Die schrittweise Heranführung von Kindern eines ersten Schuljahres an den Einsatz von Bodenbildern nach Kett zur Förderung eines vertiefenden Zugangs zu biblischen Texten
Staatsarbeit
Zusammenfassung
[...]
Im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit werde ich mich zur Themenfindung, Begründung der Thematik (auch in Hinblick auf den Lehrplan) und den Lehrerfunktionen äußern. Das zweite Kapitel bildet die theoretische Grundlage der Arbeit. Es folgt im dritten Kapitel die Vorstellung meines Konzeptes in Anlehnung an und Abgrenzung von Kett/Religionspädagogischer Praxis, eine kurze Darstellung der Durchführung und eine knappe Reflexion. Den Schluss bildet die Evaluation der Arbeit mit einem Ausblick auf meine Weiterarbeit.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Thema der Arbeit
1.1.1 Lehrplan und Grundlagenplan
1.1.2 Eingrenzung des Themas
1.2 Fragestellung und erkenntnisleitendes Interesse
1.3 Lehrerfunktionen
2. Theoretische Grundlagen
2.1 RPP nach Franz Kett und Schwester Esther Kaufmann
2.2 Bodenbilder in der RPP
2.3 Vor- und Nachteile der Bodenbildgestaltung nach Kett
3. Konzept
3.1 Lerngruppe
3.2 Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich zu Kett
3.3 Das Material
3.4 Die schrittweise Einführung
4. Durchführung
4.1 Kurze Sachanalyse
4.2 Begründung des Themas der Reihe
4.3 Bausteine der Unterrichtsreihe
5. Reflexion
6. Evaluation und Ausblick
6.1 Schüleräußerungen und Arbeitsergebnisse
6.2 Erkenntnisgewinn
6.3 Kritische Aspekte und Grenzen
6.4 Zusammenfassende Wertung
6.5 Ausblick und Weiterarbeit
7. Literaturverzeichnis
8. Anhang
1. Einleitung
Im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit werde ich mich zur Themenfindung, Begründung der Thematik (auch in Hinblick auf den Lehrplan) und den Lehrerfunktionen äußern. Das zweite Kapitel bildet die theoretische Grundlage der Arbeit. Es folgt im dritten Kapitel die Vorstellung meines Konzeptes in Anlehnung an und Abgrenzung von Kett/Religionspädagogischer Praxis, eine kurze Darstellung der Durchführung und eine knappe Reflexion. Den Schluss bildet die Evaluation der Arbeit mit einem Ausblick auf meine Weiterarbeit.
1.1 Thema der Arbeit
Das Thema der vorliegenden Arbeit lautet „Die schrittweise Heranführung von Kindern eines ersten Schuljahres an den Einsatz von Bodenbildern nach Kett zur Förderung eines vertiefenden Zugangs zu biblischen Texten.“ Durchgeführt wurde dies innerhalb einer Unterrichtsreihe zum Thema Josef.
Seit August 2007 unterrichte ich eine erste Klasse im Fach Religion. Aus der besonderen Situation heraus, dass die Schüler/-innen insbesondere im ersten Halbjahr sehr wenig schreiben und lesen konnten, stellte ich fest, dass sich mein (biblischer) Religionsunterricht methodisch sehr einschränkte. Biblische Geschichten las ich vor, die Verarbeitung des Gehörten beschränkte sich oft auf das Klassengespräch und das Malen. So stellte sich mir bald die Frage, wie ich gerade unter den Bedingungen in einem ersten Schuljahr mein methodisches Repertoire erweitern bzw. eine Methodenvielfalt des Unterrichtes herstellen könnte, um den Kindern einen vertiefenden Zugang zu biblischen Texten zu ermöglichen, aber auch, um ihr Interesse und ihre Motivation am Fach Religion aufrecht zu erhalten bzw. zu steigern. Wichtig war mir insbesondere, die Kinder aus der rein rezeptiven Haltung zu holen. Neben der Möglichkeit des szenischen Spiels, der Arbeit mit Kunstbildern und vielem mehr stieß ich immer wieder auf die so genannte „Kett-Methode“ und die Religionspädagogische Praxis.1 Das entsprechende Material war an meiner Schule nicht vorhanden und auch meine Kolleginnen unterrichteten nicht mit dieser Methode. Die Arbeit mit der RPP und insbesondere den Bodenbildern nach Kett erschien mir vor dem Hintergrund der Forderungen im Lehrplan und im Grundlagenplan gerade für den Anfangsunterricht als geeignete Form für die Vermittlung biblischer Texte.
