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Herrschaft und Macht nach Max Weber

Die Herrschaftssoziologie nach Max Weber

©2012 Hausarbeit 21 Seiten

Zusammenfassung

Im Rahmen der Soziologie wird der Begriff der Herrschaft klassischerweise als ein zentraler Mechanismus der sozialen Handlungsregelung verstanden. Weiterhin findet sich in der soziologischen Diskussion die Verknüpfung von Herrschaft mit sozialer Ungleichheit, Ausbeutung und Unterdrückung. Zum einen postuliert die Soziologie für die moderne Gesellschaft einen angestiegenen Bedarf an sozialen Regelungen der Handlung, kritisiert zum anderen die Beschränkungen individueller Freiheiten der Handlung und die sozialen Folgen, die oft mit dem Ausbau von Hierarchien und formal-hierarchischen Organisationen einhergehen. Diese Ambivalenz durchzieht die Herrschaftssoziologen seit langem. Die Phänomene der Herrschaft und der Hierarche sind altbekannt und es wurde bereits in der Antike darüber nachgedacht und philosophiert. Jedoch wird erst in der modernen Sozial-theorie im Rahmen der Vorstellung freier und gleicher Menschen Herrschaft zum Gegenstand kritischer Anfragen erhoben und die Suche nach deren Grundlagen eröffnet. Die Grundlagen der modernen Herrschaftssoziologie hat Max Weber geschaffen. Das Forschungsfeld wurde durch ihn abgesteckt und mit dem Modell der Herrschaft kraft Autorität lange Zeit das soziologische Forschungsprofil geprägt. Der Begriff der Herrschaft ist nach Weber eine Form der sozialen Regelung und Beziehung, welche im widerspruchsfreien Befehlen und Gehorchen Einzelner zum Ausdruck kommt. Herrschaft unterscheidet sich von zufälligen Macht- oder Gewaltbeziehungen und weist eine soziale Ordnungsform auf, die das soziale Handeln der Einzelnen erwartbar regelt und damit soziale Koordination bewirkt. Im Rahmen des Konzepts der Herrschaft kraft Autorität hat er sozial geregelte Beziehungen der Herrschaft in den Mittelpunkt soziologischer Analysen gerückt und in deren Institutionalisierung die entscheidende Erfolgs- und Bestandschance gesehen. Im Gegensatz zur Macht definiert Weber Herrschaft als die Möglichkeit, für einen bestimmten Befehl bei bestimmten Personen Gehorsam zu finden. Somit stellt Herrschaft eine vertikale und asymmetrische soziale Beziehung dar, in der es ein Befehlen und ein Gehorchen gibt. Macht hingegen ist die bloße Möglichkeit, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben anderer durchsetzen zu können. Macht prägt das soziale Handeln, bildet aber an sich keine soziale Beziehung. Im Rahmen dieser Hausarbeit soll sich mit der Herrschaftssoziologie nach Max Weber näher beschäftigt werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ein Zugang zur Thematik der Soziologie als Wissenschaft vom sozialen Handeln

3. Die Begriffe Macht und Herrschaft nach Max Weber
3.1. Macht - ein soziologischer Grundbegriff.
3.2. Eine Annäherung an den Begriff der Herrschaft
3.3. Die drei Herrschaftsformen
3.3.1. Die rational-legale Herrschaft
3.3.2. Die traditionelle Herrschaft
3.3.3. Die charismatische Herrschaft

