Philosophische Sozialarbeit - Der Mensch im Lichte ewigen Denkens
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhalt
1 Einleitung
1.1 Zentrale Fragestellung
1.2 Methodische Vorgehensweise
2 Definitionen und Begriffe
2.1 Philosophie
2.2 Die philosophischen Grundbegriffe: „Sinn“ und „Glück“
2.3 Soziale Arbeit – Professionsbegriff
3 Philosophie und Soziale Arbeit
3.1 Spiritualität und ihre Bedeutung für die Soziale Arbeit
3.2 Warum als Sozialarbeiter philosophieren?
3.2.1 Die Frage nach dem Menschen
3.2.2 Ethische Intervention
3.2.3 Politische Haltung in der Sozialen Arbeit
4 Philosophische Methodologie
4.1 Das Konzept der „sokratischen Gesprächsführung“
4.2 Das Konzept der „lösungsorientierte Beratung“
4.3 Das Konzept der „philosophischen Praxis“
5 Schlussfolgerungen
6 Zusammenfassung
Quellenverzeichnis
Anhang
Eidesstattliche Erklärung
1 Einleitung
Was ist richtig? Was ist falsch? Was ist der Sinn des oder meines Lebens?
Diese Fragen stellen sich jedem Menschen, gerade den Helfenden. Eine einfache Beantwortung dieser Fragen scheint der Mainstream, also der momentan vorherrschende Zeitgeist zu liefern. Doch hat sich immer wieder gezeigt, dass der Zeitgeist sich ändert, und somit auch Auffassungen, Ansichten, Werte und Normen.
Wie jeden anderen Menschen begleiten auch mich diese Fragen, ohne anfangs zu wissen, wo ich „richtige“ Antworten finden kann. Die öffentliche Meinung, war mir oft zu einseitig, nicht tiefgründig genug oder zu sehr vom Zeitgeist geprägt. Als ich mein Fachabitur machte, kam ich mit den Ansichten und dem Denken der Philosophen der griechischen Antike in Kontakt, die tiefgründige Sicht auf die Dinge, den Menschen und das Leben ließen in mir die Erkenntnis reifen selbst auch tiefgründiger und kritischer zu hinterfragen. Gerade das, was als richtig gilt. Vor einiger Zeit stieß ich auf eine Reportage in dieser faszinierte mich wie Henryk M. Broder und Hamed Abdel Samad tiefgründig und philosophierend Alltag, Politik und vor allem Gesellschaft hinterfragen.
Gesellschaften sind keine Konstante, sondern wandeln sich mit ihren normativen und moralischen Grundsätzen. Was aber bleibt ist der Mensch, mit seinen individuellen Bedürfnissen, Wünschen und Vorstellungen von Glück und einem sinnvollem Leben.
1.1 Zentrale Fragestellung
Während meiner Recherchen war ich erstaunt, dass es nahezu nur ein Buch zum Thema Philosophie und Sozialarbeit gibt. Scheinbar spielt Philosophie eine eher untergeordnete Rolle in der Sozialen Arbeit und wird kaum als Hilfsmöglichkeit wahrgenommen.
Daher widmet sich diese Arbeit den Fragen: Welchen Nutzen hat Philosophie in der Sozialen Arbeit? Und welche Hilfsmöglichkeiten bietet philosophische Sozialarbeit?
1.2 Methodische Vorgehensweise
Die vorliegende Arbeit wird sich von der Theorie zur Praxis durcharbeiten. Beginnend mit der Definition und Erklärung der relevanten Begriffe. Im Anschluss folgt die Erarbeitung von Philosophie und Soziale Arbeit. Mit Ende des theoretischen Teils wird auf philosophische Methoden in der Sozialen Arbeit eingegangen. Schlussfolgerungen für die Soziale Arbeit und meine persönliche Zusammenfassung stehen am Ende dieser Arbeit.
