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Flash Crash: Elektronischer Börsenhandel

©2011 Bachelorarbeit 49 Seiten

Zusammenfassung

Am 06. Mai 2010 um 14:30 Uhr, New Yorker Zeit, sorgte ein sog. Flash Crash für den größten Kurssprung der jemals an einer Börse in sehr kurzer Zeit beobachtet wurde. Der Dow-Jones-Industrial-Average-Index (DJIA) verlor in wenigen Minuten knapp 1000 Punkte. Der S&P 500 sank in sechs Minuten um nahezu sechs Prozent. Innerhalb von zehn Minuten wurden am Dow-Jones ca. 1,3 Milliarden Aktien gehandelt, ein Vielfaches des durchschnittlichen Volumens. Einige Aktien verloren bis zu 99 Prozent ihres Wertes. Fast ebenso schnell, wie die Aktien an Wert verloren, so erholten sie sich blitzartig in den folgenden Minuten wieder. Am Handelsschluss betrug der Verlust des DJIA im Vergleich zum Vortag „nur“ noch drei Prozent.

Dies war ein völlig überraschender Schock für die Aktienmärkte und die Finanzaufsichten. Wie konnte es zu solchen Kurssprüngen kommen? Zunächst wurde von einem „Fat-Finger“-Trade ausgegangen, bei dem sich ein Börsenhändler beim Verkauf einer Aktienposition um mehrere Nullstellen vertippt haben soll. Schnell wurde den meisten bewusst, dass die Ursache der Geschehnisse nicht so einfach sein kann. Am 30. September 2010 veröffentlichen die US-Aufsichtsbehörden einen offiziellen Abschlussbericht, der den Kurseinbruch untersuchte. Vielmehr war der Crash eine Folge der strukturellen Veränderungen der Börse.

Vor diesem Hintergrund widmet sich die vorliegende Bachelorarbeit einer umfassenden Analyse des Flash Crashs. Zu diesem Zweck wird zunächst der generelle Hintergrund der Aktienmärkte beleuchtet, um einen Einblick in die Prozesse und Mechanismen der Börse zu bekommen. Weiter wird gezeigt welchen Einfluss die Entwicklung der Informations- und Kommunikationssysteme auf die Börse hat.
Anschließend wird der Flash Crash genauer beschrieben und analysiert. Zunächst erfolgt anhand des offiziellen Abschlussberichts der CFTC/SEC eine exakte Betrachtung des Ablaufs. Nachfolgend werden die Konsequenzen und die durchgeführten Veränderungen der SEC auf die Geschehnisse genannt.

Abschließend wird im Rahmen einer kritischen Evaluierung des Flash Crash vom 6. Mai 2010 die Notwendigkeit bzw. werden die verschiedenen Möglichkeiten zur Vermeidung erneuter Flash Crash diskutiert. Hieraus werden Implikationen zur Verbesserung des Aktienhandels und der gängigen Systeme abgeleitet. Des Weiteren wird zur Analyse des Flash Crash das Augenmerk auf algorithmische Handelssysteme gelegt, um deren möglichen signifikanten Einfluss auf den extremen Kurssprung zu untersuchen.

Leseprobe

INHALTSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG

2 BÖRSENHANDEL
2.1 Transaktionsprozessder Börse
2.1.1. Marktteilnehmer und Produkte
2.1.2. Orders
2.1.3 Preisbildungund Matching
2.2 Der Wandel zur elektronischen Plattform
2.2.1 COMPUTERISIERUNG DES WERTPAPIERHANDELS
2.2.2 ATS
2.3 LIQUIDITÄT

