Kritische Beurteilung des Benchmarkings als Instrument des Verwaltungscontrollings
Zusammenfassung
Abschließend lässt sich festhalten, dass das Benchmarking in der öffentlichen Verwaltung bisher bereits einzelne Erfolge vorweisen kann. Mit einer kontinuierlichen und systematischen Anwendung gerade in Verbindung mit weiteren Bausteinen des NPM, die einerseits eine Empfehlung darauf geben können, wie nach dem Kennzahlenvergleich weiter verfahren werden soll und andererseits von der Wettbewerbsfunktion des Benchmarkings profitieren, kann das Benchmarking durchaus ein nutzbringendes Instrument des Verwaltungscontrollings darstellen, mit dem die Verwaltungsmodernisierung verwirklicht werden kann.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
0 Einleitung
1 Grundlagen des Benchmarkings
1.1 Definition des Terminus Benchmarking
1.2 Umgrenzung des Terminus
1.3 New Public Management und Benchmarking
1.4 Ablauf des Benchmarkings
2 Benchmarking als Instrument zur Effektivitäts- und Effizienzintensivierung
2.1 Benchmarking als Wettbewerbsersatz
2.2 Objekte des Benchmarkings
2.3 Arten des Benchmarkings
2.3.1 Internes Benchmarking
2.3.2 Externes (horizontales) Benchmarking
2.4 Zielsysteme und Kennzahlen
3 Verdienste und Erfolge des Benchmarkings
3.1 Entfaltungen in der Bundesrepublik Deutschland
3.2 Ein Blick ins Ausland
4 Erfolgskritische Elemente und allgemeine Schwierigkeiten
5 Resümee und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
0 Einleitung
Durch zunehmende Haushaltsprobleme und dem Streben nach einer qualitativen Verbesserung der Leistungserstellung im Sinne einer effizienten Ausrichtung an den Ansprüchen der Bürgerinnen und Bürger, steht die öffentliche Verwaltung vor der großen Aufgabe ihre oftmals noch bürokratische Organisation umzuorganisieren. Als Resultat befindet sich die Verwaltung nach der Leitidee des New Public Managements (NPM) in einem seit einigen Jahren andauernden Umgestaltungsprozess. Da jedoch ein Antrieb - wie er durch den Konkurrenzdruck in der freien Wirtschaft gegeben ist - in der Verwaltung fehlt, bleiben die gewünschten Erfolge vielfach aus. Das Instrument Benchmarking soll diesen Mangel im Rahmen des Verwaltungscontrollings füllen, indem es Lernprozesse in Gang setzt und den innovationsfördernden Wettstreit im freien Markt nachahmt. Die vorliegende Ausarbeitung wird sich auf Grund der Komplexität ausschließlich auf das Benchmarking in der öffentliche Verwaltung und im speziellen in der Kommunalverwaltung beziehen, denn hier sind auch die umfangreichsten Bemühungen für eine Verwirklichung des systematischen Leistungsvergleichs zu erkennen.
In dieser Studienarbeit werden im ersten Abschnitt die grundlegenden Eigenschaften des Benchmarkings und der Zusammenhang mit dem NPM erläutert. Im zweiten Teil wird der Verfasser die Bedeutung des Benchmarkings für die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung durch seine Bestimmung als Wettbewerbsersatz ausführen und auf die verschiedenen Arten des Benchmarkings eingehen, wobei zwischen internem und externem Benchmarking unterschieden wird. Außerdem werden mögliche Objekte des Benchmarking und die Fallstricke der Kennzahlenerhebung vorgestellt. Darauf aufbauend beschäftigt sich der dritte Teil mit dem Nutzen und den Resultaten, die der Leistungsvergleich bisher in Deutschland aufweisen kann. Hier wird am Beispiel von der Schweiz und Großbritannien gezeigt, wie sich der Benchmarking-Prozess alternativ zu der hiesigen Vorgehensweise in die Verwaltungsorganisation einfügen lässt. Schließlich setzt sich diese Studienarbeit mit den erfolgskritischen Elementen und Schwierigkeiten auseinander, die eine erfolgreiche Verwirklichung des Benchmarkings blockieren oder gar ganz verhindern können.
