Das Governancekonzept der Europäischen Union am Beispiel der Umweltpolitik
Zusammenfassung
Europäischen Union angewendet. Es wird davon ausgegangen, dass dieser Theorieansatz
am ehesten geeignet ist, um die komplexe Mehrebenenpolitik der Europäischen Union,
welche ein System sui generis ist, zu beschreiben. Dabei soll das Governance-Konzept
anhand eines alltäglicheren Beispiels für den Leser greifbarer gemacht werden. Aus diesem
Grund soll die Implementation der Umweltpolitik innerhalb der Mitgliedstaaten der
Europäischen Union als Beispiel verwendet werden.
Zur Erreichung des Ziels einer Governance-Erklärung am Beispiel der Umweltpolitik in der
Europäischen Union wird diese Hausarbeit in mehrere Einzelkapitel untergegliedert sein. Nach der Einleitung, in welcher sich der Leser gerade befindet, werden im zweiten Kapitel
die Begriffe Umweltpolitik und Governnce defniert, die für das grundlegende Verständnis des
Theorierahmens notwendig sind.
Im folgenden dritten Kapitel werden diese beiden Begriffe dann auf die Ebene der
Europäischen Union angewendet.
Im vierten Kapitel der Hausarbeit, dem inhaltlichen Schwerpunkt, werden einige Fallbeispiele
aus dem Bereich der der europäischen Umweltpolitik vorgestellt. Deren Implementation in
die Mitgliedstaaten der EU wird anhand des Governance-Konzeptes deutlich gemacht. Ziel
soll es sein darzustellen, dass der Governance-Ansatz am geeignetsten ist, um die
komplexen Vorgänge mit den zahlreichen Akteuren innerhalb der europäischen Union zu
erläutern.
Im abschließenden fünften Kapitel werden die bisherigen Ergebnisse dieser Hausarbeit noch
einmal zusammengefasst sowie ein persönliches Fazit gezogen.
Leseprobe
Inhalt
1 Einleitung
2 Begriffsdefinitionen
2.1 Governance
2.2 Umweltpolitik
3 Governance und Umweltpolitik auf europäischer Ebene
3.1 Governance im Kontext der Europäischen Union
3.2 Umweltpolitik in der Europäischen Union
4 Beispiele von Governance in der europäischen Umweltpolitik
4.1 Die Einführung des Katalysatormotors
4.2 Neue Steuerungskonzepte
5 Abschließende Bewertung
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Diese im Frühjahrstrimester 2009 verfasste Hausarbeit entstand im Rahmen des Proseminars mit dem Titel European Governance: Ausgewählte Politikfelder und Akteure und naturgemäß wird sich diese Arbeit mit dem Governance-Konzept befassen. Wer könnte besser diese Arbeit einleiten als Arthur Benz, Professor am Institut für Politikwissenschaften der Fernuniversität Hagen, der sich als Herausgeber für das Werk Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen verantwortlich zeigte. Einem einführenden Lehrbuch, welches sich mit der Gesamtheit dieses neuartigen politikwissenschaftlichen Begriffs befasst. So schreibt Benz:
„Governance – ist das wieder ein Anglizismus, mit dem Sozialwissenschaftler ihr Sprachrepertoire unnötig verkomplizieren? Liegt nicht wie bei allen aus dem angelsächsischen Sprachraum stammenden Begriffen auch bei diesem der Verdacht nahe, dass es sich hierbei um einen Modeausdruck handelt, der Altes lediglich in ein neues Gewand kleidet? Gibt es nicht geeignete deutsche Wörter, um das zu bezeichnen, was gemeint ist? Diese Fragen liegen auf der Hand und sie haben ihre Berechtigung. Neuen Beziehungen sollte man mit Skepsis begegnen, vor allem dann, wenn sie plötzlich in aller Munde sind und in vielen Bereichen Verwendung finden, keiner aber so genau definieren kann, was eigentlich damit gemeint ist“ (Benz 2004: 12).
