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Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem?

Im Fokus: Migrantenkinder und deren Schwierigkeiten

©2009 Seminararbeit 16 Seiten

Zusammenfassung

1. Einleitung

Die Diskussion um Chancengleichheit im Bildungssystem ist in letzter Zeit wieder neu in der Politik aufgeflammt. Chancengleichheit bedeutet, dass jeder Bürger laut Grundgesetz Recht auf Bildung besitzt, unhabhängig seiner Herkunft oder seines Geschlechts.
Die Realität im Bildungssystem sieht jedoch anders aus. Die Chancengleichheit für alle Bundesbürger ist de jure gesichert, de facto aber nicht gegeben. An der Peripherie der deutschen Gesellschaft hat sich besonders in städtischen Ballungsräumen eine Subkultur entwickelt, die aus Parallelgesellschaften besteht, je nach dem, aus welchen Herkunftsbereichen die Mitglieder stammen. Das Wohngebiet Kreuzberg in Berlin sei als ein Beispiel für die ghettoartigen Wohnbereiche genannt. Diese Subkulturen bilden sich zum Teil aus Migranten, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht dazu bereit sind, sich vollständig in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Sie bilden in ihrer Gemeinschaft eigene Vereine, bewegen sich meist nur in ihrem Umfeld, pflegen häufig wenig Kontakt nach außen und sprechen vor allem oftmals nur ihre eigene Sprache. Sie äußern ein Abgrenzungsverhalten, sichtbar an ihrer Kleidung, ihrem Einkaufsverhalten und ihren Treffpunkten, zu denen die einheimische Bevölkerung meist nur eingeschränkten Zugang hat.

Die Kinder aus diesen Gesellschaften sind jedoch trotzdem wie auch deutsche Kinder per Schulgesetz dazu verpflichtet, am deutschen Bildungssystem teilzunehmen. Daraus entwickeln sich oft Probleme, wie zum Beispiel Leistungsschwäche, Schulangst, Schulversagen, Ausgrenzung durch deutsche Mitschüler, Perspektivlosigkeit, Schul- und ausbildungsabbruch. Aggressionen führen meist zu noch mehr Problemen, mehr Ablehnung durch die Mitmenschen und letztendlich zu sozialer Unfähigkeit. Ein wichtiger Auslöser für diese gravierenden Probleme ist die mangelnde Beherrschung der deutschen Sprache, was sich schon im Kindergartenalter oder später bei der Einschulung manifestiert.
All dies wirft eine Reihe von Fragen auf: Wie ist der Status eines Migranten definiert? Welche Integrationsansätze- und möglichkeiten gibt es? Wenn es im Bildungssystem keine Chancengleichheit gibt, wie kann ihr entgegengewirkt werden? Wie sehen die Lösungsansätze und spezielle Fördermaßnahmen bei Sprachdefiziten aus?

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsdefinition Chancengleichheit

3. Grundsätzliche Überlegungen zum Begriff Migration
3.1. Maßnahmen zur erfolgreichen Integration
3.2. Das Sprachproblem der Migranten

4. Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem?
4.1. Die PISA-Studie
4.2. Die IGLU-Studie

5. Lösungsansätze
5.1. Unterstützung des Spracherwerbs durch die Eltern
5.2. Sprachförderungsmaßnahmen in Kindertagesstätten
5.3. Sprachförderung im Übergang Kindergarten - Grundschule

6. Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Diskussion um Chancengleichheit im Bildungssystem ist in letzter Zeit wieder neu in der Politik aufgeflammt. Chancengleichheit bedeutet, dass jeder Bürger laut Grundgesetz Recht auf Bildung besitzt, unhabhängig seiner Herkunft oder seines Geschlechts.

Die Realität im Bildungssystem sieht jedoch anders aus. Die Chancengleichheit für alle Bundesbürger ist de jure gesichert, de facto aber nicht gegeben. An der Peripherie der deutschen Gesellschaft hat sich besonders in städtischen Ballungsräumen eine Subkultur entwickelt, die aus Parallelgesellschaften besteht, je nach dem, aus welchen Herkunftsbereichen die Mitglieder stammen. Das Wohngebiet Kreuzberg in Berlin sei als ein Beispiel für die ghettoartigen Wohnbereiche genannt. Diese Subkulturen bilden sich zum Teil aus Migranten, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht dazu bereit sind, sich vollständig in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Sie bilden in ihrer Gemeinschaft eigene Vereine, bewegen sich meist nur in ihrem Umfeld, pflegen häufig wenig Kontakt nach außen und sprechen vor allem oftmals nur ihre eigene Sprache. Sie äußern ein Abgrenzungsverhalten, sichtbar an ihrer Kleidung, ihrem Einkaufsverhalten und ihren Treffpunkten, zu denen die einheimische Bevölkerung meist nur eingeschränkten Zugang hat.