2 Definitionen und Begriffe
Zu Beginn dieser Ausarbeitung werden die relevanten Begriffe definiert und ausführlicher erklärt, sowie ein Einblick in die Soziale Arbeit als Profession gegeben.
2.1 Philosophie
„Philosophie ist die Erkenntnisart, die sich nicht so sehr auf die durch die Einzelwissenschaften untersuchten Gegenstände der à Erkenntnis richtet, als vielmehr auf die Bedingungen und die Struktur ihres Zusammenhangs, auf die Weise ihrer Gegebenheiten im Erkennen, auf ihre Bedeutung für den Menschen und damit letztlich auf die theoretische und praktische Orientierung des Menschen in der Welt.“[1]
Philosophie als Wissenschaft unterscheidet sich maßgeblich von anderen Wissenschaften. Sie legt ihren Fokus nicht auf einzelne Elemente, sondern sucht nach Erkenntnissen im Ganzen und den Einfluss auf den Menschen sowie seiner Stellung in der Welt. Dabei wird nach einer umfassenden Wahrheit, dem Sinn und das Ziel des Lebens gesucht. Dabei unterwirft sie ihre Sicht der Dinge einer Rationalisierung und wird allgemein und nachvollziehbar.[2]
In der Philosophie kann nicht, wie in anderen Wissenschaften, zwischen Wissenschaftsdisziplin und Wissenschaftstheorie unterschieden werden, denn „Der Begriff Philosophie ist selbst ein philosophischer Grundbegriff“[3] so zeigt sich, dass in der Philosophiegeschichte die Philosophie schon immer selbst ein Thema war. Philosophie im Spannungsfeld zwischen den Extremen Wissenschaft und Aufklärung kann weder auf das Eine noch auf das Andere reduziert werden, sondern bedingt sich gegenseitig, ohne je ein Gleichgewicht zu erlangen. Als Wissenschaft ist sie allein beim Gegenstand. Sie ergründet sein Wesen und seine Struktur und ist dabei auf das Allgemeine, das Notwendige und das Ewige reduziert. So ist sie „... getreue Wiedergabe dessen, was an sich ist, ohne subjektive Zutat.“ Als Aufklärung versteht sich Philosophie als hinterfragenden, auslegenden und wahrheitssuchenden Prozess des Philosophierenden mit sich selbst. Sie hat immer einen Bezug zum Subjekt und ist daher mehr als Anhäufung von Informationen.[4]
So kann man sagen, dass Philosophie die Suche nach einer verbindlichen Wahrheit ist, die trotz seiner Vielschichtigkeit und Widersprüchen in Theorie und Praxis bestand hat.
2.2 Die philosophischen Grundbegriffe: „Sinn“ und „Glück“
Der Begriff „Sinn“ wurde in vorwissenschaftlicher Zeit mit „geistig einer Sache nachgehen“ oder „ziel einer geistigen Handlung“ erklärt. Sinn hat heute ein breites Anwendungsspektrum, Beispielsweise: Literatur, Geschichte, Jura, Theologie, Sozialwissenschaften, ... als Gemeinsamkeit der Anwendungsgebiete wird das Verstehen von Zusammenhängen bzw. das Erkennen erklärt.[5]
Dies ist immer dann der Fall, wenn die Redewendung von „das macht Sinn“ fällt, also einzelnes aufeinander bezogen ist. Kurz gesagt: „Sinn, das ist Zusammenhang, Sinnlosigkeit demzufolge Zusammenhanglosigkeit.“ Dabei muss aber berücksichtigt werden, „Sinn“ ist subjektiver Natur und wird nach individueller Logik betrachtet, die für einen Anderen noch lange nicht stimmig sein muss.[6]
„Wo aber Sinn erfahrbar wird, ist Glück die Folge ...“[7]
Heute ist Glück für die Menschen ein durchweg positiv besetztes Wort. Glück wird umgangssprachlich durch zufällige günstige Fügungen definiert und selbst als „Glück im Unglück“ vermag es das Schlechte zu verbessern. In der deutschen Sprache leitet sich das Wort „Glück“ von dem mittelhochdeutschen Wort gelücke ab, welches zur Zeit des Mittelalters allein die Zufälligkeit eines Ereignisses beschrieb, im Positiven als auch im Negativen.