Mit diesen Worten bringt Benz die Dilemmata auf den Punkt, die mit dem neuen Begriff Governance einhergehen. Doch gerade diese kritisch aufgeworfenen Fragen machen die Beschäftigung mit dem Governance-Konzept so interessant. Hinzu kommt der Umstand, dass dieser Begriff, wie Benz schon ansprach, gegenwärtig voll im Trend liegt.
Dabei existiert nicht das Konzept der Governance. Wie diese Hausarbeit aufzeigen wird, ist der Begriff durchaus vielschichtig und kann auf verschiedene Politikbereiche angewendet werden bzw. besitzt er je nach Kontext stellenweise unterschiedliche Bedeutungen (vgl. Walk 2008: 33). Global Governance oder Good Governance seien hier schlaglichtartig genannt. Im Fokus dieser Hausarbeit und der damit einhergehenden Fragestellung steht jedoch das Governance-Konzept im Kontext der Europäischen Union.
In dieser Hausarbeit wird das neuartige Governance-Konzept auf das politische System der Europäischen Union angewendet. Es wird davon ausgegangen, dass dieser Theorieansatz am ehesten geeignet ist, um die komplexe Mehrebenenpolitik der Europäischen Union, welche ein System sui generis ist, zu beschreiben. Dabei soll das Governance-Konzept anhand eines alltäglicheren Beispiels für den Leser greifbarer gemacht werden. Aus diesem Grund soll die Implementation der Umweltpolitik innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Beispiel verwendet werden.
Zur Erreichung des Ziels einer Governance-Erklärung am Beispiel der Umweltpolitik in der Europäischen Union wird diese Hausarbeit in mehrere Einzelkapitel untergegliedert sein.
Nach der Einleitung, in welcher sich der Leser gerade befindet, werden im zweiten Kapitel die Begriffe Umweltpolitik und Governnce defniert, die für das grundlegende Verständnis des Theorierahmens notwendig sind.
Im folgenden dritten Kapitel werden diese beiden Begriffe dann auf die Ebene der Europäischen Union angewendet.
Im vierten Kapitel der Hausarbeit, dem inhaltlichen Schwerpunkt, werden einige Fallbeispiele aus dem Bereich der der europäischen Umweltpolitik vorgestellt. Deren Implementation in die Mitgliedstaaten der EU wird anhand des Governance-Konzeptes deutlich gemacht. Ziel soll es sein darzustellen, dass der Governance-Ansatz am geeignetsten ist, um die komplexen Vorgänge mit den zahlreichen Akteuren innerhalb der europäischen Union zu erläutern.
Im abschließenden fünften Kapitel werden die bisherigen Ergebnisse dieser Hausarbeit noch einmal zusammengefasst sowie ein persönliches Fazit gezogen.
2 Begriffsdefinitionen
Bevor sich mit dem übergeordneten Leitthema, Governance und Umweltpolitik innerhalb der Europäischen Union beschäftigt werden kann, müssen einige für diese Arbeit grundlegenden Begriffe genauer erläutert werden, um eventuelle Ungenauigkeiten oder Verwirrungen, die vor allem beim Begriff Governance auftreten können, zu vermeiden.
Daher werden in diesem Kapitel die Begriffe Governance und Umweltpolitik in ihrer Allgemeinheit näher vorgestellt werden. Eine detaillierte Anwendung dieser beiden Leitbegriffe auf die Ebene der Europäischen Union wird im anschließenden dritten Kapitel erfolgen.
