Formelles und informelles Lernen - Abgrenzung und Verbindung beider Lernformen
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Definitionen und Abgrenzung
2.1 Das informelle Lernen
2.2 Facetten informellen Lernens
2.3 Abgrenzung zum formellen Lernen
3. Ansätze zur Verbindung beider Lernformen
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Bildung und Lernen waren schon immer zentrale Begriffe im Leben des Menschen. Kinder lernen von Geburt an im Elternhaus alles Wissenswerte, um sich in der Gesellschaft zurechtzufinden. Dazu zählen Sprache, gutes Benehmen sowie Leistungswille. In der Schule setzt sich dieser Prozess fort. Der Lebensabschnitt der Jugend ist gekennzeichnet von Schule, von Wissen und Lernen. Gerade in der heutigen Wissens- und Informationsgesellschaft gewinnt das Lernen stetig an Bedeutung. Aber Menschen lernen nicht nur in schulischen Einrichtungen, oder in Bibliotheken. In allen erdenklichen Situationen wird Wissen vermittelt und aufgenommen, sei es am Arbeitsplatz, im Freundeskreis oder im Fußballverein, egal ob bewusst oder unbewusst. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass die meisten Lernprozesse außerhalb der Schule stattfinden. Gesellschaftliche Anerkennung erlangt man aber nur innerhalb schulischer Bildungswege. Das ganze Leben über sind wir in einem ständigen Prozess des Lernens. Dieses wird auch bezeichnet als „lebenslanges Lernen“ (vgl. Hungerland/Overwien 2004, S. 8). Und durch moderne Kommunikationsmittel, z.B. das Internet, ist es so einfach an Informationen, an Wissen heranzukommen, wie nie zuvor. Das Problem besteht nun darin, dass sich der vorhandene Wissensschatz ständig vergrößert und auch die technologische Entwicklung unaufhaltsam voran schreitet. Deshalb sind die Menschen heutzutage dazu gezwungen, immer wieder an Fort- oder Weiterbildungen teilzunehmen, um ihr vorhandenes Wissen weiter auszubauen und somit ihre eigenen Kompetenzen zu erweitern. Manchmal kann das auch bedeuten, eine neue Qualifizierung zu erwerben um das Berufsfeld zu wechseln. Sich ständig weiterzuentwickeln und seine Kompetenzen zu erweitern, liegt im Interesse des Lernenden.
Neben dem festgelegten, institutionalisierten Lernen wird verstärkt das beiläufige Lernen anerkannt und gefördert. Aus diesem Grund möchte ich im Folgenden auf die beiden Lernformen näher eingehen. Zunächst werde ich das informelle Lernen betrachten und es danach vom formellen Lernen abgrenzen. Schließlich möchte ich dann noch herausstellen, welche Möglichkeiten der Verbindung der beiden Lernformen denkbar sind.
2. Definitionen und Abgrenzung
2.1 Das informelle Lernen
Wie bereits angedeutet, wird das informelle Lernen meist als beiläufiges Lernen verstanden. Es umfasst aber auch unbewusstes und ungeplantes Lernen. Es findet im alltäglichen Leben statt, in familiären Gesprächen, im Freundeskreis, aber auch in der Arbeit. Das informelle Lernen ist meist bezogen auf eine zu lösende Aufgabe oder Problemstellung: „Informelles Lernen ist ein instrumentelles Lernen, ein Mittel zum Zweck. Der Zweck ist […] nicht das Lernen selbst, sondern die bessere Lösung einer außerschulischen Aufgabe, einer Situationsanforderung, eines Lebensproblems mit Hilfe des Lernens.“ (Dohmen 2001, S. 19) Es wird aber klar vom intentionalen Lernen abgegrenzt: „Richtet sich intentionales Lernen von vornherein auf ein vorgegebenes Lernergebnis, so stellt sich beim informellen Lernen ein Lernergebnis ein, ohne dass dies im Allgemeinen bewusst angestrebt worden wäre“ (Dehnbostel/Uhe 1999, S. 3).
Zusammenfassend lässt sich das informelle Lernen als ein Lernen außerhalb einer formalen, schulischen Institution beschreiben, was sich meist im Zusammenhang mit anderen Tätigkeiten entwickelt.
Das informelle Lernen hat mehrere Facetten, so wird es oft als Erfahrungslernen, Alltagslernen, implizites Lernen oder Lernen am Arbeitsplatz bezeichnet. (vgl. Dohmen 2001, S. 27ff.) Eine einheitliche Definition für das, was eigentlich informelles Lernen ausmacht, sucht man in der Fachliteratur vergebens. „Je nach Herkunftsdisziplin und zugrunde liegender theoretischer Ansätze werden in der wissenschaftlichen Diskussion sehr unterschiedliche Kategorisierungsmodelle zur Beschreibung der Unterschiede von formalen und non-formalen bzw. informellen Lernprozessen verwendet.“ (Schiersmann/Remmele 2002, S. 23) Im Folgenden möchte ich herausstellen, wie vielschichtig der Begriff des informellen Lernens ist. Ich stütze mich dabei hauptsächlich auf die Ansichten von Prof. Dr. Günther Dohmen1.
