Schriftspracherwerb mit der Tobi-Fibel und mit dem Konzept "Lesen durch Schreiben" von Jürgen Reichen
Ein kritischer Vergleich zweier Positionen
Zusammenfassung
Deshalb wird diese Kulturtechnik unmittelbar zu Beginn des Bildungsweges – schwerpunktmäßig im ersten Schuljahr – gelehrt.
Für die Vermittlung des Lesens stehen den Lehrkräften heutzutage eine Vielzahl methodischer Konzepte zur Verfügung.
Dem traditionellen Leselehrgang mit einer Fibel wird dabei seit einigen Jahren u. a. durch das Konzept „Lesen durch Schreiben“ Konkurrenz geboten.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es deshalb, die beiden unterschiedlichen Konzepte auf ihr methodisches Vorgehen bezüglich des Lesenlernens hin zu analysieren und einen kritischen Vergleich zu ziehen.
Eine Bewertung beider Konzepte soll im Anschluss auf Basis des Stufenmodells der Entwicklung des Wortlesens, welches von Gerheid Scheerer- Neumann entwickelt wurde und den Lernprozess des Lesens darstellt, erfolgen.
Da es heutzutage zahlreiche unterschiedlich aufgebaute Fibeln gibt, die im Anfangsunterricht zum Einsatz kommen, wird sich in dieser Arbeit auf den Tobi- Fibellehrgang beschränkt, welcher insbesondere in den norddeutschen Bundesländern häufig zum Einsatz kommt.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das lesedidaktische Konzept des Tobi- Fibellehrgangs
3 Das Konzept Lesen durch Schreiben von Jürgen Reichen
4 Das Stufenmodell der Entwicklung des Wortlesens nach Scheerer- Neumann
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die Fähigkeit, lesen zu können, ist in unserer Gesellschaft von grundlegender Bedeutung, da jeglicher Bildungserfolg von ihr abhängt.
Deshalb wird diese Kulturtechnik unmittelbar zu Beginn des Bildungsweges – schwerpunktmäßig im ersten Schuljahr – gelehrt.
Für die Vermittlung des Lesens stehen den Lehrkräften heutzutage eine Vielzahl methodischer Konzepte zur Verfügung.
Dem traditionellen Leselehrgang mit einer Fibel wird dabei seit einigen Jahren u. a. durch das Konzept „Lesen durch Schreiben“ Konkurrenz geboten.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es deshalb, die beiden unterschiedlichen Konzepte auf ihr methodisches Vorgehen bezüglich des Lesenlernens hin zu analysieren und einen kritischen Vergleich zu ziehen.
Eine Bewertung beider Konzepte soll im Anschluss auf Basis des Stufenmodells der Entwicklung des Wortlesens, welches von Gerheid Scheerer- Neumann entwickelt wurde und den Lernprozess des Lesens darstellt, erfolgen.
Da es heutzutage zahlreiche unterschiedlich aufgebaute Fibeln gibt, die im Anfangsunterricht zum Einsatz kommen, wird sich in dieser Arbeit auf den Tobi- Fibellehrgang beschränkt, welcher insbesondere in den norddeutschen Bundesländern häufig zum Einsatz kommt.
2 Das lesedidaktische Konzept des Tobi- Fibellehrgangs
Der von Wilfried Metze herausgegebene Tobi- Fibellehrgang ist ein Materialpaket, dessen zentraler Bezugspunkt die Tobi- Fibel darstellt, die von den Erlebnissen einer Koboldfamilie im Wald erzählt.
Darüber hinaus besteht der Lehrgang aus einer Vielzahl von Begleitmaterialien, wie dem Arbeitsheft, einer Buchstabentabelle, einem Druckschriftlehrgang, Lese- Mal- Blättern, Tafelwortkarten und weiteren Übungsmaterialien.
Wie bereits in der Einleitung erläutert, basiert das Konzept des Tobi- Fibellehrgangs auf einem Methoden- integrierenden Leselehrverfahren, was bedeutet, dass das Lesen als Analyse- Synthese- Prozess verstanden wird.
Auf der analytischen Ebene wird dabei vom Wortganzen und seiner Bedeutung ausgegangen. In der Synthese werden sodann die einzelnen Buchstabenfolgen in Sprachlautfolgen aufgeteilt und wieder zusammengesetzt (vgl. Schründer- Lenzen 2009, S. 107).
Im Folgenden soll auf das lesedidaktische Konzept des Lehrgangs und seine Methodik genauer eingegangen werden.
Zur Erläuterung der genauen Methode des Lehrgangs benutzt Metze die Metapher der Brücke, die „die Einsicht in die Struktur der Buchstabenschrift“ [darstellt und] in das Land des Lesens führt“ (Metze 2007, S. 52).