1.1.1 Lehrplan und Grundlagenplan
Der Lehrplan benennt als fachspezifische Lernformen unter anderem das Lernen mit allen Sinnen, Stille lernen und das Erzählen.1 Der Religionsunterricht soll die Fähigkeiten fördern, „(…) die Welt und das Leben sensibel wahrzunehmen, zu bestaunen, zu befragen und zu deuten. Dafür ist ein Lernen mit allen Sinnen erforderlich. Gerade die Arbeit mit Bodenbildern, das Sichtbarwerden einer Erzählung und die Möglichkeit des handelnden Ausdrucks leisten einen Beitrag zum Lernen mit allen Sinnen.
Im feinen Hinhören, in der differenzierten Wahrnehmung, in der Aufmerksamkeit und in der Sammlung können Schüler und Schülerinnen Wege zu sich selbst und zu Gott finden.“2 Stille zu lernen (durch Musik, die Betrachtung eines Bildes, das Einlassen auf ein Symbol) kann laut Lehrplan Schülern Zugänge zu Gott ermöglichen3 und sie „(…) die Welt und die Dinge des Alltags neu und tiefer (…)“4 entdecken lassen. Dieses Lernen von Stille, das Einlassen auf Symbole und die Arbeit mit Musik wird in der RPP praktiziert (siehe Kap. 2).
Auch auf die Lernform des Erzählens legt der Lehrplan besonderen Wert. Die Tradition des Erzählens prägt den Religionsunterricht.5 Im Erzählen von biblischen Texten mit Hilfe der Bodenbilder nach Kett und dem eigenen Gestalten der Kinder wird das gegenseitige Zuhören, der Austausch über die Erzählung und das Zusammenfinden der Lerngruppe über den Erzählgegenstand gefördert. Wie im Lehrplan gefordert, kann so „(…) der Religionsunterricht zu einer Erzählgemeinschaft werden und Beziehungen stiften.“6
Auch unter Berücksichtigung des Grundlagenplans für den katholischen Religionsunterricht in der Grundschule kann der Einsatz von Bodenbildern nach Kett durchaus sinnvoll sein. So entwickelt sich laut Grundlagenplan das Wahrnehmen und Denken von Kindern in einem komplexen Wechselspiel von Aufnehmen und Ausdrücken.7 Gerade diesem Aspekt wird auch in der RPP Rechnung getragen, indem die Kinder nach einer Phase des Aufnehmens (des Zuhörens, des Betrachtens) immer wieder die Möglichkeit bekommen, sich im individuellen Legen auszudrücken.8 In der RPP wird ebenfalls besonderen Wert auf eine produktive Verlangsamung gelegt1. Auch dies fordert der Grundlagenplan und spricht hier von einer Pädagogik der Verlangsamung, die der Hektik einer heutigen Kindheit entgegenwirken und die Konzentration und die gesammelte Wahrnehmung fördern kann.2 Darüber hinaus empfiehlt der Grundlagenplan „(…) den sinnenhaften Ausdruck des Glaubens in (…) kreativem Tun“3, die Förderung der „(…) Sensibilität für die Sprache der Symbole“4 und die Gestaltung biblischer Erzählungen.5 Ob die Arbeit mit Bodenbildern nach Kett den genannten Punkten aus Richtlinien und Grundlagenplan in der Praxis tatsächlich entsprechen und so einen guten Beitrag zum Religionsunterricht leisten kann, wird sich im Verlauf dieser Arbeit zeigen.
1.1.2 Eingrenzung des Themas
In Kapitel 2 werde ich die RPP nach Franz Kett und Sr. Esther Kaufmann vorstellen. Die RPP ist mehr als die reine Arbeit mit Bodenbildern und „bunten Tüchern“.6 Die RPP ist eine ganzheitliche Methode und beinhaltet viele weitere Elemente (siehe Kap. 2). Die Erprobung all dieser Elemente würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. So habe ich mich entschieden, die Bodenbilder als das zentrale Element der RPP herauszugreifen und dieses in der Praxis zu erproben. Wichtig ist an dieser Stelle schon der Hinweis auf die Themenformulierung „ nach Kett“. Wie in Kapitel 3 gezeigt werden wird, habe ich die Bodenbild-Arbeit der RPP in einigen Punkten an die Bedingungen und Bedürfnisse meiner Lerngruppe angepasst.