2.1 Governance
Der Begriff des Governance mag zwar in der Politikwissenschaft ein neuer sein, dennoch ist seine Verwendung in der Wissenschaft älter, als vielen bewusst sein dürfte (Walk 2008: 34). Schon 1937 wurde der Begriff in die Wirtschaftswissenschaften eingeführt und im Verlauf der Forschungsgeschichte immer wieder aufgegriffen (Benz 2004: 15). Inzwischen verwendet man in der Ökonomie gerne das Konzept der so genannten Corporate Governance (Mayntz 2005: 15). Damit wird beispielsweise „[…] die Beziehungen zwischen Eigentümern und Management eines Unternehmens […]“ (Benz 2004.: 15) beschrieben. Wie später deutlich werden dürfte, ist dieses Governance-Verständnis gar nicht so weit von dem entfernt, welches in der Politikwissenschaft üblich ist.
Erstmals in die Politikwissenschaft eingeführt wurde der Begriff über das Teilgebiet der Internationalen Beziehungen (Mayntz 2005: 15). Von hier war es nur noch ein kleiner Schritt, bis der Begriff auch in andere Felder der Politikwissenschaft, sowohl im innen- wie auch außenpolitisch Bereich, übertragen wurde (Benz 2004: 17). Inzwischen hat Governance auch Eingang in die Verwaltungswissenschaften gefunden (Walk 2008: 35). Auch in öffentlichen Diskussionen wird der Begriff vermehrt genutzt (Jachtenfuchs/Kohler-Koch 2005: 99).
Wie aber wird Governance nun im politikwissenschaftlichen Sinne definiert? Hier ist zu Beginn wichtig zu erkennen, dass es sich dabei eben nicht um einen Theorie- oder Forschungsansatz, beispielsweise ähnlich dem des Liberalismus oder Realismus, handelt. Vielmehr stellt er eine neue Perspektive auf die heutigen politischen Realitäten dar (Benz 2004: 19). In englischen Wörterbüchern wird Governance unter anderem mit Steuerung übersetzt (www1). Wieso aber Steuerung und nicht regieren? In den heutigen Gesellschaften haben sich die Grenzen des Staates aufgelöst. Die strikte Trennung von Markt und Staat wird inzwischen in Frage gestellt (Walk 2008: 38). Innerhalb der Industriegesellschaften wirken gesellschaftliche, ökonomische und politische Akteure in komplexen institutionellen Strukturen zusammen. Diese Akteure können sowohl staatlicher als auch privater Natur sein und beeinflussen sich mit ihrem Schaffen gegenseitig (vgl. Benz 2004: 21). Beispielsweise fallen darunter die Elemente Staat, soziale Netzwerke und Gemeinschaften, die in dem Konzept vereint werden (vgl. ebd.: 20). Zusätzlich agieren diese Akteure grenzüberschreitend bzw. beeinflussen aufgrund supranationaler oder intergouvernementaler Strukturen mit ihren Aktionen andere Akteure außerhalb der eigenen Staatsgrenzen (vgl. Walk 2008: 40).
Das Konzept des Governance versucht die neuartige Art und Weise des Regierens in einer solch komplexen Welt zu beschreiben. In heutigen Gesellschaften ist nicht mehr das Konzept des Regierens als Erklärung ausreichend, welches zumeist von oben herab regulativ auf private Akteure einwirkt (Walk 2008: 36). Vielmehr spricht man hier von der bereits erwähnten Steuerung. Governance beschreibt also die Gesamtheit der zahlreichen Wege und Mittel zur Regelung von Angelegenheiten, die in erster Linie auf kooperativem Handeln und auf Interessenausgleich basieren sollen (vgl. Mayntz 2005: 15).
Anhand dieser Begriffserklärung wird deutlich, dass das wirtschaftswissenschaftliche Konzept des Corporate Governance gar nicht so weit von dem der Politikwissenschaft entfernt ist. Wenn man das Unternehmen mit dem Staat gleichsetzt, die Eigentümer mit dem Volk und das Management sowohl mit der Regierung als auch mit nicht-staatlichen, privaten Akteuren, so wird die Ähnlichkeit evident. Kooperation, Interessenausgleich und Koordination sollen die Begriffe sein, die man am ehesten mit Governance in Verbindung bringen sollte.
