Wirtschaftsethik - Eine Einführung
Zusammenfassung
Frage aufgeworfen worden, ob unser wirtschaftliches Handeln ausreichend
moralischen und ethischen Normen unterlegt ist. Es stellt sich die Frage, ob ein
wirtschaftliches Handeln, im Sinne des Homo oeconomicus, überhaupt mit
ethisch-moralischen Normen in Einklang zu bringen ist. So strebt der Mensch
zwar in seinem eigennützigen und rationellen Wesen, sein Verhalten nach einer
Kosten-Nutzen-Kalkulation aus, ist aber auch ein von Emotionen geleitetes und
zeitweise irrationales Wesen.1 Moralische und ethische Grundsätze, die das Zusammenleben von Menschen
in Gruppen oder Stämmen regelten, gab es schon vor der philosophischen Ära
in der griechischen Antike, die als Beginn der Philosophie und Ethik als
Disziplin betrachtet wird. In solchen Fällen spricht man von einer Sippen- oder
Stammesmoral, die die gemeinsamen Ziele eines Stammes, wie z. B. die
Verteidigung gegen Feinde oder Nahrungsmittelsuche, innerhalb eines sozialen
Gefüges zusammenhielt. Auch in der Religion finden sich unzählige Verhaltensrichtlinien, die auf Moral und Vernunft basieren. In den Büchern der Bibel, Tora oder dem Koran finden sich Regeln, die das Leben in sozialen oder
wirtschaftlichen Bereichen bestimmen.2 Ziel der Arbeit ist es, die eingehende Frage zu beantworten, ob Ethik und
Wirtschaft in Einklang zu bringen sind. Für das bessere Verständnis soll die
geschichtliche Entstehung und Entwicklung und ihr Einfluss auf die Wirtschaft
betrachtet werden. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei die Abgrenzung der
griechischen Ethik von der neuzeitlichen Ethik bilden. Welche wirtschaftlichen
Folgen diese im Zusammenhang mit der Zeit vor der Industrialisierung hatte
und wie sich ethisches und unethisches Verhalten in den Moralvorstellungen
von Wirtschaftsakteuren und Wirtschaftszweigen darlegen, ist der zentrale
Inhalt der Arbeit. 1 Vgl. Noll, B. (2010), S. 17. 2 Vgl. Noll, B. (2010), S. 91-94.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einführung
2 Historische Entwicklung
2.1 Sokratische Ethik
2.2 Ethik der Neuzeit
3 Ethik und Ökonomie
3.1 Ursprung und Entstehung
3.2 Das Gefangenendilemma
4 Ethisches Handeln der Wirtschaftsakteure
5 Unethisches Handeln der Wirtschaftsakteure
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einführung
Nicht erst im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 ist die Frage aufgeworfen worden, ob unser wirtschaftliches Handeln ausreichend moralischen und ethischen Normen unterlegt ist. Es stellt sich die Frage, ob ein wirtschaftliches Handeln, im Sinne des Homo oeconomicus, überhaupt mit ethisch-moralischen Normen in Einklang zu bringen ist. So strebt der Mensch zwar in seinem eigennützigen und rationellen Wesen, sein Verhalten nach einer Kosten-Nutzen-Kalkulation aus, ist aber auch ein von Emotionen geleitetes und zeitweise irrationales Wesen.[1]
Moralische und ethische Grundsätze, die das Zusammenleben von Menschen in Gruppen oder Stämmen regelten, gab es schon vor der philosophischen Ära in der griechischen Antike, die als Beginn der Philosophie und Ethik als Disziplin betrachtet wird. In solchen Fällen spricht man von einer Sippen- oder Stammesmoral, die die gemeinsamen Ziele eines Stammes, wie z. B. die Verteidigung gegen Feinde oder Nahrungsmittelsuche, innerhalb eines sozialen Gefüges zusammenhielt. Auch in der Religion finden sich unzählige Verhaltensrichtlinien, die auf Moral und Vernunft basieren. In den Büchern der Bibel, Tora oder dem Koran finden sich Regeln, die das Leben in sozialen oder wirtschaftlichen Bereichen bestimmen.[2]
Ziel der Arbeit ist es, die eingehende Frage zu beantworten, ob Ethik und Wirtschaft in Einklang zu bringen sind. Für das bessere Verständnis soll die geschichtliche Entstehung und Entwicklung und ihr Einfluss auf die Wirtschaft betrachtet werden. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei die Abgrenzung der griechischen Ethik von der neuzeitlichen Ethik bilden. Welche wirtschaftlichen Folgen diese im Zusammenhang mit der Zeit vor der Industrialisierung hatte und wie sich ethisches und unethisches Verhalten in den Moralvorstellungen von Wirtschaftsakteuren und Wirtschaftszweigen darlegen, ist der zentrale Inhalt der Arbeit.