Oft scheinen sich diese positiven oder negativen Zufälle wie ein roter Faden durch das Leben zu ziehen, als gäbe es einen besonderen Plan oder einen tieferen Sinn dahinter. Wahrscheinlich „liegt das ordnende Prinzip dafür im Menschen selbst ... dass ein verborgener Sinn, ein geheimer Zusammenhang in der Form des Zufalls zu Tage tritt ...“[8], geklärt werden kann dies vermutlich nie. Daher ist der Sinn hinter einem Ereignis eher der Zusammenhang der hergestellt wird und die Deutung die jeder selbst darin sieht. Deshalb sind Glück, Unglück und Sinn so sehr miteinander verwoben, dass die Einstellung des Menschen bestimmt, ob ein Ereignis einen Sinn macht und zu Glück wird.[9]
2.3 Soziale Arbeit – Professionsbegriff
Die Soziale Arbeit hat ihren historischen Ursprung in der Armenfürsorge (Sozialarbeit) und der familienergänzenden Sozialerziehung (Sozialpädagogik). Bereits in der Zeit der Weimarer Republik überlagerten und ergänzten sich einige Arbeitsfelder beider Berufe. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff Soziale Arbeit von Danckwerts, in Anlehnung an anglo-amerikanische Fachbegriffe vorgeschlagen. Die Professionalisierung der Sozialen Arbeit konzentriert sich auf das Verhältnis von Wissenschaftstheorie zu Berufspraxis. So bezieht sich der Begriff Professionalisierung auf den „Nachweis eines fachlich einschlägigen Studiums“[10], das heißt, es mussten Theorien und Wissenschaftssysteme, die über die berufliche Praxis hinausgehen, für die Soziale Arbeit geschaffen und weitergegeben werden. Eine Profession bzw. Professionalität ist gekennzeichnet durch eine abstrahierte, systematisierte Grundformel des Handelns. Sie muss in sich widerspruchsfrei sein und sich an den konkreten Fall anpassen lassen. Im Gegensatz zu Laien hat der Professionelle durch eine breite Palette wissenschaftlicher Theorien, tieferen Wissens und wissenschaftlichen Zusammenhängen einen unbefangenen Blick auf die soziale Wirklichkeit. Dabei kommen dem Professionellen dessen neutrale Position zugute, die es ihm ermöglichen alternative Handlungsstrategien für die jeweilige Schieflage zu entwickeln. Die Soziale Arbeit als Profession befindet sich in einem Prozess, in dem sie ihr Profil schärft und sich zwischen den „klassischen Professionen“ einreiht. Sie verfügt über eigene Definitionen, höheres theoretisches Wissen, spezielle Prinzipien und Methoden.[11][12]
3 Philosophie und Soziale Arbeit
In diesem Teil der Ausarbeitung wird eine Verbindung von Philosophie und Sozialer Arbeit gezogen. Zentrale Elemente des dritten Kapitels sind Spiritualität und ihre Bedeutung für die Soziale Arbeit und warum man als Sozialarbeiter philosophieren sollte. Dabei wird auf die Frage nach dem Menschen, ethischer Intervention und der politische Haltung eingegangen.