Eine Eingrenzung des Themas ergibt sich ebenfalls durch die Arbeit in einer ersten Klasse. Ob und in wieweit die Methode auch mit älteren Kindern durchführbar und sinnvoll ist, wäre gesondert zu erproben.
Innerhalb einer Unterrichtsreihe zur Josefserzählung habe ich mit dem Material gearbeitet. Auch durch diese zeitliche und thematische Festlegung wird das Thema der Arbeit eingegrenzt.
1.2 Fragestellungen und erkenntnisleitendes Interesse
Für meine Arbeit stellen sich mir folgende Fragen:
1. Kann die Arbeit mit Bodenbildern Kindern einen vertiefenden Zugang zu biblischen Texten ermöglichen?
Als vertiefenden Zugang im Zusammenhang mit biblischen Texten sehe ich hier die Fähigkeit, sich mit einer biblischen Person zu identifizieren und das Geschehen auf das eigene Leben zu übertragen. Zu einem vertiefenden Zugang gehören auch die Erkenntnisse von Anliegen und Aussagen des Textes sowie eine Einsicht in die Mehrdimensionalität des Textes.
2. (Wie) kann dieser vertiefende Zugang evaluiert werden?
Da im Fach Religion eben nicht nur überprüfbares Wissen vermittelt wird, stellt sich die Frage nach der Evaluation. Der Begriff „Evaluation“ kann hier sicherlich nicht im streng wissenschaftlichen Sinne verwendete werden. Kann überhaupt objektiv überprüft werden, ob die Schüler/-innen einen vertiefenden Zugang zum Text erlangt haben? In welcher Form wäre das möglich? Diesen Fragen gehe ich in Kapitel 6 nach.
3. Welche Bedingungen müssen gegeben sein, um die Arbeit mit Bodenbildern für den biblischen Religionsunterricht in einem ersten Schuljahr fruchtbar zu machen?
Die RPP ist ursprünglich für den Elementarbereich konzipiert, findet aber mehr und mehr Einzug auch in der Grundschule und sogar in der Sekundarstufe und der Erwachsenenbildung. So stellt sich die Frage, ob und inwiefern die Methoden der RPP (hier die Arbeit mit Bodenbildern) auf das Alter der jeweiligen Lerngruppe angepasst werden muss. Insbesondere ergeben sich aus den organisatorischen Gegebenheiten im Lernraum Schule (Stundentaktung, Raumangebot) andere Bedingungen und damit Umsetzungsmöglichkeiten als dies im Kindergarten der Fall ist.
1.3 Lehrerfunktionen
Das Thema der vorliegenden Hausarbeit bezieht sich auf drei Lehrerfunktionen.1
Unterrichten: Die Arbeit mit Bodenbildern nach Kett habe ich in Form einer Unterrichtsreihe in einer ersten Klasse erprobt. Hierfür habe ich entsprechendes Material gekauft aber auch selber hergestellt. Der Einsatz dieser für die Kinder (und auch für mich) unbekannten Methode hat zur Erweiterung meines Repertoires an Unterrichtsformen beigetragen (Vgl. U2). Weiterhin wurde der durchgeführte Unterricht kritisch reflektiert, was damit Punkt U7 der Kompetenzen und Standards der Rahmenvorgabe entspricht.
