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Das St. Galler Management-Modell als Organisationsmuster

©2009 Seminararbeit 23 Seiten

Zusammenfassung

Als sich Mitte der Sechziger Jahre eine Arbeitsgruppe am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Hochschule St. Gallen unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Hans Ulrich mit dem Ziel, ein allgemeines, ganzheitlich-integratives Modell für das Management komplexer Organisationen zu entwickeln, gründete, bedeutete dies den Anfang eines Konzeptes, das als St. Galler Management-Modell große Bekanntheit erlangte. Anlass für die Ausarbeitung eines neuen Management-Modells war die Vermittlung von Erkenntnissen einer Managementlehre, die auf zuvor am Lehrstuhl entwickelte Ansätze zur Systemtheorie und Kybernetik und deren Anwendung auf Problemstellungen im Management basierte. Ziel war es anhand dieses systemorientierten Managementansatzes einen abstrakten, theoretischen aber dennoch praxisnahen Bezugsrahmen zur Lösung von Führungsproblemen zu entwickeln, der als einen zentralen Aspekt der zunehmenden Komplexität und Dynamik von Austausch- und Einwirkungsprozessen einer Unternehmung mit ihrer Umwelt Rechnung trug. Im Vordergrund stand bei der Ausarbeitung des Modells die Abbildung sachlogischer Zusammenhänge der Realität ohne dabei normative Aussagen über ein konkretes Management-Handeln, das sich in einem stark situationsbedingten Kontext vollzieht, zu geben. Das von Hans Ulrich entwickelte St. Galler Management-Modell, und im gleichnamigen mit Dr. Walter Krieg erstmals 1972 publiziertem Werk, wurde daher auch als „Leerstellengerüst für Sinnvolles“ bezeichnet. Dieses Leerstellengerüst war derart konzipiert, dass es für Ergänzungen und Weiterentwicklungen, den Fortschritt der Lehre einbeziehend, offen stand.
So wurde das St. Galler Management-Modell seit seiner Erstveröffentlichung von verschiedenen Wissenschaftlern aufgrund der sich ergebenen Änderungen in Wissenschaft, Wirtschaft, Technik und Gesellschaft modifiziert. Die relevantesten Weiterentwicklungen stammen von Prof. Dr. Dr. Knut Bleicher und Prof. Dr. Johannes Rüegg-Stürm. Sie werden als St. Galler Management-Modelle der zweiten beziehungsweise dritten Generation bezeichnet. Sie sind Gegenstand der vorliegenden Arbeit und werden nach einer kurzen Einführung über den zugrundeliegenden systemtheoretischen Ansatz und einer ausführlichen Betrachtung des Ausgangsmodells von Hans Ulrich behandelt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der systemtheoretische Ansatz

3. Das St. Galler Management-Modell nach Ulrich/Krieg
3.1 Das Unternehmensmodell
3.2 Das Führungsmodell
3.3 Das Organisationsmodell

4. Das St. Galler Management-Konzept nach Bleicher
4.1 Die erste Dimension: Normatives, strategisches und operatives Management
4.2 Die zweite Dimension: Aktivitäten, Strukturen und Verhalten
4.3 Die dritte Dimension: Die Unternehmensentwicklung

5. Das neue St. Galler Management-Modell nach Rüegg-Stürm
5.1 Die Umweltsphären
5.2 Die Anspruchsgruppen
5.3 Die Interaktionsthemen
5.4 Die Ordnungsmomente
5.5 Die Prozesse
5.6 Die Entwicklungsmodi

6. Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Als sich Mitte der Sechziger Jahre eine Arbeitsgruppe am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Hochschule St. Gallen unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Hans Ulrich mit dem Ziel, ein allgemeines, ganzheitlich-integratives Modell für das Management komplexer Organisationen zu entwickeln, gründete, bedeutete dies den Anfang eines Konzeptes, das als St. Galler Management-Modell große Bekanntheit erlangte. Anlass für die Ausarbeitung eines neuen Management-Modells war die Vermittlung von Erkenntnissen einer Managementlehre, die auf zuvor am Lehrstuhl entwickelte Ansätze zur Systemtheorie und Kybernetik und deren Anwendung auf Problemstellungen im Management basierte. Ziel war es anhand dieses systemorientierten Managementansatzes einen abstrakten, theoretischen aber dennoch praxisnahen Bezugsrahmen zur Lösung von Führungsproblemen zu entwickeln, der als einen zentralen Aspekt der zunehmenden Komplexität und Dynamik von Austausch- und Einwirkungsprozessen einer Unternehmung mit ihrer Umwelt Rechnung trug. Im Vordergrund stand bei der Ausarbeitung des Modells die Abbildung sachlogischer Zusammenhänge der Realität ohne dabei normative Aussagen über ein konkretes Management-Handeln, das sich in einem stark situationsbedingten Kontext vollzieht, zu geben.1 Das von Hans Ulrich entwickelte St. Galler Management-Modell, und im gleichnamigen mit Dr. Walter Krieg erstmals 1972 publiziertem Werk, wurde daher auch als „Leerstellengerüst für Sinnvolles“ bezeichnet. Dieses Leerstellengerüst war derart konzipiert, dass es für Ergänzungen und Weiterentwicklungen, den Fortschritt der Lehre einbeziehend, offen stand.

So wurde das St. Galler Management-Modell seit seiner Erstveröffentlichung von verschiedenen Wissenschaftlern aufgrund der sich ergebenen Änderungen in Wissenschaft, Wirtschaft, Technik und Gesellschaft modifiziert. Die relevantesten Weiterentwicklungen stammen von Prof. Dr. Dr. Knut Bleicher und Prof. Dr. Johannes Rüegg-Stürm. Sie werden als St. Galler Management-Modelle der zweiten beziehungsweise dritten Generation bezeichnet. Sie sind Gegenstand der vorliegenden Arbeit und werden nach einer kurzen Einführung über den zugrundeliegenden systemtheoretischen Ansatz und einer ausführlichen Betrachtung des Ausgangsmodells von Hans Ulrich behandelt.

Der systemtheoretische Ansatz wurde im deutschsprachigen Raum insbesondere durch den Begründer des St. Galler Management-Modells Hans Ulrich in den Fünfziger und Sechziger Jahren geprägt und bildete die Grundlage für die spätere Entwicklung des Modells. Hinter diesem Ansatz stehen die Verknüpfung unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen wie der Systemtheorie, Kybernetik und Ökologie und ihre Anwendung auf Führungsprobleme in Organisationen.

Dem Ansatz liegt das Bild der Unternehmung als ein zielorientiertes, dynamisches, komplexes, soziales und offenes System zugrunde. Im Vordergrund steht die Auffassung der Unternehmung als eine Ganzheit, die sich aus verschiedenen Teilen, zwischen denen spezifische Beziehungen bestehen, konstituiert.2 So wird die Unternehmensführung als Inbegriff von Gestaltungs- und Lenkungsprozessen in kybernetischer Sicht als ein informationsverarbeitendes Teilsystem verstanden, welches in ständiger Auseinandersetzung mit der Umwelt die Unternehmung zielentsprechend gestaltet und die zur Zielerreichung notwendigen Prozesse einleitet, beeinflusst und kontrolliert.3

Neben die Betrachtung der internen Beziehungen zwischen den verschiedenen Teilsystemen im „Gesamtsystem Unternehmung“ tritt im systemtheoretischen Ansatz somit eine Betrachtung der Beziehungen einer Unternehmung zu ihrer Umwelt, der eine zentrale Rolle im Rahmen der systemorientierten Managementlehre zugemessen wird. Die Unternehmung stellt in diesem Zusammenhang ein Teilsystem verschiedener übergeordneter Umweltsphären dar, die für die Systembildung als auch dessen Erhaltung elementar sind. Sie bilden den Ausgangspunkt für die Theoriebildung, die eine systematische Erfassung der Außenbezüge der Unternehmung zum Gegenstand hat.4

Als Kernelemente des systemorientierten Managementansatzes gelten die Ganzheitlichkeit der Betrachtung, durch die der Komplexität der Erfassung einer Unternehmung in einer zunehmend dynamischeren Umwelt Rechnung getragen wird, sowie die Integration vielfältiger Einflüsse in einem Netzwerk von Beziehungen.5

Der systemtheoretische Ansatz bildet das Fundament des St. Galler Management-Modells, das im Kontext einer grundsätzlichen Auffassung von einer systemorientierten Managementlehre an der Hochschule St. Gallen entwickelt wurde. Ziel war es, einen theoretischen Bezugsrahmen, der zur Lösung von Managementproblemen herangezogen werden konnte, für die Aus- und Weiterbildung von Führungskräften bereitzustellen und diesen in einem eigens geschaffenen Kurssystem zu lehren.

