Lernkulturwandel und Change Management
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Lernkulturwandel
2 Projektmanagement
3 Beratung
4 Merkmale des Beratungsprozesses
5 Einfluss autopoietischer Systeme
6 Literaturverzeichnis
1 Lernkulturwandel
Die Determinanten für einen Wandel der Lernkulturen sind unübersehbar: das Leben in einer Wissensgesellschaft, die Herausbildung neuer Kommunikationsstrukturen, digitale soziale Vernetzung, die permanente Aufbereitung und inzwischen hoch diversifizierte Verfügbarkeit von Contents - im engeren Sinne Bildungsinhalte und Wissensbestände - sowie die fortschreitende Medialisierung der Alltagspraxis erfordern spezifische instrumentelle Fähigkeiten, eine ausgeprägte Methoden- und Medienkompetenz sowie ein entsprechendes Reflexionsverhalten für die Erschließung und Aneignung von Wissen.
Neben den klassischen Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben, Rechnen sind dies die Schlüsselqualifikationen für eine Befähigung zu lebenslangem Lernen. Die genannten Erfordernisse des Lebens in einer Wissensgesellschaft machen in der Folge auch ein verändertes Modell von Schule notwendig, im technischen Funktiolekt des Internetzeitalters könnte man in diesem Sinne auch von einer Schule 2.0 sprechen.
Allerdings muss an dieser Stelle offen bleiben, ob es sich dabei um ein zirku- läres Wirkungskontinuum handelt, in welchem sich Schule und die darin instituti- onalisierte Lernkultur den Gegebenheiten der gelebten Wirklichkeit lediglich an- passen, sich also „wandeln“ oder ob dieser Wandel nicht erst durch Schule über- haupt evoziert wird, an welchen sich nun wiederum ein Lernkulturwandel an- schließen kann und muss.
Der zu leistende Wandlungsprozess der Lernkulturen im System Schule be- steht laut Arnold aus einem grundsätzlichen Wandel von der althergebrachten „Behaltensschulung“, in welcher Wissen streng kanonisiert wird hin zu einer „Kräfteschulung“, die auf eine „nachhaltige Kompetenzentwicklung“ abzielt (vgl. Arnold 2008, S. 6f.).
Der Schulentwicklung kommt hierbei eine wichtige Aufgabe zu, nämlich das berufliche Selbstverständnis der Lehrer weiterzuentwickeln und entsprechende Methoden für eine kompetente Kräfteschulung zu professionalisieren (vgl. ebd., S.10). Dies setzt jedoch auch eine Wandlungsfähigkeit der pädagogischen Wir- kungsabsichten voraus, von einer eher altertümlich bevormundenden Interventi- onspädagogik - im Sinne eines ‚Nürnberger Trichters’ - hin zu einer “Pädagogik des Zulassens“, welcher die Eigenverantwortlichkeit für Lernprozesse, die Selbst- ständigkeit des Lernenden und ein verändertes Unterrichtsarrangement zugrun de liegen (vgl. ebd., S. 13f.; vgl. Müller-Commichau 2007, zitiert nach Arnold 2008, S. 13).
Damit geht auch ein „Rollenwandel der Lehrenden zu Lernberatern“ einher (Arnold 2008, S. 14). Der Lehrende als Lernberater vertritt gleichwohl ein verän- dertes didaktisches Leitbild, das aus einem grundlegenden „Funktionswandel des Lehrerhandelns“, einer nachhaltigen Lernberatung und einer stärkeren Berück- sichtigung der konstruktivistischen Lerntheorie besteht (vgl. ebd., S. 10ff. u. 25f.).
„Ohne Bezugnahme“ auf dieses „erneuerte[s] Bildungsverständnis“ können nach Arnold Schulentwicklung und Schulleitung nicht erfolgreich sein (vgl. ebd., S. 7). Die Folgen des Lernkulturwandels bestehen insbesondere für das Schullei- tungshandeln aus einer aktiven Ausrichtung auf die Schulentwicklung, einer „visi- onären Orientierung“, einer „kooperativ-situativen Führung“, „klare[n] Wertvorstel- lungen“ und der „Unterstützung, aber auch einer Verdeutlichung der Erwartungs- haltung an alle Lehrkräfte“ (ebd., S. 2; vgl. Dubs 1979, zitiert nach Arnold 2008, S. 2). Der Schulleitung kommt dabei die Verantwortung für und die Gestaltung einer zunehmenden Autonomie zu, welche Arnold mit dem Begriff des „partizipativen Managements“ treffend beschreibt (Arnold 2008, S. 17f.).