2 Historische Entwicklung
2.1 Sokratische Ethik
Um Ethik als eigenständige Disziplin betrachten zu können, bedarf es der geschichtlichen Darstellung des antiken Griechenlands. Wenngleich es schon mit den ägyptischen und dem mesopotamischen Reich schon Hochkulturen vor dem griechischem Imperium gab, sind die Lehren der griechischen Philosophen für die heutige Zivilgesellschaft von größerer Bedeutung. Den Griechen gelang der Schritt „von der Stammesmoral zur humanitären Gesinnung“.[3]
Mit dem Aufstreben der Stadtstaaten, insbesondere Athen als führende Handelsstadt und Seemacht, wurden die ersten Erfahrungen der Demokratie gemacht. In dieser Zeit entstanden neben den kulturellen Errungenschaften, besonders die wissenschaftlichen Arbeiten der Mathematik und der Philosophie, die sich nicht mythologisch-religiösen Gesetzen, sondern den Gesetzen der Volksbeschlüsse unterwarfen und somit frei von Dogmatik waren.[4]
Dieser Logik der Demokratie entsprach es auch, dass es erlaubt war, eine kritische Haltung einnehmen zu können, gestützt auf die Kraft der Argumentation. Dies beinhaltete sowohl die eigene als auch die fremde Position zu hinterfragen. Obgleich der Übergang von einer mythischen zu einer rational geprägten Gesellschaft nicht reibungslos verlief, war die griechische Aufklärung maßgeblich daran beteiligt, die Art des Denkens eines Individuums in den Mittelpunkt zu rücken und somit den Fortschritt von Individuen und Kollektiven gleichermaßen zu verstärken. Um 450 v. Chr. bildeten sich zwei Denkschulen ab, die sogenannten Vor-Sokratiker, als Naturphilosophen bekannt, und die Sophisten, die ein kritisch-rationales Weltverständnis hatten. Die Naturphilosophen beschäftigten sich mit dem Sein als solches, also die Frage nach dem Woher wir stammen und Wohin wir gehen. Die Sophisten, mit seinem bedeutendsten Vertreter Sokrates und dessen Schüler Platon, sowie dessen Schüler Aristoteles, waren mit ethisch-gesellschaftlichen Fragestellungen beschäftigt. Sophisten gelangten zu dem Schluss, dass es nicht möglich ist, generell gesichertes Wissen zu erlangen.[5]
Aus dieser Philosophie entstanden die ersten Akzente der Ethik und ihrer Erkenntniswege. Während Sokrates den Grundstein für die Ethik und Moralphilosophie legte, waren die Schüler Platon und Aristoteles an der inhaltlichen Weiterentwicklung beteiligt. Von Sokrates sind keine Schriften vorhanden, er hatte nichts publiziert, während Platon und Aristoteles dies zu genüge taten. Unzählige Briefe und niedergeschriebene Dialoge sind bis heute erhalten. Aristoteles war es auch, der die ersten wissenschaftlichen Felder von der Philosophie trennte, wie z.B. Logik oder Physik.[6]