Die Kinder aus diesen Gesellschaften sind jedoch trotzdem wie auch deutsche Kinder per Schulgesetz dazu verpflichtet, am deutschen Bildungssystem teilzunehmen. Daraus entwickeln sich oft Probleme, wie zum Beispiel Leistungsschwäche, Schulangst, Schulversagen, Ausgrenzung durch deutsche Mitschüler, Perspektivlosigkeit, Schul- und ausbildungsabbruch. Aggressionen führen meist zu noch mehr Problemen, mehr Ablehnung durch die Mitmenschen und letztendlich zu sozialer Unfähigkeit. Ein wichtiger Auslöser für diese gravierenden Probleme ist die mangelnde Beherrschung der deutschen Sprache, was sich schon im Kindergartenalter oder später bei der Einschulung manifestiert.

All dies wirft eine Reihe von Fragen auf: Wie ist der Status eines Migranten definiert? Welche Integrationsansätze- und möglichkeiten gibt es? Wenn es im Bildungssystem keine Chancengleichheit gibt, wie kann ihr entgegengewirkt werden? Wie sehen die Lösungsansätze und spezielle Fördermaßnahmen bei Sprachdefiziten aus?

Ziel der Arbeit ist es, die Problematik und Lösungsansätze darzustellen. Als Einstieg wird das im Grundgesetz festgelegte Recht auf Chancengleichheit und einige Gedanken zum Thema Migration vorgestellt. Die Probleme der Kinder mit Migrationshintergund sollen angesprochen werden und speziell im Fokus sollen dabei das Sprachdefizit und die daraus resultierenden Probleme stehen. Als Hilfe zur Erfassung des Sprachproblems im deutschen Schulsystem dienen die PISA-Studie und die IGLU-Studie.

2. Begriffsdefinition Chancengleichheit

„Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. […] Die Ausbildung soll die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit […] zum Ziele haben.“1

„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit.“2

Diese zwei Grundrechte gehören zum Fundament der deutschen Gesellschaft und damit auch zum deutschen Bildungssystem.

Beide enthalten wichtige Punkte: Erstens das Recht auf Bildung. Bildung bedeutet nicht nur schulische Bildung in Form eines Abschlusses, sondern ebenso die Fähigkeit, an der deutschen Kultur und dem kulturellen Leben selbst, wie zum Beispiel literarische Kunst, Theaterbesuche oder Vernissagen, teilzunehmen und sich damit zu identifizieren. Auch die Identifikation mit den deutschen Traditionen, wie zum Beispiel dem regionalen Brauchtum der schwäbisch-alemannischen Fasnacht gehört dazu. Ein gutes Beispiel für die gelungene Integration eines integrierten Migranten in die deutsche Gesellschaft ist der türkischstämmige Cem Özdemir, der Vorsitzende der Grünen.

Hier kommt der zweite wichtige Punkt zum Tragen - die „Entfaltung der Persönlichkeit“. Mit der Entfaltung ist gemeint, dass sich ein Migrant durch seine Bildung einen Zugang in die Gesellschaft ermöglicht und dadurch sein eigenes Potential mit einfließen lassen kann. Cem Özdemir hat eben das als ehemaliger Europaparlamentär und aktueller Vorsitzender der Grünen geschafft. Er hat sein Wissen und seine Bildung in die Gesellschaft eingebracht und bringt sie dadurch weiter nach vorne. Dies alles jedoch nur möglich, wenn die deutsche Sprache beherrscht wird. Existieren Sprachbarrieren oder werden solche möglicherweise absichtlich von traditionsverbundenen Familien aufgebaut, verringert sich die Chance zur Integration und damit ein akzeptierter und erfolgreicher Teil der deutschen Gesellschaft zu werden. Dies gilt insbesondere bei Kindern und Heranwachsenden.

3. Grundsätzliche Überlegungen zum Begriff 'Migration'

Eine Person besitzt laut Statistischem Bundesamt einen Migrationshintergrund, „wenn

- Er/sie nicht auf dem Gebiet der deutschen Bundesrepublik geboren wurde und 1950 oder später zugewandert ist und/oder
- Er/sie keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder eingebürgert wurde oder
- Ein Elternteil mindestens eine der in den ersten beiden Punkten genannten Bedingungen erfüllt.

Etwa ein Fünftel der Bevölkerung in Deutschland, beziehungsweise 15 Millionen Menschen, haben demnach einen Migrationshintergund.“3

Innerhalb des Begriffs der Migranten gilt es noch weitere Unterteilungen zu machen. Ein Mensch kann aus verschiedenen Gründen zum Migranten werden. Zum einen kann er ein Einwanderer sein, der aus freien Stücken und mit dem Willen, sich in eine neue Gesellschaft zu integrieren, nach Deutschland kommt. Dieser Migrant erlernt die Sprache, um Arbeit finden zu können, um neue Kontakte zu knüpfen und sich in die Gesellschaft einzubringen. Ein solcher Migrant wird sehr wahrscheinlich kaum längerfristige Probleme mit Sprachbarrieren haben, weil er willens ist, diese so schnell wie möglich abzubauen.

