Waschaktive Substanzen - über den Einfluß von Tensiden auf Mensch und Umwelt
Zusammenfassung
Auf die Akkumulation von Tensiden in kontaminiertem Trink- und Abwasser sowie in Klärschlamm und Böden wird im Laufe dieser Arbeit Bezug genommen und versucht, sich dem Verständnis für den Aufbau, die Struktur und den Eigenschaften von Tensiden anzunähern. Ferner wird ein Überblick über die verschiedenen Verbindungen von Tensiden gegeben und eine Analyse über die Toxizität genannter Stoffe ausgeführt [...]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Was sind Tenside
2.1 Beschreibung
2.2 Struktur und Aufbau
2.3 Klassifizierung
3 Ökologische Aspekte von Tensiden
3.1 Bewertung der Toxizität
3.1.1 Perfluorierte Tenside
3.1.2 Nonylphenol
3.2 Stoffeintrag in Böden und Gewässer
4 Einflüsse auf Mensch und Natur
4.1 Beispiel PFT: Cholesterinerhöhung bei Kindern
4.2 Yamuna, der „tote Fluss"
5 Zusammenfassung und Ausblick
6 Literatur
1 Einleitung
Immer wieder berichten die Medien von Skandalen bezüglich toxischer Stoffe im Zusammenhang mit Lebensmitteln oder Umweltschäden. Erst kürzlich war überall von mit Dioxin belasteten Eiern bzw. Fleischprodukten zu lesen. Es wundert nicht, dass ein öffentliches Interesse für derartige Gefahren erst nach einem Skandal entsteht, schließlich gibt es eine schier unzählbare Menge an Giften und Toxinen die tagtäglich in Kontakt mit dem Menschen treten und dieser nicht jeden Giftstoff berücksichtigt. Dennoch erscheinen diese Skandale als Notwendigkeit, schärfen sie schließlich das Bewusstsein der Allgemeinheit für gefährliche Stoffgruppen bzw. Chemikalien, lenken das Licht auf die Hersteller und Vertriebe etwaiger Stoffe und bewirken Gesetzesentwürfe die ein unkontrollierten Eintrag in die unmittelbare Umwelt des Menschen verhindern.
Im Zuge dieser Arbeit wird auf die Klasse der „Waschaktiven Substanzen" oder „Waschaktiven Chemikalien" eingegangen, die im Frühjahr 2006 wieder in die Öffentlichkeit gelangten, als im Hochsauerlandkreis in der Ruhr sowie im Grund- und Trinkwasser Perfluorierte Tenside (PFT) in erhöhter Konzentration aufgetreten sind. Über Nebenwirkungen von Tensiden wurde bereits in den 1960ern berichtet, als Gewässer überall auf der Erde in meterhohen Schaumbergen verschwanden. Zurückzuführen war das auf die schwer abbaubaren Stoffverbindungen die damals neuerdings synthetisch hergestellt wurden um die Reinigungswirkung zu verbessern (vgl. KELLER (BLFWW) 2001, S. 13). Es folgte das Detergentiengesetz welches vorschrieb, dass schwer abbaubare Tenside durch leicht abbaubare anionische Tenside substituiert werden mussten (vgl. KELLER (BLFWW), 2001, S 13). Nach diversen Ergänzungen, unter anderem der Ausdehnung der Vorschriften zur Primärabbaubarkeit von nichtionischen Tensiden, existiert heute das Wasch- und Reinigungsmittelgesetz auf der Grundlage des 1961 entstandenen Entwurfs (vgl. KELLER (BLFWW) 2001, S. 14). Mit den Gesetzesentwürfen einhergehenden Untersuchungen zeigte sich, dass Tenside ubiquitär vorhanden sind und ortsweise stark erhöhte Werte aufweisen (vgl. DR. STUPP CONSULTING GMBH).
Auf die Akkumulation von Tensiden in kontaminiertem Trink- und Abwasser sowie in Klärschlamm und Böden wird im Laufe dieser Arbeit Bezug genommen und versucht, sich dem Verständnis für den Aufbau, die Struktur und den Eigenschaften von Tensiden anzunähern. Ferner wird ein Überblick über die verschiedenen Verbindungen von Tensiden gegeben und eine Analyse über die Toxizität genannter Stoffe ausgeführt.
Anwendungsbereiche für Tenside
- Waschmittel
- Haushaltsreiniger
- Shampoos
- Zahnpasta
- Kosmetika
- In Farben und Lacken
- Als Emulgatoren in Lebensmitteln
- Zur Aufbereitung von Sedimentproben
- Fotographie
- Papierrecycling
- In der Brandbekämpfung
2 Was sind Tenside
2.1 Beschreibung
Der Begriff „Tenside" umfasst ein breites Spektrum an chemischen Verbindungen und Stoffen mit besonderen Eigenschaften. Die Grundeigenschaft all dieser Stoffe sind ihre grenzflächenaktiven Fähigkeiten. Tenside verringern die Oberflächenspannung von Wasser und setzen somit quasi die Viskosität des Wassers herab. Veranschaulicht werden kann dies, indem ein Glas ein wenig über den Rand mit Wasser gefüllt wird. Die Oberflächenspannung des Wassers verhindert ein Überfließen. Wird jedoch eine geringe Menge eines Tensids hinzugegeben, fließt das über den Rand stehende Wasser sofort ab (vgl. SEILNACHT 2011). Der Hauptverwendungszweck liegt in der Reinigungsindustrie, wo schwer verschmutzte Textilien mit Tensiden gereinigt werden. Anders als z.B. Zucker sind Fette, Öle oder Weinflecken nicht wasserlöslich. Mit der Zugabe von Tensiden können selbst diese Verschmutzungen gelöst werden. Die Grenzflächenaktiven Eigenschaften von Tensiden erlauben eine Vermischung von Wasser und Ölen, sodass an Kleidung haftender Schmutz entfernt wird (vgl. BLFW 1990).