3. FLASH CRASH
3.1 BERICHT DER SEC/CFTC - ABLAUF DES FLASH CRASH
3.2 LÖSUNG DER CFTC/SEC
3.2.1 LIQUIDITÄTSKRISE BEIM E-MlNI
3.2.2 LIQUIDITÄTSKRISE ETF UND AKTIEN
3.3 Schlussfolgerungen des Berichtes
3.4 Konsequenzen
3.4.1 Stornierung von Trades
3.4.2 VeränderungenderRegeln
3.4.3 Geplante Schutzmaenahmen
3.5 Weitere Faktoren
3.5.1 High Frequency Trader als Auslöser
3.5.2 Toxizitätim Markt
3.5.3 Quote Stuffing
3.5.4 Intermarket Sweep Order
3.5.5 Wechselkursschwankungen
3.5.6 FAT-FINGER-THEORIE

4. ALGORITHMIC TRADING
4.1 Eigenschaften des Algorithmic Trading
4.2 HFT

5. ZUSAMMENFASSUNG UND KRITISCHE WÜRDIGUNG

LITERATURVERZEICHNIS

RICHTLINIEN UND GESETZE

VERZEICHNIS SONSTIGER QUELLEN

ONLINEPUBLIKATIONEN

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Klassischer Wertpapierhandel

Abbildung 2: Marktstruktur elektronischer Märkte

Abbildung 3: Prozentuale Veränderungen der US-Märkte am 6. Mai 2010

Abbildung 4: Preis- und Volumenchart des E-Mini Derivates am 6. Mai 2010

Abbildung 5: Tiefststände am 6. Mai zwischen 14.00 und 15.00 Uhr

Abbildung 6: VPIN Metrik zwischen 1. Jan. 2008 und 30. Okt. 2010

Abbildung 7: Kursverlauf des S&P 500 und des Yen am 6. Mai 2010

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 EINLEITUNG

Am 06. Mai 2010 um 14:30 Uhr, New Yorker Zeit, sorgte ein sog. Flash Crash für den größten Kurssprung der jemals an einer Börse in sehr kurzer Zeit beobachtet wurde. Der Dow-Jones-Industrial-Average-Index (DJIA) verlor in wenigen Minu­ten knapp 1000 Punkte. Der S&P 500 sank in sechs Minuten um nahezu sechs Prozent. Innerhalb von zehn Minuten wurden am Dow-Jones ca. 1,3 Milliarden Aktien gehandelt, ein Vielfaches des durchschnittlichen Volumens. Einige Aktien verloren bis zu 99 Prozent ihres Wertes. Fast ebenso schnell, wie die Aktien an Wert verloren, so erholten sie sich blitzartig in den folgenden Minuten wieder. Am Handelsschluss betrug der Verlust des DJIA im Vergleich zum Vortag „nur“ noch drei Prozent.

Dies war ein völlig überraschender Schock für die Aktienmärkte und die Finanz­aufsichten. Wie konnte es zu solchen Kurssprüngen kommen? Zunächst wurde von einem „Fat-Finger“-Trade ausgegangen, bei dem sich ein Börsenhändler beim Verkauf einer Aktienposition um mehrere Nullstellen vertippt haben soll. Schnell wurde den meisten bewusst, dass die Ursache der Geschehnisse nicht so einfach sein kann. Am 30. September 2010 veröffentlichen die US- Aufsichtsbehörden einen offiziellen Abschlussbericht, der den Kurseinbruch un­tersuchte. Vielmehr war der Crash eine Folge der strukturellen Veränderungen der Börse.

Vor diesem Hintergrund widmet sich die vorliegende Bachelorarbeit einer umfas­senden Analyse des Flash Crashs. Zu diesem Zweck wird zunächst der generelle Hintergrund der Aktienmärkte beleuchtet, um einen Einblick in die Prozesse und Mechanismen der Börse zu bekommen. Weiter wird gezeigt welchen Einfluss die Entwicklung der Informations- und Kommunikationssysteme auf die Börse hat.

Anschließend wird der Flash Crash genauer beschrieben und analysiert. Zunächst erfolgt anhand des offiziellen Abschlussberichts der CFTC/SEC eine exakte Be­trachtung des Ablaufs. Nachfolgend werden die Konsequenzen und die durchge­führten Veränderungen der SEC auf die Geschehnisse genannt. Darauf folgend werden mögliche Ursachen ermittelt.