Der Governance-Begriff erscheint in der Politikwissenschaft in verschiedenen Varianten. So existieren unter anderem Global Governance, Regional Governance, Multilevel Governance oder Organizational Governance. Auch hat Governance mit dem Begriff des Good Governance eine normative Dimension erreicht, mit dem die Faktoren einer guten Regierungsführung beschrieben werden sollen (Benz 2004: 18). Eine dezidierte Auflistung oder gar Beschreibung aller dieser unterschiedlichen Governance-Ausprägungen würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen und daher muss an dieser Stelle die allgemeine Definition von Governance begnügen. Oder abschließend, um Markus Jachtenfuchs und Beate Kohler-Koch frei zu zitieren, in welchen Politikfeldern findet Governance eigentlich nicht statt (Jachtenfuchs/Kohler-Koch 2005: 99)?
2.2 Umweltpolitik
Der Forscher Wolfgang Köck vermag es in ausgezeichnetem Maße, die wesentlichen Aspekte des Begriffs Umweltpolitik zusammenzufassen und in eine angemessene Definition umzuformulieren. So schreibt er: „Umweltpolitik ist Politik zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen vor Zerstörung, Verschmutzung und sonstiger Beeinträchtigung und zur Sanierung eingetretener Umweltschäden. Ihre Aufgabe ist es, Wohlstandsentwicklungen und Umweltzerstörungen zu entkoppeln, um die natürlichen Lebensgrundlagen langfristig zu sichern und die Ressourcen dauerhaft nutzbar zu erhalten bzw. wiederherzustellen“ (Köck 2005: 325).
Die Umweltpolitik gehört zu den jüngeren Politikfeldern innerhalb der heutigen Staatenwelt und hat innerhalb kürzester Zeit einen enormen Bedeutungswandel erlebt. Galten noch in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts umweltbewusste Menschen oder Umweltschützer abwertend als „Ökos“ (Werth/Mayer 2008: 296) oder „Spinner“ (Werth/Mayer 2008: 296), so ist die Umweltpolitik inzwischen zumindest in den westlichen Industrienationen nicht mehr aus der alltäglichen Regierungspraxis wegzudenken. Die Mülltrennung ist beispielsweise heutzutage selbstverständlich geworden (Werth/Mayer 2008: 296).
Ein Grund für das stetig gewachsene Interesse (vgl. Varwick 2008: 5) und die die Aktualität des Themas liegt sicherlich in der stetigen Zunahme von Umweltkatastrophen, die auf die zunehmende Umweltverschmutzung zurückzuführen sind (vgl. Walk 2008: 123). Da die Umwelt im großen Maße nicht oder nur kaum regenerierbar ist, wird sie inzwischen als ein kollektives Weltgut verstanden (Varwick 2008: 7), deren Schutz zu den wichtigsten Zukunftsfragen der Menschheit gehört (Varwick 2008: 5). Zu dem auch in der Öffentlichkeit und den Medien am stärksten diskutierten Thema gehört sicherlich der globale Klimawandel (Ekardt 2008: 10), der sich zu einer ernsthaften Bedrohung für den Fortbestand der Menschheit entwickeln könnte (vgl. Walk 2008: 123).
Damit rückt Umweltpolitik auch in das Interesse der internationalen Staatengemeinschaft, denn Insellösungen auf nationalstaatlicher Ebene haben sich als ineffektiv herausgestellt (vgl. Köck 2005: 326). So machen Luftverschmutzungen oder, wie im Falle der Reaktorkatastrophe von Chernoybl, schwerwiegende Gefahren wie Radioaktivität nicht vor Staatsgrenzen halt. Vor allem die westlichen Industrienationen sind beim Thema Umweltschutz in der Pflicht, da sie im erheblichen Maße zur Verschmutzung und dem Klimawandel beigetragen haben bzw. es noch immer tun. Ein Blick auf die globalen Kohlendioxidausstoßzahlen belegt dies leider eindrucksvoll (Varwick 2008: 6).
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