Die ersten vom Menschen benutzten Tenside waren die Seifen, die bereits vor 4000 Jahren vorhanden waren. Mit Beginn der Industrialisierung stieg die Menge an hergestellten und benutzten Tensiden stark an. So betrug die Masse an produzierten Reinigungsmitteln in Deutschland 1987 ca. 2 Millionen Tonnen wovon näherungsweise 250.000 Tonnen auf den wichtigsten Bestandteil, den Tensiden, anfielen (vgl. BLFW 1990, S. 9). Ab Mitte der 1950er Jahre wurden zudem synthetische Tenside, die sogenannten „Perfluorierte Tenside" bzw. „Polyfluorierte Tenside" (PFT) hergestellt um modernere Textilien wie wasserabweisende Jacken zu produzieren.
Auf den strukturellen Aufbau und die chemische Wirkungsweise von Tensiden sowie deren Klassifizierung wird im folgenden Abschnitt eingegangen.
2.2 Struktur und Aufbau
Grundsätzlich ist der Aufbau von Tensiden identisch. Molekular bestehen sie aus einem hydrophoben und einem hydrophilen Teil, wobei der hydrophobe Teil auch als lipophil bezeichnet werden kann. Folglich sind Tenside amphiphil, wasser- und fettliebend. Der hydrophobe Teil des Moleküls besteht in den meisten Fällen aus einem Kohlenstoffrest und wird auch als unpolarer Teil des Moleküls bezeichnet. Der funktionelle polare Teil ist hydrophil und kann je nach Art des Tensids eine elektrische Ladung besitzen oder nicht (vgl. SEILNACHT 2011).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Tensidmolekül in Wasser (www.wikipedia.de)
Abbildung 1 zeigt die allgemeine Funktionsweise von Tensiden. Der polare hydrophile Teil des Moleküls befindet sich im Wasser, während die unpolare Alkylgruppe vom Wasser weggerichtet ist. Bedingt durch diesen molekularen Aufbau reichern sich Tensidmoleküle vorzugsweise an Grenzflächen wie z.B. Wasser & Schmutz an, was der Ursprung ihrer Einordnung in die grenzflächenaktiven Substanzen ist (vgl. BLFW 1990). Genauer ausgedrückt: die stark polarisierten Wassermoleküle ziehen den polaren Teil des Tensids an, wodurch der Alkylrest an unpolare Grenzflächen gedrängt wird. Dieser Vorgang erklärt die tendenzielle Neigung von Tensiden immer zuerst an Grenzflächen wirksam zu werden (vgl. GERSTL 2003).
Das weltweit wichtigste Tensid ist das lineare Alkylbenzolsulfonat (LAS) mit der chemischen Formel [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] welches das in den 1950er Jahren entwickelte Tetrapropylenbenzolsulfonat (TBS) ersetzte (www.wikipedia.de). Dieses wiederum ersetzte die Seifen als meistbenutztes Tensid, allerdings wurde die Produktion durch die schlechte Abbaubarkeit im Abwasser rasch eingestellt.
Mit diesem Basiswissen über die allgemeine Struktur von Tensiden lässt sich die Waschwirkung leichter nachvollziehen. Der hydrophobe unpolare Alkylrest des Moleküls lagert sich an ebenfalls hydrophoben Schmutzpartikeln an. Der hydrophile polare Teil trägt zur Wasserlöslichkeit bei. An der Grenzfläche zwischen Schmutzpartikel und Faser entsteht eine gleichsinnig geladene hydrophile Schicht, die zu einer elektrostatischen Abstoßung führt (vgl. GERSTL 2003).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Waschwirkung von Tensiden (GERSTL 2003)
Die nun freischwebenden Schmutzpartikel bilden zusammen mit dem Medium indem sie sich befinden eine Suspension, d.h. ein wiederholtes Anhaften an Gewebefasern ist aufgrund der gleichen elektrischen Ladung nicht möglich.
Eine Tensidlösung dringt folglich leichter in Faserstrukturen ein als reines Wasser und trägt zu einer besseren Waschwirkung bei. Anhand dieser Eigenschaft lässt sich auch die Trübung des Wassers durch beigemischte Tenside erklären, die der Tyndall-Effekt beschreibt. Sind alle Oberflächen bereits von Tensidmolekülen besetzt, bilden die Restlichen kugel- und stäbchenförmige Micellen die das einfallende Licht stark streuen (vgl. GERSTL 2003).
[...]