Dagegen gibt es noch eine zweite Gruppe von Migranten, die nicht freiwillig in ein anderes Land emigriert sind, sondern unter Druck, aus Kriegsgründen oder Sorge um das wirtschaftliche Überleben. Dazu zählen zum Bespiel Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber. Diese Gruppe hat häufig mehr Probleme, sich in der neuen Heimat einzufügen. Sie hängen noch immer mit Herz und Gedanken an ihrem verlorenen Heimatland, sie hegen und pflegen ihre eigenen Traditionen, Brauchtümer und ihre Religion inmitten einer neuen Gesellschaft. Sie möchten sich meist nicht bedingungslos integrieren, und erlernen somit die Sprache eher zögerlich oder gar widerwillig. Diese Gruppe von Migranten baut sich eine Parallelgesellschaft in der bestehenden Gesellschaft auf und bewegt sich vorzugsweise nur in ihr. Zu dieser Subkultur haben Einheimische häufig keinen Zugang - Abgrenzung bis hin zu gegenseitiger Diskriminierung ist die Folge. Zusätzlich hat sich über die letzten Jahre mit dieser Entwicklung einer Subkultur auch eine völlig neue Sprache entwickelt - das „Ghetto- Deutsch“, die Sprache der Ghettos. Filme wie zum Beispiel „Erkan und Stefan“ oder „Was guckst du?!“ die populäre TV-Show von Kaya Yanar haben das Ghetto-Deutsch publik gemacht und ihm Erfolg und breite Akzeptanz bereitet.

Trotz dieser einzelnen, individuellen Erfolgsaspekte muss für die Breite der Bevölkerung die frühe Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund unter Einbeziehung der Familien im Mittelpunkt aller gesellschaftlicher und staatlicher Bemühungen stehen.

Wie Maßnahmen zur Integration aussehen können, wird im folgenden Kapitel beschrieben.

3.1. Maßnahmen zur erfolgreichen Integration

Die Integration ist die Schlüsselaufgabe unserer Zeit.4 In einem speziell angefertigten nationalen Integrationsplan, der von der Bundesregierung 2007 vorgestellt wurde, sind folgende Punkte von Bedeutung, um das Ziel der Integration langfristig zu erreichen:

- Die Maßnahmen der unterschiedlichen Verantwortungsbereiche von Bund, Ländern und Kommunen sind aufeinander abzustimmen
- Die Wirkung von Integrationsmaßnahmen soll durch ein bundesweites Integrationsmonitoring überprüft werden
- Konzepte und erfolgreiche Projekte sollen in tragfähige, nachhaltige Strukturen gebracht werden5

Für die soziale Integration von Migranten sind die Bereiche Bildung und Erziehung, Ausbildung und Arbeit sowie die Familie selbst von wichtiger Bedeutung.

„Das Gelingen oder Misslingen der Integration in diesen Kernbereichen beeinflusst die Integrationschancen von Menschen mit Migrationshintergrund insgesamt und damit ihre Lebenschancen.“6

Für die Integration von Kindern mit Migrantionshintergrund ist es von besonderer Bedeutung, dass die Übergänge in die Schule sowie in den Beruf individuell auf die Zuwandererfamilien zugeschnitten sind. Speziell für diesen Bereich haben Bund, Länder und Kommunen schon viele Förderungsmaßnahmen eingeführt, wie zum Beispiel sprachliche Frühförderung in Kindertagesstätten, Ausbau der Sprachdiagnostik und Einrichtung von Förderkursen für Deutsch.7

3.2. Das Sprachproblem der Migranten

Der Fokus der Fördermaßnahmen durch Bund, Länder und Kommunen liegt im sprachlichen Bereich. Hier sehen die Migrationsbeauftragten das größte Defizit der Integration in die deutsche Gesellschaft. Ohne eine funktionierende Sprachbasis ist ein gesellschaftlicher Erfolg nahezu unmöglich.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Beherrschung der deutschen Sprache elementar für den Schulerfolg und alle darauf aufbauenden weiteren Schritte im beruflichen Bereich sowie für die Teilnahme am öffentlichen Leben ist. Die Sprachentwicklung wird auch als grundlegend wichtiger Teil der Persönlichkeitsentwicklung angesehen.

[...]


1 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN vom 10.12.1948, Art. 26.

2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 2,1.

3 Bundesinstitut für Berufsbildung BIBB, Menschen mit Migrationshintergrund.

4 Bundesinstitut für Berufsbildung BIBB, Menschen mit Migrationshintergrund.

5 Bundesinstitut für Berufsbildung BIBB, Menschen mit Migrationshintergrund.

6 Bundesregierung, Nationaler Integrationsplan, S. 62.

7 Bundesregierung, Nationaler Integrationsplan, S. 62.

Details

Seiten
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783656131199
ISBN (Buch)
9783656131526
DOI
10.3239/9783656131199
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Pädagogische Hochschule Karlsruhe
Erscheinungsdatum
2012 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
Chancengleichheit Bildungssystem Migrantenkinder PISA IGLU Spracherwerb Sprachförderung Sprachproblem Integration
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Titel: Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem?