Branchenanalyse Energieeffizienz in der Stahlindustrie
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Allgemeine Informationen zur Stahlindustrie in Deutschland
3 Stahlerzeugung: Vom Erz zum Stahl
4 Maßnahmen und Techniken zur Energieeffizienz und Ressourceneffizienz
4.1 Vorgelagerte Prozesse
4.2 Ressourceneffizienz und die Hochofenroute
4.3 Elektrolichtbogenofen im Vergleich zum Hochofen
4.4 Weiterverarbeitung von Stahl
4.5 Nebenprodukte
4.6 Recyclingfähigkeit von Stahl
4.7 Energieverbund
4.8 Einsparungen durch die Stahlanwendung
5 Stand heute
6 Ergebnis
7 Ausblick
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Anhang
1 Einleitung
1.1 Motivation
Die Hauptmotivation in der Untersuchung der Energieeffizienz der Stahlindustrie liegt in der energiewirtschaftlichen Bedeutung dieser Branche:
Stahl und Eisen gehören zu den dominierenden metallischen Werkstoffen. Die Stahl erzeugende und verarbeitende Industrie sind Schlüsselindustrien der deutschen, europäischen und weltweiten Wirtschaft. [Lem-08,S.5] Die Stahlindustrie in Deutschland produzierte 2006 etwa 47 Mio. t Rohstahl. Die Herstellung von Roheisen und Rohstahl ist einer der energieintensivsten Prozesse und in Deutschland entfielen 2006 rund 16 % des gesamten industriellen Endenergieverbrauchs auf die Stahlindustrie. [rwi-10,S.9]
Aus diesem Grund ist es nicht nur im Interesse der Umwelt- und Ressourcenschonung, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen für die Stahlindustrie selbst, die Energieeffizienz der Herstellungsverfahren von Stahl aber auch dessen Anwendungsbereiche stetig zu verbessern.
1.2 Zielsetzung
In dieser Arbeit soll anhand von wissenschaftlichen Arbeiten anderer Personen und Statistiken die Energieeffizienz der Stahlindustrie in Deutschland untersucht werden. Der Schwerpunkt liegt dabei darin, mittels erfolgreich umgesetzter Maßnahmen die Verbesserungen in diesem Bereich in den letzten Jahrzehnten aufzuzeigen und zu quantifizieren. Aufbauend darauf soll es dann das Ziel sein weitere Optimierungspotenziale für die Zukunft zu identifizieren.
1.3 Aufbau der Arbeit
In der nachfolgenden Arbeit werden zu Beginn zunächst allgemeine Informationen, wie Produk- tionsmengen, Umsatzzahlen, Standorte der Produktion sowie Anzahl der Beschäftigten, zur Stahlindustrie in Deutschland gegeben. Anschließend werden die verfahrenstechnischen Pro- duktionswege zur Stahlherstellung aufgezeigt, bevor der Hauptteil der Arbeit folgt. Hier werden die Maßnahmen und Techniken zur Ressourcen- und Energieeffizienz in den einzelnen Pro- zessstufen der Herstellung erläutert und mit Zahlen belegt. Miteinbegriffen in dieser Betrachtung sind auch die Nutzung der anfallenden Nebenprodukte, das Recyclingpotenzial von Stahl sowie die Einsparungen durch die Stahlanwendung. Das darauffolgende Kapitel behandelt die Auswir- kung der Summe all dieser Optimierungen und gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Verbesserungspotenziale. Zum Schluss werden dann die Ergebnisse der Untersuchung aufge- zeigt und ein Ausblick über die weitere Entwicklung in der Zukunft gegeben.
