Change Management in der öffentlichen Kommunalverwaltung
Zusammenfassung
Die öffentliche Verwaltung, insbesondere auf der kommunalen Ebene, fühlt sich seit Beginn der 90er Jahre verstärkt dem Dienstleistungsgedanken verpflichtet und strebt dabei auf der Grundlage des „Neuen Steuerungsmodells“ (NSM) eine größtmögliche Bürgernähe, Wirtschaftlichkeit und Transparenz ihrer Leistungen an. Damit dieser Veränderungsprozess durch die öffentliche Kommunalverwaltung bewältigt werden kann, bedarf es ausgeklügelter Strategien und Techniken.
Die vorliegende Hausarbeit mit dem Thema „Change Management in der öffentlichen Kommunalverwaltung“ setzt sich zum Ziel, Strategien und Techniken für die Umset-zung des Change Managements auf kommunaler Ebene aufzuzeigen.
Dazu ist es erforderlich, die notwendigen Begrifflichkeiten abzuklären. Alsdann wird aufgezeigt, welchen Veränderungen die Kommunalverwaltung extern und intern ausge-setzt ist. Nachfolgend werden die zu erwartenden Widerstände bei Veränderungsprozessen erläutert. Anhand all dieser Ausführungen kann schlussendlich auf die Strategien und Techniken für die Umsetzung des Change Managements auf kommunaler Ebene näher eingegangen werden.
Soweit nachfolgend von „Personal“ die Rede ist, sind sämtliche Bedienstete in der je-weiligen öffentlichen Kommunalverwaltung gemeint. Sofern demgegenüber auf die „Verwaltungsspitze“, „Führungskräfte“ oder „Mitarbeiter“ abgestellt wird, soll die je-weilige Hierarchieebene zum Ausdruck kommen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsbestimmungen
2.1 Change Management
2.2 Öffentliche Kommunalverwaltung
3. Wandel und Reform der öffentlichen Kommunalverwaltung
3.1 Definitionen und Tendenzen
3.2 Ursachen des Wandels
3.3 Ziele des Wandels: das Neue Steuerungsmodell (NSM)
3.4 Aktueller Implementierungsstand des NSM
4. Widerstände
4.1 Ursachen Merkmale von Widerständen
4.2 Arten von Widerständen
4.3 Überwindung von Widerständen
4.3.1 Information und Kommunikation
4.3.2 Partizipation
5. Strategien und Techniken des kommunalen Change Managements
5.1 Veränderungsstrategien
5.2 Modell des Change Managements
5.3 Konzept und Ablauf von Veränderungsprozessen
5.4 Projektmanagement und -organisation
5.5 Personalentwicklung und Anreizsystem
6. Fazit
Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Publikationen
1. Einleitung
In einer modernen und sich rasant entwickelnden Gesellschaft werden Unternehmen und öffentliche Verwaltungen durch komplexe, weitreichende und bereichsübergreifende Veränderungen in der Organisationsinnen- und außenwelt permanent vor neue Herausforderungen gestellt.
Die öffentliche Verwaltung, insbesondere auf der kommunalen Ebene, fühlt sich seit Beginn der 90er Jahre verstärkt dem Dienstleistungsgedanken verpflichtet und strebt dabei auf der Grundlage des „Neuen Steuerungsmodells“ (NSM) eine größtmögliche Bürgernähe, Wirtschaftlichkeit und Transparenz ihrer Leistungen an.[1] Damit dieser Veränderungsprozess durch die öffentliche Kommunalverwaltung bewältigt werden kann, bedarf es ausgeklügelter Strategien und Techniken.
Die vorliegende Hausarbeit mit dem Thema „Change Management in der öffentlichen Kommunalverwaltung“ setzt sich zum Ziel, Strategien und Techniken für die Umsetzung des Change Managements auf kommunaler Ebene aufzuzeigen.
Dazu ist es erforderlich, die notwendigen Begrifflichkeiten abzuklären. Alsdann wird aufgezeigt, welchen Veränderungen die Kommunalverwaltung extern und intern ausgesetzt ist. Nachfolgend werden die zu erwartenden Widerstände bei Veränderungsprozessen erläutert. Anhand all dieser Ausführungen kann schlussendlich auf die Strategien und Techniken für die Umsetzung des Change Managements auf kommunaler Ebene näher eingegangen werden.
