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Demokratischer Verfassungsschutz und staatliche Parteienfinanzierung: Die Strategie finanzieller Austrocknung der NPD als Alternative zum Parteiverbot

©2010 Bachelorarbeit 57 Seiten

Zusammenfassung

Die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der rechtsextremen NPD ist eine der größten Herausforderungen für das deutsche Parteiensystem. Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die daraus entstehenden Unsicherheiten in der persönlichen Lebensplanung, die Debatte über die Integration von Migranten und die Schwierigkeit vieler Menschen, sich in einer zunehmend komplexeren und unsicheren Welt zurecht zu finden, liefern politischen Rattenfängern von „rechtsaußen“ Zündstoff und werden dies vermutlich auch in Zukunft tun. Ziel der NPD ist es, mit Hilfe der Graswurzelstrategie die Gesellschaft „von der Basis her“ zu unterwandern. Beginnend auf der Gemeindeebene sollen Parteigänger Gemeindevertreterposten und Rathäuser erobern und sukzessive sogenannte „National befreite Zonen“ erschaffen. Als erster Schritt werden dazu gegenwärtig lokale und regionale Bürgerinitiativen gegründet, kommunalpolitische Themen aufgegriffen und medienwirksam populistische Forderungen gestellt.
Die gesellschaftlichen Aktivitäten finanzieren sich zu einem großen Teil mit Hilfe der staatlichen Parteienfinanzierung. Immerhin bestehen 40 % ihres Budgets aus öffentlichen Geldern. Dieser Betrag summiert sich auf rund 1,45 Mio. Euro pro Jahr. Das Paradoxe daran: Je mehr Mittel aus der staatlichen Parteinfinanzierung an die NPD fließen, desto stärker wird sie kampagnenfähig oder anders ausgedrückt öffentlichkeitswirksam. Das heißt, desto intensiver können ihre Mitglieder von unter her gegen das System arbeiten, welches sie andererseits finanziell am Leben hält. An diesem Punkt setzen Strategien an, die auf eine Bekämpfung der NPD mit Hilfe von Gesetzesänderungen im Bereich der Parteienfinanzierung setzen.

Der Druck aus den Medien und der Zivilgesellschaft, etwas gegen die NPD zu unternehmen, ist groß geworden. Aus diesem Grund handelt die vorliegend Arbeit im ersten Kapitel von der Strategie im Kampf gegen die NPD. Anhand von Fakten wird kurz über die Delikte aus dem rechtsextremen Bereich informiert und darüber, dass die Gefahr, die von der NPD ausgeht, noch immer besteht. Anschließend werden die Programme der Bundesregierung unter anderem an Hand von Experteninterviews und Fachquellen beleuchtet. Es wird kurz auf das NPD-Verbot eingegangen sowie auf die Strategie der Gesetzesänderungen, um die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Abschließend komme ich zu einem kurzen Zwischenfazit über Vorgehensweisen gegenüber der NPD.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Ziel der Arbeit
1.2. Aufbau und Vorgehensweise
1.3. Quellen

2. Strategie
2.1. Zwischenfazit

3. Parteien
3.1. Staatliche Parteienfinanzierung
3.1.1. Direkte staatliche Parteienfinanzierung
3.2. Rechenschaftsberichte
3.3. Parteienverbot
3.4. Zwischenfazit

4. NPD - Organisation und Entwicklung
4.1. NPD - Verbotsverfahren
4.2. Rechenschaftsberichte NPD
4.3. Zwischenfazit

5. Gesetzesänderungsmöglichkeiten
5.1. Änderung der Verfassung
5.2. Ergebnis zur Möglichkeit der Verfassungsänderung
5.3. Änderung des Parteiengesetzes
5.4. Zusammenfassung Gesetzesänderung

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Fallzahlen Politisch motivierte Kriminalität - Rechts