1 Grundlagen des Benchmarkings
1.1 Definition des Terminus Benchmarking
Der Sinngehalt des Terminus „Benchmarking“ lässt sich am leichtesten aus den eigentlichen Wortkomponenten ableiten. Dem deutschen Wort „Sitz-“ bzw. „Werkbank“ entspricht das englische Wort „bench“. Im Englischen wird von „to mark gesprochen, wenn eine „Markierung gesetzt“ wird. Beim Wort „Benchmark“ handelt es sich zusammengesetzt also um eine körperliche Markierung auf einer Werkbank. „Benchmark“ im übertragenen Sinne bezeichnet demnach eine Markierung oder einen Referenzpunkt als Orientierungsgröße. „Benchmarkings“ stellen somit Richt- oder Orientierungsgrößen dar, an denen sich die Leistungserstellung ausrichten soll.[1] Auch im Vermessungswesen wurde der Terminus des Benchmarks verwendet und bezeichnet dort eine bestimmten Festpunkt, an dem ein Objekt gemessen werden soll. Überträgt man diesen Sachverhalt auf den ökonomischen Bereich, dann sind Benchmarks als die „Best-Practices“ zu verstehen, die als Orientierungsgrößen für andere Unternehmen gelten und an denen sich die Leistungsmessung ausrichten soll.[2] Darüber hinaus findet man in der Fachliteratur eine Fülle von Benchmarking-Definitionen. Robert C. Camp, der den Grundstock für die Benchmarking-Methodik legte, beschreibt die Verfahrensweise wie folgt: „ Benchmarking ist die Suche nach Lösungen, die auf den besten Verfahren und Methoden der Industrie, den ‚Best-Practices’, gründen und ein Unternehmen zu Spitzenleistungen leiten .“[3] Champs Definition zeigt verständlich und kurz auf, worum es beim Benchmarking im Wesentlichen geht und soll aufgrund dieser Gegebenheit als Grunddefinition in der folgenden Studienarbeit Verwendung finden.
1.2 Umgrenzung des Terminus
Um von dem Begriff des Benchmarkings eine genaue Vorstellung zu bekommen, ist es auch interessant zu beschreiben, was Benchmarking gerade nicht ist. So zeigt ein reiner Kennzahlenvergleich noch keine Ursachen für die Leistungsunterschiede und handelt sich damit auch nicht um Benchmarking. Vielmehr sollte erforscht werden, warum in der eigenen Organisation ein Leistungsdefizit im Vergleich zu anderen Organisationen zu bemerken ist.[4] Außerdem ist es ungenügend nur das alleinige Anberaumen von Zielgrößen (Benchmarks) zu betrachten. Bedeutsamer ist es vielmehr, die Erklimmung dieser Ziele mit Nachdruck klar und deutlich aufzuzeigen, indem aufgrund von Vergleichen mit den Besten mögliche Maßnahmen aufgezeigt werden.[5] Um eine Übertragung der erfolgreichen Methoden auf die eigene Organisation zu ermöglichen und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verstärken, geht es demnach um die gezielte Identifikation der Best-Practices.[6] Ebensowenig ist Benchmarking ein „Industrie-Tourismus“[7], bei dem eine Vielzahl von Organisationen mit der eigenen Organisation verglichen wird. Das Benchmarking sollte sich vielmehr durch eine systematische Auslese von geeigneten Benchmarking-Partnern auszeichnen. Schließlich ist noch die Gewissheit zu erwähnen, dass Benchmarking weder kostengünstig noch rasch durchgeführt werden kann, da es stets einer gründlichen methodischen Herangehensweise bedarf, die sowohl finanzielle Mittel als auch Zeit in Anspruch nehmen wird.[8]
1.3 New Public Management und Benchmarking
Das New Public Management (NPM), in der Bundesrepublik Deutschland auch unter der Bezeichnung Neues Steuerungsmodell bekannt, als eine Zusammenfassung verschiedener Reformansätze, hat die Umgestaltung und Neustrukturierung der öffentlichen Verwaltung als Ziel. Vorstellungen der Bürger hinsichtlich ihres Verhältnisses zur öffentlichen Verwaltung sind beispielsweise ein Beweggrund für Neuerungen in der Verwaltung.[9] Die Verwaltung sollte den Bürger nicht mehr als Bittsteller von Verwaltungshandlungen wahrnehmen, sondern als Dienstleistungsempfänger, auf dessen Bedürfnisse individuell eingegangen werden muss.[10] Das NPM ist dabei kein einheitliches Konzept, sondern eine Richtung der Verwaltungsmodernisierung. Es orientiert sich an Managementinstrumenten der Privatwirtschaft um die notwendigen, grundlegenden Veränderungen hin zu einer effizienten und kundenorientierten Verwaltung zu schaffen.
Ein NPM-Baustein ist neben anderen die Einführung eines Controllingsystems als Führungs- und Steuerungsinstrument mit dem die Effizienz und Effektivität der Leistungserstellung in der Verwaltung sichergestellt werden soll. Das strategische Verwaltungscontrolling hilft im Gegensatz zum operativen Controlling den politischen Entscheidungsträgern und der Verwaltungsleitung bei der Festlegung der langfristigen Ziele und der Planung der zur langfristigen Zielerreichung erforderlichen Schritte. Es beschäftigt sich mit der Ausformung der Wechselbeziehungen der Verwaltung zu ihrer Umwelt, insbesondere den Bürgern, aber auch anderen Interessengruppen. Da beim strategischen Verwaltungscontrolling die grundsätzliche Fragestellung lautet: „Tun wir die richtigen Dinge?“ stellt die Methode des Benchmarkings zur Antwortfindung möglicherweise ein geeignetes Instrument auch für die öffentliche Verwaltung dar.
1.4 Ablauf des Benchmarkings
Der Ablauf des Benchmarkings soll im Folgenden kurz allgemein beschrieben werden. Die Bedeutung des Benchmarkings für die im NPM angestrebte Modernisierung der Verwaltung wird im späteren Verlauf der Arbeit ausgeführt werden. In der Literatur werden verschiedene Vorgehensweisen bei Benchmarking-Projekten ausgeführt. Im Grunde beinhalten die unterschiedlichen Vorgehensweisen aber weitestgehend die folgenden Inhalte: Mit der Auswahl der Benchmarking-Objekte beginnt der Benchmarking-Prozess. Vergleichsobjekte können beispielsweise Produkte, Prozesse, Strukturen oder auch die Kundenzufriedenheit sein. Um einen Entschluss treffen zu können, welche Objekte einem Vergleichsprozess unterzogen werden sollen, ist es wichtig die Schwachstellen der jeweiligen Organisation herauszufinden.[11] Der folgende Schritt im Benchmarking-Prozess stellt die Datengewinnung dar. Als Grundlage des Vergleichs dienen zu ermittelnde qualitative und/oder quantitative Kennzahlen. Um den finanziellen Aufwand möglichst gering zu halten, ist es sinnvoll, zuerst bereits vorhandene Größen zu verwenden und nur ergänzend neue Datenbestände zu generieren.[12] Wird bei der darauf folgenden Auswertung ein Leistungsdefizit festgestellt, müssen die Gründe dafür ausführlich untersucht werden, um anschließend geeignete Maßnahmen zur Verbesserung abzuleiten und in die Praxis umzusetzen.[13] Um das gesamte Verbesserungspotenzial auszuschöpfen, muss Benchmarking dabei als kontinuierlicher und nicht als einmaliger Ablauf angesehen werden.[14]
2 Benchmarking als Instrument zur Effektivitäts- und Effizienzintensivierung
2.1 Benchmarking als Wettbewerbsersatz
In der Privatwirtschaft hat der Wettstreit um Kunden die Funktion den Markt zu regulieren. Private Unternehmen, die uneffektiv und ineffizient sind und nicht den Vorstellungen der Kunden entsprechen, spüren Konsequenzen, die sich in Gewinneinbrüchen niederschlagen bis hin zum Verschwinden aus dem Markt.[15] Damit zeigt sich eine Grundbedingung für den marktlichen Wettbewerb, nämlich dass grundsätzlich mehrere Anbieter eines Produktes oder einer Dienstleistung vorhanden sind, zwischen denen die nachfragenden Kunden entscheiden können.[16] Bei der öffentlichen Verwaltung ist dies in den meisten Fällen nicht gegeben. Der Bürger als Nachfrager kann vorwiegend keine auswählende Entscheidung über den besten oder günstigsten Anbieter treffen, sondern ist gezwungen, die Dienstleistung oder das Produkt einer bestimmten Verwaltung zu konsumieren.[17] Nur bei Gütern, die auch für private Anbieter ausgeschrieben werden, besteht ein größerer Wettbewerb am Markt, z.B. neben kommunalem auch privatem Entsorgungsbetriebe.[18] Dem Wettstreit werden idealisiert verschiedene erfreuliche Wirkungen zugesprochen: Durch Wettbewerb wird das Angebot an den Bedürfnissen der Nachfrager ausgerichtet, die Einkommensverteilung ergibt sich aus der am Markt erbrachten Leistung, die zu Verfügung stehenden Ressourcen werden bestmöglich ausgegeben, das Leistungsfolge wird an die äußeren Umstände angepasst und die strukturelle und technologische Entwicklung wird forciert.[19] Damit diese positiven Auswirkungen des Wettbewerbs auch in der öffentlichen Verwaltung genutzt werden können, bedarf es eines nicht-marktlichen Wettbewerbsersatzes - oder surrogats[20], da hier keine negativen Folgen, wie beispielsweise das Ausscheiden aus dem freien Markt, bei uneffektiver Arbeitsweise und ineffizientem Einsatz von Ressourcen zu erwarten sind.[21]