Der Begriff der Ethik wurde auch von Aristoteles erfunden und erklärte die „wissenschaftliche Beschäftigung mit den Gewohnheiten, Sitten und Gebräuchen, da die menschliche Praxis, also die gelebte Moral, einer vernünftigen und theoretischen Reflexion zugänglich sei.“[7]
Aristoteles ist es auch, der die Tugendethik entwickelte. Ziel der Tugendethik ist es, Tugenden zu erlangen. Dies ist auch ein erster Ansatz für die Individualethik. Tugenden sind lobenswerte Eigenschaften eines Menschen. Gemeinsam mit Platon wurden auch die ersten Ansätze der Ordnungsethik entwickelt. Darunter wird die „rechte Führung eines wohlgeordneten Hauses, der Oikonomia, zur Verwirklichung des guten und vollkommenen Lebens“ fundiert.[8]
Im Mittelpunkt der antiken Philosophie steht, ein gutes Leben als guter Mensch zu führen. Wie der Mensch diesen Weg gehen kann, wird anhand der unterschiedlichen Erkenntniswege betrachtet. Platons Weg ist der Weg der Vernunft. Vor dem Hintergrund, dass der Mensch weiß was gut für ihn ist, macht Platon noch eine Differenzierung in die Sinneswelt und Ideenwelt. Die Sinneswelt ist das Meinen und Fühlen, sie ist unvollkommen und so wird das Wissen, das der Mensch erlangen kann auch immer mit unvollkommenen Methoden einhergehen. Die Vernunft hingegen ist aus der Ideenwelt, worin im ewigen und unveränderlichen auch gesichertes Wissen erlangt werden kann. Somit sollte der Mensch sich immer von der Vernunft leiten lassen, um die richtigen Antworten zu finden auf die Fragen des richtigen Handelns.[9]
Aristoteles führte die Gedanken seines Lehrers noch weiter. Er war der Meinung, dass Ethik die gesamte Lebensweise betrachten sollte und nicht differenzieren darf in Sinnes- oder Ideenwelten. Die Suche und Definierung des Guten sollte an konkreten Lebenslagen und nicht an allgemeinen ansetzen. Während Platon der Auffassung war, das ein System oder eine ideale Ordnung den Menschen verändern könnte, erkennt Aristoteles die Schwäche der Menschen und versucht unmittelbarer anzusetzen, z.B. durch Erziehung. Zentraler Schlüssel zu den Tugenden ist die Erfahrung.[10]
Sokrates Erkenntnisweg führt über den Dialog. In dem Wissen, nichts zu Wissen ist der Schlüssel zum Guten. Denn nur durch die Erkenntnis, dass der Mensch nichts weiß, kann er auch durch Fragen und durch Dialog Wissen erlangen. Das Gute im Menschen ist das, was sich im Gespräch als das Beste herausstellt.[11]
Den drei Philosophen ist gemein, dass die Erkenntnis über sich selbst und das Leben mit seinen Verflechtungen, die Neugier und das Streben nach Tugend, das Ziel der Individual- und Ordnungsethik ist. Auch wenn sich die Wege der Erkenntnisgewinnung unterscheiden, so sind sie sich doch in ihrem Kern einig. Ein friedliches und geordnetes Leben und Wirtschaften kann nur unter den beschriebenen ethischen Grundsätzen entstehen.