Abschließend wird im Rahmen einer kritischen Evaluierung des Flash Crash vom 6. Mai 2010 die Notwendigkeit bzw. werden die verschiedenen Möglichkeiten zur Vermeidung erneuter Flash Crash diskutiert. Hieraus werden Implikationen zur

Verbesserung des Aktienhandels und der gängigen Systeme abgeleitet. Des Wei­teren wird zur Analyse des Flash Crash das Augenmerk auf algorithmische Han­delssysteme gelegt, um deren möglichen signifikanten Einfluss auf den extremen Kurssprung zu untersuchen.

2 Börsenhandel

2.1 Transaktionsprozess der Börse

Der Transaktionsprozess der Börsen ist zur Erfüllung seiner Ziele und Funktionen in mehrere sich ständig wiederholende synchrone und asynchrone Subprozesse gegliedert.1 Beginnend mit der Entgegennahme der Transaktionswünsche der am Markt beteiligten Parteien und der Auswahl der Instrumente werden die Orders auf Validität überprüft und gemäß Preisbildungsalgorithmen und Ausführungsre­geln („Matching“) zusammengeführt.2 Aus dem Orderbuch werden endogene Marktinformationen (aktuelle Kurse, Marktvolumen) für die aktuelle Orderlage abgeleitet. Nachgelagert erfolgt der Subprozess des Clearing und Settlements.3

2.1.1. Marktteilnehmer und Produkte

Sowohl Marktteilnehmer als auch Produkte lassen sich nach verschiedenen Ab­straktionsebenen differenzieren.4

Im Hinblick auf den Flash Crash lassen sich die Marktteilnehmer in folgende Gruppen systematisieren:5

- High-Frequency-Trader (HFT)6 sind definiert als Market Maker mit einem sehr großen täglichen Handelsvolumen. Trotz des großen Handelsvolu­mens haben HFT keine großen Aktienpositionen langfristig in ihrem Be­sitz, da die Anlagestrategie tendenziell kurzfristigen Trades vorsieht.7
- Fundamental Traders: Je nachdem ob die „net-position“ am Ende des Handelstages positiv oder negativ ist kann eine weitere Differenzierung in Fundamental Buyers (Käufer) und Sellers (Verkäufer) getätigt werden. Fundamental Traders haben i.d.R. einen langen Anlagehorizont.8
- Intermediäre sind Market Maker die eine große Anzahl von Kontrakten kaufen und verkaufen, jedoch ähnlich den HFT nur vergleichsweise gerin­ge Mengen längerfristig halten.
- Opportunistic Traders können dem Handelsverhalten nach keiner der an­deren vier Gruppen eindeutig zugeordnet werden. Die Händler können auf dem Markt, abhängig von vielen strategischen Faktoren, sowohl wie In­termediäre als auch wie Fundamental Trader agieren.
- Noise-Trader sind Händler die täglich weniger als zehn Kontrakte handeln. Ebenso wie Marktteilnehmer in verschiedene Kategorien differenziert werden können geschieht dies auch bei den Finanzinstrumenten. Hinsichtlich des Flash Crashs sind folgende relevant:
- Aktien
- Das S&P 500 E-Mini Future Derivat wurde 1997 von der Chicago Mer­cantile Exchange (CME) vorgestellt und wird exklusiv auf deren elektro­nischer Plattform gehandelt.9 Der Nominalwert eines E-Mini Kontraktes beträgt $50 mal den S&P 500 Aktienindex. Der Wert des S&P 500 reflek- tiert die Kursentwicklungen der 500 größten amerikanischen börsenno­tierten Unternehmen.10
- Exchange Traded Fonds (ETF) sind passiv gemanagte Indexfonds. Anders als Investmentfonds können diese wie normale Aktien kontinuierlich an der Börse gehandelt werden.11 Der Wert wird fortlaufend an der Börse er­mittelt.12 Generell kann davon ausgegangen werden, dass die Wertent­wicklung des ETFs analog zu der Entwicklungen des Indices verläuft. Im Hinblick auf den Abschlussbericht der CFTC/SEC zum Flash Crash wird besonders auf den SPY - SPDR S&P 500 ETF, der neben dem E-Mini zu den aktivsten Index-Derivaten gehört, eingegangen. Der Preis des SPY ETFs liegt annähernd bei einem Zehntel des S&P 500 Indexwertes.13