3.1 Spiritualität und ihre Bedeutung für die Soziale Arbeit
Spiritualität ist in der philosophischen Betrachtung nicht durch eine systematische Ordnungsstruktur definierbar. In verschiedenen philosophischen Konzeptionen wird Spiritualismus auch als Primat des Geistes bei der Verteidigung gegen materialistische Einflüsse, also als Gegenteil von Materialismus gesehen. „Spiritualismus sucht nachzuweisen, daß die Wirklichkeit ... durch ein geistiges (immaterielles) Prinzip erzeugt oder geformt ist.“[13] Dabei geht es darum, dass Seele Geist ist und gegenüber materialistischen Deutungen die Einzigartigkeit des Menschen mit seinem Denken, Handeln, Empfinden und Reden hervorgehoben wird.[14]
Das Wort Spiritualität fand über lange Zeit in der Sozialen Arbeit wenig Beachtung. Ist es vorstellbar, dass die mühsam erarbeitete Professionalität eine Allianz mit Spiritualität eingehen kann? Jedoch scheinen Materialismus und exzessiver Konsum in eine neue Suche nach innerem Gleichgewicht und Sinnhaftigkeit zu münden. Genaugenommen ist Spiritualität: „Ein Leben im Geist und aus dem Geist heraus, nicht aus der bloßen Vernunft, schon gar nicht aus dem Spuk von Halloween, vielmehr als geistig-geistliche Grundorientierung eines Menschen – meist religiös in-spiriert“[15] und das Bedürfnis sich selbst zu finden. In der Sozialen Arbeit soll Spiritualität nicht als Ersatz für fachliches Wissen und Methoden dienen, sondern diese durch eine geistige Haltung des Professionellen und seine Leidenschaft für das Ganze ergänzen. Diese spirituelle Öffnung bzw. die Kraft, die daraus zu schöpfen ist, leitet eine Entwicklung ein, die einen neuen Blick auf das eigene Leben bringt und dieses entschleunigt. Durch dieses Sich selbst bewusst werden, entsteht ein tieferes Verständnis für die Welt- und Selbstdeutung der Klienten. In der Sozialen Arbeit gibt es nicht die Spiritualität, die gelehrt werden kann. Sie soll auch nicht Übersteigerungen oder Realitätsflucht bedeuten, vielmehr soll sie ein Bewusstsein für die Ganzheit des Menschen schaffen und ein tiefgründiges Weiterdenken eröffnen.[16]
3.2 Warum als Sozialarbeiter philosophieren?
Wie man zu philosophieren beginnt: Platon[17] sah im Staunen den Ursprung der Philosophie, dass die Dinge so sind wie sie sind und nicht anders. Bis hin zum Staunen darüber, dass überhaupt etwas existiert. Der als Begründer der Neuzeit angesehene Philosoph René Descartes[18] sah im Zweifel den Ursprung und die wichtigste Methode der Philosophie. Wenn auch staunen und zweifeln verschiedene Dinge sind, so haben sie doch eine grundlegende Gemeinsamkeit, das infrage stellen von erlernter Gewohnheit und traditionellen Denken. Wenn dann die Worte wie „normal“, „richtig“ und „falsch“ durch Anführungszeichen auf einmal eine tiefere Bedeutung gewinnen und man sich fragt: „Was ist normal, richtig oder falsch?“; dann ist man bereits am philosophieren und hinterfragen.[19]
[...]
[1] Sandkühler 1990a. 672
[2] Sandkühler 1990a. 672f
[3] Martens. Schnädelbach 1991. 37
[4] Martens. Schnädelbach 1991. 32
[5] Sandkühler 1990b. 283
[6] Schmid 2007. 46f
[7] Schmid 2007. 47
[8] Schmid 2007. 12
[9] Schmid 2007. 10ff
[10] Kreft, Mielenz 2005. 661
[11] Kreft, Mielenz 2005. 660f
[12] Schilling, Zeller 2010. 263f
[13] Mittelstraß 1996. 46
[14] Mittelstraß 1996. 46
[15] Mühlum 2006. 11
[16] Mühlum 2006. 9ff
[17] Platon, griechischer Philosoph (428 – 348 v. Chr.)
[18] Descartes, französischer Philosoph (1596 – 1650)
[19] Schlüter 1995. 16