2 Allgemeine Informationen zur Stahlindustrie in Deutschland
Die Stahlproduktion in Deutschland betrug im Jahr 2010 43,8 Mio. Tonnen Rohstahl (siehe Abbildung 2.1). 2009 hat die Finanzkrise auch die deutsche Stahlindustrie sehr hart getroffen, was sich in der Produktionsmenge von nur 32,7 Mio. t für dieses Jahr widerspiegelte. Dies ist ein Abfall von knapp 29 % im Vergleich zum Vorjahr. Doch die deutsche Stahlbranche erholte sich sehr schnell von diesem Rückschlag und so prognostiziert das deutsche Stahlzentrum für 2011 mit einer produzierten Menge von 45,5 Mio. t wieder einen Wert von Vorkrisenniveau. Mit 48,5 t produziertem Stahl erreichte die Branche 2007 ihren Höchststand. An dem unten abgebildeten Kurvenverlauf ist auch der zyklisch schwankende Aufwärtstrend der Rohstahlerzeugung in Deutschland über die letzten zwei Jahrzehnte zu sehen.
Mit seinen Produktionsmengen ist Deutschland größter Stahlproduzent in der EU. Weltweit liegt die deutsche Stahlindustrie hinter China, Japan, USA, Russland, Indien und Südkorea auf Platz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Rohstahlproduktion in Deutschland mit langfristigem Trend [Ber-SZ,S.2]
Abbildung 2.2 gibt einen Überblick über die jährlich erwirtschafteten Umsätze der deutschen Stahlbranche und der dazugehörenden Exportquote ab 1995. Der Verlauf zeigt, dass Deutsch- land ab 2003 stark steigende Umsätze zu verzeichnen hatte. Doch die bereits erwähnte Finanz- krise ließ die Umsätze 2009 massiv einbrechen. 2010 konnte dank gestiegener Liefermengen wieder ein beträchtliches Umsatzplus erwirtschaftet werden. Die Umsätze wurden von 32,8 Mrd. € in 2009 auf 40,7 Mrd. € gesteigert. Dies entspricht einer Zunahme von ca. 24 %. Dabei wurden in 2010 knapp 34 % der Erlöse im Ausland erzielt. Die höchste Exportquote mit 39 % erreicht Deutschland im Jahr 2005. Seit dem sinkt diese Quote kontinuierlich. [Zahl-SZ]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2: Umsatzerlöse und Exportquote der Stahlindustrie in Deutschland [Zahl-SZ]
In Abbildung 2.3 ist die geografische Lage der bedeutendsten Standorte der Stahlherstellung in Deutschland abgebildet. Unterschieden wird hierbei in integrierte Hüttenwerke (Hochofen-, Stahl- und Walzwerk) und Elektrostahlwerke. An 25 Stahlwerk-Standorten erfolgt die Stahlerzeugung dabei in 20 Elektrostahlwerken und 6 Oxygenstahlwerken. Geografisch zeigt sich hier eine Konzentration der Hochofenwerke in Deutschland auf wenige Standorte, wohingegen die deutlich kleineren Elektrostahlwerke fast flächendeckend verteilt sind. [Ritt-07,S.6] An den 25 Standorten produzieren insgesamt 22 Unternehmen Stahl. Die erzeugten Stahlmengen pro Unternehmen befinden sich in der Tabelle unten in der Abbildung.
