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Exegese zu Matthäus 12,9-14. Die Heilung der verdorrten Hand am Sabbat

©2011 Hausarbeit 25 Seiten

Zusammenfassung

Dies ist eine exegetische Arbeit zu der Perikope Matthäus 12,9-14 der Heilung der verdorrten Hand am Sabbat.
Eingeteilt in:
Übersetzungvergleich
Textanalyse
Literarkritik
Formgeschichte
Traditionsgeschichte
Redaktionsgeschichte
Gesamtinterpretation

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Übersetzungsvergleich

3. Textanalyse
3.1 Abgrenzung
3.2 Gliederung
3.3 Narrative Analyse
3.4 Syntaktische Analyse
3.5 Semantische Analyse

4. Literarkritik

5. Formgeschichte

6. Traditionsgeschichte

7. Redaktionsgeschichte

8. Gesamtinterpretation

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Mein Interesse für die Perikope Mt 12,9-14 hat mehrere Ursprünge. Zum einen bin ich von dem Jesus als Heiler begeistert. Seine Heilungen und Wohltaten, seine Nächstenliebe und Barmherzigkeit machen für mich sein Sein aus. Jesus der Heiler gibt mir Hoffnung und Kraft. Aus diesem Grund entschied ich mich dazu eine Wunderheilung Jesu in meiner exegetischen Arbeit zu untersuchen. Ich stieß auf die Geschichte der Sabbatheilung der verdorrten Hand beim Durchstöbern des Matthäusevangeliums. Für dieses entschied ich mich, da er den Lehrcharakter des Jesu in seinen Geschichten besonders hervorhebt im Gegensatz zu den anderen Evangelisten. Diese Auslegung Jesu spricht mich in Bezug auf meine berufliche Zukunft an. Die gefundene Perikope weckte mein Interesse, da mich auch schon Diskussionen über den Sabbat in verschiedenen Theologieseminaren sehr interessierten. Es reizte mich, da diese Geschichte zwei für mich interessante Aspekte enthielt, die schwer zu verbinden sind: Heilung und Sabbat. Zum anderen wollte ich schauen, ob der Sabbat auch noch eine Bedeutung für mich meinen Glauben und meinen Alltag hat oder, ob er allein für die Juden eine Bedeutung hat.

So finde ich diese Perikope um Jesus äußerst spannend und entschied mich daher, sie für die Exegese näher zu untersuchen. Ziel dabei ist es, den Text im Gesamtzusammenhang zu betrachten, herauszuarbeiten was der Autor vermitteln wollte, und zu erfahren, wie dies früher verstanden wurde und wie es heute gedeutet wird.

2. Übersetzungsvergleich

In der vorliegenden Arbeit werden die Lutherbibel (im folgenden LB), die Elberfelder Bibel (EB), die Gute Nachricht Bibel (GNB) und die Einheitsübersetzung mit der Interlinearübersetzung des Novum Testamentum Graece (im folgenden NTG), der Arbeitsgrundlage für eine Textkritik, miteinander verglichen. Bei jedem einzelnen Vers wird versucht, dem originalen griechischen Text nahe zu kommen, dabei wird vor allem auf Orte, Namen und Tempora geachtet.

Vers 9: Sowohl die EB, wie auch die LB beginnen mit dem Wort „und“, so wie es auch im NTG der Fall ist. Die Einheitsübersetzung benutzt hingegen das Wort „darauf“ und die GNB gar keines. Nur die GNB betitelt Jesus wörtlich, bei den anderen Übersetzungen, wie auch im NTG wird Jesus als „er“ benannt. Der Ort, an dem Jesus ankommt, wird in allen Übersetzungen als „ihre Synagoge“ bezeichnet.

Vers 10: Im NTG beginnt V10 mit „Und siehe“. Dem folgen sowohl die LB, wie auch die EB, aber nicht die anderen beiden Übersetzungen. „Mann“ so wie es im NTG lautet, findet sich nur in der GNB und der Einheitsübersetzung. LB und EB benutzen hier das Wort „Mensch“. Die „vertrocknete Hand“ findet sich in keiner Übersetzung wieder, hier heißt es entweder „verdorrte Hand“ oder wie in der GNB „ abgestorbenen Hand“. Der ursprünglichen Frage „Ist es erlaubt, am Sabbat zu heilen?“ ist bei allen anderen Übersetzungen fast gleich. Am wörtlichsten ist jedoch die EB. Auch der EB-Text benutzt wie das NTG das Wort „anklagen“, in der LB Übersetzung wird „verklagen“.