2.2 Facetten informellen Lernens
Das informelle Lernen wird oft als Erfahrungslernen bezeichnet. Erfahrungen, die man im Leben macht, führen unweigerlich zu Problemlöse- und Handlungskompetenz, da man die erlangten Muster auf neue Sachverhalte anwenden kann. Erfahrungen sammelt der Mensch in der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt, und ist daher stark abhängig von den sozialen Strukturen und der Kultur in der er lebt. Die gesammelten Erfahrungen werden meist mit einer gewissen Distanz verarbeitet. Diese Reflexion beschreibt das kritische Auswerten, sowie die Schlüsse, die man daraus zieht. Auch wenn das informelle Lernen oft als Erfahrungslernen bezeichnet wird, so sind die beiden Lernformen dennoch nicht identisch. Das informelle Lernen umfasst noch weit mehr. (vgl. Dohmen 2001, S. 27-34) Ein anderer Ansatz setzt das informelle Lernen mit dem impliziten Lernen gleich. Implizites Lernen findet unbewusst und meist beiläufig statt. Beispiele hierfür sind das Erlernen des Fahrradfahrens oder der Erwerb der Muttersprache. Implizites Lernen fördert die Handlungskompetenzen des Einzelnen. Es findet wie informelles Lernen außerhalb von formalisierten Institutionen statt und ist auf ein erfolgreiches Handeln ausgelegt. Aber informelles Lernen umfasst auch explizite Lerninhalte und geschieht bewusster als implizites Lernen. Demnach ist eine grundsätzliche Gleichsetzung der beiden Lernformen auch hier nicht möglich. (vgl. Dohmen 2001, S. 34-37)
Der Begriff des Alltagslernens wird ebenfalls oft in Verbindung mit informellem Lernen genannt. Es wird davon ausgegangen, dass das informelle Lernen außerhalb schulischer Institutionen, und somit im Alltagsleben stattfindet. Menschen lernen im schulfremden Lebensalltag innerhalb von Familie, Arbeit und Freizeitaktivitäten. Dabei kommt es besonders darauf an, dass das Erlernte, im Gegensatz zum schulisch vermittelten Fachwissen, logisch nachvollziehbar ist und Anwendung im täglichen Leben findet. Das Alltagslernen ist abhängig von den eigenen, subjektiven Erfahrungen, die man im Alltag macht und führt somit zu „alltagsverlässlichen aber auch alltagsbeschränkten Verhaltensmustern“ (Dohmen 2001, S. 38). Diesen Einschränkungen gilt es mit der Offenheit gegenüber Neuerungen und der Konfrontation mit konträren Ideen entgegen zu wirken. (vgl. Dohmen 2001, S. 37-39)
Das informelle Lernen begegnet uns nicht nur im alltäglichen Leben, sondern auch am Arbeitsplatz. Diese Form des informellen Lernens bezieht sich auf einen spezifischen Lernort, ist aber ebenfalls oft ungeplant und unbewusst. Man lernt in Form von Erfahrungen, die man im Arbeitsprozess macht und mit denen man sich kritisch auseinandersetzt. (vgl. Dehnbostel 2007, S. 133)
Zusammenfassend beinhaltet der Begriff des informellen Lernens eine Vielzahl von Lernformen, oder hat gewisse Übereinstimmungen mit ihnen, d.h. um das informelle Lernen vollends zu erfassen bzw. zu verstehen, muss man es von mehreren Perspektiven aus betrachten.
Im Weiteren werde ich den Begriff des informellen Lernens als Überbegriff für beiläufiges, unbewusstes, Alltags- und Erfahrungslernen gebrauchen und nunmehr vom Begriff des formellen Lernens abgrenzen.
2.3 Abgrenzung zum formellen Lernen
Bisher habe ich das informelle Lernen im Speziellen näher betrachtet und festgestellt, dass es mehrere Facetten aufweist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das informelle Lernen meist unbewusst, ungeplant, beiläufig und nicht institutionell gebunden stattfindet. Das informelle Lernen hat seinen Ausgangspunkt in der Bewältigung von Problemstellungen und ist auf eine lernförderliche Umgebung bezogen.
Im betrieblichen Kontext wird reflexives und implizites Lernen unterschieden, wobei das reflexive Lernen auf der reflektierenden Verarbeitung von Erfahrungen beruht, und das implizite Lernen sich eher unbewusst und unreflektiert vollzieht.
Demgegenüber steht das durchgeplante Lernen „im Rahmen eines von der übrigen Umwelt abgegrenzten öffentlichen Bildungssystems“ (Dohmen 2001, S. 18). Das formelle Lernen bezieht sich im Gegensatz zum informellen Lernen nicht auf die lernförderliche Umgebung, sondern auf einen unterstützenden, anleitenden Lehrer oder Tutor. Weiterhin werden beim formellen Lernen vorher festgelegte, klar strukturierte Inhalte vermittelt, die im Nachhinein auch abrufbar und prüfbar sind. (vgl. Dehnbostel 2007, S. 133) Im Gegensatz zum informellen Lernen besteht die Möglichkeit einer Zertifizierung. Formelles Lernen findet bewusst statt und beruht meist auf curricular festgelegten Lerninhalten. Da es sich bei dem in Bildungs- oder Lerneinrichtungen vermittelten formalen Inhalten meist um Theoriewissen handelt, was fernab jeder Lebenspraxis steht, besteht natürlich die Gefahr, dass dieses Wissen schnell veraltet bzw. es zu Situationen kommt, in denen das formal erlangte Wissen nicht ausreichend ist, um vorhandene Problemstellungen zu lösen. Informelles Lernen kann hier einen nicht zu unterschätzenden Beitrag leisten, um schnell auf die sich verändernden Anforderungen in der modernen Gesellschaft reagieren zu können. Hierzu zählen das Lesen von Fachliteratur, das Aufsuchen und um Rat fragen bei Freunden oder der Familie, oder das bloße Ausprobieren und Lernen durch Irrtum. Denn das Lernen aufgrund von intrinsischer Motivation, das freiwillige Beschäftigen mit Wissen, um den eigenen Lebensalltag bewältigen zu können, wird meist ausdauernder und erfolgversprechender sein.
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1 Prof. Dr. Günther Dohmen: geb. 1926 in Heidelberg, Professor für Erwachsenenbildung/Weiterbildung