Der Erfolgsfaktor Unternehmenskultur - Die Relevanz von Ethik
Zusammenfassung
Handelt es sich bei der Unternehmenskultur jedoch lediglich um ein einfaches theoretisches Konstrukt, das leicht beschlossen, gestaltet und eingeführt werden kann oder ist sie schwer zu erfassen und aufwendig? Ist ferner eine Implementierung ethischer Strukturen für eine erfolgreiche Unternehmenskultur überhaupt notwendig?
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einführung und Vorgehensweise
2 Definitiorische Grundlegungen und Abgrenzungen
2.1 Kulturbegriff
2.2 Begriffsabgrenzungen
2.2.1 Unternehmensethik
2.2.2 Unternehmensphilosophie
3 Konzeption und Funktionen der Unternehmenskultur
3.1 Das Unternehmenskulturmodell nach SCHEIN
3.2 Wirkungen der Unternehmenskultur
3.3 Analyse und Gestaltung der Unternehmenskultur
3.4 Kritische Betrachtung
3.4.1 Chancen und Risiken der Unternehmenskultur
3.4.2 Probleme der Unternehmenskulturforschung
4 Ethik im Kontext der Unternehmenskultur
4.1 Ethik als Grundlage einer modernen Unternehmenskultur
4.2 Ethik als Erfolgsfaktor
4.3 Unternehmensinterne und -externe Ethik
4.4 Vor- und Nachteile ethischer Strukturen in Unternehmen
5 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einführung und Vorgehensweise
Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben erkannt, dass die Unternehmenskultur einen immer größer werdenden Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens nimmt. Dies zeigte eine aktuelle Untersuchung der Unternehmensberatung KIENBAUM. 51 Prozent der Befragten sehen die Unternehmenskultur künftig und langfristig als erfolgsentscheidenden Wettbewerbsfaktor.1 In Zeiten der Globalisierung, Unternehmenskooperationen und - fusionen kommen Unternehmen immer mehr in Berührung mit anderen Kulturen. So kommt auch der Kompatibilität unterschiedlicher Unternehmenskulturen eine enorme Bedeutung zu. Um eine Fusion erfolgreich umzusetzen, muss entschieden werden, ob und wie die Unternehmenskulturen zusammengeführt werden.2
Populär ist die Unternehmenskultur insbesondere durch Untersuchungen der Unternehmensberater PETERS und WATERMAN in den 1970er Jahren geworden. Sie konnten nachweisen, dass neben den gängigen betriebswirtschaftlichen Faktoren vor allem „weiche Faktoren“ -darunter die Unternehmenskultur- erfolgskritisch sind.3
Heutzutage genügt es nicht, nur dem Shareholder Value Konzept zu entsprechen; der moralische Legitimationsdruck steigt. Eine werteorientierte Unternehmensführung anhand von Unternehmenszielen und handlungsleitenden Werten wie Vertrauen, Respekt und die Beachtung gesellschaftlicher Ansprüche kann gewährleisten, dass Gewinne aus einer bestimmten Verantwortung heraus entstehen.4 Bei der Gestaltung einer Unternehmenskultur spielen ethische Kriterien eine wichtige Rolle, die helfen geeignete Werte und Normen festzulegen. Wenn Ethik bewusst als Teil der Unternehmenskultur verstanden wird, können Führungskräfte und Mitarbeiter in ethisch problematischen Situationen ihre Bedenken äußern und moralisch handeln.5 Handelt es sich bei der Unternehmenskultur jedoch lediglich um ein einfaches theoretisches Konstrukt, das leicht beschlossen, gestaltet und eingeführt werden kann oder ist sie schwer zu erfassen und aufwendig? Ist ferner eine Implementierung ethischer Strukturen für eine erfolgreiche Unternehmenskultur überhaupt notwendig? Im Rahmen dieser Arbeit ist aufzuzeigen, wodurch eine erfolgreiche Unternehmenskultur gekennzeichnet ist und welche Relevanz Ethik in diesem Kontext einnimmt. Von dieser Untersuchungsfrage leitet sich die Gliederung der Arbeit ab. Im folgenden Abschnitt werden zunächst der Kulturbegriff definiert und Begriffsabgrenzungen vorgenommen. Im Abschnitt 3 werden die Wirkungen, Analyse und Gestaltung der Unternehmenskultur näher beschrieben. Dabei wird das Unternehmenskulturmodell nach SCHEIN vorgestellt. Im Abschnitt 4 werden die Bedeutung der Ethik im Rahmen der Unternehmenskultur geschildert und die Vor- und Nachteile ethischer Strukturen in Unternehmen diskutiert. Abschließend wird zusammenfassend auf die Frage eingegangen, unter welchen Voraussetzungen Unternehmenskultur und ethische Strukturen zu Erfolgsfaktoren werden können.
