Die Anfänge des Buchdrucks am Beispiel der Weltchronik von Hartmann Schedel
Zusammenfassung
Auf Grund der Detailfülle der Schedelsche Weltchronik wurde sie von zahlreichen Chronisten und Autoren nach ihrem Erscheinen als Quelle benutzt. Dies wird auf der einen Seite durch die explizite Nennung als Quelle, aber auch mit Hilfe durchgeführter Textvergleiche deutlich. Dabei scheinen vor allem die Städteansichten der Weltchronik eine besondere Bedeutung zu haben.
Allerdings lassen sich in der Literatur auch kritische Stimmen finden, die Schedels Werk neben allem Lob unter anderem ,,als eine imposante Ab-, Um- und Nachschreibe-Arbeit" bezeichnen. Nicht nur aus diesen weiter zu erörternden Vorwürfen sowie den Leistungen der
Weltchronik hat sich die Schedelsche Weltchronik als Forschungsfeld etabliert, sondern auch aufgrund der einmaligen Funde zu diesem Nürnberger Projekt. So sind z.B. die handschriftlichen Manuskript- und Bildvorlagen sowie fünf abgeschlossene Verträge aus den Jahren 1491 bis 1509 zu der Weltchronik erhalten geblieben. Darüber hinaus verfügt die Forschung auch über die Schedelsche Bibliothek, welche die Quellengrundlage zur Verfassung der Chronik darstellte und heute in weiten Teilen in der Bayrischen Staatsbibliothek in München aufbewahrt wird. In der vorliegenden Arbeit wird die Erfindung des Buchdrucks näher beschrieben und dabei besonders auf eines der bedeutendsten Werke seiner Zeit, der Schedelschen Weltchronik, eingegangen. Dabei werden das Werk sowie seine Bedeutung für die Folgezeit näher betrachtet. Somit dient die Arbeit eher als Übersichtswerk. Dennoch stellt sich bei der Betrachtung die Frage nach der Bedeutung der Weltchronik von Hartmann Schedel als wegweisendes Beispielwerk der Inkunabelzeit.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Weg von den Hieroglyphen zur Schrift von Heute
3. Die Erfindung des Buchdrucks
3.1. Johannes Gutenberg: Erfinder des Buchdrucks mit bewegten Lettern
3.2. Erste gedruckte Werke
3.3. Was sind Inkunabeln
4. Die „Schedelsche Weltchronik“
4.1. Der Auftraggeber Hartmann Schedel
4.2. Der Drucker Anton Koberger
4.3. Der Aufbau und die Daten der Weltchronik
4.4. Die Weltchronik als Spiegel der zeitgenössischen Weltanschauung
4.5. Die Bedeutung der Weltchronik bis in die heutige Zeit
5. Fazit
6. Literatur
6.1. Primärliteratur
6.2. Sekundärliteratur
1. Einleitung
Die aus dem Jahr 1493 stammende Schedelsche Weltchronik hat in der Forschung eine große Bedeutung und dadurch ein hohes Ansehen. Die Chronik gilt neben den Bibeldrucken als das bedeutendste Verlagserzeugnis dieser Zeit. Diese Sonderstellung liegt zum einen darin begründet, dass die Chronik das spätmittelalterliche Welt- und Geschichtsbild beinhaltet, aber auch daran, dass es sich wohl um die aufwändigste und kostenintensivste Verlagsproduktion der Inkunabelzeit1 handelt. Darüber hinaus gilt es als das bildreichste Werk des ausgehenden 15. Jahrhunderts.2
Auf Grund der Detailfülle der Schedelsche Weltchronik wurde sie von zahlreichen Chronisten und Autoren nach ihrem Erscheinen als Quelle benutzt. Dies wird auf der einen Seite durch die explizite Nennung als Quelle, aber auch mit Hilfe durchgeführter Textvergleiche deutlich. Dabei scheinen vor allem die Städteansichten der Weltchronik eine besondere Bedeutung zu haben.