Abbildung 2: Rechte Gewalt 2009

Abbildung 3: Potenzial einzelner Personenzusammenschlüsse

Abbildung 4: Wahlergebnisse rechtsextremistischer Parteien

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hinweis

Alle in der vorliegenden Arbeit verwendeten Zitate, bis auf die Aussagen von Herrn Dr. Erb und Herrn Rix, sind im Originalwortlaut wiedergegeben. Rechtschreibung und orthografische Fehler wurden nicht korrigiert. Die Zitate von Herrn Rix, Herrn Dr. Erb und Herrn Prof. Dr. Roth, im Rahmen der Veranstaltung „Demokratie braucht Qualität“ in der Friedrich-Ebert- Stiftung, sind größtenteils sinngemäß wiedergegeben.

1. Einleitung

1.1. Problemstellung und Ziel der Arbeit

Die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der rechtsextremen NPD ist eine der größten Herausforderungen für das deutsche Parteiensystem. Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die daraus entstehenden Unsicherheiten in der persönlichen Lebensplanung, die Debatte über die Integration von Migranten und die Schwierigkeit vieler Menschen, sich in einer zunehmend komplexeren und unsicheren Welt zurecht zu finden, liefern politischen Rattenfängern von „rechtsaußen“ Zündstoff und werden dies vermutlich auch in Zukunft tun. So ist es nicht verwunderlich, dass die NPD immer wieder für Schlagzeilen sorgt, so zuletzt im Fall „Mannichl“. Regelmäßig wiederkehrend werden Strategien diskutiert, wie gegen die NPD vorzugehen sei. Dass es sich bei der NPD um eine verfassungswidrige Partei handelt ist im demokratischen Parteienspektrum sowie in der Mehrheit der Bevölkerung unstreitig. Hinweise dafür finden sich vor allem im aktuellen Parteiprogramm. Darin verbreitet die NPD ganz offen rechtsextreme Hasspropaganda, fordert die Abschaffung des demokratischen Parlamentarismus bzw. des Rechtsstaates, um ihn durch ein autoritäres System zu ersetzen. Die Aktivitäten der Rechtsextremen haben aber auch ökonomische Konsequenzen. Besonders in strukturschwachen Regionen fördern sie ein investorenfeindliches Klima und tragen damit zur Abwanderung von jungen Leistungsträgern bei. Hinzu kommen Imageschäden durch die hohe Sensibilität ausländischer Medien beim Thema Rechtsextremismus auf Grund der deutschen Geschichte.

Auch wenn die NPD Mitgliederzahl, nicht mehr den Höchststand von 1964 erreicht, scheint der Rechtsextremismus fest in der Mitte der Gesellschaft verankert. Davon zeugen nicht zuletzt Wahlerfolge der NPD - beispielsweise bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen - sondern auch Umfragen von Meinungsforschungsinstituten in den alten Bundesländern zu latent rechtsextremer Gesinnung innerhalb der Bevölkerung. „Rechtsextreme“ lassen sich längst nicht mehr nur an szenetypischer Kleidung, wie beispielsweise sogenannter Kameradschaften, erkennen. Vor allem Parteimitglieder, Funktionäre, wie auch NPD Land- und Kreistagsabgeordnete sowie Gemeindevertreter treten immer häufiger jovial in gut bürgerlicher Kleidung auf. Das ist auch ein äußeres Zeichen ihrer sogenannten Graswurzelstrategie. Ziel ist es, die Gesellschaft „von der Basis her“ zu unterwandern. Beginnend auf der Gemeindeebene sollen Parteigänger Gemeindevertreterposten und Rathäuser erobern und sukzessive sogenannte „National befreite Zonen“ erschaffen. Als erster Schritt werden dazu gegenwärtig lokale und regionale Bürgerinitiativen gegründet, kommunalpolitische Themen aufgegriffen und medienwirksam populistische Forderungen gestellt. Rechtsextreme bedienen nicht mehr nur diffuse Ängste vor Überfremdung oder ähnlichem, sie engagieren sich vielmehr konkret in Vereinen, im Elternbeirat oder in der freiwilligen Feuerwehr, bieten ihre Hilfe beim Gespräch am Gartenzaun an. Diese gesellschaftlichen Aktivitäten finanzieren sich zu einem großen Teil mit Hilfe der staatlichen Parteienfinanzierung. Immerhin bestehen 40 % ihres Budgets aus öffentlichen Geldern. Dieser Betrag summiert sich auf rund 1,45 Mio. Euro pro Jahr. Das Paradoxe daran: Je mehr Mittel aus der staatlichen Parteinfinanzierung an die NPD fließen, desto stärker wird sie kampagnenfähig oder anders ausgedrückt öffentlichkeitswirksam. Das heißt, desto intensiver können ihre Mitglieder von unter her gegen das System arbeiten, welches sie andererseits finanziell am Leben hält. An diesem Punkt setzen Strategien an, die auf eine Bekämpfung der NPD mit Hilfe von Gesetzesänderungen im Bereich der Parteienfinanzierung setzen.