2.1.2. Orders

Der Transaktionsprozess beginnt mit der Übermittlung der Ordereingabe an den Marktplatz. Diese signalisieren dem Markt Angebot und Nachfrage der am Markt beteiligten Akteure. Durch den Einsatz interaktiver Kommunikationssysteme im Wertpapierhandel werden die Wünsche der Marktteilnehmer schnell ins System zum Orderbuch hinzugefügt.14 Im Oderbuch werden Kauf- und Verkaufsaufträge gesammelt. Überwiegend handelt es sich an den heutigen Börsen um elektroni­sche Orderbücher die offen für alle Handelsteilnehmer einsehbar sind.

An den Börsen besteht eine Vielzahl von Ordertypen. Im Allgemeinen kann zwi­schen Orders und Quotes unterschieden werden.15 Orders stellen Kauf- und Ver­kaufsangebote von Anlegern, Investoren und Intermediären dar. Quotes hingegen sind Kauf- und Verkaufsangebote von speziellen Marktakteuren, wie z.B. Market Makern.16

Ferner können Orders mit einer Reihe von Attributen differenziert werden. Diese können sich auf das Ausführungsdatum, Volumen, Laufzeit, Preis oder andere Determinanten beziehen.17

Im Hinblick auf den Preis kann zwischen Market Orders und Limit Orders unter­schieden werden. Market Orders haben beim Kauf oder Verkauf keine spezifische Preisvorgabe. Die Transaktion erfolgt zum besten verfügbaren Preis, der aller­dings nicht vorhersehbar ist.18 Im Gegensatz dazu besitzen Limit-Orders bestimm­te Kursgrenzen (Mindest- bzw. Höchstpreis) zu denen der Kauf- oder Verkauf erfolgen soll.19

2.1.3 Preisbildung und Matching

Bei der Preisbildung an den Wertpapierbörsen kann zwischen „Quoten Driven Markets“ und „Order Driven Markets“ unterschieden werden.20

Auf einem „Quote-Driven Market“21 existieren Market Maker, welche verbindli­che Geld- und Briefkurse stellen.22 Market Maker sind somit bereit Wertpapiere zu vorher festgelegten Kursen zu kaufen (Geldkurs) oder zu verkaufen (Brief­kurs). Die Differenz zwischen den beiden Kursen wird als Spread bezeichnet. Zur Preisermittlung kann der Market Maker öffentliche Informationen oder die Auf­tragslage in den Orderbüchern heranziehen um darauf folgend durch die gestellten An- und Verkaufskurse den größtmöglichen Umsatz zu erzielen.23

Ein „Order Driven Market“24 funktioniert ohne zusätzliche Intermediäre wie Mar­ket Maker sondern folgen dem Auktionsprinzip. Die Kauf- und Verkaufsangebote werden hier von allen Handelsteilnehmern gestellt, wonach unter zueinander kor- respondierende Orders das Matching erfolgt, d.h. für jede offene Position eine Gegenpartei gesucht wird.25

„Quote Driven Markets“ weisen demnach eine höhere Liquidität als Konsequenz auf das bestehen von Market Makern auf, da immer eine Partei besteht welche die Gegenposition eingeht. Im Gegensatz dazu haben „Order Driven Markets“ wegen dem direkten „Matching“ geringere Transaktionskosten und bieten eine größere Transparenz.26

Darüber hinaus kommt es an Märkten wie z.B. der NYSE zu hybriden Formen der voran erwähnten Strukturen. Primär ist die NYSE ein O-D-Market auf der einge­henden Orders zunächst untereinander27 versucht werden zu „matchen“.28 Falls es aufgrund von speziellen Attributen oder Spezifikationen zu keiner Orderausfüh­rung kommt, können Market Maker die Gegenposition eingehen.