4. Exkurs: Herrschaft und Wissen

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Rahmen der Soziologie wird der Begriff der Herrschaft klassischerweise als ein zentraler Mechanismus der sozialen Handlungsregelung verstanden. Weiterhin findet sich in der soziologischen Diskussion die Verknüpfung von Herrschaft mit sozialer Ungleichheit, Ausbeutung und Unterdrückung. Zum einen postuliert die Soziologie für die moderne Gesellschaft einen angestiegenen Bedarf an sozialen Regelungen der Handlung, kritisiert zum anderen die Beschränkungen individueller Freiheiten der Handlung und die sozialen Folgen, die oft mit dem Ausbau von Hierarchien und formal-hierarchischen Organisationen einhergehen. Diese Ambivalenz durchzieht die Herrschaftssoziologen seit langem. Die Phänomene der Herrschaft und der Hierarche sind altbekannt und es wurde bereits in der Antike darüber nachgedacht und philosophiert. Jedoch wird erst in der modernen Sozial­theorie im Rahmen der Vorstellung freier und gleicher Menschen Herrschaft zum Gegenstand kritischer Anfragen erhoben und die Suche nach deren Grundlagen eröffnet. Die Grundlagen der modernen Herrschaftssoziologie hat Max Weber geschaffen. Das Forschungsfeld wurde durch ihn abgesteckt und mit dem Modell der Herrschaft kraft Autorität lange Zeit das soziologische Forschungsprofil geprägt. Der Begriff der Herrschaft ist nach Weber eine Form der sozialen Regelung und Beziehung, welche im widerspruchsfreien Befehlen und Gehorchen Einzelner zum Ausdruck kommt. Herrschaft unterscheidet sich von zufälligen Macht- oder Gewaltbeziehungen und weist eine soziale Ordnungsform auf, die das soziale Handeln der Einzelnen erwartbar regelt und damit soziale Koordination bewirkt.[1] Im Rahmen des Konzepts der Herrschaft kraft Autorität hat er sozial geregelte Beziehungen der Herrschaft in den Mittelpunkt soziologischer Analysen gerückt und in deren Institutionalisierung die entscheidende Erfolgs- und Bestandschance gesehen. [2] Im Gegensatz zur Macht definiert Weber Herrschaft als die Möglichkeit, für einen bestimmten Befehl bei bestimmten Personen Gehorsam zu finden. Somit stellt Herrschaft eine vertikale und asymmetrische soziale Beziehung dar, in der es ein Befehlen und ein Gehorchen gibt. Macht hingegen ist die bloße Möglichkeit, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben anderer durchsetzen zu können. Macht prägt das soziale Handeln, bildet aber an sich keine soziale Beziehung. [3] Im Rahmen dieser Hausarbeit soll sich mit der Herrschaftssoziologie nach Max Weber näher beschäftigt werden. Ziel dieser Arbeit soll es nicht sein, einerseits einen umfassenden Überblick über das Werk von Weber im Hinblick auf Herrschaft und Macht zu geben und andererseits lediglich eine inhaltliche Wiedergabe seiner Herrschaftssoziologie zu vollziehen. Es soll eher ein punktueller Blick auf verschiedene Grundüberlegungen von Weber im Zusammenhang mit den Begriffen Herrschaft und Macht im Vordergrund stehen, welche von verschiedenen Autoren unter dem interpretativen Aspekt zusammengetragen wurden. Am Anfang dieser Arbeit steht zunächst ein Zugang zur Thematik der Soziologie als Wissenschaft vom sozialen Handeln. Dabei soll sich mit dem Thema der verstehenden Soziologie und dem sozialen Handeln näher beschäftigt werden, um die Grundüberlegung von Weber darzustellen. Im Anschluss daran erfolgt im Hinblick auf die Herrschaftskonzeption nach Weber die Betrachtung der Begriffe Macht und Herrschaft, sowie deren Dimensionen und Unterschiede. Es soll darum gehen, die definitorischen Überlegungen von Weber zu den Begriffen Macht und Herrschaft darzustellen. Anschließend wird eine Übersicht über die von Weber klassifizierten Herrschaftsformen gegeben, welche sich durch die rational-legale, traditionelle und charismatische Herrschaft definieren. Im letzten thema­tischen Abschnitt wird sich im Rahmen eines Exkurses näher mit der Thematik von Herr­schaft und Wissen beschäftigt werden. Es soll dabei gezeigt werden, weshalb und wie Wissen zur Voraussetzung und zum Faktor der Stabilität von Herrschaft wird. Dies erfolgt im Kontext von der Herrschaftssoziologie nach Weber. Mit einer inhaltlichen Zusammenfassung sowie der persönlichen Meinung im Hinblick auf die Thematik wird diese Arbeit beendet werden.