Interessanterweise ist die NPD offensichtlich nicht in der Lage, die Spielräume der bundesrepublikanischen Parteienfinanzierung uneingeschränkt für sich zu nutzen. Zeichen dessen sind fehlerhafte Rechenschaftsberichte der Bundespartei. So wurde die Partei im Mai 2008 vom Verwaltungsgericht Berlin verurteilt, 870.000 Euro und am 15. Mai 2009 1, Mio. Euro Strafe an die Staatskasse zu überweisen. Auch hier bietet sich ein Angriffspunkt, der allerdings auf Fehler im Finanzgebaren der Partei setzt.

1.2. Aufbau und Vorgehensweise

Der Druck aus den Medien und der Zivilgesellschaft, etwas gegen die NPD zu unternehmen, ist groß geworden. Aus diesem Grund handelt die vorliegend Arbeit im ersten Kapitel von der Strategie im Kampf gegen die NPD. Anhand von Fakten wird kurz über die Delikte aus dem rechtsextremen Bereich informiert und darüber, dass die Gefahr, die von der NPD ausgeht, noch immer besteht. Anschließend werden die Programme der Bundesregierung unter anderem an Hand von Experteninterviews und Fachquellen beleuchtet. Es wird kurz auf das NPD-Verbot eingegangen sowie auf die Strategie der Gesetzesänderungen, um die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Abschließend komme ich zu einem kurzen Zwischenfazit über Vorgehensweisen gegenüber der NPD.

Im Anschluss daran werden im dritten Kapitel die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Parteien beleuchtet. Es wird auf die Gründung und Organisation einer Partei sowie das geltende Parteienrecht und auf die staatliche Parteienfinanzierung eingegangen. Welche Voraussetzungen müssen für den Erhalt vorliegen und welche Pflichten haben Parteien in Bezug auf die Rechenschaftspflicht. Am Ende des dritten Kapitels wird über die Möglichkeit, Parteien verbieten zu können, referiert.

Die Organisation und Entwicklung der NPD wird im vierten Kapitel näher dargestellt. Unter anderem wird hier das gescheiterte Verbotsverfahren aus dem Jahre 2003 thematisiert. Auch werden die Rechenschaftsberichte aus den vergangenen Jahren kritisch betrachtet, da diese bei Finanzprüfungen immer wieder Mängel aufwiesen. Abschließend ziehe ich ein Zwischenfazit.