2.2 Der Wandel zur elektronischen Plattform

Der traditionelle Aktienhandel ist seit geraumer Zeit großen strukturellen Verän­derungen unterworfen. Der Präsenz- oder Parketthandel an dem sich zugelassene Marktteilnehmer zu fixierten Zeiten im Handelssaal treffen, um Börsengeschäfte zu tätigen, ist in der Gegenwart immer weniger anzutreffen.29 Heute steht die Fra­ge der Computerisierung des Handels im Vordergrund. Im Hinblick darauf trifft man an allen bedeutenden Finanzplätzen der Welt auf vernetzte, computerbasierte Handelsplattformen.30 Folglich lässt sich eine stetige Abkehr vom Parketthandel zu vollelektronische Börsen beobachten. Diese bieten häufig eine große Anzahl an Nebenleistungen (siehe Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Marktstruktur elektronische Märkte (In Anlehnung an Das (2006): S.1364)

2.2.1 Computerisierung des Wertpapierhandels

Die Computerisierung des Wertpapierhandels kann in unterschiedliche Stufen gegliedert werden. Beginnend mit der reinen EDV-Unterstützung von Präsenzbör­sen, bis hin zu vollelektronischen Computerbörsen an denen der Handel vollstän­dig durch Computersysteme abgewickelt wird und die manuelle Tätigkeit sich nur noch auf die Eingabe der offenen Position bezieht.31 Computerbörsen stellen ho­mogene Systeme aus Rechnern und Netzwerken dar, die mittels Software:

- Die Regeln das Marktes abbilden und für deren Einhaltung sorgen;
- alle Subprozesse der Börsen implementieren (Orderverwaltung, Preisbil­dung, Matching-Verfahren, Informationsverteilungsmechanismen, Han­dels- und Marktüberwachung) und Clearing- und Settlementprozesse inte­grieren;
- eine geeignete technische Architektur verwendet um die Prozesse, Sub­prozesse und Funktionalitäten darzustellen32

Die Vorteile der Computerisierung gegenüber dem Parketthandel sind vielfältig. Grundlegend müssen Marktteilnehmer nicht mehr persönlich anwesend sein. Or­ders können weltweit durch Computer erteilt werden. Dies führt u.a. zu einer Fle­xibilität und Kostenersparnis für die Handelsteilnehemer. Die Ortsungebundenheit der Börsen erweitert nicht nur den Kreis der Markteilnehmer und folglich das Handelsvolumen, sondern erhöht auch Serviceleistungen für den Kunden.33 Elek­tronische Handelssysteme steigern den Wettbewerb, durch den Wegfall von Mit­gliederbeschränkungen und ermöglichen eine rasche und effiziente Preisbildung bei Kurs- und Volumentransparenz.34

Die Computerisierung der Wertpapiermärkte kann auch zu neune Gefahren füh­ren. Durch den möglichen Programmhandel an den Computerbörsen kann es zu einer Destabilisierung der Märkte und Anstieg von Volatilität kommen, was ins­besondere im Verlauf des „Flash Crash“ festzustellen war. Eine steigende Tech­nologieabhängigkeit kann den Markt anfälliger für Funktionsstörrungen machen. Ferner konnte schon damals beobachtet werden, dass eine gleichzeitige Verfüg­barkeit von Informationen zu einseitigem Verhalten der Marktteilnehmer und ex­treme Schwankungen auf den Finanzmärkten führen kann.35

2.2.2 ATS

Alternative Handelssysteme stellen Unternehmen dar, die nicht als Börse zugelas­sen sind, aber ein System betreiben, dass Kauf- und Verkaufsinteresse zusam­menbringt.36 37 Träger der ATS können Groß- und Investmentbanken oder Makler­gesellschaften sein.