2. Ein Zugang zur Thematik der Soziologie als Wissenschaft vom sozialen Handeln

Nach Weber soll Soziologie heißen, „eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will“[4]. Dabei geht er von der Definition der methodologischen Grundprinzipien der sogenannten verstehenden Soziologie aus. Durch die Begriffsbestimmung wird zusammengefasst, was er in den methodologischen Studien über die Erklärung des Handelns als Kausalkette von Motivation, Mitteln, Zwecken und Nebenfolgen gründlich untersuchte. Dies erlaubt die Entwicklung eines Typus des zu beobachtenden Handeln, der auf eine allgemeine Art und Weise abbildet, wie es sich im Idealfall nach einer rationalen Abfolge ereignen sollte.[5] Die Definition über Soziologie nach Weber hebt seinen zentralen Gegenstand der Untersuchung und ebenso seinen methodischen Ansatz somit deutlich hervor. Gesellschaftliche Entwicklungen lassen sich nur begreifen und erklären, wenn die Akteursorientierungen, das heißt die Weltdeutungen und Handlungsziele der Individuen, in den Ansatz der Erklärung einbezogen werden.[6] Diese Definition über Soziologie als Wissenschaft bezeichnet durch die Nutzung der Begriffe Deuten, Verstehen und ursächliche Erklärung eine methodische Position, welche die Soziologie bei ihren Untersuchungen einzunehmen habe, nämlich eine auf das soziale Handeln bezogene.[7] Jedoch ist zunächst zu klären, was unter Handeln nach Weber verstanden wird. „Handeln soll dabei ein menschliches Verhalten (einerlei ob äußeres oder innerliches Tun, Unterlassen oder Dulden) heißen, wenn und insofern als der oder die Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbinden“ [8]. Weber unterscheidet vier zentrale Bestimmungsgründe des Handelns. Der eine Grund ist zweckrational. Demnach wägt der Handelnde Mittel, Zweck und Nebenfolgen bei der Reflexion seiner Handlungen gegen­einander ab. Dabei wählt er die Mittel zum Handeln und seine Ziele so aus, dass sie sich möglichst erfolgsversprechend verwirklichen lassen. Dieser Bestimmungsgrund des Handelns sieht Weber als zentrale Handlungsweise moderner Gesellschaften an. Ein weiterer Grund definiert sich über die Wertrationalität. In diesem Zusammenhang wählt der Handelnde seine Handlungsweisen nach Maßgabe eines bestimmten Wertes, der um seiner selbst willen er­folgen wird. Bestehen kann dieser Wert aus ethischen, religiösen oder auch ästhetischen Gründen. Neben zweckrational und wertrational kann außerdem das affektuelle Handeln ein Bestimmungsgrund sein. Im Rahmen dessen orientiert sich der Handelnde an seinen aktuellen Gefühlen, welche er mit seiner Handlung Ausdruck verleiht. Der vierte Bestimmungsgrund des Handelns sieht Weber im traditionellen Handeln. Der Handelnde orientiert sein Handeln an sogenannten eingelebten Gewohnheiten, welche vor allem durch Traditionen und Sitten definiert werden. [9] „Da sich das Handeln um seinen Sinn konstruiert, sind soziale Erscheinungen unter der Voraussetzung zu verstehen, dass der subjektiv gemeinte Sinn, den die Individuen mit ihrem Handeln verbinden, methodologisch zugänglich gemacht wird“ [10]. Im Rahmen dessen sieht die verstehende Soziologie nach Weber die makrosoziologischen Zusammenhänge wie beispielsweise Staat, Kirche und Unternehmen auf das Handeln der einzelnen Individuen, die deren Bestehen ermöglichen. Das für die verstehende Soziologie relevante Handeln ist für Weber somit das soziale Handeln. Ausgehend von der Idee des sozialen Handelns entwickeln sich komplexe Beziehungen und Gebilde. [11] Das menschliche Handeln ist jedoch nicht per se als soziales Handeln aufzufassen, denn Weber unterscheidet drei aufeinander aufbauende Kategorien. Dies wäre zunächst das Verhalten, welches als einfaches (körperliches oder reflexhaftes) Handeln zu definieren ist. Weiterhin existiert das sinnhafte Handeln, welches vom Handelnden mit einem subjektiven Sinn verbunden ist.