Erziehen: Um die Arbeit mit dem vorhandene Material zu strukturieren, um den Kindern Sicherheit zu geben, aber auch, um ein reines „spielen“ mit dem Material zu vermeiden, waren die Stunden geprägt von Regeln und Ritualen (Vergleiche auch Kap.3). So begann der Unterricht immer im vorbereiteten Sitzkreis. Die Stelle, an der das Legematerial bereitstand, war für die Kinder eindeutig als mein Platz erkennbar. Für das Sitzen auf den Teppichfliesen gab es ebenso eindeutige Regeln (jeder hat genau eine Fliese für sich; wir zappeln nicht; wir sitzen im Kniesitz oder im Schneidersitz; wir beugen uns nicht nach vorn, damit jeder sehen kann) wie auch für das freie Legen (nur eine bestimmte Anzahl von Material nehmen; kein Streit um das Material). Auf den sorgfältigen Umgang mit dem Legematerial wurde (auch im Sinne der RPP) geachtet. Im Sitzkreis galt außerdem wie im übrigen Unterricht die Melderegel und bei Gesprächen wurde die Meldekette verwendet. Diese eindeutigen Verhaltensregeln wurden natürlich auch von mir eingehalten, so dass ich mit meinem Verhalten vorbildhaft wirken konnte (Vgl. E1). Die Regeln gaben den Kindern außerdem Sicherheit und Orientierung (Vgl. E3, Orientierung geben). In der Arbeit mit den Bodenbildern wurde auch das soziale Lernen gefördert, indem großen Wert darauf gelegt wurde, in Phasen des individuellen und gemeinsamen Legens Rücksicht aufeinander zu nehmen, das Material untereinander zu teilen und in der Präsentation jedes Kind zu Wort kommen zu lassen. Auf den Aspekt des Teilens von Material habe ich in dieser Klasse deshalb besonderen Wert gelegt, weil viele der Kinder ohne Geschwister aufwachsen und mir auffiel, dass einige der Kinder Probleme mit dem Teilen haben. Außerdem wurde in den Phasen der Präsentation eigener Legeergebnisse das Zuhören eingeübt. (Vgl. E3, Wertebewusstsein entwickeln).
Evaluieren, Innovieren und Kooperieren: Die Reflexion des Unterrichts und die Evaluation der Ergebnisse ist Teil dieser Hausarbeit und deckt damit auch die Lehrerfunktion EIK ab. Hierzu gehört auch, dass aus den Erfahrungen und den Erkenntnissen Konsequenzen für die Weiterarbeit gezogen werden (Vgl. EIK4).
2. Theoretische Grundlagen
2.1 RPP nach Franz Kett und Schwester Esther Kaufmann
Seit 1978 erscheint vierteljährlich die Zeitschrift „Religionspädagogische Praxis“ beim gleichnamigen Verlag. Die RPP ist entstanden in der Zusammenarbeit von Schwester Esther Kaufmann und Franz Kett. Ursprünglich wurde sie für den Elementarbereich entwickelt. Seit den 90er Jahren findet sie auch in den Schulen Einzug.1 Sie versteht sich als ganzheitliches Konzept, das „(…) religiöse Bildung nicht losgelöst von einem Gesamterziehungsprogramm (…) sondern darin eingebettet“1 sieht. „Die RPP ist nicht in Anlehnung an eine bestimmte Theorie entstanden, sondern (…) induktiv und aus der Praxis.“2 Martin Schneider fasst in seinem Buch „Religionspädagogische Praxis als Weg ganzheitlicher Erziehung“ die Ansätze der RPP zusammen.
Grundlegend für die RPP ist deren Menschenbild als Ausgangspunkt für ihre Pädagogik. Schneider fasst es in folgender Kurzformel zusammen: „Der Mensch ist ein Individuum und auf Selbstwerdung angelegt. Er ist dabei verwiesen auf andere Menschen und eingebunden in die Umwelt. Der Mensch ist eine leib-seelisch- geistige Einheit und Ganzheit. Sein Leben zentriert sich um eine personale Mitte. Ursprung und Ziel des Menschen liegen in einem absoluten schöpferischen Sinn- und Seinsgrund.“3
Schneider filtert 12 Prinzipien der RPP heraus.4 Im Zusammenhang mit der vorliegenden Hausarbeit schienen vier dieser Prinzipien als besonders erwähnenswert: Das Prinzip der Sammlung soll das menschliche Verbundensein untereinander aktivieren und zu einer Bewegung nach innen führen.5 Nach dem Prinzip der Zentrierung ist eine Ausrichtung nach einem Zentrum, einer Mitte wichtig.6 Dazu dienen u.a. Übungen, um die innere Mitte zu finden aber auch ganz konkret die Tatsache, dass Bodenbilder immer in der Mitte des Kreises gelegt werden.7 Nach dem Prinzip der Verinnerlichung und Veräußerung ist nach einem positiven Eindruck auch der Ausdruck des Kindes über das, was es berührt hat wichtig. „Lebendigkeit und Entwicklung braucht Eindruck und Ausdruck.“8 Im von Schneider benannten Prinzip der Stellvertretung wird deutlich, dass die RPP der Arbeit mit Symbolen, Zeichen, Gesten, Vorstellungsbildern und Assoziationen einen hohen Stellenwert beimisst.9
Die Inhalte der RPP sind nicht auf biblische Texte beschränkt. Weil die RPP thematisch arbeitet, wird darüber hinaus auch mit Legenden, Märchen und Bildergeschichten gearbeitet. So können den Kindern verschiedene Zugänge und Aspekte zu einem Thema angeboten werden.10
Wie schon in Kapitel 1 angedeutet, beschränkt sich die Pädagogik der RPP nicht allein auf die Arbeit mit Bodenbildern, auch wenn sie darauf häufig reduziert wird.