Hatte die NPD sich im Jahre 1965 noch für die Abschaffung der Parteienfinanzierung eingesetzt, wird nun von der Bundesregierung überlegt, diese Möglichkeit wieder aufzugreifen - nun aber zu Lasten der NPD. Im fünften Kapitel wird daher auf die Möglichkeit der Gesetzesänderung näher eingegangen. Hierzu wird das Rechtsgutachten von Herrn Univ.-Prof. Dr. jur. Volker Epping herangezogen. Im Anschluss an die kurze Zusammenfassung der Möglichkeit der Verfassungsänderung gehe ich im Unterkapitel 5.2. ganz kurz auf die, bisher noch nicht in Betracht gezogene, Möglichkeit der Änderung des Parteiengesetzes ein. Abschließend komme ich zu einem Zwischenfazit in Bezug auf die Änderungsmöglichkeit des Gesetzes. Es wird auf die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG eingegangen und ob der Grundsatz der Chancengleichheit einem Ausschluss nicht verbotener Parteien von der staatlichen Parteienfinanzierung entgegensteht. Im sechsten Kapitel komme ich dann zu einer Bewertung der Strategien gegen die NPD im Allgemeinen und über die Strategie der finanziellen Austrocknung im Besonderen. Zum Abschluss meiner Einführung möchte ich darauf hinweisen, dass bei dem gewählten Thema rechtliche, politische und gesellschaftliche Faktoren nicht getrennt voneinander betrachtet werden können. Die Lösung eines rechtlichen Problems, wie etwa die Änderung der staatlichen Parteienfinanzierung, hätte auch Konsequenzen für das etablierte demokratische Parteiensystem, mit entsprechenden politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Hinzu kommt die nicht zu unterschätzende Rolle der Zivilgesellschaft im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Im Rahmen meiner Bachelorarbeit möchte ich Argumente für eine möglichst erfolgversprechende Strategie im Kampf gegen die NPD liefern. Da das Thema sehr komplex ist, werde ich nicht alle Aspekte abschließend ausleuchten können.

1.3. Quellen

Die Grundlage dieser Arbeit bildete das Rechtsgutachten von Univ.-Prof. Dr. jur. Volker Epping sowie die von der Autorin durchgeführten Experteninterviews. Daneben waren die Auswertung von Fachliteratur, Statistiken des Verfassungsschutzes, Informationen des Bundesinnenministeriums und die sogenannte Graue Literatur ein wichtiger Ausgangspunkt der Untersuchung. Bestandteile der Grauen Literatur bilden unter anderem die Homepageseite der NPD und DVU, sowie verschiedener Tageszeitungen. Hierzu ist zu sagen, dass die Graue Literatur besonders kritisch betrachtet werden muss. Die Artikel in Tageszeitungen unterliegen keinem Peer-Review-Verfahren, d. h. diese Artikel werden vor Veröffentlichung nicht noch einmal von unabhängigen Gutachtern überprüft. Aber auch das Peer-Review ist nicht kritiklos, es kann keine Neutralität der Gutachter garantiert werden. Dennoch ist zusagen, dass Artikel aus Fachzeitschriften, die diesem sogenannten Peer- Review-Verfahren unterliegen, in ihrer Qualität weitaus besser sind, als Artikel, die diesem Verfahren nicht unterzogen werden. Trotz dieser Tatsache wird die Graue Literatur auch in dieser Arbeit verwendet, da gerade die Tageszeitungen aktuell informieren. Es wird darauf hingewiesen, dass der Leser diese kritisch betrachten muss.

Auch besuchte die Autorin im Rahmen dieser Arbeit eine Veranstaltung der Friedrich- Ebert-Stiftung zu dem Thema „Demokratie braucht Qualität“. Inhalt war die kritische Betrachtung der bisherigen Unternehmungen seitens der Bundesregierung, der Zivilgesellschaft und NGOs im Umgang mit „Rechts“. Dies ermöglichte der Autorin, mit den führenden Experten auf diesem Gebiet an einer aktuellen realpolitischen Diskussion teilzunehmen. Einige Statements, die im Rahmen dieser Veranstaltung aufgekommen sind, finden sich in dieser Arbeit wieder. Es wird darauf hingewiesen, dass diese sinngemäß wiedergegeben werden.

Weiter wurden im Rahmen dieser Arbeit schriftliche Experteninterviews durchgeführt. Die Experten haben hierzu Fragen zugesandt bekommen, mit der Bitte diese zu beantworten. Zu den Experten gehörten:

Frau Monika Lazar, geb. 1967, Mitglied des Bundestages im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und im Rechtsausschuss, sowie stellvertretendes Mitglied im Petitionsausschuss. Für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen ist sie Sprecherin für Frauenpolitik und Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus.

