Nachmittagstalkshow: „Britt – Der Talk um eins!“ - Eine textlinguistische und pragmatische Analyse
Zusammenfassung
Das Studio, die Moderatorin, die Gäste zu einem bestimmten Thema und das Präsenzpublikum bilden den Frame „Talkshow“. Die verschiedenen Abläufe bei „Britt – Der Talk um Eins!“ sind das Script.2 Im Rahmen der Sendung werden immer abwechselnd Gäste mit gleicher beziehungsweise ungleicher Meinung und Einstellung zum Thema hereingebeten. Sie repräsentieren die beiden Seiten des kontroversen Themas, das durch ein Duplex verdeutlicht wird.
In jeder Sendung gibt es eine Vorschau mit den Highlights der kommenden Sendung, eine Begrüßung und ein Schlusswort durch Britt, ein Gewinnspiel vor und nach der Werbung, Logoeinblendungen und der Sprecher aus dem Off liest Thema der Sendung vor. Diese Stereotypie und Monotonie der Grundkonstellation, die Identität des Moderators, die immer gleichen Abläufe bewirken auf der einen Seite einen Wiedererkennungseffekt, auf der anderen Seite bieten Themen, Gästen, Einlagen, Abläufen, selbst das Outfit die Möglichkeit zur Abwechslung.
Bei „Britt – Der Talk um Eins!“ steht der Vorname des Hosts im Titel. Art, Charakter und Qualität der Show sind direkt abhängig von ihrer Persönlichkeit. Sie hat folglich eine dominante und prägende Rolle. Die Gesprächseröffnung geschieht durch Britt, die das Thema vorstellt und somit eine Basis für die kommenden Gespräche schafft. In der Gesprächsmitte wenden sich die Gäste dem vorher festgelegten Thema zu. Eine Lenkung des Gesprächs erfolgt in der Regel über Fragestellungen von Britt. Auch die Beendigungsphase wird von Britt eröffnet durch eine Zusammenfassung des im Gesprächshauptteil Besprochenen. Anschließend erfolgt eine Danksagung und Verabschiedung der Gäste und Zuschauer.
Vor allem „Soft News“ wie Schicksale, Unglücke, Verbrechen, Liebe, Sex und Religion werden bei Britt diskutiert.3 Es handelt sich dabei um einen Konfro-Talk zu einem Thema, das zwischen Host oder zwischen den Gästen kontrovers diskutiert wird.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
1 Einleitung
2 Teaser und Thema der analysierten Talkshow
3 Sprecherwechsel
4 Funktion des nonverbalen Verhaltens
5 Deixis
6 Partikel
7 Mündlichkeit und Schriftlichkeit
8 Sekundäre extradiegetische Inserts
9 Illukutionstypen
10 Allgemeines Kooperationsprinzip
11 Konversationsmaxime
12 Kohäsion
13 Kohärenz
14 Ertragsfunktion
15 Fazit
16 Anhang
17 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Britt - Der Talk um Eins!“ ist eine deutsche Talkshow, die seit 2001 in der Regel montags bis freitags um 13.00 Uhr in Sat.1 ausgestrahlt wird. Die Sendung dauert einschließlich Werbung rund 60 Minuten und wird von Britt Hagedorn moderiert.