Die angesprochenen Folgen des notwendigen Wandels der Lernkulturen für die Schulentwicklung und das Schulleitungshandeln kulminieren letztlich im „Konzept der Eigenverantwortlichen Schule“, welches als Leitvorgabe für die Schulentwicklung in einigen Bundesländern von enormer Bedeutung ist (Klippert 2007, zitiert nach Arnold 2008, S. 5).
Zentrale Aufgabe der Schulleitung ist also die Organisation und Supervision eines kompetenten Changemanagements. Als notwendige „Basis einer syste- misch nachhaltigen Führung“ spricht Arnold in diesem Zusammenhang von ei- nem „Referenzpunkt“, der für das Schulleitungshandeln handlungsleitend ist (Ar- nold 2008, S. 34). Dieser Referenzpunkt manifestiert sich in einer Vision bzw. einem daraus zu formulierendem Leitbild (Schulprogramm), das einer qualitativen Schulentwicklung sinnstiftend zugrunde liegen sollte. Dies ist zugleich die Keim- zelle für modernes Führungshandeln.
Weiterhin ergibt sich als Folge des Lernkulturwandels für das Schulleitungshandeln die Notwendigkeit zur „stellvertretende[n] Führung“, welche eine „Führung zur Selbstführung“ ermöglicht (ebd., S. 39f.). Arnold weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diese Form der subsidiären Führung nicht mit „Nichtführung“ zu verwechseln sei, sondern diese ein potenziell leistungsfähigeres Modell von Führung darstelle (vgl. ebd., S.39).
Das Konzept der stellvertretenden Führung erfordert jedoch eine positive Gesinnung in Form einer „Ermöglichungsorientierung“, die in einem „dialogisch[en] und partizipativ[en]“ Führungsstil emergiert. Der Aufbau einer „Kultur des Vertrauens“ und einer adäquaten „Feedback-Kultur“ sind ebenfalls Voraussetzung für ein modernes und moderatives pädagogisches Leadership sowie eine gelingende Schulentwicklung (vgl. ebd., S. 42ff.).
Weitere Rahmenbedingungen für eine qualitative Schulentwicklung durch Lernkulturwandel sind zusammenfassend: Professionalisierung einer pädagogi- schen Leadership, Teamentwicklung, Personalförderung, Gesprächsmoderation, Kooperation und Kommunikation, Selbstreflexion und Qualitätssicherung (vgl. ebd., S. 60). Nachfolgend eine resultative Darstellung (eigener Entwurf):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine Ergänzung der Tabelle „Vom Lehren zur Lernberatung“ (Arnold 2008, S. 15) könnte folgendermaßen aussehen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2 Projektmanagment
Das Schulleitbild ist die Voraussetzung für eine gelingende Schulentwicklung. Durch das Leitbild wird der konzeptionelle Rahmen für die Zusammenarbeit aller Beteiligten in der Organisation Schule vorgegeben. Es bezieht sich deshalb also auf Schüler, Eltern, Lehrer und das gesamte schulische Umfeld. Das Leitbild wird zum einen durch die genannten Akteure gestaltet und umgesetzt und zum anderen entfaltet es konkrete Wirkungen auf diese Akteure.
Ein Schwerpunkt des Leitbildes an der zu betrachtenden Schule ist das Prin- zip „Lernen durch Kooperation“. Im Rahmen der Stärke-Schwächen-Analyse nach der SOFT-Methode (vgl. Bastian 1998, zitiert nach Schüßler 2008, S. 181) zeichnen sich diverse Schwierigkeiten bei Schülern der Jahrgangsstufe 5 nach dem Übergang von der Grundschule auf die weiterführende Schule ab. So ver- schlechtern sich z.B. bei zahlreichen Schülern die Leistungen innerhalb kurzer Zeit nach dem Übergang erheblich. Viele Eltern berichten von Lernschwierigkei- ten und Überforderung ihrer Kinder. Einige Schüler entwickeln in der Folge Schulangst mit entsprechenden Fehlzeiten, die sich wiederum negativ auf das Leistungsbild auswirken. Es wird deutlich, dass in diesem Punkt noch Potenzial für Möglichkeiten und Chancen besteht (vgl. ebd., S. 182).