Allerdings lassen sich in der Literatur auch kritische Stimmen finden, die Schedels Werk neben allem Lob unter anderem ,,als eine imposante Ab-, Um- und Nachschreibe-Arbeit"3 bezeichnen. Nicht nur aus diesen weiter zu erörternden Vorwürfen sowie den Leistungen der
Weltchronik hat sich die Schedelsche Weltchronik als Forschungsfeld etabliert, sondern auch aufgrund der einmaligen Funde zu diesem Nürnberger Projekt. So sind z.B. die handschriftlichen Manuskript- und Bildvorlagen sowie fünf abgeschlossene Verträge aus den Jahren 1491 bis 1509 zu der Weltchronik erhalten geblieben. Darüber hinaus verfügt die Forschung auch über die Schedelsche Bibliothek, welche die Quellengrundlage zur Verfassung der Chronik darstellte und heute in weiten Teilen in der Bayrischen Staatsbibliothek in München aufbewahrt wird.4 In der vorliegenden Arbeit wird die Erfindung des Buchdrucks näher beschrieben und dabei besonders auf eines der bedeutendsten Werke seiner Zeit, der Schedelschen Weltchronik, eingegangen. Dabei werden das Werk sowie seine Bedeutung für die Folgezeit näher betrachtet. Somit dient die Arbeit eher als Übersichtswerk. Dennoch stellt sich bei der Betrachtung die Frage nach der Bedeutung der Weltchronik von Hartmann Schedel als wegweisendes Beispielwerk der Inkunabelzeit.
2. Der Weg von den Hieroglyphen zur Schrift von Heute
Das Buch, wie wir es heute kennen und uns zu hunderttausenden in Bücherläden und Verlagen kaufen oder bestellen können, hat einen langen Weg hinter sich, bis es sich zur heutigen Massenware entwickelte hat. Der Weg des Buches begann mit der Entwicklung der Schrift vor mehreren tausend Jahren. Bereits im dritten Jahrtausend vor Christus entstanden erste Hieroglyphen, die als Bildersprache zu verstehen sind. Sie zeigen in einer Art Bildergeschichte Ereignisse aus der damaligen Zeit.5
Auch die ersten Tontafeln aus der Zeit Mesopotamiens waren nicht mehr als eine Bildersprache, als die Menschheit noch am Anfang ihrer kulturellen Entwicklung stand. Diese bieten uns heute noch Einblicke in längst vergangene Zeiten. Der Bedeutung, Wissen für die Gegenwart und Nachwelt festzuhalten, schienen sich bereits die Völker der Urzeit und Antike bewusst zu sein und fingen an, ihr Wissen auf unterschiedlichste Weisen niederzuschreiben und zu konservieren. Zum einen als Hilfe für das alltägliche Leben aber auch als Wissenssicherung für spätere Generationen. Aus dieser Erkenntnis heraus, fingen die Menschen an, an Techniken zu arbeiten, die ihre geschriebenen Werke dauerhaft sichern sollten.6 Die Qualität des Erzeugnisses lag dabei immer in der Fertigkeit und dem ästhetischen Augenmaß des Menschen, der dieses anfertigte und in seinen manuellen Fähigkeiten. Im Laufe der Jahrtausende entwickelte sich daraus eine perfektionierte Schreibkunst, die als ars artificialiter scribendi bezeichnet wird.7
Anfänglich waren diese jedoch alle noch Bilderschriften. Die Wissenschaftler schätzen, dass das erste Alphabet etwa 1700 vor Christus entwickelt wurde. Unter dem Einfluss der ägyptischen Hieroglyphen entstand durch die nordwestsemitischen Addschaden auf der Halbinsel Sinai ein 22 Buchstaben umfassendes Alphabet, welches in der Wissenschaft als Protosemitisches Alphabet bekannt geworden ist. Dieses bildet vermutlich die Grundlage für die in Europa kommenden Alphabete oder es gilt zumindest als einflussgebend. Wie stark diese Einflüsse waren, sieht man an dem etwa 200 Jahre später entstehenden Phönizischen Alphabet. Dieses gilt als erstes ‚richtiges‘ Alphabet und lässt nur noch wenig Rückschlüsse auf die Bildersprache zu. Das Phönizische Alphabet ist eine abstrakte Abwandlung des Protosemitischen Alphabetes und gilt als Ursprung aller heute in Europa verwendeten Schriften. Aus ihr heraus entwickelte sich unter anderem das griechische, hebräische und lateinische Alphabet, welche für