2.2 Ethik der Neuzeit
In diesem Kapitel sollen die Entwicklungen der Ethik und Philosophie ab dem späten Mittelalter betrachtet werden. Es soll der Beitrag einzelner Philosophen und Ereignisse auf die sozialen und gesellschaftlichen Denkstrukturen dargestellt werden, um eine Evolutionslinie betrachten zu können. Ausgangspunkt hierfür ist die Reformation unter Martin Luther. Mit dem Ende des Mittelalters und dem Übergang in das Zeitalter der Renaissance, begann auch für die Menschen ein neues Zeitalter des Denkens und Handelns. Bis dahin war die Welt, insbesondere Europa, geprägt von feudalen Systemen, in denen eine gesellschaftliche Kastenform herrschte, die vor allem stark religiös geprägt war. Bildung war nur dem Adel und den Geistlichen vorbehalten. Für die unteren Bevölkerungsschichten war es in Anbetracht der hohen Analphabetismus-Quote schwer, sich zu bilden. Man war darauf angewiesen, sich vorlesen zu lassen, insbesondere auch, weil die meisten Menschen kein Latein beherrschten und Bücher in Latein geschrieben wurden. Dies sollte sich Mitte des 15. Jahrhunderts, mit der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg, rapide ändern. Mit zunehmender Alphabetisierung nahm auch die Bildung der Menschen zu und öffnete vielen Gedanken den Weg. Wissen konnte nun schnell und zahlreich reproduziert werden und die ersten Universitäten wurden in Bologna und Paris gegründet.[12]
Martin Luthers Grundsatz der sola gratia, die Gnade Gottes, rückte den Menschen als Individuum ins Zentrum. War bis dahin das Denken und Handeln vom Göttlichen und dem Jenseits und ihren irdischen Vertretern geprägt, so rückten nun das Individuum und das Diesseits in den Fokus. Die sola gratia befreit den Menschen von der Fixierung auf Leistung und schafft das Vertrauen in Christus als Grundlage dafür, das alles Heil von Gott kommt und nicht dem Menschen. Luther macht einen weiteren radikalen Einschnitt, indem er behauptet, dass der Mensch frei ist vom Gesetz und kirchlicher Bevormundung. Dies bedeutet, dass jeder Mensch vor Gott gleich ist und alle gleichermaßen mündig sind in Glaubensfragen. Somit befreite Martin Luther den Menschen aus dem göttlichen Gefängnis, in denen die Gedanken eingesperrt waren, und legte den ersten Grundstein für ein freiheitliches Denken.[13]
Dieses neue Weltbild hat Rene Descartes weiter entwickelt. Er wird als der erste moderne Philosoph bezeichnet. Der bekannteste Satz von Descartes lautet: „Ich denke, also bin ich“. Er sagt aus, dass selbst wenn Zweifel in der Wahrheit und des Denkens herrscht, der Mensch aber nicht daran zweifeln kann, immer noch zu denken. Descartes gilt als der Begründer des Rationalismus. Dem Rationalismus liegt zu Grunde, dass das einzige Erkenntnisinstrument die Vernunft ist, es stellt den Ursprung allen Wissens dar. Descartes teilte die Welt in eine Objekt- und Gedankenwelt, in der die Objektwelt ausdehnbar ist und die Gedankenwelt nicht. Das zentrale Problem, das sich für Descartes auftat, war die Verbindung dieser zwei Welten. Denn, so wurde unterstellt, Gott sei der Vorstellungskraft des Menschen unterlegt und somit vor dem Zweifel an seine Existenz nicht erhaben. Descartes widmete sich noch in zahlreichen Werken dieser Frage, welche aber die Frage des Zweifelns an allem erlaubte. Der Mensch konnte denken, also zweifeln. Die Methodik Descartes, der Vernunft zu folgen, war in vier Schritte unterteilt, die vor allem aus seinen Arbeiten der Mathematik stammten. Erstens, die Skepsis zu haben, an allem was nicht klar und deutlich der Wahrheit entsprach. Zweitens, die Analyse des Sachverhalts. Drittens, die Konstruktion wie man zur Lösung des Problems in welchen Schritten man gelangt und die Rekursion als Abschluss, also die Überprüfung der Vollständigkeit der Mittel und Wege um zur Lösung zu gelangen.[14]