Daneben gibt es das soziale Handeln, welches mit einem subjektiven Sinn verbunden ist und zugleich auf das Verhalten anderer bezogen ist. Handlungen werden zu sozialen Handlungen, wenn der Handelnde seine Handlungen sinnhaft und intentional an dem Verhalten anderer ausrichtet. Weiterhin ist wichtig, dass ein Sinn besteht, den der Handelnde mit seiner Handlung verbindet. Unter diesem subjektiv gemeinten Sinn können unterschiedliche Dinge fallen. An erster Stelle sind die Absichten, welche der Akteur verfolgt. Weiterhin drückt dieser subjektiv gemeinte Sinn auch die zentralen Überzeugungen bzw. Erwartungen des Handelnden aus, beispielsweise seine Auffassungen darüber, wie sich Abläufe in der Gesell- schaft gestalten und welche normativen Anforderungen und Ansprüche gerechtfertigt sind. [12] Nach Münch (2008) hat das soziale Handeln ein Doppelgesicht der Sinnorientierung auf der einen Seite und der Motivation durch Interessen andererseits. Das soziale Handeln ist als grundlegende soziologische Kategorie der elementarsten sozialen Phänomene zu verstehen und ist Ausgangspunkt für die Konstruktion eines jeden soziologischen Bezugsrahmens. [13] Weber als Soziologe interessiert sich vor allem für die Bestimmungsgründe des sozialen Handelns. Das Handeln der Menschen in der modernen Gesellschaft sieht er jedoch ganz entscheidend bestimmt durch die kapitalistische Organisation ihrer Wirtschaft und durch die damit verknüpfte strikte bürokratische Regulierung des sozialen Lebens.[14] In diesem Zusammenhang gilt sein Hauptinteresse der Frage, „welche Verkettung von Umständen [...] dazu geführt hat, dass gerade auf dem Boden des Okzidents, und nur hier, Kulturerscheinungen auftraten, welche doch - wie wenigstens wir uns gern vorstellen - in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen?“[15] Der Kapitalismus ist für ihn dabei die bedeutendste dieser Kulturerscheinungen. Nach Rosa/Strecker/Kottmann (2007) war Webers Leitfrage die Problematik danach, warum wir als Mitglieder der abendländisch-modernen Gesellschaft so leben, wie wir leben, welche sozialen Kräfte für die Art unseres Menschentums verantwortlich sind.[16] Somit betreibt Weber Soziologie als Handlungstheorie. [17] Dies wird dadurch charakterisiert, dass die sozialen Handlungen der Akteure den Ausgangspunkt oder die Basiseinheit seiner soziologischen Erklärung bilden.[18]

3. Die Begriffe Macht und Herrschaft nach Max Weber

Macht und Herrschaft sind spezielle Formen sozialer Beziehungen, welche durch eine asymmetrische Natur gekennzeichnet sind. Jedoch liegt der Fokus auf dem stärkeren Einfluss des einen Interaktionspartners auf das Handeln des anderen Interaktionspartners innerhalb einer sozialen Beziehung. [19] Im folgenden Abschnitt soll sich näher mit den Phänomenen der Begriffe Macht und Herrschaft nach Weber beschäftigt werden. Zunächst wird der soziologische Grundbegriff Macht dargestellt, um im weiteren Verlauf den Begriff der Herr­schaft zu definieren, auf dessen Grundlage die Beschreibung der Herrschaftsformen nach Weber erfolgt.

