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Sozialpolitik in Europa

©2009 Hausarbeit 17 Seiten

Zusammenfassung

Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich die historische Entwicklung der europäischen Sozialpolitik darzustellen und dabei einige für das Feld der Sozialpolitik relevanten Verträge näher beleuchten. Außerdem der Frage nachzugehen inwieweit es möglich ist sozialpolitische Ziele mit den vorhandenen Instrumenten zu erreichen.

Leseprobe

Gliederung

1. Einleitung

2. Begriffsdefinitionen

3. Geschichtlicher Rückblick
3.1 Sozialcharta
3.2 Sozialpolitisches Aktionsprogramm
3.3 Die Einheitliche Europäische Akte
3.4 Gemeinschaftscharta der soziale Grundrechte der Arbeitnehmer
3.5 Der Vertrag von Maastricht
3.6 Das Weißbuch der Sozialpolitik
3.7 Amsterdamer Vertrag
3.8 Charta der Grundrechte der Europäischen Union

4. Ziele der europäischen Sozialpolitik

5. Grundlagen der europäischen Sozialpolitik
5.1 Die institutionellen Akteure der EU
5.2 Rechtliche Grundlagen der Sozialpolitik
5.3 Instrumente der europäischen Sozialpolitik

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die gleichzeitig den Grundstein der EU darstellte, im April 1951 standen zunächst wirtschaftliche Beziehungen der europäischen Mitgliedstaaten im Vordergrund. Als in den 60er Jahren eine Wander- und Gastarbeiterbewegung in Europa stattfand wurde der Bedarf nach einer übergreifenden Sozialpolitik deutlich. Die Unterschiede im Ausbau der sozialen Sicherungssysteme in einzelnen europäischen Ländern verhinderten eine gemeinsame Leitlinie. Diese Unterschiede lassen sich zum einen auf politische Konstellationen in den einzelnen Ländern zurückführen. Hierbei spielt der Einfluss der Gewerkschaften, Kirchen sowie liberalen Parteien eine große Rolle (vgl. Bäcker et al, S. 49). Denn die Ausgestaltung der Sozialpolitik wird meist genau von diesen Akteuren beeinflusst. Zum anderen sind es institutionelle Anordnungen und administrative Strukturen eines Landes, die die sozialpolitische Ausgestaltung bestimmen. Dazu zählen die Struktur der Staatlichkeit, das Rechtssystem sowie das Verhältnis von Staat zu Kirchen. Diese Faktoren sollte man bei dem Zusammenschluss der europäischen Staaten zu einer Europäischen Gemeinschaft und daraus resultierende Entwicklungen beachten. Bei der Gründung von den ersten Gemeinschaften und Unterzeichnung der ersten Verträge waren die europäischen Staaten auf unterschiedlichem Entwicklungsstand, verfügten über verschiedene Wohlfahrtsregimes und undefinierten Erwartungen.

Die Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion veränderte die soziale Situation in einzelnen Mitgliedstaaten und stellte diese vor neue Aufgaben. Die Einrichtung des neuen Binnenmarktes brachte eine neue Wirtschaftspolitik und damit eine neue Bedeutung der nationalen Sozialpolitiken. Die Notwendigkeit Arbeitnehmer im europäischen Ausland zu schützen, machte die Sozialpolitik zu einem festen Bestandteil der europäischen Politik (vgl. Althammer / Lampert, S. 429). Die drohende Massenarbeitslosigkeit in Europa sowie demographischen Veränderungen zeigen deutlich wie nötig eine gemeinsame Sozialpolitik ist.

Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich die historische Entwicklung der europäischen Sozialpolitik darzustellen und dabei einige für das Feld der Sozialpolitik relevanten Verträge näher beleuchten. Außerdem der Frage nachzugehen inwieweit es möglich ist sozialpolitische Ziele mit den vorhandenen Instrumenten zu erreichen.

2. Begriffsdefinitionen

Bevor ich die Thematik der Sozialpolitik in Europa näher betrachte, werde ich den Begriff „Sozialpolitik“ erläutern.