Vielmehr wird mit einer Fülle von Methoden gearbeitet. Diese sind u.a.:
Sensibilisierung, Identifikation, Assoziation, Körpersprache, Klänge, Musik, Lieder, Tanz und Veranschaulichung.
Die RPP folgt immer einem bestimmten Phasenmodell. Die einzelnen Phasen werden bezeichnet als Hinführungsphase, Begegnungsphase, Gestaltungsphase und Deutungsphase.
2.2 Bodenbilder in der RPP
Die Gestaltung von Bodenbildern ist das zentrale Element der Arbeit der RPP. „Unterrichtsgestaltung ist ohne Bodenbildgestaltung nicht vorstellbar.“1 Die RPP sieht in der Bodenbildgestaltung keine Methode, sondern vielmehr einen didaktischen Weg.2 Im Gestalten wird die Fortführung des Schöpfungsauftrages gesehen.3 Durch das Bodenbild soll die Erzählung zu einer Erlebnisgestalt werden. Um einen ganzheitlichen Zugang zu ermöglichen, ist das Gestalten handlungsorientiert (im Sinne der Erfahrungsspirale) und durch die Bodenbilder anschaulich.4 Ein Lernen mit allen Sinnen wird dadurch erreicht, dass die Erzählung nicht nur auditiv aufgenommen wird, sondern eben auch visuell.5 Über die Bodenbilder hinaus wird die Erzählung außerdem in Mimik, Gebärden und Bewegung übertragen.6 In seiner mandalaartigen Form soll das Bodenbild sichtbares und zeichenhaftes Gebet werden. Aber auch Schauplätze biblischer Texte können sichtbar gemacht werden.7
In der RPP gibt es zwei Arten des Gestaltens: das gemeinsame Gestalten und das individuelle Gestalten. Dabei folgt die Sequenz (im schulischen Bereich der Unterricht) stets der Reihenfolge „einführendes Gestalten“ -„Fortgestalten“ - „verarbeitendes Gestalten“. Vorangestellt wird die Versammlung im Stuhlkreis mit einer kurzen Phase der Sammlung. Dies kann zum Beispiel durch eine Stilleübung oder andere von der RPP angeregte Übungen erfolgen (Z.B. sollen die Kinder den Mittelpunkt des Stuhlkreises mit den Augen finden oder markieren, einem Ton nachlauschen etc.) Im einführenden Gestalten wird der Blick dann auf den anzuschauenden Gegenstand gelenkt. Die Führung liegt in dieser Phase beim Lehrer/Erzieher8, die Erfahrungs-, Vorstellungs- und Bilderwelt der Kinder soll geweckt werden.1 Im Fortgestalten wird das Mittelbild dann gemeinsam (unter Anleitung des Lehrers) mit erweiternden und vertiefenden Aspekten gestaltet. Die Erfahrungen und Eindrücke der Kinder werden nun sichtbar gemacht.2 Das verarbeitende Gestalten wird als eine abschließende Ergänzung betrachtet. Nun können die Kinder frei mit bereitgestelltem Material ein individuelles Bild legen, meist an den äußeren Rand des Mittelbildes auf ein kleines Deckchen oder Ähnliches. Die Kinder können in diesem freien Legen zeigen, welche Aspekte sie von der Anschauung aufgenommen haben und sie können Gedanken und Empfindungen darstellen. Nach einer Phase der Konzentration kommt diese Phase der Aktivität und Bewegung den Kindern entgegen. Außerdem hat das Kind nun die Möglichkeit, innerlich bei der Sache (dem Anschauungsgegenstand, der Geschichte, dem Symbol) zu verweilen.3 Darum sollte die Gestaltungsphase auch „(…) in Ruhe stattfinden, eventuell von meditativer Musik begleitet. Jeder sollte seinen Gedanken nachhängen und ganz für sich arbeiten dürfen.