Zur Vermittlung des Wissens wird eine abstrakte, komplexitätsreduzierende Betrachtungsweise, die das Einordnen von Teilerkenntnissen in ein Gesamtkonzept anhand formaler Modelle erleichtert, eingenommen. Dabei bildet die Unternehmung in ihrer vielschichtigen Umwelt den Rahmen, in dem sich die Führungsprozesse vollziehen und zweckmäßige Strukturen für die Gestaltung und Lenkung der Organisation schaffen. Das St. Galler Management-Modell gliedert sich dementsprechend in das Unternehmensmodell, das Führungsmodell und das Organisationsmodell.

Im Folgenden werden diese aus mehreren Dimensionen bestehenden Modelle vorgestellt und erläutert.

3.1 Das Unternehmensmodell

Unternehmungen sind produktive, sozio-technische Systeme, in denen Sachaufgaben in einem arbeitsteiligen Prozess unter ständiger Einwirkung und im Austausch mit ihrer Umwelt gelöst werden.6 Aufgrund der vorliegenden Komplexität und Dynamik können diese Sachaufgaben nur in einer mehrdimensionalen Analyse erfasst und charakterisiert werden. Im Mittelpunkt der Analyse stehen zunächst die Außenbeziehungen einer Unternehmung, die sich in den Märkten und Marktleistungen konkretisieren und nach einer Darstellung der wesentlichen Umweltaspekte beschrieben werden. Im Anschluss folgt eine Analyse der unternehmensinternen Prozesse und Aufgaben, die anhand verschiedener Funktionsbereiche, Gestaltungsebenen und Aufgabenmerkmale untersucht werden.7

Die Unternehmensanalyse befasst sich zunächst mit den Beziehungen der Unternehmung zu ihrer Umwelt, die aus einer Vielzahl verschiedener Anspruchs- beziehungsweise Interessengruppen besteht. Zu ihnen zählen typischerweise Kunden, Lieferanten, Konkurrenten, Kapitalgeber, Arbeitnehmer sowie verschiedene staatliche und nicht-staatliche Institutionen. Diese sozialen Systeme und Gruppierungen bilden nicht nur den technologischen und ökonomischen, sondern auch den gesellschaftlichen Kontext, in dem eine Unternehmung agiert. Dementsprechend wird die Unternehmung im Modell durch drei sie umschließende Ebenen – die technologische, die ökonomische und die soziale Umweltsphäre – abgebildet. Diese drei Umweltsphären sind ihrerseits in den Gesamthaushalt der Natur – die ökologische Umwelt – eingebettet. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass sich Probleme, die sich aus dem Abbau natürlicher Ressourcen, der zunehmenden Umweltverschmutzung sowie der Bevölkerungsentwicklung ergeben, direkt auf die technologische, ökonomische und soziale Umwelt und damit auf das Unternehmen auswirken.8

Insofern unterliegen die Umweltsphären aus den verschiedensten Gründen einem ständigen Veränderungsprozess, der eine fortlaufende Anpassung des Unternehmens an die veränderten Umweltkonstellationen notwendig macht. Im Zuge der Adaption werden Gegebenheiten, Mittel und Möglichkeiten der Unternehmung in Beziehung zu den sich wandelnden Umweltbedingungen gesetzt und auf dieser Grundlage das gegenwärtige und zukünftige Verhalten abgeleitet.9

Interaktionen zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt bestehen insbesondere durch den Prozess der Leistungserstellung und -verwertung. Die verschiedenen Anspruchsgruppen der Unternehmung treten dabei als Ressourcengeber beziehungsweise als Abnehmer des Outputs der Unternehmung auf. Die Beziehungen der Unternehmung zu ihrer Umwelt konkretisieren sich demnach in den Märkten und Marktleistungen der Unternehmung. Auf der einen Seite bezieht sie ihre notwendigen Betriebsmittel auf den Beschaffungsmärkten, während sie auf der anderen ihre Marktleistungen auf den Absatzmärkten veräußert. Im Modell werden diese Außenbeziehungen durch gegenläufige Leistungs- und Geldströme, begleitet von entsprechenden Informationsströmen, dargestellt.10