Vers 11: Das Wort „sagte“, welches so im NTG steht, übersetzen die LB und die EB mit „sprach“, die anderen beiden mit „antwortete“. Im nächsten Abschnitt benutzt nur die EB Übersetzung wie das NTG das Wort „Mensch“, die anderen haben es gestrichen. „Schaf“ und die Wortwahl „Sabbat in eine Grube“ haben alle Übersetzungen übernommen. Der nächste Abschnitt ist bei der LB, der EB und der GNB außer kleinen Umformungen dem NTG wörtlich gleich. Die Einheitsübersetzung benutzt nur das Verb „herausziehen“. Im NTG steht jedoch „ergreifen wird es und herausziehen“. Zwar haben alle anderen Bibeln ebenso zwei sinnverwandte Verben hierfür benutzt, doch nur die EB gebraucht dieselben Wörter.

Vers 12: „Mensch“, „Schaf“ und „Sabbat“ finden sich in allen Übersetzungen. Wortwörtlich übernimmt keine der Übersetzungen die Aussage Jesu aus dem NTG. Die Einheitsübersetzung kommt der ursprünglichsten hier jedoch am nächsten. Der nächste Satz beginnt mit „daher“, welches keine der Übersetzungen benutzt. Die Gesetzesaussage Jesu im NTG stimmt am ehesten mit der EB und der Einheitsübersetzung überein. Der Ausspruch „ist es erlaubt“ kommt in allen außer der LB vor, hier wird es mit „darf man“ übersetzt. „Gut zu handeln“ wird bei allen in „Gutes zu tun“ umgeformt.

Vers 13: V13 beginnt Im NTG mit „darauf“, bei allen anderen wird es mit „dann“ oder bei der LB mit „da“ übersetzt. „Mann“ bebrauchen nur die GNB und die Einheitsübersetzung. LB und EB benutzen wieder „Mensch“. Das NTG spricht hier im Präsens, dies übernimmt nur die EB so. „Streck aus deine Hand“ und „Und er streckte sie aus“ haben alle Übersetzungen übernommen. Der letzte Abschnitt „und sie wurde hergestellt und gesund wie die andere“ hat die EB fast wortwörtlich übernommen.

Vers 14: Die LB und die Einheitsübersetzung fügen das Wort „aber“ ein. „Die Pharisäer“ werden in allen Texten genannt. Die Übersetzung des NTG „einen Beschluss fassten“ kommt nur umgeformt in der Einheitsübersetzung vor. Die LB und die EB übersetzten die Passage mit „hielten Rat über ihn“. Diese beiden Übersetzungen benutzen im nächsten Abschnitt die Worte „wie sie ihn umbrächten/-bringen“. Im NTG jedoch steht „dass sie ihn umbrächten“.

Die Elberfelder Bibel ist dem NTG am nächsten, daher verwende ich für MT 12,9-14 diese.

9 Und als er von dort weiterging, kam er in ihre Synagoge. 10 Und siehe, da war ein Mensch, der eine verdorrte Hand hatte. Und sie fragten ihn und sprachen: Ist es erlaubt, am Sabbat zu heilen?, damit sie ihn anklagen könnten. 11 Er aber sprach zu ihnen: Welcher Mensch wird unter euch sein, der ein Schaf hat und, wenn dieses am Sabbat in eine Grube fällt, es nicht ergreift und herauszieht? 12 Wie viel wertvoller ist nun ein Mensch als ein Schaf! Also ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun. 13 Dann spricht er zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus, und sie wurde wiederhergestellt, gesund wie die andere. 14 Die Pharisäer aber gingen hinaus und hielten Rat gegen ihn, wie sie ihn umbringen könnten.

