig. Der Beschluß eines senatus consultum ultimum gegen Caesar war ebenso undenkbar: „Zum Teil scheute man sich wohl, die bürgerliche Existenz eines Mannes zu zerstören, der immerhin als Mitglied der Nobilität [...] mit seinen Standesgenossen verbunden war; vor allem aber hätte ein derartiger Senatsbeschluß, der gleichzeitig eine Kriegserklärung an Pompeius gewesen wäre, bei den bestehenden Machtverhältnissen den Bürgerkrieg heraufbeschworen“28. Der Senat war machtlos. Es gab nichts was man tun konnte. Caesar ließ sogar die Senatoren auf das neue Gesetz einschwören und selbst Cato war schliesslich gezwungen einen Eid darauf abzulegen29. Auf optimatischer Seite inszenierte man nun die eigene Handlungsunfähigkeit30. Da das Recht nicht mehr galt, boykottierte man die Politik. Bibulus verzichtete für den Rest des Jahres auf sein Amt. Auch Cato, für den es eine Pflicht war, keine Senatssitzung zu versäumen31, blieb wie alle anderen Optimaten dem Senat fern.
[...]
1 Siehe: Meier, Christian, Caesar, Berlin 1982, S. 212 - 222.
2 Strasburger, Hermann, RE XVIII, 1, S. 773-798.
3 Gelzer, Matthias, Cicero und Caesar, Wiesbaden 1968, S. 17.
4 Gruen, Erich, The Last Generation of the Roman Republic, Berkeley 1974, S. 47ff; S. 102ff; S. 162ff.
5 Suet. Caes. 19.
6 Vgl. Libero, Loretana de, Obstruktion. Politische Praktiken im Senat und in der Volksversammlung der ausgehenden römischen Republik (70-49 v. Chr.), Stuttgart 1992, S. 15ff.
7 Mommsen, Theodor, Römisches Staatsrecht 3/2, Darmstadt 1963, S. 939.
8 Meier, Caesar, S. 232f.
9 Siehe Döbler, Christine, Politische Agitation und Öffentlichkeit in der späten Republik, Frankfurt a.M. 1999, S. 317.
10 Gruen, S. 86.
11 Fehrle, Rudolf, Cato Uticensis, Darmstadt 1983, S.134.
12 Meier, Caesar, S.240.
13 Vgl. Meier, Christian, Res publica amissa. Eine Studie zu Verfassung und Geschichte der späten römischen Republik, Frankfurt a.M 1988, S. 292.
14 Dio 38, 1, 1-5.
15 Vgl. Gruen, S. 92.
16 Fehrle, S. 120.
17 Ebd., S. 121.
18 Meier, Caesar, S. 260.
19 Suet. Caes. 20.
20 Dio 38, 3, 2.
21 Libero, S. 18f.
22 Dio 38, 3, 3.
23 Dio 38, 4, 3.
24 Dio 38, 5, 4.
25 Dio 38, 6, 1-4.
26 Suet. Caes. 20.
27 Fehrle, s. 124.
28 Ebd., S. 124f.
29 Dio 38, 7, 1-2.
30 Meier, Caesar, S. 264.
31 Plut. Cat. min. 19. „Als erster fand er sich im Senat ein, als letzter ging er [...] Er verreist nie, wenn eine Senatssitzung anberaumt war [Er] machte es sich zur Pflicht,während einer Senatsversammlung jede andere Tätigkeit ruhen zu lassen.“