Als weitere Vertreter des Rationalismus seien hier Blaise Pascal und Gottfried Wilhelm Leibniz genannt. Leibniz vertrat die Auffassung, dass alles Sein auf Harmonie beruht, die aus einzelnen Krafteinheiten bestehend die Welt in ihrer Ordnung hält.[15]
Neben dem Rationalismus entstand auch der Empirismus. Während Rationalisten ihren Erkenntnisweg an die Vernunft anlehnen und ableiten, vollzieht sich dieser Weg bei den Empiristen von der Erfahrung, dem empirisch messbarem. Der Methodik liegt die Beobachtung und das Experimentieren zu Grunde, die die sinnliche Erfahrung des Menschen in den Mittelpunkt rückt. Ohne Sinneseindrücke und deren Assoziationen kann der Mensch kein Bewusstsein und kein Wissen haben.[16]
Als einer der bedeutendsten Vertreter des Empirismus sei hier John Locke an erster Stelle erwähnt. Seine Beiträge zur Rechtfertigung des Privateigentums und der Begrenzung der Staatsgewalt waren mit unter die Wegbereiter zur Glorious Revolution von 1688, in der die Monarchie als oberste Staatsgewalt durch die Einführung des Parlaments abgelöst wurde. Er erklärte Freiheit, Gleichheit und Unverletzlichkeit von Personen und Eigentum zum höchsten Gut, das es zu schützen gilt.[17]
Thomas Hobbes Arbeiten beschäftigten sich mit dem Naturzustand, dem Menschen in Gemeinwesen im Einklang mit der Umwelt. In dieser nahm Hobbes an, das der Mensch ein Recht auf alles hat und sich die Menschen in diesem Zustand in einem Krieg befinden, jeder gegen jeden. Er beschreibt den Menschen als ein egoistisches Wesen, das stets seinen Vorteil sucht und neben der Vernunft auch von Furcht geleitet wird. In diesem Szenario kommt dem Staat laut Hobbes eine besondere Rolle zu. Jeder gibt einem Dritten, dem Staat, seine Rechte ab und auf Grundlage von gegenseitigen Verträgen herrscht zum Zweck des Selbsterhalts eine Ordnung. John Locke unterschied sich in dieser Annahme des Menschen zu Hobbes darin, das er der Meinung war, dass die Geldwirtschaft erst den Menschen zum Egoisten machte, während Hobbes den Menschen eine zerstörerische Natur zugrunde legte. Ein hervorzuhebender Sachverhalt in Anbetracht der aktuellen Diskussion um den Schutz der Natur ist, dass Hobbes im Zusammenhang des Naturzustands die Maxime vertrat, dass der Mensch aus der Natur nicht mehr entnehmen darf als er verbraucht.[18]
Als weitere Vertreter des Empirismus und der schottischen Moralphilosophie seien hier noch David Hume, Francis Bacon und Georg Berkeley genannt, auf die nicht näher eingegangen wird.
Basierend auf den Errungenschaften des Humanismus und der Reformation entwickelte sich nach der Renaissance im frühen 18. Jahrhundert die Epoche der Aufklärung. In dieser Phase wird Kritik an der Monarchie und der Kirche laut. Es werden auf den Maximen der Vernunft elementare Menschenrechte, wie die Meinungsfreiheit, eingefordert und die endgültige Umsetzung von Thomas Hobbes Gesellschaftsvertrag. Einigkeit herrschte unter den Philosophen im zentralen Thema der Erziehung und Bildung. Die Erziehung musste in das wirkliche Leben einführen und die Aufgabe der Schule war es, neben Kenntnissen und Fähigkeiten die Schüler vor allem charakterlich zu erziehen. Diese Aufgabe muss der Staat übernehmen und nicht die Kirche.[19]
Eine wichtige Rolle spielte hier John Locke, der als Erkenntnistheoretiker die Charakterbildung als Hauptaufgabe sah. John Locke betrachtete vier Felder der Erziehung, nämlich die Tugend, Weisheit, Lebensart und Kenntnisse. Dabei sollten diese in einem guten Zusammenleben nicht direkt gelehrt, sondern vorgelebt werden. Ziel seiner Arbeit war es, den perfekten Gentleman zu erziehen, der gepaart mit politischem Wissen als Vorbild dienen sollte.[20]