3.1. Macht - ein soziologischer Grundbegriff

Der Begriff Macht bedeutet nach Weber „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht [...] Der Begriff Macht ist soziologisch amorph“ [20]. Indem die Definition sich explizit auf das Merkmal der sozialen Beziehungen bezieht, wird Macht auf der einen Seite zu einem speziellen Fall einer sozialen Beziehung, auf der anderen Seite wird ihr dadurch ein Platz im Gefüge möglicher Handlungskoordinierungen wie beispielsweise Handeln bzw. soziales Handeln zugewiesen. [21] Weber bindet Macht an eine Skala, welche von körperlicher Gewalt bis zum reinen geistigen Einfluss reicht. [22] Nach Gerhardt (1996) ist der Begriff der Macht nach Weber nur in intentionalen Zusammenhängen verständlich, an denen sie selbst als wirkender Faktor beteiligt ist. Dies bedeutet, dass der Mensch Macht erfährt, als ob in ihr eine Absicht wirke, ganz gleich, ob er sie erfolgreich einsetzt oder ihr kläglich unterliegt. Solange die Macht im Spiel ist, ist auch der Wille berührt. Ernsthaft vom Willen kann jedoch auch nur gesprochen werden, wenn ihm eine Chance der Realisierung entspricht, wenn er das Vermögen zu möglichen Wirkungen einschließt und wenn zum Beispiel die Macht tatsächlich nicht anders erfahren werden kann, als ob in ihr ein Wille wirkt. So rufen sich Macht und Wille wechselseitig auf den Plan. Somit ist die Vorstellung, dass keine Macht ohne einen durch sie wirkendem Willen dargestellt werden kann. Ebenso zerfällt der Wille, wenn er machtlos wird und zu einem ohnmächtigen Willen und damit zum bloßen Wunsch wird. [23] Nach Kaven (2006) lässt sich die Machtdefinition von Weber in vier Elemente zerlegen. Danach lässt sich Macht nur in sozialen Beziehungen finden und setzt damit ein intersubjektives Verhältnis voraus. Weiterhin setzt Macht einen widerstreitenden Willen durch den ewigen und unvermeidlichen Kampf der Werte und Interessen als Grundlage. Ebenso generiert Macht als Chance soziale Wirklichkeit und die Chance der Durchsetzung eines Willens bedarf der Ressourcen. [24] Nach Weber ist Macht soziologisch amorph. Dies ist dadurch zu erklären, dass viele Möglichkeiten Jemanden in die Lage versetzten kann, seinen Willen durchzusetzen. Diese endlose Fülle von Eigenschaften des Akteurs und somit die heterogene Konstellation von Möglichkeiten lässt sich im Rahmen der Soziologie nicht erschöpfend definieren und damit konzeptuell klassifizieren. [25] Der Machtbegriff hat somit keinerlei soziologische Bedeutung, da die Grundlagen der Durchsetzung des Willens unklar und unterbestimmt bleiben. Weiterhin können alle denkbaren Qualitäten eines Menschen und verschiedene Situationen Ausgangspunkt der einseitigen Durchsetzung des Willens sein und ganz vielfältige soziale Erscheinungen generieren. [26] Somit ist der Begriff der Macht deshalb soziologisch amorph, weil er einerseits offen lässt, worauf diese Chance zur Durchsetzung des Willens im Einzelnen beruht und zum anderen lässt der Machtbegriff zu, dass sich ein Verhältnis der Macht ohne Weiteres umdrehen kann. [27] Im Zusammenhang mit den Macht­beziehungen sind im Gegensatz zu den Herrschaftsbeziehungen keine sozialen Regelmäßig­keiten ableitbar. Die Definition markiert nach Haferkamp (1983) jedoch einen wichtigen Übergang. Macht wird nicht im Rahmen der frühen Psychologie und großen Teilen der Anthropologie als ein Merkmal der Persönlichkeit definiert, sondern als empirisch beobachtbares, aufeinander bezogenes Verhalten interpretiert. Erst somit kann Macht als eine spezielle Form sozialer Beziehungen verstanden werden. Der Zusatz in der Definition ,auch gegen Widerstreben der anderen‘ lässt den Machtbegriff nach Weber unscharf werden, da nicht sicher ist, ob der Widerstand und dessen erfolgreiche Überwindung typische Kennzeichen einer Machtbeziehung sind oder ob Macht auch dann vorliegen kann, wenn kein Widerstand geleistet wird.[28] Insgesamt kann herausgestellt werden, dass Macht als das Vermögen gilt, dass sie weder mit Gewalt noch mit Herrschaft gleichzusetzen ist, auch wenn sie sich in Form von Gewalt und Herrschaft äußern kann. [29]