2 Definitorische Grundlegungen und Abgrenzungen
2.1 Kulturbegriff
Der Begriff „Unternehmenskultur“ findet seinen Ursprung in den 1970er Jahren und wird häufig als Antwort auf den „Japan-Schock“ bezeichnet; die japanische Wirtschaft hatte einen gewaltigen Anstieg zu verzeichnen, dessen Ursache vor allem in einer positiven Unternehmenskultur gesehen wurde.6 Unter dem Begriff „Kultur“ wird eine Gemeinschaft verstanden, die relativ stabile Sozialmechanismen betreibt und Basis einer gemeinsamen Identität ist. Kultur erstreckt sich auf alle Bereiche des sozialen Verhaltens, schafft soziale Identität und ist durch bestimmte Werte sowie Verhaltensnormen charakterisiert. Sie soll zur Stabilisierung des Umfeldes beitragen.7 Aufgrund unterschiedlicher Forschungsansätze sowie der Komplexität existiert keine einheitliche bzw. allgemeingültige Definition für den Begriff „Unternehmenskultur“.8 Für die spätere Erarbeitung des Kulturmodells nach SCHEIN (Kap. 3.1) stützt sich diese Arbeit auch auf dessen Definition. SCHEIN definiert „Unternehmenskultur“ als „ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt; und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit diesen Problemen weitergegeben wird“.9 Die Unternehmenskultur ist eine kollektive Besonderheit, die nur in einer Gemeinschaft geschaffen und gelebt werden kann. Sie kann demnach nicht beschlossen oder eingeführt werden, aber gezielt gestaltet werden. Dabei erfordert sie das Engagement aller Unternehmensbeteiligten. Sie wird in menschlichen Interaktionen geschaffen und bezeichnet die Riten und Rituale in Unternehmen.10 Die Unternehmenskultur ist den Menschen kaum bewusst, hat jedoch eine selbstverständliche Gültigkeit. Sie reagiert auf Veränderungen der Gruppennormen, einzelner Personen sowie der Außenwelt und ist somit dynamisch und wandlungsfähig.11
2.2 Begriffsabgrenzungen
2.2.1 Unternehmensethik
KASTNER differenziert zwischen den drei Bereichen Unternehmenskultur, Unternehmensethik und Unternehmensphilosophie. Diese stehen zwar in gegenseitiger Beziehung zueinander, aber sind nicht gleichzusetzen.12
Die Begriffe Unternehmenskultur und Unternehmensethik werden oft synonym verwendet. Dies liegt darin begründet, dass beide sich mit Normen und Werten auseinandersetzen. Sie betrachten allerdings unterschiedliche Fragestellungen. Unternehmenskultur beschreibt, welche Werte und Normen Geltung besitzen. Unternehmensethik hingegen untersucht, wie ethische Normen und Werte begründet, verankert und akzeptierbar gemacht werden können.13 Dabei reflektiert sie diese und stellt die positiven Folgen deren Berücksichtigung bei gleichzeitiger Verfolgung des ökonomischen Gewinnprinzips dar. Die Unternehmensethik soll im Zuge dessen Unternehmen helfen, eine Lösung für Konflikte zwischen Gewinn und Moral zu finden. Das Unternehmen muss festlegen, was es unter moralisch richtigem Handeln versteht. Die sich daraus ergebenen Werte werden z.B. in Ethikkodizes bzw. Verhaltensstandards fixiert.14