Europa die Schriftzeichen unserer heutigen Zeit darstellen.8 Träger der Schrift waren zuerst Steine, Ton- und Wachstafeln anschließend Papyrus- und Pergamentrollen. Nun war es möglich, Informationen zu speichern und zu fixieren. Dies stellte einen großen Schritt in der Kommunikationsgeschichte dar. Raum und Zeit wurden durchbrochen, da Sender und Empfänger nun nicht mehr zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein mussten.9 Diese Erkenntnis beeinflusste ebenso im hohen Maße die Technik und Industrie. Durch das Verlangen, Informationen zu verbreiten, entwickelte sich bis in die heutige Zeit eine perfekt ausgeprägte Schriftsprache und eine allumfassende Informationsgroßindustrie, die durch dieses Verlangen zu einem allumfassenden Grundpfeiler unserer heutigen Gesellschaft geworden sind. Eine dieser technischen Entwicklungen war die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern. Sie war für die Technisierung der Textverarbeitung der Auslöser zahlreicher kultureller Wandlungen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit.10 In der Geschichtswissenschaft gilt die Erfindung Johannes Gutenbergs als technische Errungenschaft, die das Ende des Mittelalters und den Beginn der Neuzeit beeinflussten und zur Folge hatten.11
In den folgenden Kapiteln soll anhand der Schedelschen Weltchronik, als eines der frühesten Druckerzeugnisse, die Entwicklung des Buchdrucks erläutert und es soll an ihr die Bedeutung für das Ende des Mittelalters und den Beginn der Neuzeit erläutert werden. Dabei wird sowohl auf die Technik als auch auf ihre Bedeutung für die spätere Massenverbreitung von Information und die damit verbundene gesellschaftliche Entwicklung eingegangen.
3. Die Erfindung des Buchdrucks
Der mittelalterliche Mensch betrachtete die Dinge der Welt sub specie aeternitaris, im Lichte der Ewigkeit. Diese, von der Kirche vorgegebene Sicht auf die Welt, reichte vielen Menschen des ausgehenden Mittelalters nicht mehr aus und sie forderten mehr und mehr eine subjektive und zugleich aber auch an der Sache selbst orientierte Weltsicht. Dies war letztendlich auch die Triebfeder des neuen Forscher- und Entdeckerdrangs des sich entwickelnden Humanismus, der die Menschen des ausgehenden Mittelalters zu waghalsigen Unternehmungen und bahnbrechenden Erfindungen inspirierte.12
Eine der Erfindungen aus dieser Zeit war der Buchdruck mit beweglichen Lettern des Johannes Gutenberg. Diese wieder entdeckte Technik veränderte die Kulturlandschaft Europas nachhaltig und bewirkte eine regelrechte Kommunikationsrevolution.13 Daher überrascht es auch nicht, dass in einer 2007 gestarteten Umfrage nach der bedeutendsten Person oder Erfindung der Weltgeschichte, vor allem diese Erfindung genannt wurde, die den Lauf der Geschichte am maßgeblichsten beeinflusst hat. Auf Platz zwei landete die Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus. Mit der Erfindung des Buchdrucks wurde dem Menschen des ausgehenden Mittelalters eine Technik gegeben, die das Transportieren und Verbreiten von Informationen auf eine bis dato noch nie dagewesene Qualität und Quantität hob und sie dadurch zur wohl bedeutendsten und einflussreichsten Erfindung aller Zeiten machte. Experten sind sich einig, dass der Buchdruck die Entwicklung der Menschheit in einer Form vorangetrieben hat, wie es kein weiteres Ereignis, keine Person, Entdeckung oder Erfindung bis zum heutigen Tag vermochte.14
Jedoch war der Weg dorthin lang und die Bedeutung für die Entwicklung der Gesellschaft wurde erst später erkannt. Wie sich diese Entwicklung auswirkte, wer der Erfinder dieser bahnbrechenden Erfindung war, welche Techniken angewendet wurden und welche Bedeutung der Buchdruck für den Werdegang der Menschheit besaß und besitzt, wird in den folgenden Kapiteln beschrieben und am Beispiel ausgewählter Werke erläutert.