Als einer der bedeutendsten Vertreter der Aufklärung ist Jean-Jacques Rousseau in seinen unzähligen Schriften zu der Erkenntnis gelangt, dass erst die verborgenen Talente eines Menschen es zu entdecken und zu fördern gilt, um das Selbstvertrauen zu festigen und ihn später, mit Eintritt der Volljährigkeit, auf andere Aufgaben und Wissen vorzubereiten. Auch sein Beitrag zur Demokratiebildung in Frankreich ist von hohem Wert. Wegweisend sind seine Begriffsdefinitionen von Gemeinwillen und Volkssouveränität, in der Entscheidungen per Volksabstimmung freier Bürger beschlossen werden und diese für alle bindend sind.[21]
Neben Rousseau waren auch Voltaires Werke von großer Bedeutung für die Aufklärung. Seine Werke waren in erster Linie gegen die katholische Kirche, die Monarchie und den Feudalismus gerichtet. Seine Ansichten beruhten ebenfalls auf Grundlagen der Vernunft und der Freiheit des Denkens. Er war der Ansicht, dass die Übel der Welt nicht einfach mit dem Verweis auf den göttlichen Willen bei Seite geschoben werden können. Voltaire deckte unermüdlich die Widersprüche der kirchlichen Lehre auf und trat so für die Emanzipation von der Kirche ein.[22]
Fest mit der Aufklärung verbunden ist der Name Immanuel Kant. So wie einst die Lehre von Sokrates eine Brücke schlug zwischen den Lehren von Platon und Aristoteles, so verknüpft Kant die Erkenntnismöglichkeiten des Menschen zwischen dem Rationalismus und dem Empirismus. Seiner Meinung nach war den Rationalisten die Vernunft und den Empirikern die Sinneserfahrung zu wichtig. Der Erkenntnisweg ist ohne die Sinneserfahrung und die Vernunft nicht möglich, dabei gilt die Kritik dem eingeschränkten Geist des Menschen, in der er die Realität und das Sein für sich wahrnimmt, aber nicht im gesamten. Um die Trennung von Erkenntnis und Glaube war Kant sehr bemüht, denn die endgültigen Fragen über Gott und den Tod kann der Mensch nicht beantworten und keine endgültige Antwort darauf erhalten, insofern ist der Maßstab der anzusetzen ist der eigene, die moralische Vernunft. Kant formulierte es als „kategorisches Prinzip“, in der es als oberstes moralisches Prinzip wie folgt lautet: „Handle so, dass die Maxime Deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.“ Dabei genügt es nicht einfach gut zu handeln, man muss das Richtige um des richtigen Willens tun. Die Gedanken von Immanuel Kant waren auch eine Grundlage für den liberalen Rechtstaat, in der das Gleichheitsprinzip gilt. Auch unterscheidet Kant zwischen Recht und Moral. Während das Recht dazu dient, die Freiheit der Individuen im Zusammenleben zu sichern, ist die Moral zur Sicherung der Freiheit des Individuums da.[23]
[...]
[1] Vgl. Noll, B. (2010), S. 17.
[2] Vgl. Noll, B. (2010), S. 91-94.
[3] Noll, B. (2010), S.53.
[4] Vgl. Noll, B. (2010), S.53.
[5] Vgl. Noll, B. (2010), S.55 f.
[6] Vgl. Noll, B. (2010), S.58.
[7] Noll, B. (2010), S. 59.
[8] Noll, B. (2010), S. 59.
[9] Vgl. Noll, B. (2010), S.60.
[10] Vgl. Noll, B. (2010), S.61.
[11] Vgl. Noll, B. (2010), S.61f.
[12] Vgl. Janzin, M./ Güntner, J. (2006), S. 169 ff.
[13] Vgl. Lobenstein-Reichmann, A. (1997), S. 292 f.
[14] Vgl. Perler, D. (1998), S. 33 ff.
[15] Vgl. Liske, M-T. (2000), S. 208 f.
[16] Vgl. Noll, B. (2010), S.175.
[17] Vgl. Ottow, R. (1996), S. 110 ff.
[18] Vgl. Macpherson, C.B. (2008), S.107 ff.
[19] Vgl. Detjen, J. (2007), S.22.
[20] Vgl. Detjen, J. (2007), S.23.
[21] Vgl. Detjen, J. (2007), S.24 ff.
[22] Vgl. Ruffing, R. (2007), S. 165 ff.
[23] Vgl. Noll, B. (2010), S.177 ff.