„Mit der Methode der direkten Hinführung zur Buchstabenschrift [würden] die Kinder ganz gezielt zu dieser Brücke geführt und darübergeleitet“ (ebd.).
Nach dem Überqueren dieser sinnbildlichen Brücke, stünden den Kindern die unterschiedlichsten Wege des Lesens offen (vgl. ebd.).
Das Ziel ist der Aufbau eines gemeinsamen Fundaments, auf dem offenere und differenzierendere Phasen aufgebaut werden können (vgl. Schründer- Lenzen 2009, S. 107).
Metze grenzt sich mit seiner Methode des Lesenlehrens somit deutlich u. a. von Reichens Konzept zum Schriftspracherwerb ab: „Andere Versuche, das Leseland zu erreiche, führen irgendwann auch über diese Brücke. Unter Umständen müssen die Kinder dabei aber zeitraubende Um- und Irrwege in Kauf nehmen“ (Metze 2007, S. 52).
Nach Metze bedeutet Lesen „die Einsicht in den Sprache- Schrift- Zusammenhang und die Fähigkeit zu einem vollständigen Analyse- Synthese- Prozess bei gleichzeitiger Sinnerfassung“ (Metze 2007, S. 8).
Der zentrale Aspekt des Lesenlernens liegt also darin, sich dem Laut- Zeichen- Charakter unserer Schrift bewusst zu werden und somit einem Schriftbild ein Klangbild zuordnen zu können.
Da Kinder, die nicht lesen können, Sprache jedoch lediglich rein inhaltlich verwenden und den lautliche Aspekt vollkommen außer Acht lassen, geht es in erster Linie darum, die Kinder für den lautlichen Aspekt der Sprache zu sensibilisieren (vgl. Metze 2007, S. 9).
Ausschlaggebend für das Konzept des Schriftspracherwerbs mit dem Tobi- Fibelehrgang ist dabei vor allem die Einsicht, dass es in der deutschen Sprache „keine eindeutige Laut- Buchstaben- Zuordnung gibt, und ein Laut innerhalb eines Wortes auch anders klingen kann als der isoliert gesprochene“ (Metze 2007, S. 8).
Um zu dieser Einsicht zu gelangen, ist es nach Metze von zentraler Bedeutung, die Kinder „gezielt und systematisch zur Struktur der Buchstabenschrift“ (Metze 2007, S. 55) hinzuführen. Die gezielte Hinführung vollzieht sich nach diesem Konzept in der Form, den Kindern zu vermitteln, dass Wörter aus Buchstaben bestehen und diese auf Sprechlaute in der Klangfigur dieser Wörter verweisen. Weiterhin ist es für die Kinder wichtig zu erfahren, dass die Sprechlaute eine gewisse Ähnlichkeit mit den isolierten Buchstabenlauten haben.
Durch das Verfahren der Strukturierung von Wörtern erhalten die Kinder bei jedem neu eingeführten Wort erneut die Gelegenheit, den Zusammenhang von Sprache und Schrift zu erfassen (vgl. Metze 2007, S. 56).
Das Lesenlernen selbst besteht bei diesem Lehrgang im Anfangsunterricht lediglich in der Reproduktion des vorgegebenen Wortklangbildes. Bei der Synthese des Buchstaben zu Wortteilen und schließlich zu einem vollständigen Wort wird jedoch auch relativ schnell an die Eigeninitiative der Kinder appelliert (vgl. ebd.).
Dabei machen die Kinder die Erfahrung, „dass nur der Teil des Wortes klingen darf, zu dem Zeichen vorhanden sind“ (ebd.).
Die Fibel selbst ist innerhalb des Lehrgangs keinesfalls zum Üben des Lesens gedacht. Sie fungiert lediglich als eine Art Leitmedium und hat in erster Linie die Funktion einer Einstiegsmotivation (vgl. Schründer- Lenzen 2009, S. 107- 108), da der Fibeltext nicht vorrangig der Erarbeitung von Buchstaben dient, sondern primär die Handlung vorantreibt, welche für die Kinder im Vordergrund steht (vgl. Metze 2007, S. 6).
Übungen zum Erlernen des Lesens sind in das Arbeitsheft ausgegliedert, welches im Tobi- Fibellehrgang das zentrale Medium zum Lesenlernen darstellt (vgl. Schründer- Lenzen 2009, S. 108).
Das Arbeitsheft beinhaltet zahlreiche Übungen zum Training der phonologischen Bewusstheit, wobei immer die Laute analysiert werden, die auch Gegenstand der aktuellen Fibelseite sind. Aufgaben mit Minimalpaarvergleichen zielen auf die gezielte Übung der Verbindung von Laut und Buchstabe ab.
Zudem enthält der Tobi- Fibellehrgang zahlreiche Übungen zum sinnerfassenden Lesen, die mit Handlungsaufträgen verknüpft sind (vgl. ebd.).
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