Soweit nachfolgend von „Personal“ die Rede ist, sind sämtliche Bedienstete in der jeweiligen öffentlichen Kommunalverwaltung gemeint. Sofern demgegenüber auf die „Verwaltungsspitze“, „Führungskräfte“ oder „Mitarbeiter“ abgestellt wird, soll die jeweilige Hierarchieebene zum Ausdruck kommen.
2. Begriffsbestimmungen
2.1 Change Management
Allgemein lässt sich feststellen, dass die Entwicklung von Veränderungskonzepten bzw. Soll-Zuständen weniger schwierig ist, als deren Umsetzung, weil dabei erfahrungsgemäß erhebliche Implementationsschwierigkeiten auftreten.[2] Zu deren Überwindung bedarf es einer aktiven Gestaltung des Wandels im Sinne eines ganzheitlichen Veränderungsmanagements, das auf Ergebnisorientierung, Umsetzungscontrolling und Nachhaltigkeit fokussiert ist.[3]
Unter Change Management wird also die systematische Steuerung eines Veränderungsprozesses in einer Organisation verstanden.[4] Dies umfasst die bewusste Planung und Durchführung und Kontrolle aller Konzepte, Methoden und Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, damit neue Strategien, Strukturen, Systeme und Verhaltensweisen erfolgreich eingeführt und am Ende auch umgesetzt werden.
Verschiedene Autoren betrachten Change Management deshalb als eine komplexe Verknüpfung, Abstimmung und Weiterentwicklung verschiedener Teilbereiche der Organisationslehre. Demnach verlaufen die Grenzen zwischen Change Management, Organisationsentwicklung, Konzepten einer lernenden Organisation, Wissensmanagement, Projektmanagement und Entwicklung von Organisationskultur fließend.[5]
Da jede Organisation aufgrund spezifischer Ausgangssituationen ihren individuellen Changeprozess entwickeln muss, und jeder Changeprozess dabei auch seine eigene Dynamik entfaltet, bietet das Change Management prinzipiell keine Patentrezepte an, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Theoriebausteine.[6]
Ziel des Change Managements ist schlussendlich nicht nur, den geplanten Wandel zu initiieren und erfolgreich umzusetzen, sondern vor allem auch, die Anpassungsfähigkeit der Organisation dauerhaft zu sichern und prinzipiell für Veränderungen offen zu halten (lernende Organisation).[7]
2.2 Öffentliche Kommunalverwaltung
Kommunen bzw. Gemeinden sind bei betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise Organisationen, nämlich soziale, zeitlich relativ stabile Systeme, die aus Individuen bestehen, welche gemeinsame Ziele verfolgen.[8] Organisationsform von Kommunen ist das auf Max Weber zurückzuführende Bürokratiemodell.[9] Es stellt eine angemessene Form der Herrschaftsausübung von Großorganisationen dar, deren zentrale Merkmale unter anderem die Regelgebundenheit der Amtsführung, abgegrenzte Kompetenzbereiche, eine ausgeprägte Amtshierarchie und Ablehnung von Willkürherrschaft sind.[10] Ihre besonderen Strukturen, Verfahren und die Sozialisation des Personals sind Ausdruck der gewachsenen Binnenkultur (Bürokratiemodell).[11] An der Spitze der streng hierarchischen Organisationsstruktur befindet sich eine oftmals demokratisch legitimierte Führung.[12] Die innerhalb dieser Organisationen tätigen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes werden durch charakteristische, unflexible, staatliche Ausbildungs-, Besoldungs- und Belohnungsmuster rekrutiert.[13] Folgen sind begrenzte Mobilität und eine weitgehend lebenslängliche Bindung an den Dienstherren.[14]
Rechtlich sind sie (Gebiets-) Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigener Organisations-, Personal-, Finanz-, Planungs-, Satzungs-, Gebiets- und Aufgabenhoheit.[15] Öffentliche Kommunalverwaltungen gehören der Exekutive an; ihre Existenz ergibt sich aus der Notwendigkeit, politische Entscheidungen sowie Gesetze und Verordnungen vorzubereiten, umzusetzen und zu kontrollieren.[16] In ihrem Gebiet sind sie Träger von öffentlichen Aufgaben, vorwiegend im Bereich der örtlichen Daseinsvorsorge, beispielsweise Bildung, Infrastruktur, Kultur, Gesundheitswesen und soziale Angelegenheiten.[17]
Die Aufgabenwahrnehmung erfolgt dabei überwiegend nicht in Konkurrenz zu privaten Unternehmen.[18] Vielmehr verfügt die Kommunalverwaltung über eine Monopolstellung, die keinen Marktprozessen unterliegt, sondern im Wesentlichen politisch determiniert ist.[19] Das gilt auch für die Preisbildung.[20] Im Gegensatz zum privaten Sektor stellt die Gewinnmaximierung nicht das Ziel kommunalen Handelns dar, sondern die Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Für die Kommunalverwaltung kommt es maßgeblich darauf an, gesellschaftliche Konflikte effektiv zu lösen („die richtigen Dinge tun“), die hier nicht von Marktteilnehmern durchgeführt werden können oder dürfen.[21] Demgegenüber dominiert im privaten Sektor der Effizienzgedanke (Verhältnis von eingesetztem Kapital zum Gewinn).