3.2. Eine Annäherung an den Begriff der Herrschaft

In der Soziologie wird Herrschaft zumeist in der Abgrenzung zu Macht und Gewalt als anerkannte und geregelte Form von Über- und Unterordnungsbeziehungen verstanden. Wegweisend dafür ist die bekannte Definition von Weber (1922). [30] Dabei heißt Herrschaft „die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“ [31]. Mit dieser Definition über Herrschaft wird eine Präzisierung des Begriffs Macht auf ein widerspruchsfreies Gehorsamshandeln in Reaktion auf Befehle bestimmter Personen und eines bestimmten Inhalts vorgenommen. Somit werden erwartbare Beziehungen des Befehls und Gehorsams von zufälligen und kontingenten Über- und Unterordnungs­beziehungen unterscheidbar. Es wird in der Begriffsbestimmung von Herrschaft nach Weber die Erwartbarkeit in den Mittelpunkt gestellt und hält nach Maurer (2004) dazu an, nach den sozialen Grundlagen des Gehorsams in Herrschaftsbeziehungen zu suchen und daraus soziale Phänomene abzuleiten. Dabei erfolgt der Zugang handlungstheoretisch, der die Stabilität und Erfolg von Herrschaft aus verständlichen, begründbaren Handlungen des Gehorsams freier und rational handelnder Individuen erklären will. Dies bedeutet für Weber, nach verständlichen Motiven des Gehorsams der einzelnen Subjekte zu suchen und die durch die Erklärung in soziale Sinnzusammenhänge auch objektiv deutlich zu machen. [32] Im Hinblick auf Weber kann die Herrschaft genannte Chance, Gehorsam für einen Befehl zu finden, auf verschiedenen ,Motiven der Fügsamkeit‘ beruhen. [33] Es wird dabei davon ausgegangen, dass von seitens der Gehorchenden verschiedene Motive existieren, um einem Befehl zu folgen.

[...]


[1] vgl. Maurer 2004, S. 7-9

[2] vgl. Maurer 2004, S. 31

[3] vgl. Fitzi 2008, S. 183

[4] Weber 1922, S. 1

[5] vgl. Fitzi 2008, S. 61-63

[6] vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007, S. 50

[7] vgl. Kaven 2006, S. 29

[8] Weber 1922, S. 1

[9] vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007, S. 52

[10] Fitzi 2008, S. 63

[11] vgl. Fitzi 2008, S. 63-64

[12] vgl. Weber 1922, S. 1

[13] vgl. Münch 2008, S. 145

[14] vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007, S. 50

[15] Rosa/Strecker/Kottmann 2007, S. 51

[16] vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007, S. 50

[17] vgl. Kopp/Müller 1980, S. 9

[18] vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007, S. 51

[19] vgl. Bahrdt 2003, S. 162

[20] Weber 1922, S. 28

[21] vgl. Treiber 2007, S. 49

[22] vgl. Sukale 2002, S. 364

[23] vgl. Gerhardt 1996, S. 18

[24] vgl. Kaven 2006, S. 45

[25] vgl. Müller 2007, S. 121

[26] vgl. Maurer 2004, S. 19-20

[27] vgl. Gerhardt 1996, S. 146-147; vgl. auch Gostmann/Merz-Benz 2007, S. 155-156

[28] vgl. Haferkamp 1983, S. 64

[29] vgl. Gerhardt 1996, S. 218

[30] vgl. Maurer 2004, S. 25

[31] Weber 1922, S. 28

[32] vgl. Maurer 2004, S. 25

[33] vgl. Weber 1982, S. 475

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