2.2.2 Unternehmensphilosophie
Die Unternehmensphilosophie kann als übergeordnete Konzeption bzw. als schriftlich manifestiertes Grundverständnis eines Unternehmens bezeichnet werden. Sie bildet die Grundlage und den Rahmen für die Unternehmensentwicklung. Aus ihr werden die drei Komponenten Unternehmenskultur, -leitbild und -strategie abgeleitet. Sie nimmt somit maßgeblichen Einfluss auf die soziale Verantwortung, Strategie und den Führungsstil eines Unternehmens. Sie muss gelebt sowie kommuniziert werden und dient funktional der Orientierung der Mitarbeiter.15
Die Unternehmensphilosophie befasst sich mit dem „wozu“. Die Unternehmensethik behandelt das „was“; welches Verhalten als erwünscht bzw. unerwünscht Geltung besitzt. Die Unternehmenskultur bezieht sich auf das „wie“; die Art und Weise wie eine Verbindlichkeit von Werten hergestellt werden kann. Unternehmensethik und -kultur sind praktisch nur schwer trennbar, sie stehen in einem interdependenten Verhältnis.16
3 Konzeption und Funktionen der Unternehmenskultur
3.1 Das Unternehmenskulturmodell nach SCHEIN
Das Unternehmenskulturmodell nach SCHEIN wird als Kulturmodell ausgewählt, da es weit verbreitet ist und deutlich die Zusammensetzung der Kultur eines Unternehmens aufzeigt. Es stellt aber auch die Problematik der Unternehmenskulturforschung heraus. Das Modell und SCHEINs Erkenntnisse hinsichtlich des Phänomens Unternehmenskultur gelten seit Jahren als Basis für Wissenschaft und Praxis.17
Das 3-Ebenen-Modell unterteilt die Kultur einer Organisation in drei unterschiedliche Grade an Sichtbarkeit: Artefakte (sichtbare Strukturen, Prozesse), Werte (Strategien, Ziele, Philosophien) und Grundprämissen (unbewusste Anschauungen, Gedanken, Gefühle).18 Auf der obersten Ebene befinden sich die Artefakte, die alle sichtbaren, hörbaren und fühlbaren Zeugnisse beinhalten. Sie beschreiben u.a. die sichtbaren Elemente, die verwendete Sprache, den Stil der Kleidung und Riten und Rituale des Unternehmens. Die Ebene der Artefakte ist offensichtlich und daher leicht zu beobachten. Die dahinter liegende Bedeutung ist jedoch schwer zu entschlüsseln. Um diese verstehen zu können, müssen die tiefer liegenden Ebenen bekannt sein. Die nächst tiefer gelegene Ebene umfasst die bekundeten Werte und Normen eines Unternehmens. Diese meinen die von allen Unternehmensbeteiligten anerkannten und gelebten Verhaltensweisen und Leitlinien im Umgang untereinander, mit Kunden oder Partnern. Sie äußern sich in Unternehmensstrategie, -zielen sowie -philosophie und geben dem sichtbaren Ausdruck der Kultur -der Ebene der Artefakte- einen Sinn. Personen, die langjährige Erfahrung in dem Unternehmen haben, sind die Werte und Normen nur teils bewusst, können jedoch darüber Auskunft geben.
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1 Vgl. Leitl, Michael; Sackmann, Sonja: Werte: Unternehmenskultur als Erfolgsfaktor. In: Harvard Business Manager - HBM (Hrsg.), Heft 01/2010, 32. Jahrgang, Spiegel-Verlag, Hamburg 2010, S. 40 f.