3.1. Johannes Gutenberg: Erfinder des Buchdrucks mit bewegten Lettern
Johann Gutenberg wurde als Sohn des Patriziers und Kaufmanns Friedrich (Friele) Gensfleisch und der Mutter Else Wirich als drittes von fünf Kindern geboren. Es wird vermutet, dass Johannes Gensfleisch, so lautete sein Geburtsname, zwischen den Jahren 1394 und 1399 in Mainz am Hof zum Gutenberg geboren wurde. Der genaue Geburtstag des Johannes Gensfleisch ist nicht bekannt, jedoch scheint diese Zeitspanne als wahrscheinlich, da sie sich aus späteren Aufzeichnungen zurückrechnen lässt. Des Weiteren wurde am Hof zum Gutenberg eine Tradition gepflegt, die besagt, dass Söhne, die nicht als Erstgeborene zur Welt kommen und somit nicht den Namen des Vaters erhalten, den Namen des Tagesheiligen der Kirchen am Geburtstag bekommen. Der Name Johannes lässt also auf den Johannistag am 24. Juni schließen. Daher kann vermutet werden, dass Johannes im oben genannten Zeitraum am 24. Juni geboren oder getauft worden ist.15
Das Geburtshaus lag in einem Viertel der Stadt, in der viele Goldschmiedewerkstätten ansässig waren. In diesen Gassen verbrachte Gensfleisch seine Kindheit und kam bereits in jungen Jahren mit dem metallverarbeitenden Handwerk in Berührung, welches vielleicht seine spätere Berufswahl und sein Interesse dafür prägte.16 Des Weiteren gehörten die Vorfahren der Gensfleischs zu den Münzerhausgenossen, die das Metall für die erzbischöfliche Münze zu liefern hatten. Dabei konnte sich Johannes auch mit der Arbeit des Goldschmiedes vertraut machen, die sein Interesse an der Arbeit mit Metall noch verstärkt haben dürfte und ihn später zu einem Meister seines Faches machte.17
Auch die Jahre seiner Jugend bis zum Mannesalter sind nur sehr spärlich dokumentiert. Ob es sich bei dem zum Sommersemester 1418 an der Erfurter Universität immatrikulierten und später promovierten Studenten Johannes de Altavilla um Gutenberg handelt, ist nicht endgültig zu klären. Jedoch sprechen sowohl Gutenbergs sozialer Status als auch seine umfangreichen Kenntnisse über Latein und Literatur in seinen späteren Werken, für einen Besuch einer Universität. Zumal die Universität Erfurt zum damaligen Zeitpunkt die Alma Mater des Erzbistums Mainz war und viele Mainzer, so auch seine Cousins Frilo und Rulemandus, die Universität in Erfurt besuchten.18
Namentlich ist Johannes Gutenberg erstmals 1420 nach dem Tod seines Vaters erwähnt. Friele Gensfleisch stirbt 1419 in Mainz. Im folgenden Jahr müssen sich Gutenberg und seine Geschwister mit ihrer Stiefschwester Patze wegen des Erbteils des gemeinsamen Vaters vor Gericht auseinandersetzen. In diesem Rechtsstreit ging es speziell um eine erbliche Leibrente, die nach dem Tod des Vaters allen Geschwistern anteilig zustand. In den Unterlagen ist Johannes mit dem Namen Henchen erwähnt, der zu dieser Zeit in Mainz als eine übliche Form von Johannes verwendet wurde.19
Ebenso in dieser Zeit erhält der Name Gensfleisch den Zusatz Gutenberg, der in der Folgezeit als Nachname geführt und in seinen späteren Werken genannt wird.20
1428 kommt es in Mainz unter anderem wegen der desolaten finanziellen Lage der Stadt wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen den politisch regierenden Familien, die jeweils von den Patriziern der Stadt oder aber den Handwerkerzünften unterstützt werden. Aus Protest gegen die Steuerforderungen des überwiegend aus Vertretern der Zünfte bestehenden Rates verlassen zahlreiche Mitglieder der patrizischen Familien die Stadt. Unter ihnen war auch Gutenberg. Sein Ziel war vermutlich Straßburg.21 Wo er sich in den Jahren zwischen 1429 und 1434 genau aufgehalten hatte, ist nicht bekannt. Sicher ist jedoch, dass er 1430 nicht mehr in Mainz war, da ihm am 28. März 1430 durch Erzbischof Konrad III in einem Sühnevertrag die Rückkehr in seine Heimatstadt gestattet wurde. Des Weiteren musste ihn seine Mutter bei der Ausfertigung einer Urkunde vertreten, die jedoch 1433 in Mainz verstarb. Ihr Nachlass wurde unter den drei Kindern Friele, Else und Henne (Johannes) Gensfleisch aufgeteilt. Dieses stattliche Erbe verschaffte ihm in Straßburg ein gutes Startkapital, um sein Projekt mit dem Namen Aventur und Kunst in der Straßburger Vorstadt St. Arbogast zu verwirklichen, welches bis heute Anlass zu wissenschaftlichen Spekulationen gibt.22