Die drei größten Stahlerzeuger in Deutschland nach ihren produzierten Mengen sind ThyssenKrupp, Arcelor Steel und Salzgitter. [Zahl-SZ]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.3:Standorte der Stahlherstellung in Deutschland [Zahl-SZ,Standorte]
Die deutsche Stahlindustrie hat in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Wie in Abbildung 2.4 zu sehen ist, hat sich u.a. durch verfahrenstechnischen Fortschritt die Arbeitsproduktivität gemessen in spezifischer Rohstahl- produktion pro Beschäftigtem im Zeitraum von 1980 bis 2010 mehr als verdreifacht. Zuletzt lag sie bei einer Größenordnung von 489 t Rohstahl pro Beschäftigtem (2010). Im internationalen Vergleich ist dies ein Spitzenwert. Dabei hat sich bei gleicher Produktionsmenge (43,8 Mio. t) im Jahr 1980 und 2010 die Anzahl der Beschäftigten in dieser Zeitspanne um knapp 70 % reduziert. Während 1980 noch ca. 288.000 Leute in der Stahlindustrie beschäftigt waren, waren es 2010 nur noch knapp 90.000. Im gleichen Zeitraum hat sich dagegen die Menge an produzierten Walzstahl um 10 % von 35,8 Mio. t (1980) auf 39,5 Mio. t (2010) erhöht. [Zahl-SZ]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.4: Erzeugung, Beschäftigung und Produktivität der Stahlindustrie in Deutschland [Zahl- SZ]
Die zur Herstellung von Eisen benötigten Eisenerze werden heute größtenteils aus Übersee nach Deutschland importiert. Ca. 55 % der Eisenerze, die hier in Deutschland verwendet wer- den, stammen aus Brasilien. Dahinter folgen Einfuhren aus Kanada mit einem Anteil von knapp 16 % und Schweden mit 13 % (2007). [Stat-08]
In Deutschland selbst gibt es zwar noch relevante Vorräte ärmerer Erze, doch werden diese der- zeit nicht abgebaut, da zum einen die Abbauorte geologisch ungünstige Verhältnisse aufweisen und zum anderen die vorliegenden Erze von schlechter Qualität sind (niedriger Eisengehalt). [Ritt-07,S.5]
Wichtiger Trend in der Zukunft der Stahlindustrie ist die weiterhin steigende Nachfrage nach Stahl, insbesondere aus den Schwellenländern und dort vor allem aus China. Daraus resultieren mehrere Folgen:
1. Es gibt eine regionale Verschiebung der Rohstahlerzeugung in den asiatischen Raum. [Perl-09]
2. Die Preise für die Rohstoffe sind seit einigen Jahren deutlich gestiegen. Dies gilt sowohl für Eisenerz und Koks, als auch für die Eisen- und Stahlschrotte.
3. Der Anfall an Stahlschrott hinkt der steigenden Produktion deutlich hinterher. Grund dafür ist unter anderem der lange Verbleib des Stahls in den Produkten.
4. Die deutsche Stahlindustrie zeigt den deutlichen Trend zur Orientierung auf hochwertige Produkte (z.B. hochfeste, hochtemperaturfeste, tiefziehfähige Stähle). Diese Konzentrati- on hat dazu geführt, dass in Deutschland eine leistungsfähige Stahlindustrie überlebens- fähig ist. [Ritt-07,S.14]
3 Stahlerzeugung: Vom Erz zum Stahl
Zu Beginn stellt sich zunächst die Frage nach dem Unterschied zwischen Eisen und Stahl. Als Eisen bezeichnet man hüttenmännisch das Roheisen. Es hat einen Kohlenstoffanteil zwischen 3 und 4,5 %. Roheisen ist sehr spröde und hart und kann deshalb kaum geschmiedet, gewalzt oder gepresst werden. Aus diesem Grund wird es in Formen gegossen, wenn es nicht zu Stahl weiterverarbeitet wird. Von Stahl spricht man, wenn der Kohlenstoffanteil unter 2 % liegt. Stahl ist durch Schmieden oder Walzen verformbar. [Route-IK]
Die Ausgangsstoffe für die für die Eisen- und Stahlherstellung sind:
- Eisenträger (Eisenerze, Schrott)
- Brennstoffe und Reduktionsmittel (Koks, Kohle, Öl, Gas)
- Zuschläge (Kalk, Legierungsmittel) [Dud-00]
Eisen kommt in der Natur nur selten in reiner Form vor, sondern als Erz in chemischer Verbin- dung mit anderen Elementen. Eisenerzen sind mit Begleitelementen vermischte Eisen- Sauerstoff-Verbindungen. Um nun aus Eisenerz Eisen herzustellen müssen diese Verbindungen aufgelöst werden. Zur Reduktion des Erzes (Abtrennung des Sauerstoffs vom Eisen) werden die oben erwähnten Reduktionsmittel benötigt. Die unerwünschten Stoffe im Erz, die sogenannte Gangart, werden mit Hilfe von Zuschlägen (z.B. Kalk) in der Schlacke gebunden. Die Reduktion erfolgt heute großtechnisch im Hochofen, in dem die zur Durchführung der Reduktion benötigte Wärme erzeugt wird. Als Endprodukt entsteht hierbei Roheisen. [Stahl-09,S.2]
Das Erz, welches dem Hochofen zugeführt wird, sollte in stückiger Form vorliegen, um das Durchströmen der Gase im Hochofen zu erleichtern. Feinkörnige Erze müssen deshalb in einer Sinteranlage vorbearbeitet, zusammengesintert, so zu sagen in Stückform gebracht werden.