Zu den grundlegenden Führungsentscheidungen gehören in diesem Kontext die Bestimmung des Outputs und damit verbunden der verschiedenen Inputs. Dabei steht aus Sicht der Autoren die Erfüllung des produktiven Zweckes der Unternehmung durch die Erbringung einer „[…] Leistung bestimmter Art, Qualität und Menge zu angemessenen Preisen […]“11 und damit verbunden die Bedürfnisbefriedigung der Abnehmer der Marktleistungen im Vordergrund. Wobei eine Segmentierung des Gesamtmarktes „[…] nach räumlichen und zeitlichen Gesichtspunkten, nach Branchen und Leistungsarten, nach Bedürfniskomplexen und Kundengruppen“12 unter Einbeziehung dynamischer Entwicklungen in den verschiedenen Teilmärkten, die fortlaufend Anpassungen der Segmentierung erfordern, das Ziel der Bedürfnisbefriedigung der Kunden der Unternehmung unterstützt.

Die Analyse der unternehmensinternen Prozesse und Aufgaben im Rahmen des Unternehmensmodells beginnt mit der Abgrenzung verschiedener Tätigkeitskomplexe, die als Funktionsbereiche bezeichnet werden. Im Modell wird zwischen dem Vollzugs-, dem Versorgungs- und dem Führungsbereich unterschieden.13 Während der Vollzugsbereich Prozesse wie Forschung und Entwicklung, Produktion und Vertrieb, die unmittelbar mit der

Absatzseite verbunden sind, beinhaltet, umfasst der Versorgungsbereich das Personal-, Anlagen-, Material-, Finanz- und Informationswesen, demnach Bereiche der Beschaffungsseite. Sie bilden den operativen Bereich des Unternehmens, der durch den Führungsbereich überlagert und durchdrungen wird. Im Führungsbereich werden die Ziele der Unternehmung bestimmt, an denen sich die konkrete Ausgestaltung des operativen Bereiches orientiert.14

Die in den einzelnen Funktionsbereichen erfassten Tätigkeitskomplexe sind durch übergreifende Sachverhalte gekennzeichnet. Sie kommen in den sogenannten Gestaltungsebenen zum Ausdruck, durch die – analog zu den Umweltsphären – die grundlegenden Probleme der Gestaltung und Lenkung der Unternehmung in technologische, ökonomische und soziale Aspekte unterteilt werden. Zentrale Problemstellungen betreffen beispielsweise den Grad der Mechanisierung und Automatisierung von Produktionsverfahren, die Kapazitäten und die Flexibilität der Produktion, die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität insgesamt sowie Fragen des zwischenmenschlichen Umgangs. Eine Lösung dieser Problemkomplexe kann nur unter Berücksichtigung aller Aspekte, also in einem ganzheitlich- integrativen und situationsbedingten Kontext erfolgen.15

Als letzten Bestandteil des Unternehmensmodells werden die im Unternehmen anfallenden Aufgaben nach ihrer Art differenziert. Unterschieden werden repetitive und innovative Aufgaben, da sich in Abhängigkeit von der Charakteristik völlig unterschiedliche Anforderungen an ihre Ausführung stellen. Während repetitive Aufgaben regelmäßige, sich wiederholende Tätigkeiten mit bekanntem Ausgang darstellen, fallen innovative Aufgaben unregelmäßig an und führen zu weitestgehend unbekannten Ergebnissen in neuartigen Situationen.

[...]


1 Vgl. Schwegler 2008: 107.

2 Vgl. Lattwein 2002: 12.

3 Vgl. Ulrich/Krieg 1972: 14.

4 Vgl. Lattwein 2002: 12-13.

5 Vgl. Bleicher 1992: 15.

6 Vgl. Ulrich/Krieg 1972: 17-18.

7 Vgl. Ulrich/Krieg 1972: 18.

8 Vgl. Ulrich/Krieg 1972: 18-20.

9 Vgl. Ulrich/Krieg 1972: 18.

10 Vgl. Ulrich/Krieg 1972: 21.

11 Ulrich/Krieg 1972: 22.

12 Ulrich/Krieg 1972: 22.

13 Vgl. Ulrich/Krieg 1972: 22.

14 Vgl. Ulrich/Krieg 1972: 22-23.

15 Vgl. Ulrich/Krieg 1972: 24-25.

Details

Seiten
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783640977444
ISBN (Paperback)
9783640977802
DOI
10.3239/9783640977444
Dateigröße
802 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg – Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2011 (August)
Note
2,0
Schlagworte
galler management-modell organisationsmuster
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