Von wesentlicher Bedeutung ist die politische Dimension des kommunalen Verwaltungshandelns, dessen Art und Umfang in erheblichem Maße der politischen Willensbildung in den Gemeindeparlamenten ausgesetzt ist.[22] Die Verwaltung übt ihrerseits beträchtlichen Einfluss auf die Politik aus, sodass eine Vielzahl von Interaktionen zwischen Verwaltung, Politikern und Bürgern entsteht.[23] Die Finanzierung der Kommunalverwaltung erfolgt mittels staatlicher Zuweisungen, Steuern, Beiträgen und Gebühren.[24] Im Gegensatz zum privaten Sektor sind kommunale Gebietskörperschaften in rechtlicher Hinsicht allenfalls einem geringem Bestandsrisiko ausgesetzt, da ihre Existenz grundsätzlich in der Verfassung garantiert wird.[25]
3. Wandel und Reform der öffentlichen Kommunalverwaltung
3.1 Definitionen und Tendenzen
Organisationen verändern sich permanent.[26] Auch die öffentliche Kommunalverwaltung ist somit Wandlungsprozessen und Verwaltungsreformen unterworfen. Wandel meint den Übergang von einem aktuellen in einen zukünftigen Zustand.[27] Geplanter und zielgerichteter Wandel im Rahmen eines Change Managements besitzt größte Bedeutung für Unternehmen, ebenso für die öffentlichen Kommunalverwaltung.[28] Wandlungstendenzen geben allgemein Auskunft über die etwaige Stabilität und Anpassungsflexibilität der öffentlichen Verwaltung.[29] „Reform“ ist ein Sammelbegriff für organisatorische, personelle, verfahrensmäßige und instrumentelle Anpassungsmaßnahmen öffentlicher Verwaltungen.[30] Von 1806 bis 1980 lassen sich in der öffentlichen Verwaltung insgesamt immerhin 42 Reformbündel und reformmaßnahmen ausmachen.[31] Nach VOIGT lässt dies auf eine durchaus vorhandene Reformfreudigkeit öffentlicher Kommunalverwaltungen schließen. Auch sei beispielsweise die Verwaltung von 1949 nicht mehr mit der aktuellen zu vergleichen.[32] Für einen generellen Wandlungs- und Reformbedarf spricht auch die Entwicklung vom liberalen Ordnungsstaat zum sozialen Leistungsstaat in den vergangenen hundert Jahren.[33] Dem stehen jedoch nach SCHÄFER und KIRK eine ausgesprochene Veränderungsresistenz der öffentlichen Verwaltung gegenüber, aufgrund antrainierter Verhaltensmuster und Unflexibilität sowie fehlender Motivation und Konkurrenz gegenüber.[34] Nach BLANKE besteht in jüngster Zeit auch eine gewisse Reformmüdigkeit.[35]
3.2 Ursachen des Wandels
Organisatorischer Wandel kann verschiedene interne und externe Ursachen haben, die als Problemdruck wahrgenommen und als Triebkräfte für veränderungsbedingten Handlungsbedarf identifiziert werden.[36] Während auf privatwirtschaftliche Unternehmen der Druck des Marktes und des Wettbewerbs wirkt, wirkt auf öffentliche Verwaltungen der Druck der Gesellschaft.[37]
Eine erste gesellschaftliche Veränderung stellt der demographische Wandel dar. Unter diesem Begriff werden Veränderungen in der Zusammensetzung und/oder in der Altersstruktur der Gesellschaft verstanden, deren Ursachen in sinkenden Geburtenraten, steigender Lebenserwartung und Wanderbewegungen liegen.[38] Dieser externe Druck stellt die öffentliche Verwaltung vor neue sozialpolitische Herausforderungen (Armut, Ungleichheit, Arbeitslosigkeit, Pflegebedürftigkeit), denen sie mit geeigneten, zeitnahen Maßnahmen und neuen Steuerungsinstrumentarien begegnen muss.[39] Ebenso übt der demographische Wandel internen Druck auf die Verwaltung aus, da ihr Personal ebenfalls demographischen Veränderungen unterliegt: die gesunkene Anzahl der Beschäftigten und der Anstieg ihres Durchschnittsalters erfordern ein zukunftssicheres Konzept des Personalmanagements, das die Beschaffung, Entwicklung und Bindung qualifizierten Personals umfasst.[40]