Die erste urkundliche Erwähnung für Gutenbergs langjährigen Aufenthalt in Straßburg von 1434 bis 1444 erfahren wir erst mit dem Dokument, in dem beschrieben wird, dass Gutenberg den Mainzer Stadtschreiber Nikolaus von Wörrstadt zu Straßburg in Schuldhaft setzen ließ, um 310 Gulden rückständiger Rentenzahlungen vom Rat der Stadt Mainz zu erzwingen. Erst nach langen Verhandlungen und der Bitte der Stadt „um der Ehre und Liebe“23 wegen, veranlasste Gutenberg die Freilassung des Stadtbeamten.24
Gutenberg verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit verschiedenen Projekten in dieser Zeit. Zum einen lehrte er gegen Honorar das Schleifen von Edelsteinen, ein Indiz für seine guten handwerklichen Fähigkeiten, die er in Straßburg zur Meisterschaft entwickelte, zum anderen produzierte er unter anderem mit Andreas Dritzehn Heilsspiegel für die Wallfahrt nach Aachen. Diese Spiegel sollten die Wunderkräfte der Reliquien in Aachen auffangen. Ein mitunter sehr lukratives Geschäft. Die Gewinne, die er aus seinen Geschäften erwirtschaftete, investierte er in ein neues Projekt, über das er mit seinen Teilhabern Stillschweigen vereinbarte. Dadurch ist nur wenig über dieses Projekt bekannt. Jedoch ist durch den Goldschmied Andreas Dünne überliefert, dass er für Gutenberg Gezeug 25 und weitere Dinge hergestellt hat, „das zu dem trucken gehöret“.26 Im Zusammenhang mit dem Geschäftsgeheimnisse ist auch die Rede von einer Presse sowie von Material wie Blei, was darauf hinweist, dass Gutenberg aller Wahrscheinlichkeit nach bereits in Straßburg verschiedene Elemente seiner Erfindung in die Praxis umgesetzt und bereits erste Druckversuche durchgeführt hatte.27 Dieser Eindruck verstärkt sich, nachdem Gutenberg zwischen 1444 und 1448 wieder nach Mainz zurückgekehrt war und auf Vermittlung seines Verwandten Arnold Gelthuß ein Darlehen von 150 Gulden zu 5% Zinsen aufnahm, welches er wahrscheinlich zur weiteren Vervollkommnung seiner Erfindung einsetzte.28
Eine weitere große Summe lieh sich Gutenberg 1450 vom Mainzer Advokat Johannes Fust. Dieses Darlehen belief sich auf 800 Gulden für Gutenbergs kostspieliges Projekt, das neben dem Aufbau einer Druckerwerkstatt auch für die Einstellung lohnabhängiger Gehilfen beträchtliche Geldsummen erforderlich war. Bereits im Jahre 1452 beteiligt sich Fust mit einer weiteren Zahlung von 800 Gulden als Teilhaber an dem gemeinschaftlichen Unternehmen oder, wie es in den Quellen heißt, dem Werk der Bücher. Dass diese Zusammenarbeit nicht ohne Probleme funktionierte, verdeutlicht ein Dokument aus dem Jahre 1455. In diesem Dokument wird über den von Fust gegen Gutenberg wegen der ausbleibenden Zins- und Geldrückzahlungen angestrengten Prozess informiert. Dieses Schriftstück ist nach dem Notar Ulrich Helmasperger benannt und als Helmaspergersche Notariatsinstrument vom 6.11.1455 bekannt geworden.29 Wenngleich nur ein vereinzeltes Aktenstück aus dem gesamten Prozess erhalten ist, stellt es die wichtigste Quelle über Gutenbergs geschäftlichen Verbindungen zu Fust und den Druck der 42-zeiligen Bibel dar.In dem Prozess, dessen Ausgang nicht eindeutig überliefert ist, verliert Gutenberg wahrscheinlich den gesamten Bibeldruck sowie große Teile seiner Druckerwerkstatt.30
[...]