Obwohl die Schule den Übergang in die weiterführende Sekundarstufe bisher schon mit einigen Maßnahmen begleitet, könnte in Erwägung gezogen werden, eine Steuergruppe für ein Projektvorhaben mit dem Schwerpunkt „Schulübergang“ zu bilden, die ein entsprechendes Projekt planen und umsetzen soll. Der Titel des Projekts soll deshalb folgendermaßen lauten: „Den Schulübergang erfolgreich und kooperativ gestalten“.
Die Zielsetzung des Projektes ist eine auf die Zukunft bezogene, unterstützende und erfolgreichere Gestaltung des Schulübergangs durch Kooperation. Die Ziele und Inhalte des Projekts konzentrieren sich somit auf eine für jede Schülerbiographie sensible Schnittstelle, die maßgeblichen Anteil am Erfolg oder Misserfolg der Schulkarriere hat: den Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe der weiterführenden Schule (vgl. Klug 2008).
Der mögliche Nutzen der Projektarbeit stellt sich z.B. in Form eines Maß- nahmenkatalogs dar, der eine nachhaltige Unterstützung des Übergangs und eine koordinierte Kooperation zugrunde legt, um die genannten Schwierigkeiten des Übergangs zu verringern. Die Ergebnisse des Projekts werden z.B. durch standardisierte Fragebögen oder anhand geeigneter Diagnoseverfahren zur Leistungsmessung überprüfbar sein.
Bei dem beschriebenen Vorhaben handelt es sich eindeutig um ein Projekt, da es sich um ein zielgerichtetes und zeitlich befristetes Vorhaben handelt, für welches eine eindeutige Aufgabenstellung bzw. Zielsetzung vorliegt und weil für dessen Umsetzung bestimmte Ressourcen benötigt werden. Für das vorgeschla- gene Projekt liegt eine konkrete Ergebniserwartung vor, die zu leistenden Pro- jektinhalte sind im betrachteten Schulkontext neuartig und einmalig und sie erfor- dern eine eigene Organisationsstruktur in Form einer Projekt- oder Steuergruppe (vgl. Schüßler 2008, S. 98).
Die Ergebnisse der Projektarbeit werden einen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der Schulkultur haben und da sich das Vorhaben direkt aus dem übergeordneten Schulleitbild ableitet, besteht eine hohe Kongruenz mit den pädagogischen Zielsetzungen der Schule (vgl. ebd., S. 99).
Die Projektumsetzung sollte mit den Tools des Projektmanagements erfolgen, da eine sinnvolle Projektarbeit typische Phasen durchläuft, die zu verschiedenen Zeitpunkten verschiedene „Methoden, Instrumente und Verfahren erfordern“. Innerhalb des „Projektlebenszyklus“ ergeben sich eine Reihe von Aufgaben, die von der Projektidee bis zum Projektabschluss strategisch koordiniert werden müssen, um einen geordneten Ablauf und einen erfolgreichen Abschluss des Projekts zu gewährleisten (ebd., S. 102).
Im Folgenden wird begründet, weshalb dies auch für das hier vorgestellte Projektvorhaben gilt:
In der ersten Phase, der Definitionsphase und Projektvorbereitung, muss eine umfassende Problemanalyse erfolgen, mit dem Ziel, einen konkreten Pro- jektauftrag und entsprechende Projektziele zu formulieren. Dadurch wird sicher- gestellt, dass das Projekt auch eine entsprechende Problem-Relevanz entwickelt, in dem hier vorgestellten Fall also auch wirklich auf die Probleme des Schulüber- gangs abzielt. In diesem Zusammenhang sollten eine Situationsanalyse, z.B. in Form eines IST-SOLL-Abgleichs und eine Umfeldanalyse durchgeführt werden. Weiterhin sollten in dieser initialen Phase schon Erfolgskriterien und Möglichkei- ten der Evaluation festgelegt werden (vgl. ebd., S. 103f.; vgl. Endler 2006, S. 28, zitiert nach Schüßler 2008, S. 105).
Die Projektplanung ist die zweite Phase. In dieser werden die grundlegenden Elemente der Projektarbeit konkretisiert.
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