Zudem ist ein offensichtlicher Wertewandel in den westlichen Industriestaaten wie auch in Deutschland zu beobachten, der weg von Pflichterfüllungs- und Akzeptanzwerten hin zu Partizipationswünschen und individualistischen Selbstentfaltungswerten verläuft.[41] Dies hat deutliche Auswirkungen auf die Verwaltungstätigkeit: Auf der einen Seite haben die Bürger eine höhere Leistungserwartung an die Verwaltung, die sich in der Forderung nach mehr Service, höherer Qualität und kürzeren Bearbeitungszeiten bei gleichzeitig geringerer Zahlungsbereitschaft ausdrückt.[42] Forciert wird das Ganze durch den technischen Fortschritt, denn in Zeiten des Internets und der mobilen Kommunikation erwartet der Bürger eine Leistungserstellung auch außerhalb der Öffnungszeiten.[43] Auf der anderen Seite ist das Verwaltungspersonal ebenfalls von diesem Wertewandel betroffen und gibt sich nicht mehr mit einem gesicherten Einkommen und einem geregelten Arbeitsalltag zufrieden. Das Verlangen nach mehr Eigenverantwortung und interessanteren, motivierenderen Arbeitsaufgaben kollidiert zunehmend mit den starren Verwaltungsstrukturen.[44]
Die Anforderungen an die öffentliche Kommunalverwaltung steigen kontinuierlich, werden zunehmend komplexer und müssen mit deutlich geringeren finanziellen Ressourcen bewältigt werden.[45] Das führt auf allen Verwaltungsebenen zu einer enormen Verschuldung der öffentlichen Haushalte und äußert sich in umfassenden Konsolidierungskonzepten, Einschränkung freiwilliger Leistungen und teilweise ganzjährigen Haushaltssperren. Konsolidierungsdruck kann Reformen auslösen; in jedem Fall ist er ein Erfolgsfaktor, sei es als „Motor“ oder im Falle von zu hohen Investitionskosten für die Implementierung der Reform als „Bremse“.[46]
Verwaltungswandel ist demzufolge eine Reaktion auf die Unzulänglichkeiten des traditionellen bürokratischen Modells; es existiert ein ständiger Prozess der Veränderung von Aufgaben und Inhalten der öffentliche Verwaltung durch ihre Umwelt (Technik, Politik, Recht, Ökonomie, soziokulturelle Bedingungen).[47]
Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) nennt als Anlässe für den Wandel in der öffentlichen Kommunalverwaltung eine Reihe von existierenden „Steuerungslücken“, nämlich die Effizienzlücke (fehlender Anreiz zur effizienten Mittelverwendung), Strategielücke (fehlende Orientierung an klaren Entwicklungszielen), Managementlücke (fehlender Zwang und fehlende Instrumente zur Leistungsverbesserung, Strukturanpassung, Ressourcenumschichtung und Anpassung an Nachfrageänderungen), Attraktivitätslücke (sinkende Attraktivität des öffentlichen Sektors für engagierte Mitarbeiter), und schließlich die Legitimitätslücke (fehlender Nachweis von Effizienz, Zielgenauigkeit und Qualität öffentlicher Leistungen).[48]