3. Textanalyse

3.1 Abgrenzung

Je nach Bibelausgabe und Übersetzung ist die Perikope der Heilung am Sabbat unterschiedlich abgegrenzt und benannt. Es scheint jedoch am plausibelsten, wenn man den Anfang dieser Bibelgeschichte im Ortswechsel in V9 sieht. Eine neue Situation beginnt. Auch zum Ende in V14 erfolgt eine deutliche Trennung, da in Mt 12,15 ebenso ein Ortswechsel stattfindet. Dementsprechend kann hier der Beginn der nächsten Erzählperiode angesehen werden. Und dies trotz der Anknüpfung von V15a “aber als Jesus das erfuhr”(Luther Bibel). Folglich schließe ich mich der Abgrenzung im Nestle-Aland an. Die Texttrenner rechtfertigen die Aufteilung der Sequenz in V 9-14. Auch die Überschrift “Die Sabbatfrage” (EB) erscheint mir treffender als “Der Mann mit der verdorrten Hand” (Schlachter Bibel), da es hier um weit mehr geht als um die Heilung, nämlich um die Heilung am Sabbat und damit das Sabbatgebot.
Das Matthäusevangelium ist in 28 Kapiteln eingeteilt. Die Perikope der Sabbatheilung findet sich in Kapitel 12, der Mitte des Evangeliums. Eine Gliederung des Matthäusevangeliums zu erstellen, ist schwierig, da „der für Mk charakteristische geographische Aufriss ist zwar beibehalten, aber nicht mehr betont…einen Reisebericht gibt es nicht. …größere Erzählabschnitte werden an jenen Stellen nicht eingeleitet.“[1] Daher wurden in der Forschung verschiedene Gliederungsvorschläge entwickelt, zwei sollen hier zur Einordnung von Mt 12,9-14 dienen.

Die Erste, von B.W. Bacon, zeigt fünf große Reden Jesu im Matthäusevangelium auf.[2] In dieser Gliederung befindet sich die zu untersuchende Perikope zwischen der Jüngerrede und der Gleichnisrede. Die zweite Gliederung ist aus folgender Literatur entnommen: Schnelle, Udo: Einleitung in das NT. Hier wird das Evangelium in 13 Abschnitte[3] geteilt, wobei unsere Perikope im Teil MT 11,2-12,50 „Heilungen, Streitgespräche“ eingeordnet werden kann.

Direkt vor der Perikope kommt es zum ersten Sabbatkonflikt um das Ährenrupfen. Diese und die hier zu untersuchende Perikope bilden ein “zusammengehörendes Geschichtenpaar”. Dies lässt sich an der gleichen Thematik erkennen, sowie an dem Punkt, dass die Pharisäer Jesus seit Mt 12,2 begleiten und in unserem Text nicht eigens eingeführt wurden. Ebenso ist der durchgehende Zeitablauf, die verschiedenen gemeinsamen Stichworte und der fast parallele Aufbau[4] auffällig und zeigen, “dass 12,1-8 und 12,9-14 ein zusammengehörendes Geschichtenpaar sind.”[5] Dies hat jedoch nicht Matthäus so zusammengestellt, obwohl man sagen muss, dass er es wohl getan hätte, wenn es nicht schon in der Markusvorlage nebeneinander gestanden hätte.[6]

Nach der Perikope und damit auch der Sequenz der Sabbatthematik folgen die Identifizierung Jesu als Gottesknecht unter Bezugnahme auf Jes 42,1-4 und weitere Konflikte, Beispiel: Die Zeichenforderung der Pharisäer.

3.2 Gliederung

Zum Aufbau der Perikope lässt sich sagen, dass sie sich in fünf Abschnitte teilen lässt.

V9-10a: Die Verse 9-10a bilden die Einleitung, bzw. Exposition der Perikope.

V10b: In diesem Vers wird der Anlass gegeben, bzw. die Frage gestellt, mit dem der Sabbatkonflikt beginnt.

V11.12: Vers 12 ist der Höhepunkt der Perikope, da dieser Jesu Worte beinhaltet.

V13: Vers 13 berichtet kurz und knapp die Heilung des Manns.

14: Vers 14 bildet das Ende und bringt zugleich einen Bruch in die Perikope.

3.3 Narrative Analyse

Die Perikope „ist um das Bildwort vom Schaf in der Grube herum ringförmig nach dem Schema A.B.C.D.C´.B´.A´ komponiert“[7]. Zudem bilden V9 (A) und V14 (A´) Einleitung und Ende. Damit weist der Text einen linear chronologisch, geschlossenen Aufbau auf. B und B´, bzw. C und C´ stimmen inhaltlich, sowie durch bestimmte Worte überein.