Die Talkshow hat keine primär ernsthaften Themen und ist nicht unbedingt auf Problemlösungen ausgerichtet. Im Vordergrund steht die Unterhaltung, trotzdem erhält der Rezipient auch Information und Aufklärung, sodass von Infotainment gesprochen werden kann. „Britt - Der Talk um Eins!“ ist eine Unterhaltungssendung aus einem Fernsehstudio mit Publikum, in deren Mittelpunkt ein lockeres Gespräch zwischen der Gastgeberin Britt und den meist nicht prominenten Gästen steht. Die richtige Auswahl der Gäste ist wichtig und erfordert einigen Aufwand seitens der Redaktionen. Von ihnen hängt nicht nur die Einschaltquote ab, sondern auch das Gelingen überhaupt. Das Präsenzpublikum gibt dem Gespräch und den Darbietungen den eigentlichen Showcharakter. Die Show findet schon komplett im Studio statt und müsste nicht übertragen werden. Das Präsenzpublikum ist zudem wichtig für die Natürlichkeit und Unmittelbarkeit der Show. Es hilft dem Moderator und den Gästen ihre intendierte Rolle wirkungsvoll zu spielen. Dem externen Fernsehpublikum bietet es Identifikationsmöglichkeiten. So gibt es bei „Britt - Der Talk um Eins!“ viele Publikumsbeiträge.[1]
Das Studio, die Moderatorin, die Gäste zu einem bestimmten Thema und das Präsenzpublikum bilden den Frame „Talkshow“. Die verschiedenen Abläufe bei „Britt - Der Talk um Eins!“ sind das Script.[2] Bei Lügendetektortests stehen sich die Parteien sprichwörtlich gegenüber. Ein Fall nach dem anderen wird abgehakt und die Gäste verlassen dann wieder die Bühne. Bei einem großen Überthema gibt es Stühle und die Gäste bleiben in der Regel bis zum Ende sitzen. Im Rahmen der Sendung werden immer abwechselnd Gäste mit gleicher beziehungsweise ungleicher Meinung und Einstellung zum Thema hereingebeten. Sie repräsentieren die beiden Seiten des kontroversen Themas, das durch ein Duplex verdeutlicht wird. Hierbei werden die verschiedenen Ansichten zum kontrovers diskutierten Thema gegenübergestellt und „verbildlicht“ und mit einem extradiegetischen Insert unterstrichen (vgl. u.a. 11:06).
In jeder Sendung gibt es eine Vorschau mit den Highlights der kommenden Sendung, eine Begrüßung und ein Schlusswort durch Britt, ein Gewinnspiel vor und nach der Werbung, Logoeinblendungen und der Sprecher aus dem Off liest Thema der Sendung vor. Diese Stereotypie und Monotonie der Grundkonstellation, die Identität des Moderators, die immer gleichen Abläufe bewirken auf der einen Seite einen Wiedererkennungseffekt, auf der anderen Seite bieten Themen, Gästen, Einlagen, Abläufen, selbst das Outfit die Möglichkeit zur Abwechslung.
Bei „Britt - Der Talk um Eins!“ steht der Vorname des Hosts im Titel. Art, Charakter und Qualität der Show sind direkt abhängig von ihrer Persönlichkeit. Sie hat folglich eine dominante und prägende Rolle. Die Gesprächseröffnung geschieht durch Britt, die das Thema vorstellt und somit eine Basis für die kommenden Gespräche schafft. In der Gesprächsmitte wenden sich die Gäste dem vorher festgelegten Thema zu. Eine Lenkung des Gesprächs erfolgt in der Regel über Fragestellungen von Britt. Auch die Beendigungsphase wird von Britt eröffnet durch eine Zusammenfassung des im Gesprächshauptteil Besprochenen. Anschließend erfolgt eine Danksagung und Verabschiedung der Gäste und Zuschauer.
In der Regel diskutiert Britt mit nicht prominenten Gästen. Der Schwerpunkt liegt oft auf sehr intimen Themen, die „normalerweise“ nicht öffentlich diskutiert werden. Diese Nahdistanz vermittelt die intimste Form, um einen Menschen zu beobachten. Außerdem kommen bei ihr Betroffene und Experten zu Wort. Vor allem „Soft News“ wie Schicksale, Unglücke, Verbrechen, Liebe, Sex und Religion werden bei Britt diskutiert.[3] Es handelt sich dabei um einen Konfro-Talk zu einem Thema, das zwischen Host oderzwischen den Gästen kontrovers diskutiert wird. Der Gegensatz zwischen der Intimität der angesprochenen Themen und der Öffentlichkeit der Gäste ist interessant. Typisch bei Britt sind eher Menschen aus den mittleren bis unteren Milieus, die ihre Auftritte bezahlt bekommen und sehr intime Informationen preis geben.[4]
2 Teaser und Thema der analysierten Talkshow
„Britt -der Talk um Eins!“ beginnt mit einem Teaser zur Erzeugung von Spannung und Neugierde auf den kommenden Talk (vgl. 08:50-09:32). Äußerungen unterschiedlicher Zeitpunkte der Sendung werden dafür zusammen geschnitten, um Emotionen zu vermitteln. Dabei erhält der Zuschauer wenig Information über die Gäste oder das Thema. Es gibt keine Over-Stimme, sodass die Eindrücke für sich stehen.[5]