Herr Roland Roth, geb. 1949, Politikwissenschaftler und Bürgerrechtler, Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal, Mitgründer des Komitees für Grundrechte und Demokratie, Autor des Gutachtens der Friedrich-Ebert-Stiftung „Demokratie braucht Qualität“.

Herr Patrick Gensing, geb. 1974, freier Journalist, Autor des Internet-Projektes NPDblog.info, Autor des Buches „Angriff von Rechts“.

Alle drei Experten engagieren sich gegen Rechtsextremismus. Nicht zuletzt auf Grund aktueller Vorgehensweisen gegen die NPD sind diese Experten in die Auswahl gekommen. Die Interviews waren hilfreich, um einen Blick „hinter die Kulissen“ zu bekommen. Die Autorin konnte ihren Blick in diesem doch sehr schwierigen Thema erweitern und alternative Vorgehensweisen erkennen und hinterfragen. Zitate aus diesen Interviews werden in dieser Arbeit wortwörtlich wiedergegeben.

2. Strategie

Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus - insbesondere auch dem NPD-Verbot - beschäftigt seit Jahren die Politik und Zivilgesellschaft. Die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten verharrt seit Jahren auf hohem Niveau.

Fallzahlen politisch motivierter Kriminalität

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Fallzahlen Politisch motivierte Kriminalität - Rechts Quelle 1: Verfassungsschutzbericht Berlin 2009, S. 37

Im Vergleich zu 2008 ist die Anzahl politisch motivierter Kriminalität im Jahre 2009 etwas zurückgegangen. Auch die nachfolgende Abbildung zeigt, dass gerade in den neuen Bundesländern die „Rechte-Gewalt“ im Jahre 2009 zurückgegangen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Rechte Gewalt

Quelle 2: BMI

Jedoch darf man sich nicht darauf verlassen, dass die Zahlen stetig zurückgehen. Dr. Rainer Erb von der TU Berlin, sagte in dem Diskussionsforum „Unser Beitrag, unsere Bilanz: Kommentare aus der Praxis“ in der Friedrich-Ebert-Stiftung am 28. Juni 2010: „Die politische Gefahr ist nicht verbannt.“ (Erb, 2010).

Die Anzahl des Potenzials einzelner Personenzusammenschlüsse ist im Vergleich zum Vorjahr auch zurückgegangen, dennoch ist auch diese Anzahl nicht unbeachtlich.

Anzahl einzelner Personenzusammenschlüsse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Potenzial einzelner Personenzusammenschlüsse Quelle 3: Verfassungsschutzbericht Berlin 2009, S.

Die Bundesregierung sucht seit Jahren nach einer möglichst effektiven Strategie gegen „Rechts“. Im Oktober 2000 hatte Gerhard Schröder, nach dem Anschlag auf die Synagoge in Düsseldorf, einen „Aufstand der Anständigen“ gefordert. Das ist nun zehn Jahre her. Spätestens seitdem die NPD nicht nur im sächsischen Landtag, sondern auch in das Parlament Mecklenburg-Vorpommerns eingezogen ist, ist die Debatte über ein Verbot bzw. über den Kampf gegen die NPD neu entflammt.

Zurzeit unterhält die Bundesregierung die folgenden Programme: 1. „Xenos“, 2. „Civitas“, 3. „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus“, 4. „kompetent. für Demokratie - Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus“. Diese Programme setzen alle an der zivilgesellschaftlichen Ebene an und versuchen dem Rechtsextremismus mit bildungspolitischen Maßnahmen entgegenzutreten. Sie laufen jedoch vorerst nur für fünf Jahre, danach muss ihre Weiterfinanzierung neu beschlossen werden. Dies ist zum Teil unabhängig von dem Erfolg der Programme, sondern richtet sich nach der Haushaltslage. Sönke Rix, Sprecher der Arbeitsgruppe Rechtsextremismus der SPD- Bundestagsfraktion, ist der Ansicht, dass bei Erstellung dieser Programme der präventive Gedanke nicht erkannt wurde (Rix, 2010).