Diese Funktion kann das Instrument Benchmarking im Rahmen des strategischen Verwaltungscontrollings zumindest theoretisch erfüllen. Um das Angebot an die Bedürfnisse der Bürger anzupassen, können durch einen systematischen Vergleich des Leistungsprogramms verschiedener Kommunen Mängel sowie ein Überangebot rechtzeitig erkannt und ggf. beseitigt werden. Die Interessen der Bürger sollten allerdings hierfür im Vorfeld der Verwaltung bekannt sein. Auch für die bestmögliche Verteilung der Ressourcen ist Benchmarking geeignet, da unökonomische Abläufe und damit verbundene Einsparpotenziale aufgezeigt werden können. Daneben können bei einer fortdauernden Durchführung durch das Benchmarking diverse Anzeichen für ein verändertes Verlangen kommunaler Dienstleistungen und Produkte wie auch die Folgen bei Veränderung der politischen Rahmenvoraussetzungen nachgewiesen werden.[22] Hingegen ist für die Ausrichtung der Einkommensverteilung nach der erbrachten Leistung das Benchmarking (zumindest momentan) weniger geeignet, da die Entlohnung zurzeit noch in starrem Besoldungsgefüge verläuft und in der Verwaltung größtenteils unabhängig von der Leistung erfolgt. Es gibt aber zunehmend Gedanken, ein flexibleres Vergütungssystem einzuführen, das überdurchschnittliche Leistung monetär oder auch immateriell anerkennt.[23]
Auch für die Beschleunigung der Entwicklung neuer Organisationsprozesse und des technologischen Fortkommens scheint Benchmarking möglicherweise nicht das passende Mittel zu sein, schließlich soll beim Benchmarking „nur“ die beste Lösung kopiert und nicht völlig neu erfunden werden. Durch die Potentiale, mit neuartigen Vorstellungen die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern - was sich dann in verbesserten Resultaten bei der Durchführung einer Benchmarkingstudie zeigen würde - kann das Benchmarking dennoch einen Vorschlag für Innovationen geben.[24] Der Leistungsvergleich zwischen den Kommunen allein ist aber wohl nicht in der Lage, den richtigen Wettbewerb wie im freien Markt zu kompensieren. Es werden vielmehr Anregungen benötigt, die die Beteiligten dazu motivieren, sich dem Wettbewerb auch anzuschließen. Diese Anreize könnten beispielsweise aus der Öffentlichkeit kommen, indem die Produkte und Dienstleistungen transparenter gestaltet werden und bei mangelnder Erfüllung der Aufgaben die Leistungen in der Öffentlichkeit verantwortet werden müssten.
[...]
[1] Vgl.Siebert, Gunnar (2002), S. 14, 15.
[2] Vgl. Baus, Josef (2003), S. 181.
[3] Vgl. Camp, Robert C. (1994).
[4] Vgl. Heinz, Klaus / Wesselmann, Jörg (2002), S. 4.
[5] Vgl. Meyer, Jürgen (1996), S. 7.
[6] Vgl. Mertins, Kai / Kohl, Holger (2004a), S. 15-17.
[7] Vgl. Tross, Albert (1999), S. 189-197.
[8] Vgl. Heinz, Klaus / Wesselmann, Jörg (2002), S. 4.
[9] Vgl. Budäus, Dietrich(1998), S. 1 ff.
[10] Vgl. Burr, Wolfgang / Seidlmeier, Heinrich (1998), S. 57.
[11] Vgl. Straub, Rolf (1997) S. 60; Meyer, Jürgen (1997) S. 12.
[12] Vgl. Haiber, Thomas (1997) S. 473ff.
[13] Vgl. Camp, Robert C. (1994) S. 153, 160.
[14] Vgl. Straub, Rolf (1997) S. 62.
[15] Vgl. Steiner, Reto S. 4.
[16] Vgl. Nullmeier, Frank (1998) S. 82.
[17] Vgl. Burr, Wolfgang / Seidlmeier, Heinrich (1998) S. 58.
[18] Vgl. Bogumil, Jörg / Holtkamp, Lars / Kißler, Leo (2001) S. 32.
[19] Vgl. Schuster, Ferdinand (2001) S. 207.
[20] Lat. Surrogatum: das Äquivalenz, der Ersatz.
[21] Vgl. ebenda S. 211.
[22] Vgl. Burr, Wolfgang / Seidlmeier, Heinrich (1998) S. 65f.
[23] Vgl. ebenda S. 65, Brede, Helmut (2005) S. 154f, 161ff.
[24] Vgl. Burr, Wolfgang / Seidlmeier, Heinrich (1998) S. 65f.