Seit der EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID können Aktien auch in Europa über alternative Plattformen und nicht wie davor nur über staatlich beaufsichtige Bör­sen gehandelt werden.38 Der Gegenpart zur MiFID in Europa ist RegNMS in den USA.39 Im Hinblick auf die neuen Möglichkeiten haben diese sich als ernsthafte Konkurrenz zu etablierten Börsen herausgebildet.40 Bedingt durch den techni­schen Fortschritt haben sie eine schnellere Handelstechnik, größere Marktreich­weite und sind i.d.R. kostengünstiger.41 Das führt u.a. dazu, dass sich etablierte Börsensysteme wegen der zu beobachtenden Entwicklung in turbulenten Zeiten bewegen. Neue Wettbewerber aus den aufstrebenden Schwellenländern, beson­ders aus Asien, stellen diese vor neue Herausforderungen.42

2.3 Liquidität

Ein Primärkriterium zur Einschätzung der Qualität von Märkten ist die Liquidität. Prinzipiell lässt sich ein Markt im börslichen Sinne als liquide bezeichnen, wenn Teilnehmer ihre Wertpapiere in großen und kleinen Mengen, schnell zu niedrigen oder gar keinen Transaktionskosten kaufen oder verkaufen können, ohne dabei den Kurs beachtlich zu beeinflussen.43 Abgeleitet von dieser Definition ist Liqui­dität an drei Faktoren gebunden: Irrelevanz der Ordergröße, Ausführung ohne zeitliche Verzögerung und Preisstabilität.44

Grundlegend kann Liquidität in vier Dimensionen gegliedert werden:45

- Markttiefe („depth“)
- Marktbreite („breadth“)
- Unmittelbarkeit („immediacy“)
- Erholungsfähigkeit („resiliency“)

Die Markttiefe gibt die Anzahl der nicht ausgeführte Kauf- und Verkaufsaufträge im Orderbuch an, die nahe46 dem aktuellen Kurs gehandelt werden können.47 Ein tiefer Markt verringert die Marktvolatilität, da mögliche auftretende Ungleichge­wichte von Kauf- und Verkaufsaufträgen vom den im Markt vorhandenen Aufträ­gen geglättet werden können.48

[...]


1 Vgl. Stoll (1991): S. 7

2 Vgl. Schenk (1997): S.17

3 Das Clearing und Settlement umfasst hier die drei Aufgabenbereiche der Wertpapieraufbewah­

rung, der Eigentumsübertragung (Settlement) und der Verrechnung von Wertpapieren (Clea­ring). Vgl. Lattemann/ Neumann (2002): S.3

4 In der Literatur gibt es viele unterschiedliche Ansätze die Parteien am Markt zu differenzieren. Vgl. dazu Schierenbeck/Hölscher (1998): S.9-20, die sehr detailliert die Struktur bzw. den Aufbau des gesamten Finanzsektors und dessen Marktteilnehmer analysieren.

5 Die Systematisierung erfolgt nicht nach Registrierungspflichten sondern ist vielmehr eine Klassi­ fikation nach Handelsvolumen und Zeithorizont. Vgl. CFTC/SEC (2010): S.13, S.29; Kirilenko (2011): S.11ff.

6 siehe Kapitel 4.2

7 für Weitere Erläuterungen zu Market Maker siehe Kapitel 2.1.3

8 Vgl. Powers (2000): S.56

9 Bei der CME handelt es sich generell um eine der größten Börsen weltweit. Gehandelt werden vor allem Futures und Optionen. Vgl. Spence (1997) S.25f.

10 Für vertiefende Informationen zum E-Mini Derivat siehe CME Rulebook: Kapitel 358.

11 Vgl. Bohl (2006): S.337

12 Vgl. Picard (2010): S.6

13 CFTC/SEC (2010): S.10

14 Vgl. Gerke/Aignesberger (1986): S. 9; Gerke/Aignesberger (1987): S.209

15 Vgl. Barucci (2003): S. 309f.

16 siehe zur Definition von Market Makern Kapitel 2.1.3

17 Vgl. Eller (2002): S.66ff.

18 Vgl. Michalky (2008) :S.78

19 Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Limit-Orders. Vgl. Eck (2006) S.109f.; Schwager (1995): S. 40ff.