3.3 Ziele des Wandels: das Neue Steuerungsmodell (NSM)
Seit den 80er Jahren orientieren sich die unterschiedlichen staatlichen Verwaltungsebenen immer stärker am Modell des „New Public Management“ (NPM).[49] Mit diesem Reformkonzept, das seinen Ursprung in Großbritannien, USA, Australien und Neuseeland fand, sollten erfolgreiche privatwirtschaftliche Strategien auf die Arbeit in öffentlichen Verwaltungen übertragen werden.[50] Auf kommunaler Verwaltungsebene haben die Reformbestrebungen seit Beginn der 90er Jahre Einzug gehalten; hier wird vom „Neuen Steuerungsmodell“ (NSM) gesprochen, welches von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) entwickelt wurde.[51]
Ziel dieser tiefgreifenden Verwaltungsmodernisierung soll ein grundlegend neues Selbstverständnis des Verwaltungsapparates als kundenfreundliches Dienstleistungsunternehmen sein.[52] Notwendigerweise muss dafür ein Wechsel von einer Input- hin zu einer Output-Orientierung stattfinden, der eine produktbezogene Organisation mit flacheren Hierarchieebenen impliziert, die schneller und flexibler auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren können. Um dies zu erreichen, bedient sich das NSM verschiedener Elemente:
Zu oberst steht eine strikte Trennung der Verantwortlichkeiten von Politik und Verwaltung, die die Einmischung der Verwaltungsspitze in das operative Tagesgeschäft verhindern und eine effektivere Leistungserstellung ermöglichen soll.[53] Eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen dieser Verantwortlichkeitstrennung ist das Kontraktmanagement, mit dessen Hilfe Zielvereinbarungen und Leistungsabsprachen zwischen Verwaltungseinheiten definiert werden.[54] Um diese Leistungsabsprachen effektiv und wirtschaftlich umsetzen zu können, erhalten die Organisationseinheiten mehr dezentrale Ressourcenverantwortung durch die Bewirtschaftung eigener Budgets. Das Ergebnis der Verwaltungstätigkeit soll nun outputorientiert sein und wird über die Festlegung und Erstellung von Produkten erreicht. Weil ihre Monopolstellung die öffentlichen Verwaltung vor allem im hoheitlichen Bereich nicht zur Verbesserung der Produkt- und Dienstleistungsqualität animiert, soll zunehmend ein (künstlicher) Wettbewerb mehr in den Vordergrund treten, der durch einen interkommunalen Vergleich erreicht wird.[55] Zusätzlich soll der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (E-Government) sowie eine durchdachte Personalentwicklung einen reibungslosen Ablauf bei der Erbringung der Verwaltungsdienstleistung unterstützen.[56] Zur Kontrolle der Zielerreichung und Wirtschaftlichkeit muss nicht zuletzt ein aussagekräftiges Berichtswesen (Controlling) auf der Basis eines neuen, nach doppischen Prinzipien funktionierenden Rechnungswesens (Stichwort: Neues Kommunales Finanzmanagement = NKF) eingeführt werden.[57]
3.4 Aktueller Implementierungsstand des NSM