Der Begriff „Sozialpolitik“ besteht aus zwei Morphemen: „sozial“ und „Politik“. Das Wort „sozial“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt gemeinsam, verbunden, wird heute mit folgenden Bezeichnungen gleichgesetzt: gesellschaftlich, gerecht, der Gesellschaft dienend.

Unter dem Begriff „Politik“ versteht man jegliche Art der Einflussnahme und Gestaltung sowie Durchsetzung von Forderungen und Zielen, in privaten wie auch im öffentlichen Bereich (vgl. Schubert, 2006). Im weitesten Sinne bezeichnet „Politik“ das Handeln des Staates und das Handeln in staatlichen Angelegenheiten.

Wenn man die beiden Begriffe zusammensetzt, kann man „Sozialpolitik“ wie folgt definieren: Staatliches Handeln, das der Gesellschaft dient. Also, bedeutet es, dass Sozialpolitik für eine umfassende Gesellschaftspolitik steht. Der Leitgedanke der Sozialpolitik basiert auf den während der Aufklärung entwickelten Gedanken von Solidarität, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

Andersen und Woyke verstehen unter „Sozialpolitik“ im engeren Sinne institutionelle, prozessuale und entscheidungsinhaltliche Dimensionen der gesamtgesellschaftlichen verbindlichen Regelung der sozialen Sicherheit (vgl. Andersen / Woyke, S. 578). Nach der gängigen wissenschaftlichen Tradition wird Sozialpolitik als politisches Handeln, das darauf ausgerichtet ist, wirtschaftliche Lage und soziale Stellung der in einer Gesellschaft absolut oder relativ schwach gestellten Personenmehrheiten zu verbessern bzw. zu sichern, verstanden (vgl. Zheng, S. 22). In der Regel wird Sozialpolitik als staatliche Umverteilungspolitik gesehen (vgl. Hillmann, 1994). Das Ziel des sozialpolitischen Handelns ist die politische Verarbeitung der aus sozialen Problemen resultierenden Spannungen und Konflikte. Zur Sozialpolitik im weiteren Sinne zählen Gestaltung der Arbeitsordnung, Beschäftigungspolitik und das Bildungswesen sowie sozialpolitische Maßnahmen, wie z. B. Arbeitslosen-, Kranken- sowie Pflegeversicherung, Wohnungsbau, Kriegsopferversorgung, Lastenausgleich, Flüchtlingshilfen usw.

In dem „Grünbuch über die europäische Sozialpolitik“ von 1993 definiert die Europäische Kommission Europäische Sozialpolitik als das gesamte Spektrum der Maßnahmen der EU im Sozialbereich, einschließlich der Arbeitsmarktpolitiken. Mittlerweile wird der Begriff „Europäische Sozialpolitik“ oft mit den Begriffen „Sozialunion“, „soziales Europa“ „Sozialraum“ sowie „soziale Dimension“ gleichgesetzt.

In der folgenden Arbeit werde ich mich ausschließlich mit der Europäischen Union und ihren 27 Mitgliedstaaten und nicht mit Europa als Kontinent befassen. Die EU stellt in erster Linie eine Marktgemeinschaft dar, deren Ziel es ist, die Lebenschancen der Bürger zu verbessern (vgl. Vahlpahl, S. 3). Dies soll durch Vernetzung der Kapital-, Arbeits-, Dienstleistungs- und Warenmärkten geschehen.

3. Geschichtlicher Rückblick

In den früheren Jahren der Europäischen Integration standen wirtschaftliche Beziehungen im Vordergrund. In deren Zuge war es den Gründungsstaaten wichtig die Bewegungsfreiheit der Arbeitnehmer zu sichern sowie ihren Status zu verbessern (vgl. Falkner 2003).

Innerhalb der EU existieren bis heute nationalstaatliche Systeme sozialer Sicherungen nebeneinander. Im folgenden Abschnitt werden die vertraglichen Grundlagen der Europäischen Gemeinschaft dargestellt.

Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft von Kohle und Stahl von 1951 enthielt die ersten sozialpolitischen Bestimmungen. Der anschließende EWG-Vertrag von 1957 hat seinen Schwerpunkt in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Einführung der Grundfreiheiten und enthält eher vage Formulierungen der sozialen Maßnahmen. In deren Rahmen einigten sich die Mitgliedstaaten den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt ihrer Länder durch das gemeinsame Handeln zu sichern und die Lebens- und Beschäftigungsbedingungen ihrer Völker zu verbessern. Im Mittelpunkt des Vertrages standen zunächst die Arbeitnehmer und nicht die gesamte Wohnbevölkerung der Mitgliedstaaten.

Außerdem wird in folgenden Bereichen:

- Beschäftigung
- Arbeitsrecht und Arbeitsbedingungen
- Berufliche Aus- und Weiterbildung
- Soziale Sicherheit
- Verhütung von Berufsunfällen und –krankheiten
- Gesundheitsschutz bei der Arbeit

eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten vereinbart. Außer den Absichtserklärungen wurden keine genauen Arbeitschritte bzw. Gesetze formuliert (vgl. Vahlpahl, S. 98). Folglich kann man sagen, dass mit dem EWG-Vertrag die Weichen für sozialpolitische Gesetze geschaffen wurden, allerdings gingen die Mitgliedstaaten davon aus, dass die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes für die Angleichung der Lebensbedingungen sorgen wird.

3.1 Sozialcharta

1961 wurde in Turin die Europäische Sozialcharta vom Komitee des Europarates zur Unterzeichnung aufgelegt, sie ist 1965 in Kraft getreten (vgl. Europarat, 2002). Die Charta ist ein einheitliches europäisches Dokument, welches den Grundkonsens der sozialen Rechte darstellte.

Sie verfolgt zwei Ziele: Sie schützt neunzehn wichtige soziale und wirtschaftliche Grundrechte, wie z. B. Recht auf Arbeit, Streikrecht, Recht auf Sozialversicherung, Schutz von Müttern und Kindern; Recht körperlich, geistig und seelisch Behinderter auf berufliche Ausbildung; Recht auf Chancengleichheit usw., und fördert somit die Entwicklung einer wirklichen Sozialpolitik in Europa. Jedoch verfügt die Charta über keine Rechtswirkung (vgl. Europarat, 2002).

Bei der Ratifizierung der Charta mussten sich die europäischen Staaten verpflichten, mindestens zehn von neunzehn Artikel der Charta anzuerkennen, wobei fünf bis sieben als besonders wichtig angesehen Rechte (Recht auf Arbeit, Koalitionsfreiheit, Recht auf Kollektivverhandlungen, Recht auf soziale Sicherheit, Recht der Familien auf sozialen, gesetzlichen und wirtschaftlichen Schutz, Recht auf Wanderarbeitnehmer und ihrer Familien auf Schutz und Beistand) mit umfasst sein mussten. Bis heute haben 24 Mitgliedstaaten die europäische Charta ratifiziert.

Bei Nichteinhaltung der Rechte können sich Einzelpersonen nicht wehren, da es sich bei der Sozialcharta um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt und die Rechte nur von den Unterzeichnerstaaten eingeklagt werden können. Die Vereinbarkeit der staatlichen Sozialpolitiken mit der Sozialcharta wird periodisch von Europäischen Ausschuss für Sozialrechte anhand der Berichte geprüft. Deren Folgerungen bzw. Empfehlungen werden an die entsprechenden Regierungssausschüsse, die über Maßnahmen zur Beseitigung der Defizite beraten, weitergeleitet. Gleichzeitig werden die betroffenen Staaten vom Ministerkomitee des Europarates in einer Resolution aufgefordert ihre nationalen Rechte in Übereinstimmung mit der Sozialcharta zu bringen.

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Details

Seiten
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783656116189
ISBN (Paperback)
9783656116547
DOI
10.3239/9783656116189
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2012 (Januar)
Schlagworte
sozialpolitik europa
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