Das Hauptthema der Sendung ist „Kinderhass - ich will niemals Mutter werden!“. Es bildet den „roter Faden“ und damit die inhaltlich-semantische Leitlinie. Dem Hautthema sind verschiedene Subthemen zu- beziehungsweise untergeordnet. Die Gäste diskutieren unter anderem über das Verhütungsmittelangebot, die Aufklärung in der Schule, Abtreibung, Ausbildung, Hartz 4, junge Mutterschaft und die Herausnahme der Gebärmutter. Außerdem gibt es Nebenthemen wie beispielsweise das Gespräch von Britt und ihren Gästen über ähnliche Outfits von einigen Menschen aus dem Präsenzpublikum und zwei Gästen. Diese Bemerkungen entwickeln sich im Laufe der Sendung zu einem Running-Gag (vgl. bspw. 35:21-35:36; 55:30-55:44).[6]
3 Sprecherwechsel
Beim Sprecherwechsel geht es um die grundlegende Organisation, Regeln und Mechanismen des Gesprächs. Bei Britt gibt es mehrere Gesprächspartner, sodass einem Sprecher mehrere potentielle Hörer beziehungsweise Sprecher gegenüberstehen. Eine intensive Kooperation ist nötig um Pannen zu vermeiden. Idealerweise wäre die Moderatorin Britt zuständig für die Vergabe des Rederechts. Sie sollte illokutive Kompatibilität, Relevanz und Themenzentriertheit der Beiträge kontrollieren, sowie gegebenenfalls lenkend oder das Wort entziehend eingreifen. Die Gäste und das Präsenzpublikum sollten nur reden, wenn sie gefragt oder sich um das Rederecht beworben haben. Dies kann durch Wortmeldung geschehen oder indem man ein Rederecht verlangt. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Gäste gleichberechtigte Gesprächspartner sind.
Beim Sprecherwechsel durch eine Fremdwahl unterscheidet man zwischen explizit und implizit. Bei einer expliziten Fremdwahl wird durch namentlichen Aufruf oder direkte Anrede - vor allem durch Britt - der Sprecher bestimmt (vgl. bspw. 32:41 „Britt: Kassandra, wie geht’s [...]“).
Bei der impliziten Fremdwahl wird durch nonverbale Zeichen wie Gesten deutlich wer als nächstes spricht. Vor allem bei Publikumsmeldungen ist dies der Fall. Eine Selbstwahl hingegen geschieht ohne Fremdwahl, sodass die Notwendigkeit der Koordination besteht, damit nicht alle gleichzeitig reden, was bei „Britt - Der Talk um Eins!“ nicht immer funktioniert.
Es gibt sehr viele Sprecherwechsel durch Unterbrechung, sodass der Beitrag eines Gastes noch nicht in der Endphase war (vgl. bspw. Anhang Zeilen 67-73). Typisch in der Gesprächsführung beim Sprecherwechsel sind bei „Britt - Der Talk um Eins!“ Overlaps und Unterbrechungen, besonders dann wenn Gäste emotional erregt sind, sodass es zu nicht abgeschlossenen Turns kommt (vgl. bspw. Anhang Zeilen 7889).
Ansonsten ist über weite Strecken die Abfolge von Turns geordnet. Das heißt es hat jeweils eine Person die Sprecherrolle inne, die anderen schweigen oder beschränken sich auf suppletive Beiträge oder lenkende Hörersignale. Gelegentlich gibt es Überlappungen beim Übergangspunkt kurz vorm Sprecherwechsel. Die restlichen Sprecherwechsel sind mit oder ohne Gap, wobei keine oder eine nur sehr kurze Gesprächspause entsteht.[7]
4 Funktion des nonverbalen Verhaltens
Gestik, Mimik, Blickkontakt, Körperhaltung und -bewegung unterstützen, verdeutlichen und ersetzen verbale Aktivitäten im Gespräch (vgl. u.a. 09:49; 27:51; 30:34; 24:49). Die nonverbale Kommunikation stellt oftmals erst die eigentliche emotionale Beziehung zum Angesprochenen her. Sie kann Sympathie oder Antipathie wecken. Meist bereitet sie den Gesprächspartner auf kommende Information vor.[8] Sie sind in der Regel unbewusst und stark automatisiert, wie beispielsweise auch der situationsdeiktische Fingerzeig von Heinrich (siehe 09:08; 51:39) oder Nadine (siehe 55:23).[9]
5 Deixis
Eine Personaldeixis ist vor allem bei Britt durch eine dialogische Verwendung festzustellen. Zudem findet eine mehrfachadressierte Verwendung statt - beispielsweise beim Gewinnspiel und der Begrüßung der Zuschauer durch Britt (vgl. u.a. 09:41). Eine Temporaldeixis tritt unter anderem bei der Anmoderation des Themas auf (siehe Anhang Zeile 28: „heute“).[10]
6 Partikel
Bei Britt und den Gästen gibt es viele, teilweise redeeinleitende, Partikel wie Pausenfüller (bspw. Anhang Zeilen 35, 41, 42, 51, 52: „ähm“; 22,59: „äh“), die der Sprache eine gewisse Spontanität und Natürlichkeit verleihen.
Durch die Benutzung vieler Abtönungspartikel entsteht ein Plauderton. Sie sind unflektierbar und unfähig im Vorfeld zu stehen. Man kann sie nicht betonen oder erfragen. Die Äußerungen erhalten dabei eine gewisse Färbung durch Modifizierung und Kommentierung. Sie verfolgen also weniger eine gesprächsorganisatorische Funktion. So dienen sie beispielsweise der Signalisierung von Gefühlen und Haltungen oder unterstreichen die Gültigkeit einer Aussage (siehe bspw. Zeilen 59; 60; 64). Zudem sind sie vielfältig kombinierbar (siehe bspw. Anhang Zeilen 56-58).[11]
Das Sprechersignal verpflichtet den Hörer zur Aufmerksamkeit. Vor allem der extrovertierten, aufbrausenden Magdalena gegenüber benutzt Britt dieses Sprechersignal. (siehe Anhang Zeilen 53; 58: „ne?“). Auch Hörersignale sendet Britt als sprachliches Mittel des Rückmeldeverhaltens (siehe Anhang Zeile 52: „mhe“).
[...]
[1] Vgl. Leonhard, Joachim-Felix; Ludwig, Hans-Werner; Schwarze, Dietrich; Straßner, Erich (Hrsg.): Medienwissenschaft. Ein Handbuch zurEntwickiung derMedien und Kommunikationsformen. 3. Teilband, Berlin/New York: Walterde Gruyter Verlag, 2002, S. 2322, 2325-2326.
[2] Vgl. Linke, Andrea; Nussbaumer, Markus; Portmann, Paul R.: Studienbuch Linguistik. 5. erweiterte Auflage, Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 2004, S. 265-266.
[3] Vgl. Britt-Der Talkum Eins! In: http://www.sat1.de/comedy_show/brltt/ (letzterZugriffaufdie Internetseite: 27.10.2009).
[4] Vgl. Leonhard, Joachim-Felix; Ludwig, Hans-Werner; Schwarze, Dietrich; Straßner, Erich (Hrsg.): Medienwissenschaft. Ein Handbuch zurEntwickiung derMedien und Kommunikationsformen. 3. Teilband, Berlin/New York: Walterde Gruyter Verlag, 2002, S. 2326-2329.
[5] Vgl. Burger, Harald: Mediensprache. Eine Einführung in Sprache und Kommunikationsformen der Massenmedien. 3. Auflage. Berlin 2005.
[6] Vgl. Linke, Andrea; Nussbaumer, Markus; Portmann, Paul R. 2004, S. 267-268.
[7] Vgl. Linke, Andrea; Nussbaumer, Markus; Portmann, Paul R. 2004, S. 265-272.
[8] Vgl. Pürer, Heinz (Hrsg.): Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Ein Handbuch. Konstanz: UVKVerlagsgesellschaft mbH, 2003, S.66.
[9] Vgl. Linke, Andrea; Nussbaumer, Markus; Portmann, Paul R. 2004, S. 213-224.
[10] Vgl. Busch, Albert; Stenschke, Oliver: Germanistische Linguistik. Eine Einführung. 2. Auflage. Tübingen: Gunter Narr Verlag, 2008. S. 222-224.
[11] Vgl. Linke, Andrea; Nussbaumer, Markus; Portmann, Paul R. 2004, S. 265-272.