Zur Bewertung des erreichten Verwaltungsreformstandes in der Bundesrepublik fehlt es noch immer weit gehend an empirischen Evaluationen.[58] Erste Evaluationen zeigen indessen erhebliche Implementierungsschwierigkeiten.[59] Umfassende Veränderungen sind bisher selten, zumeist sind lediglich punktuelle Verbesserungen unter aufrecht erhaltenen Grundstrukturen zu verzeichnen.[60] Beispiele, aus der Verwaltung, bei denen umfassende Neuordnungsprozesse stattgefunden haben allesamt nicht die kommunale Ebene, zu nennen sind hier als Ausnahmen die Neuordnungsprozesse bei der Arbeitsverwaltung (Bundesagentur für Arbeit) und – höchst aktuell - der Bundeswehr.[61]
4. Widerstände
4.1 Ursachen Merkmale von Widerständen
In der einschlägigen Literatur gibt es einen breiten Konsens darüber, dass jedwede Form der Entwicklung oder Veränderung auf Widerstände stößt, die als selbstverständliche Begleiterscheinungen des geplanten Wandels gelten und die es im Sinne erfolgreicher Reformprojekte zu überwinden gilt.[62]
Unter Widerstand wird die Ablehnung der Organisationsmitglieder gegenüber Veränderungsmaßnahmen verstanden, die aus mentalen Barrieren resultiert und nicht unmittelbar nachvollziehbare Bedenken erzeugt und den Veränderungsprozess hemmt oder ihn sogar aktiv untergräbt und verhindert.[63] Mangelndes Verständnis über Ziele und Hintergründe, mangelnde Erfahrung über die Auswirkungen auf aktuelle Prozesse, fehlender Glaube oder sachliche Zweifel an der Zielerreichung oder persönliche Ängste vor Neuem können eine solche Ablehnung bewirken.[64] Das Abwehrverhalten der Organisationsmitglieder kann in Form von aktivem Widerstand (Gegenargumentation, Vorwürfe, Drohungen, Streit, Intrigen, Cliquenbildung) oder passivem Widerstand (Schweigen, ins Lächerliche ziehen, Unaufmerksamkeit, „innere Kündigung“, Krankheit) bestehen.[65]
4.2 Arten von Widerständen
Widerstandsarten lassen sich anhand der Ebenen, auf denen sie entstehen, unterscheiden: individuelle Ebene gegenüber Gruppen- bzw. Organisationsebene.[66]
Auf der Ebene des einzelnen Organisationsmitgliedes resultieren die Widerstände oftmals aus dessen bisherigen Gewohnheiten, die durch Routine und standardisierte Verhaltensmuster über eine gewisse Zeitspanne hinweg erlernt wurden.[67] Die Orientierung an Gewohnheiten liegt in der Natur des Menschen, sorgt grundsätzlich für Stabilität und Sicherheit in allen Bereichen des Lebens und generiert einen gewissen Befriedigungswert, der bei Veränderungen nicht mehr erreicht werden kann („Das haben wir schon immer so gemacht!“).[68]
Weiterhin stehen neben negativen Ersterfahrungen auch Unsicherheit, Selbstzweifel und falsche oder lückenhafte Informationen über die geplanten Veränderungen dem Wandel entgegen.[69] Hinzu kommt die fehlende Einsicht in die Notwendigkeit der Veränderung, fehlendes Vertrauen in die Initiatoren des Veränderungsprojektes und die Furcht vor Überlastungen aufgrund anstehender Mehrarbeit.[70] Beklagt werden sowohl bei den einfachen Mitarbeitern als auch auf der mittleren Führungsebene eine fehlende Rücksichtnahme der Verwaltungsspitze auf die Problemlagen in den Fachbereichen, eine insofern ungerechte Behandlung und eine unzureichende Betreuung bei der Umsetzung der Zielvorgaben.[71]
[...]
[1] Vgl. Blanke, 2005, S. 171
[2] Vgl. Blanke, 2005, S. 216; vgl. Scherm, 2007, S. 337; vgl. Speier-Werner, 2006, S. 18; vgl. Bogumil / Schmid, 2001, S. 111
[3] Vgl. Doppler, 2008, S. 97
[4] Vgl. Gattermayer, 2001, S.14
[5] Vgl. Blanke, 2005, S. 216; vgl. Scherm, 2007, S.