20 aus Oxford Dictianories: die Angleichung.

21 Quote-Driven Märkte sind z.B. die NASDAQ und das SEAQ der LSE. Vgl. Madhavan (2000): S. 205

22 Vgl. Löhndorf/Naumann: S.258

23 Vgl. Roth (2005): S.98

24 Order Driven Märkte sind z.B. die TOREX Toronto, CORES Tokyo und SWX Schweiz. Vgl. Handa/Schwartz/Tiwari (1998): S. 48

25 Vgl. Schmude/Leiner (2002): S. 214

26 Vgl. World Bank Policy Research Report (1997): S. 380

27 Die Aufträge werden elektronisch an einen NYSE „Specialist“ (In den USA werden häufig Market Maker auch als Specialist bezeichnet) geleitet. Der Spezialist kann die Aufträge aus seinem Auftragsbuch, aus der Crowd oder aus seinem Eigenbestand matchen. Vgl. Dalton (1988): S.70

28 Vgl. Fabozzi (2009): Chap. 2

29 Vgl. Gerke (1993): S. 726

30 Vgl. Gondring (1988): S.216

31 Vgl. Schäfer (1994) S.134f.

32 vgl. Stoll (1997): S.89f.; Gomber (2000): S.26f.

33 Vgl. Theissen (1998): S.173

34 Vgl. Studer (1991): S.3

35 Vgl. Caytas (1992): S.74, der insbesondere auf den Börsencrash vom Oktober 1987 eingeht und diesen dem Computer Trading zuschreibt.

36 ATS für Alternative-Trading Systems wird als Terminus für eine Bandbreite verschiedener Systeme verwendet. Für eine umfassende Auflistung und Erläuterung siehe Hagemann (2005): S.89ff.;

37 Vgl. FESCO/CESR (2000): S.6

38 Die MiFID-Richtliene ist zum 1. November 2007 in Kraft getreten. Zweck ist der Anlegerschutz und verbesserte Transparenz der Finanzmärkte. Vgl. Richtlinie 2004/39/EG (2004)

39 Das RegNMS ist eine Richtlinie der SEC aus dem Jahre 2005. Vgl. SEC Release Nr. 34-51808

40 Vgl. Hagemann (2005): S.93

41 Vgl. Merkt (2003): S. 217

42 Vgl. CFT (2009): S.77

43 Vgl. Wyss (2004): S.6; Oesterhelweg/Schiereck (1993): S.390f.

44 Vgl. Averdink-Bolwin (1998): S.81

45 Nach einer verbreiteten Abgrenzung kann Liquidität in dieser Weise dargestellt werden (Multi­

Dimensionales Konzept). Jedoch kann es sowohl von der Anzahl (3-4) als auch von der be­grifflichen Terminologie in der Literatur zu Differenzen kommen. U.a. dadurch bedingt das prinzipiell keine einheitliche und offizielle Definition von Liquidität existiert. Vgl. Black (1971): S.28f.; Harris (1990): S.3; Hasbrouck/Schwartz (1988): S.10; Gomber (2000): S.13; Roll (1988): S.1127

46 „Nahe“ im Sinne der Marktiefe bedeutet, dass genügend Kauf- und Verkaufsinteresse über und

unter dem aktuellen Kurs besteht. Vgl. Sarr (2002): S. 5

47 Vgl. Bernstein (1987): S. 55

48 Eine geringere Marktvolatilität führt zu stabileren Wertpapierkursen.Vgl. Sarr (2002): S.5

Details

Seiten
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783656063940
ISBN (Paperback)
9783656063704
DOI
10.3239/9783656063940
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Duisburg-Essen – Mercator School of Management
Erscheinungsdatum
2011 (November)
Note
1,7
Schlagworte
flash crash elektronischer börsenhandel
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Titel: Flash Crash: Elektronischer Börsenhandel