“4 Indem jedes Kind in dieser Phase seinen Teil zur Fortgestaltung des Bildes beiträgt und damit seinen Anteil sichtbar macht, wird das Mittelbild zum Spiegelbild der Gruppe.5 Wichtig ist in dieser Phase, dass der Lehrer keine offensichtlichen Anforderungen an ein besonders schönes Bild stellt oder sonstige Erwartungen im Raum stehen.6 Von der Grundidee her sollte es bezüglich des Materials und des Themas keinerlei Vorgaben geben. Da dies allerdings erst eingeübt werden muss, schlägt auch Franz Kett eine anfängliche Regulierung in Form einer Vorauswahl des Materials und offen formulierte Gestaltungsideen vor.7 Im Anschluss an das verarbeitende Gestalten sollen alle Ergebnisse der Kinder betrachtet werden. Die Kinder dürfen Fragen stellen, erzählen und beschreiben, was sie gelegt haben. Dabei sollte aber keine Wertung erfolgen, auch sollte der Lehrer mit psychologischen Deutungen vorsichtig sein.8 Wenn es möglich ist, empfiehlt die RPP das Bodenbild noch einige Zeit im Raum zu belassen, evtl. sogar bis zur nächsten Sequenz. Im Schulalltag ist dies kaum zu verwirklichen. Wenn ein Bodenbild aufgelöst wird, spricht die RPP nicht von Aufräumen, sondern von Aufheben. Dabei kann dies mit Hilfe der Kinder erfolgen (wobei der sorgsame Umgang mit dem Material und soziale Fähigkeiten geschult werden können) oder der Lehrer hebt das Bild selber auf, nachdem die Kinder den Raum verlassen haben.1
Die Gestaltung des Bodenbildes erfolgt immer in der Mitte der im Kreis versammelten Teilnehmer. Im Kreis sitzend wird besonders deutlich, dass die Teilnehmer sich ganz auf den in der Mitte liegenden Gegenstand/das Bodenbild konzentrieren und über die Verarbeitung des in der Mitte dargestellten Themas in einen Interaktionsprozess eintreten.2
Wichtig ist auch die Gestaltung auf dem Boden. Neben dem ganz praktischen Vorteil, dass so genügend Platz für das Bild ist und alle Kinder gut sehen können, begründet die RPP das Gestalten am Boden auch mit ihrem Ziel, symbolhaft das Schöpfungswerk fortzusetzen. So wird hier von erdnaher und erdhafter Haltung gesprochen.3
Die RPP sieht es als unabdingbar an, dass Kinder (wieder) lernen, die Sprache der Bilder und der Symbole zu verstehen, insbesondere um auch biblische Texte in ihrer Bedeutungsdichte und Vielschichtigkeit erfahren zu können. So geht es nicht um reine Illustration, die Gestaltungen sind immer auch symbolhaltig.4
2.3 Vor- und Nachteile der Bodenbildgestaltung nach Kett
Für den biblischen Religionsunterricht gibt es vielfältige Methoden, die von der mündlichen Erzählung und dem Einsatz von Bildern bei der Präsentation der Texte sowie von der schriftlichen Verarbeitung bis zu künstlerischen Darstellungen wie Malen, Zeichnen, Modellieren und szenischem Spiel bei der individuellen Verarbeitung reichen. In der RPP werden die Präsentation von biblischen Erzählungen und das individuelle Umgehen mit dem Erlebten, die Verarbeitung zumeist in der Gestaltung von Bodenbildern umgesetzt. Doch welche Vorteile - möglicherweise aber auch Nachteile - hat dieser didaktische Weg?