1 Vgl. dazu Kap. 3.4.
2 Vgl.: Rücker, Elisabeth: Hartmann Schedels Weltchronik. Das größte Buchunternehmen der Dürerzeit. Verlag Prestel. München 1988, S. 16f.
3 Schmalzenriedt, Hermann: Zeichen, Bilder, Modelle. ästhetische Betrachtungen in Kunst und Naturwissenschaft. Hirzel-Verlag. Stuttgart 2008, S. 33.
4 Vgl.: Rücker, S. 7.
5 Vgl. dazu: Schenkel, Wolfgang (Hrsg.): Die hieroglyphische Schriftlehre und die Realität der hieroglyphischen Graphien. Hirzel-Verlag. Stuttgart 2003.
6 Vgl.: Ekschmitt, Werner: Das Gedächtnis der Völker. Hieroglyphen, Schrift und Schriftfunde auf Tontafeln, Papyri und Pergamenten. Safari-Verlag. Berlin 1964, S. 6ff.
7 Vgl.: Giesecke, Michael: Von der Schreibstube des Mittelalters zur Druckerei der Neuzeit. In: Gutenberg. 550 Jahre Buchdruck in Europa. Acta humaniora. Weinheim 1990, S. 9.
8 Vgl.: Bollwage, Max (Hrsg.): Buchstabengeschichte. Wie das Alphabet entstand und warum unsere Buchstaben so aussehen. Akademische Druck- und Verlagsanstalt. Graz 2010, S. 21ff.
9 Vgl.: Wilke, Jürgen (2000): Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte. Von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Böhlau-Verlag. Köln 2000, S. 5.
10 Vgl.: Giesecke, Michael: Von der Schreibstube des Mittelalters zur Druckerei der Neuzeit. In: Gutenberg. 550 Jahre Buchdruck in Europa. Acta humaniora. Weinheim 1990, S. 9.
11 Vgl.: Keller, Andreas (Hrsg.): Frühe Neuzeit. Das rhetorische Zeitalter. Akademie Verlag. Berlin 2008, S. 41f.
12 Vgl.: Lundt, Bea (Hrsg.): Europas Aufbruch in die Neuzeit 1500-1800. Eine Kultur- und Mentalitätsgeschichte. Primus-Verlag. Darmstadt 2009, S. 4ff.
13 Vgl.: Der Brockhaus: Geschichte. Personen, Daten, Hintergründe. F. A. Brockhaus. Mannheim 2006, S. 464.
14 Vgl. dazu: Fiswick, Andreas; Renner-Blanchard; Wannow, Kunigunde (Hrsg.): Die 500 wichtigsten Ereignisse der Weltgeschichte. Chronik griffbereit-Verlag. Berlin 2007.
15 Vgl. dazu: Ruppel, Aloys (Hrsg.): Johannes Gutenberg. Sein Leben und sein Werk. Verlag Bebrüder Mann. Berlin 1947, S. 29.
16 Vgl.: Presser, Helmut (Hrsg.): Buch und Druck. Aufsätze und Reden. Scherpe Verlag. Krefeld 1974, S. 7.
17 Vgl.: Ruppel, S. 30.
18 Vgl.: Schneider, Cornelia: Gutenberg. Der Erfinder und seine Bücher. In: Gutenberg. 550 Jahre Buchdruck in Europa. Acta Humaniora. Weinheim 1990, S. 46.
19 Vgl.: Ruppel, S. 32.
20 Nachnamen waren im ausgehenden Mittelalter noch nicht festgelegt und konnten im Laufe der Zeit auch wechseln. Endscheidend dabei war immer die Orts- und Wohnlage einer Person oder Familie.
21 Vgl.: Presser, S. 7f.
22 Vgl.: Schneider, S. 46f.
23 Ruppel, S. 36.
24 Vgl. Ebenda, S. 36f.
25 Gezeug ist ein Begriff, der später für verschiedene Buchstabentypen in der Druckerkunst verwendet wurde.
26 Schneider, S. 46.
27 Vgl.: Ebenda, S. 46f.
28 Vgl.: Ruppel, S. 37ff.
29 Vgl.. Schneider, S. 47.
30 Vgl.: Ruppel, S. 50f.