Die Reduktion im Hochofen erfolgt zumeist mit Kohlenstoff in Form von Koks. Koks entsteht beim Erhitzen von Kohle ohne Sauerstoff in den Kammern der Kokerei. [WL-S1]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.1: Hochofenprozess [Wik-93]
Der Hochofen selbst ist ein kontinuierlich betriebener Schachtofen, der nach dem Gegenstrom- prinzip arbeitet (siehe Abbildung 3.1). Das Erz mit den Zuschlägen und das Koks werden ab- wechselnd schichtweise oben eingefüllt und sinken nach unten. Das Reduktionsgas strömt von unten nach oben entgegen. Die Einsatzstoffe werden auf dem Weg nach unten zunächst vorge- wärmt und getrocknet, bevor dann die Eisen-Sauerstoff-Verbindungen aufgelöst werden. Die Reduktion erfolgt hier im Wesentlichen durch Kohlenstoffmonoxid, das bei der Vergasung des Kohlenstoffs der Reduktionsmittel im unteren Teil des Hochofens bei Temperaturen von 2.000 bis 2.200 °C entstanden ist. Im Boden des Hochofens sammeln sich das flüssige Roheisen und darüber die leichtere Schlacke. Beides lässt man in bestimmten Zeitabständen über Abstichlö- cher abfließen.
Neben diesem Verfahren gibt es auch welche, die die Erze ohne Koks reduzieren. Diese werden als Direktreduktion und Schmelzreduktion bezeichnet. Die Direktreduktion verwendet kein flüssi- ges Roheisen und kann somit bei niedrigeren Temperaturen arbeiten als der Hochofen. Als Pro- dukt entsteht der Eisenschwamm, in dem den Erzen lediglich der Sauerstoff entzogen wurde und die Gangartbestandteile enthalten bleiben. Die Reduktionsgaserzeugung erfolgt hier größ- tenteils durch Umwandlung von Erdgas in Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid. Der Eisen- schwamm wird dann im Wesentlichen im Elektrolichtbogenofen eingesetzt. Die Schmelzredukti- on erfolgt in zwei Stufen: Zunächst wird wieder Eisenschwamm erzeugt und anschließend unter Einsatz von Kohle und Sauerstoff zu einem hochofenähnlichen Roheisen umgewandelt.
Große Hochöfen können pro Tag etwa 13.500 Tonnen Roheisen erschmelzen. Das gewonnen Roheisen hat einen Kohlenstoffgehalt von ca. 4,7 % und enthält noch unerwünschte Begleitele- mente wie Kohlenstoff, Silicium, Schwefel und Phosphor. Diese werden in einem Stahlwerk ent- fernt. [Stahl-09,S.2,3]. Ist das Stahlwerk nicht direkt an die Hochofenanlage angegliedert so er- folgt der Transport des flüssigen Roheisens in fahrbaren Großbehältern, den sogenannten Tor- pedopfannen. [WL-S1]
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