Die ersten Verse dienen nur der Ortsangabe (Synagoge) und Personenvorstellung (Jesus, kranker Mensch, Gegner Jesu), bzw. Beschreibung „verdorrte Hand“. Die Worte in V9 „kam er in ihre Synagoge“ (…) bilden mit den Worten aus V14 „Und hinausgegangen die Pharisäer“ eine Einheit, die Anfang und Ende der Perikope darstellt. Zudem stellen die Pharisäer, welche zunächst unbestimmt bleiben Jesus die Frage: „Ist es erlaubt, am Sabbat zu heilen?“ um diesen anzuklagen. V12 ist wohl als Mittelpunkt dieser Perikope anzusehen, da dieser Jesu Worte enthält. Jesu Antwort ist ein einprägsamer Vergleich, beginnend mit einer rhetorischen Frage. Aus dem folgenden Gleichnis wird sofort im Anschluss die Lehre gezogen wird „Darum ist es am Sabbat erlaubt, Gutes zu tun“ (V12b). Von der Wunderheilung wird kurz und knapp berichtet: Jesus befiehlt, der Mann gehorche, und seine Hand wird gesund. Erst im letzten Vers werden die Gegner als Pharisäer charakterisiert. Der letzte Vers zeigt einen Bruch, der durch die negative Reaktion der Pharisäer bezogen auf die Wunderheilung Jesu zustande kommt.

Es lässt sich eine Aneinanderreihung von direkter Rede finden. Außerdem wird das Gespräch umhüllt von der Einleitung V 9-10a und dem Ende V 13b-14.

Eine neutrale außenstehende Person berichtet aus einer externen Perspektive über das Geschehen. Der Erzähler scheint nicht zu verbergen, im Gegenteil er verrät Details, die noch nicht einmal Jesus kennt. In V14 „die Pharisäer aber gingen hinaus und fassten den Beschluss, Jesus umzubringen.“ Kein anderer hat dieses Gespräch und den daraus folgernden Todesbeschluss mitbekommen. Doch der Erzähler weiß davon und berichtet es. Die neutralen Personalpronomen, durch die die Pharisäer genannt werden, zeigen, dass der Erzähler keine Wertigkeit dieser vornimmt. Eine direkte Charakterisierung und Beschreibung der Personen findet nicht statt. Die Handelnden werden durch ihre Taten und Wörter beschrieben: „damit sie ihn anklagen könnten“ und „fassten den Beschluss, Jesus umzubringen“ zeigen die Gewalttätigkeit und Skrupellosigkeit der Pharisäer. Jesus kommt, lehrt und heilt. Der kranke Mensch wird einzig durch die „verdorrte Hand“ beschrieben.

[...]


[1] Conzelmann, Hans; Lindemann, Andreas: Arbeitsbuch zum Neuen Testament. 2004. S.326-327.

[2] (Einleitung (1-2), (3-7; 8-10; 11-13,52; 13,53-18; 19-25) und Schluss (26-28).

[3] (1,1-2,23; 3,1-4,11; 4,12-25; 5,1-7,29; 8,1-9,34; 9,35-11,1; 11,2-12,50; 13,1-52; 13,53-17,27; 18,1-35; 19,1-20,34; 21,1-25,46; 26,1-28,20)

[4] “Exposition: 12,1.10a; Gegnerfrage 12,2.10b; Antwort Jesu 12,3-8.11f;… jüdische Analogie 12,5.11; Überbietung 12,6.12a; inhaltliche Konkretion von der Liebe her 12,7.12b” Luz, S.237.

[5] Luz, Ulrich: Das Evangelium nach Matthäus. 1990. S.237.

[6] vgl. ebd.

[7] ebd.

Details

Seiten
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783656006879
ISBN (Paperback)
9783656564690
DOI
10.3239/9783656006879
Dateigröße
509 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig – Geistes- und Erziehungswissenschaften
Erscheinungsdatum
2012 (September)
Note
1,7
Schlagworte
exegese matthäus heilung hand sabbat
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Titel: Exegese zu Matthäus 12,9-14. Die Heilung der verdorrten Hand am Sabbat