Kinder begreifen durch Ergreifen. Ihr Ergriffensein drücken sie durch Gesten, Bewegung, Spiel usw. aus. Im Elementarbereich haben Kinder hierzu zumeist genügend Möglichkeiten, die mit Eintritt in die Schule drastisch abnehmen.5 Im Gestalten von Bodenbildern ist die Einheit von Eindruck und Ausdruck gegeben. Positiv ist auch, dass Kindern nach Phasen der Konzentration im individuellen Gestalten eine Phase der Aktivität und Bewegung geboten wird. Dem entspricht auch das Material der RPP. Es ist anschaulich, handlungsorientiert1 und bietet einen hohen Aufforderungscharakter. Auch wird auf die Ästhetik des Materials großen Wert gelegt. So sollen die Materialien von guter Qualität sein und möglichst in kostbar aussehenden Gefäßen verwahrt werden.2 Durch die Ästhetik des Materials sind zumeist das Interesse und die Motivation der Kinder sehr hoch, was in der Folge Disziplinprobleme verringert.3 Katja Baur sieht auch darin einen Vorteil, dass insbesondere Kinder, die wenig Möglichkeiten haben sich auszudrücken, im individuellen Gestalten ihre Eindrücke verarbeiten und sich selber zum Ausdruck bringen können.4
Ein großer Vorteil in der Arbeit mit Bodenbildern liegt insbesondere darin, dass ein Lernen mit mehreren Sinnen ermöglicht wird. So wird eine Erzählung nicht nur akustisch, sondern auch visuell dargeboten, die Verarbeitung erfolgt handelnd (taktil).5 Das verarbeitende Gestalten spricht die Fantasie und Kreativität der Kinder an.6 Insbesondere die Arbeit mit verschiedenen Farben weckt Assoziationen und ermöglicht den Ausdruck von Emotionen.7 Die RPP bietet neben der Visualisierung durch Bodenbilder wie oben erwähnt auch Gesten, Mimik, Gesang und Tanz als weitere Zugänge an. So wird die rechte Gehirnhälfte aktiviert.8
Ein Anliegen der RPP ist insbesondere, den Kindern einen Zugang zu bildlicher und symbolhafter Sprache zu vermitteln. Denn die heute oft vorherrschende Schulung von technokratischem und funktionalem Denken soll nicht auf Kosten des Bild- und Zeichenverständnisses gehen.9 Dem entspricht die Arbeit mit Bodenbildern insbesondere dann, wenn nach dem Modell der Erfahrungsspirale der RPP vorgegangen wird.
Ein wichtiger Vorteil ist vor allem, dass die Kinder im Gestalten mit Legematerial im Gegensatz zum Schreiben oder Malen freier sind von Leistungs- und Konkurrenzdruck. Es werden keine besonderen motorischen Fähigkeiten benötigt, die das Leistungsvermögen eines Grundschulkindes übersteigen würden. So sind wirklich alle Kinder in der Lage, ein ihren Vorstellungen entsprechendes, ästhetisch ansprechendes Bild zu gestalten. Auch hier wird wieder ein Vorteil gerade für
schwächere Schüler/-innen deutlich. Aber auch für alle anderen Kinder bietet sich hier eine Ruhephase vom Leistungsdruck der übrigen Fächer.
Das soziale Lernen wird ebenfalls in der Arbeit mit Bodenbildern gefördert. Zum einen lernen die Kinder ganz praktisch, aufeinander Rücksicht zu nehmen, indem sie Material miteinander teilen und auf die Legearbeiten der anderen aufpassen müssen. Die Kinder lernen im individuellen Fortgestalten in Beziehung zu sich selbst aber auch die bewusste Wahrnehmung des anderen.1 Sie kommen über den Lerngegenstand miteinander ins Gespräch, in Verbindung. Dabei bleibt kein Kind ausgeschlossen, denn jedes Kind ist durch sein Legebild in der Mitte präsent.2 Es wird also das individuelle und das gemeinschaftsbezogene Lernen gefördert.3 Auch konzentrationsschwachen Schülern/Innen wird durch das ständig präsente Bodenbild und die Visualisierung des Lerngegenstandes die Möglichkeit gegeben, immer wieder neu in das Geschehen einzusteigen, so dass auch wirklich alle Kinder aktiv teilnehmen und teilhaben können.
Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist die Chance, dass Kinder über die Arbeit mit Bodenbildern Freude am Fach Religion erleben. Diese Freude am Fach ist wohl die Grundvoraussetzung dafür, sich auf religiöse Inhalte und Themen überhaupt einzulassen um so einen tieferen Zugang zu den biblischen Texten zu erlangen. Doch Katja Baur hat in ihrem Buch „Symbolisieren als Gestalten“ auch Nachteile der Methode herausgestellt. Als Hauptkritikpunkt führt sie an, dass die Kinder stark geführt werden. Dies ergibt sich aus folgenden Punkten: Im Gestalten dominiert das ausschmückende und nachvollziehende Gestalten, nicht aber die Auseinandersetzung mit und der Ausdruck von Aspekten, die die Kinder wirklich bewegen. Dies ergibt sich auch aus der Auswahl des Legematerials, das nach Baur die gestalterische Fantasie dadurch einschränkt, dass auf Plastikspielzeug und Gegenstände aus der kindlichen Lebenswirklichkeit verzichtet wird. So wird das Gestalten leicht auf ein Ausschmücken in vorgegebenen Gestaltungsrahmen beschränkt und die Kinder gestalten nicht das, was sie bewegt, sondern gestalten die Vorgaben der Autoren nach und das Lernen bleibt stark auf dem Niveau des Nachvollzugs.4 Außerdem bleibt die Deutung in der Hand des Lehrers, es ist kein gemeinsames Tun, sondern vielmehr eine Erklärung durch den Lehrer.5 Auch Zusammenhänge zwischen dem biblischen Text und der eigenen Lebenswirklichkeit
[...]
1 Im Folgenden RPP.
1 Vgl. Lehrplan, S.153.
2 Ebd.
3 Vgl. Lehrplan S.153.
4 Ebd.
5 Ebd.
6 Ebd.
7 Vgl. Grundlagenplan S.11.
8 Vgl. RPP, 84/3 S.49.
6 Ebd.
1 Vgl. Baur, S.306.
2 Vgl. Grundlagenplan S.11.
3 Grundlagenplan S.12.
4 Grundlagenplan S.28.
5 Vgl. Grundlagenplan S.29.
6 Vgl. dazu auch Kett in: Schneider, RPP als Weg ganzheitlicher Erziehung, S.10. 3
1 Entsprechend der Kompetenzen und Standards der Rahmenvorgabe.
1 Vgl. Baur, S.17.
1 Schneider, S.9.
2 Schneider, S.10.
3 Schneider, S.20.
4 Vgl. Schneider, S.32.
5 Vgl. Schneider, S.34-35.
6 Ebd.
7 Vgl. Schneider, S.37
8 Schneider, S.40.
9 Vgl. Schneider, S.47.
10 Vgl. Schneider, S.52-56.
1 Baur, S.91.
2 Vgl. Baur. S.93.
3 Vgl. RPP 2003/04 S.37.
4 Vgl. Baur, S.90.
5 Vgl. Baur. S.215.
7 Vgl. Baur. S.91.
8 Im Folgenden nur noch Lehrer, da sich diese Arbeit auf den Einsatz in der Schule bezieht. 7
1 Vgl. RPP 1984/3, S.45ff.
2 Vgl. RPP 1984/3 S.47ff.
3 Vgl. RPP 1984/3 S.49.
4 RPP 2003/4, S.37.
5 Vgl. RPP 2003/4, S.34.
6 Vgl. RPP 1984/3 S.50.
7 Vgl. RPP 2003/4, S.37.
8 Vgl. Baur, S.93.
1 Vgl. RPP 1984/3, S.42.
2 Vgl. RPP 2003/4, S.33 und RPP 2002/1, S.22.
3 Vgl. RPP 1999/2, S.10.
4 Vgl. RPP 2003/4 S.35. Eine (kritische) Betrachtung des Symbolverständnisses in der RPP auch im Vergleich zu anderen symboldidaktischen Ansätzen würde hier zu weit führen, siehe hierzu Baur, S.145 ff. Sowie RPP 2002/1 und RPP 1984/3 S.54 ff.
5 Vgl. RPP 1984/3, S.43.
1 Vgl. Baur, S.90).
2 Vgl. RPP 1984ä73, S.32.
3 Vgl. Baur, S.17.
4 Vgl. Baur, S.242.
5 Vgl. Baur. S.215
6 Vgl. RPP 1984/3 S.49.
7 Vgl. RPP 1984/3 S.32.
8 Vgl. Baur. S.222.
9 Vgl. RPP 1984/3, S.44.
1 Vgl. Baur, S.305.
2 Vgl. Baur, S.91 und 100.
3 Vgl. Baur, S.17 und 302.
4 Vgl. Baur, S.92/95/305.
5 Vgl. Baur, S.97.