[6] Vgl. Schäfer, 2011, S. VI, vgl. Blanke, 2005, S. 217
[7] Vgl. Staehle, 1999, S. 898
[8] Vgl. Schreyögg, 2008, S. 8, vgl. Sühlo, 2008, S. 7
[9] Vgl. Voigt, 2006, S. 60
[10] Vgl. Blanke, 2005, S. 45; vgl. Wimmer, 2004, S. 161
[11] Vgl. Blanke, 2005, S. 45
[12] Vgl. Schedler, 2000, S. 15; Vgl. Maurer, 2009, S. 577
[13] Vgl. Schedler, 2000, S. 15; Vgl. Voigt, 2006, S. 60
[14] Vgl. Bogumil / Jann, 2009, S. 111
[15] Vgl. Bogumil / Jann, 2009, S. 104
[16] Vgl. Schedler, 2000, S. 16
[17] Vgl. Maurer, 2009, S. 586
[18] Vgl. Wörpel, 2011, S. 9
[19] Vgl. Koch, 2011, S. 87; vgl. Kirk, 2011, S. 86
[20] Vgl. Schedler, 2000, S. 15
[21] Vgl. Speier-Werner, 2006, S. 57
[22] Vgl. Blanke, 2005, S. 44
[23] Vgl. Blanke, 2005, S. 73
[24] Vgl. Schedler, 2000, S. 15
[25] Vgl. Kirk, 2011, S. 6; vgl. Speier-Werner, 2006, S. 60; vgl. Wörpel, 2011, s. 9
[26] Vgl. Staehle, 1999, S. 898
[27] Vgl. Wörpel, 2011, S. 8
[28] Vgl. Vahs, 2009, S. 280
[29] Vgl. Voigt, 2006, S. XVIII
[30] Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/verwaltungsreform.html, Abruf am 20.08.2011
[31] Vgl. Voigt, 2006, S. XVIII
[32] Vgl. Voigt, 2006, S. XXI
[33] Vgl. Wimmer, 2004, S. 129
[34] Vgl. Schäfer, 2005, S. 28; vgl. Kirk, 2011, S. 86
[35] Vgl. Blanke, 2005, S. 479
[36] Vgl. Vahs, 2009, S. 310
[37] Vgl. Vahs, 2009, S. 310
[38] Vgl. Stember, 2010, S. 285; vgl. Becker, 2007, S. 9; vgl. Jones, 2008, S. 605
[39] Vgl. Bachert / Vahs, 2007, S. 28
[40] Vgl. Blanke, 2005, S. 231; vgl. Stember, 2010, S. 293
[41] Vgl. Vahs, 2009, S. 311
[42] Vgl. Becker, 2007, S. 10; vgl. Blanke, 2005, S. 64
[43] Vgl. Becker, 2007, S. 10
[44] Vgl. Blanke, 2005, S. 64; vgl. KGST-Handbuch Organisationsmanagement, S. 14
[45] Vgl. Becker, 2007, S. 11; vgl. Blanke, 2005, S. 64
[46] Vgl. Speier-Werner, 2006, S. 141
[47] Vgl. Voigt, 2006, S. XVIII
[48] Vgl. Blanke, 2005, S. 75; vgl. KGSt 5/1993, S. 5
[49] Vgl. Bogumil / Schmid, 2001, S. 111
[50] Vgl. Becker, 2007, S. 14; vgl. Blanke, 2005, S. 63
[51] Vgl. Blanke, 2005, S. 171; vgl. Bogumil / Schmid, 2001, S. 111
[52] Vgl. Becker, 2007, S. 19
[53] Vgl. Bogumil / Kuhlmann, 2007, S. 27; vgl. KGST Bericht 5/1993, S. 16
[54] Vgl. Blanke, 2005, S. 77; vgl. KGST Bericht 5/1993, S. 17
[55] Vgl. Bogumil / Kuhlmann, 2007, S. 72; vgl. Blanke, 2005, S. 78; vgl. KGST Bericht 5/1993, S. 22
[56] Vgl. Blanke, 2005, S. 137
[57] Vgl. Blanke, 2005, S. 357
[58] Vgl. Blanke, 2005, S. 483
[59] Vgl. Bogumil / Schmid, 2001, S. 111
[60] Vgl. Bieker, 2004, S. 31
[61] Vgl. Blanke, 2005, S. 487
[62] Vgl. Schreyögg, 2008, S. 405; vgl. Staehle, 1999, S. 977; vgl. Doppler, 2008, S. 336
[63] Vgl. Doppler, 2008, S. 336; vgl. Vahs, 1999, S. 334
[64] Vgl. Doppler, 2008, S. 337; vgl. Zeller, 2009, S. 21
[65] Vgl. Doppler, 2008, S. 339; vgl. Zeller, 2009, S. 33
[66] Vgl. Jones, 2008, S. 607
[67] Vgl. Schäfer, 2011, S. 2; vgl. Zeller, 2009, S. 25
[68] Vgl. Schreyögg, 2008, S. 406
[69] Vgl. Staehle, 1999, S. 978; vgl. Scherm, 2007, S. 240; vgl. Vahs, 2009, S. 349
[70] Vgl. Vahs, 2009, S. 350
[71] Vgl. Schäfer, 2005, S. 18