2 Laut einer Analyse der Bertelsmann Stiftung sei für das Scheitern von ca. der Hälfte aller Fusionen in 70 Prozent der Fälle die Begegnung unterschiedlicher Kulturen verantwortlich. Vgl. Jochmann, Walter: Erfolgreiches Gestalten von unternehmerischen Integrationsprozessen. In: Bertelsmann Stiftung/Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.): Praxis Unternehmenskultur. Herausforderungen gemeinsam bewältigen. Bd. 5: Fusionen gestalten, Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh 2001, S. 11.
3 Vgl. Peters, Thomas J.; Waterman, Robert H.: Auf der Suche nach Spitzenleistungen. Was man von den bestgeführten US-Unternehmen lernen kann. 9. Auflage, Verlag Moderne Industrie, Redline Wirtschaft, Landsberg/Lech 2003, S. 32 f.
4 Vgl. Daxner, Freimuth; Gruber, Tanja; Riesinger, Diana: Werteorientierte Unternehmensführung - Das Konzept. In: Auinger, Franz; Böhnisch, Wolf R.; Stummer, Harald (Hrsg.): Unternehmensführung durch Werte. Konzepte - Methoden - Anwendungen. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden 2005, S. 15.
5 Vgl. Franken, Swetlana: Verhaltensorientierte Führung. Handeln, Lernen und Ethik und Unternehmen. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden 2007, S. 198.
6 Vgl. Dill, Peter: Unternehmenskultur: Grundlagen und Anknüpfungspunkte für ein Kulturmanagement. Deutscher Kommunikationsverband BDW Verlag, Bonn 1987, S.1.
7 Vgl. Schein, Edgar: Unternehmenskultur. Ein Handbuch für Führungskräfte. Campus Verlag, Frankfurt 1995, S. 9.
8 Vgl. Rohloff, Susanne: Die Unternehmungskultur im Rahmen von Unternehmungszusammenschlüssen. Josef Eul Verlag, Bergisch Gladbach/Köln 1994, S. 99 (zugleich Dissertation Universität Göttingen 1994).
9 Vgl. Schein: Unternehmenskultur, a.a.O., S. 10.
10 Vgl. Ebenda, S. 31.
11 Vgl. Franken: Führung, a.a.O., S. 204.
12 Vgl. Kastner, Michael: Wie Sinngebung Leistung fördert. In: Horváth, Péter (Hrsg.): Wertschöpfung braucht Werte. Wie Sinngebung zur Leistung motiviert. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2006, S. 57f.
13 Vgl. Osterloh, Margit: Unternehmenskultur und Unternehmensethik. Japanisierung oder Politisierung der Arbeitswelt? In: Becker, Thomas A.; Braczyk, Hans-Joachim (Hrsg.): Unternehmenskultur und - ethik. Bollwerk gegen Individualisierung? Tagung am 7. März 1991 im Landesmuseum für Technik und Arbeit, Mannheim. Institut für Zeitfragen, Zürich-Buchs/Bielefeld 1991, S. 22, zitiert nach: Tokarski, Oliver K.: Ethik und Entrepreneurship. Eine theoretische sowie empirische Analyse junger Unternehmen im Rahmen einer Unternehmensethikforschung. Gabler Edition Wissenschaft, Wiesbaden 2008, S. 194 (zugleich Dissertation Universität Wuppertal 2008).
14 Vgl. Noll, Bernd: Wirtschafts- und Unternehmensethik in der Marktwirtschaft. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln 2002, S. 116.
15 Vgl. Dill: Unternehmenskultur, a.a.O., S. 105.
16 Vgl. Kastner: Sinngebung, a.a.O., S. 58 f.
17 Vgl. Franken: Führung, a.a.O., S. 205.
18 Siehe hierzu auch Anlage 1.