Der Weg hin zu einem wirksamen Konzept
Sexuelle Bildung
Zusammenfassung
Leseprobe
Der Weg hin zu einem wirksamen Konzept
Markus Betschart, Heilpädagogisches Zentrum Hagendorn CH
Jeder Mensch kann innerhalb seiner Fähigkeiten einen selbstbestimmten, angstfreien, lustvollen und verantwortungsbewussten Umgang mit seiner Sexualität finden. Von einem Konzept ‚Sexualität‘ sind in Institutionen nicht nur Menschen mit einer Behinderung betroffen. Welche Schritte sind zu beachten, damit sexuelle Bildung wirkungsvoll wird?
Haltung beziehen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Solche, oder ähnliche Leitbildaussagen begegnen uns in vielen Institutionen. Auch Begriffe wie Empowerment oder Normalisierung werden gerne verwendet. So gesehen, oder in Ableitung dazu, gäbe es zu Menschen mit Behinderungen und Sexualität nicht viel beizutragen. Es ist normal sich auf soziale Beziehungen einzulassen, sich zu verlieben und sexuelle Kontakte in oder ausserhalb einer Beziehung zu pflegen. Manche Menschen in meinem Umfeld, also jene ohne Behinderung, haben einen Abschnitt ihres Lebens in einer – wohl freiwilligen – Wohngemeinschaft verbracht. Kaum eine dieser Wohngemeinschaften hatte ein Leitbild und wenn, dann eher in Form von sarkastischen Sprüchen an der Klowand. Spreche ich sie darauf an, ob denn wenigstens ein Sexualpädagogisches Konzept vorgelegen habe, brechen sie in schallendes Gelächter aus – dazu hat es kein Konzept benötigt, sondern Sexualität wurde gelebt, so normal wie sie ist.
Wie nun kommen so zahlreiche Institutionen für Menschen mit Behinderungen auf die Idee ein Konzept zu erstellen? Sexuelle Bildung ist oder sollte doch ein ganz normaler Bildungsinhalt sein und Fachpersonen aus Heilpädagogik oder Sozialpädagogik sind es sich gewohnt, Lerninhalte auf jegliches Niveau umzubrechen!
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
J. Walter mit einer uralten Aussage zu zitieren, mag manchen etwas abgedroschen vorkommen. In meiner Beratungstätigkeit als Sexualpädagoge werde ich oft in Krisensituationen gerufen. Nach einer kurzen Schilderung der Problemstellung ist meist festzustellen, dass sich die Beteiligten mit dem Problem seit längerem auseinandersetzen. Auf die Frage, was sie für eine gemeinsame Haltung zu Sexualität im Allgemeinen und zur spezifischen Problemstellung haben, erlebe ich heute noch schweigsame Minuten – die Antwort bleibt aus. Manche weisen auf ein Konzept hin, welches irgendwann von irgendwem erstellt wurde, die definierte Haltung aber meist unklar oder spontan unbekannt ist.
Mitarbeitende selbst sollten angstfrei und möglichst ungezwungen über Sexualität reden können, um vorhandene Sprachlosigkeit nicht noch durch eigene Hemmungen zu verstärken. Um hier Überforderungen zu vermeiden und Sicherheit in der Wahrnehmung, Deutung und im Handeln angesichts sexuell gefärbter Situationen zu vermitteln, haben sich „Haltungsauseinandersetzungen“ und Fortbildungsmaßnahmen bewährt.
Konzeptaussagen, wie die nachfolgenden, machen deutlich, dass eine vertiefte und wiederkehrende Auseinandersetzung mit Haltungsfragen von zentraler Bedeutung sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Merksätze
- Sexualpädagogische Konzepte widerspiegeln die Haltung der Institution, sowohl die der Trägerschaft, der Institutionsleitung wie auch die der Mitarbeitenden
- Sexualpädagogische Konzepte können nicht wirkungsvoll verordnet werden; Haltungen werden erarbeitet nicht verordnet
- Papier ist geduldig, wirkungsvolle Konzepte sind keine Papiertiger
[...]