So auch Roland Roth, der das Fehlen eines integrierten Konzeptes anmahnt. Es sei wichtig, dass die Bundesregierung Programme gegen „Rechts“ aufstellt. Aber schon die Anerkennung, dass es ein Problem gibt, ist wichtig und ein guter Schritt. Der Bundesregierung fehle aber eine konsequente Antidiskriminierungspolitik. Es fehlt eine „Förderung nach Vitalisierung der Demokratie“, sagte Roth auf dem Vortrag „Demokratie braucht Qualität“ in der Friedrich-Ebert-Stiftung am 28. Juni 2010 (Roth, 2010). Sönke Rix kritisiert zudem die Zusammenlegung von Rechts- und Linksextremismus in den Bundesprogrammen (Rix, 2010).

Auch Monika Lazar sagte in einem Interview: Problematisch am Extremismus-Programm der Bundesregierung ist die Gleichstellung von Links- und Rechtsextremismus. Es wird ein „Linksextremismus-Problem“ herbeigeredet, während viele Initiativen gegen Rechtsextremismus finanziell um ihr Überleben kämpfen müssen. Zudem verkennt der Ansatz der Bundesregierung das ungleich höhere Gewaltpotential der Rechtsextremen. Ich befürworte weder fliegende Steine noch brennende Autos von Seiten linker Gruppen. Doch es ist festzustellen, dass die Gewalt zu den Grundlagen der rechtsextremen Ideologie zählt und Nazis bestimmten Gruppen von Menschen schlicht das Lebensrecht absprechen. (Lazar, 2010)

Auch Patrick Gensing, freier Journalist, steht dem Extremismusprogramm der Bundesregierung kritisch gegenüber. Hierzu schrieb er in seinem Buch „Angriff von Rechts“: Und um endlich bundesweit die Quantität und Qualität der rechtsextremen Bewegung möglichst realistisch einschätzen zu können, bedarf es dringend einer unabhängigen Beobachtungsstelle. [ ] Es obliegt der Bundesregierung, eine solche unabhängige Beobachtungsstelle einzurichten. (Gensing, 2009, S. 270)

In einem Interview antwortete Patrick Gensing auf die Frage, welche konkrete Strategie er der Bundesregierung im Kampf gegen die NPD empfehlen würde: Die Programme für Vielfalt und Demokratie usw. gehen schon in die richtige Richtung. Allerdings müssen hier auch langfristige Perspektiven für die einzelnen Träger absehbar sein, da sonst stets viele hervorragende Leute gehen - und sich dort engagieren, wo es auch wirtschaftliche Sicherheit gibt. (Gensing, 2010) Aber wie soll es weitergehen im K(r)ampf gegen „Rechts“? Die bestehenden Programme der Bundesregierung sind mit zu wenig präventivem Charakter ausgerichtet und über ein mögliches Verbot der NPD oder die Möglichkeit, der NPD die staatliche Parteienfinanzierung zu entziehen, herrscht in der Politik und in der Zivilgesellschaft keine Einigkeit. Monika Lazar steht den Strategien „Parteienverbot“ oder „finanzielle Austrocknung der NPD“ folgendermaßen gegenüber:

[...]


1 Die NPD-Zahlen beinhalten die Mitglieder der JN (2009: 50; 2008: 40)

Details

Seiten
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783656056997
ISBN (Paperback)
9783656056720
DOI
10.3239/9783656056997
Dateigröße
905 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Hochschule Wildau, ehem. Technische Fachhochschule Wildau
Erscheinungsdatum
2011 (November)
Note
1,3
Schlagworte
NPD Parteiverbot Staatliche Parteienfinanzierung Demokratischer Verfassungsschutz
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