„Was du mir sagst, das vergesse ich. Was du mir zeigst, daran erinnere ich mich. Was du mich tun lässt, das verstehe ich.“ Konfuzius
Viele Familien in Deutschland nehmen Pflegekinder auf. Wie gehen die Familien jedoch mit der Tatsache um, wenn sich herausstellt dass bei diesen Kindern geistige Defizite vorhanden sind? Zu welchen Problemen führt dies in der Familie, im weiteren Umfeld, sowie im Alltag? Bei Kindern mit körperlichen Behinderungen ist ihre Andersartigkeit offensichtlich, Rücksichtnahme ergibt sich oft von selbst – doch wie ist es bei Behinderungen, die nahezu unsichtbar sind, nicht auf den ersten Blick zu erkennen? Wie reagieren Außenstehende auf diese Kinder und deren Eltern? Stellvertretend für all die geistigen Behinderungen, soll es um eine geminderte Durchschnittsintelligenz gehen.
Die Zahl der Kinder, die ohne körperliche Fehlbildung, dafür aber mit geistigen Defiziten und Verhaltensstörungen zur Welt kommen, wird auf 15.000 bis 20.000 im Jahr geschätzt! Rund sechs von Tausend Kindern die in der Bundesrepublik geboren werden, sind geistig behindert. Hierzulande leben derzeit ungefähr 450 000 Menschen mit einer geistigen Behinderung, davon, laut Erhebungen des statistischen Bundesamts, 134 000 Minderjährige unter 15 Jahre. Die oft folgenschweren Schäden beeinträchtigen vor allen die geistigen Fähigkeiten und bedeuten oft erhebliche Lerndefizite.
Im ersten Teil der Arbeit sollen zunächst einige Begriffe erläutert und definiert werden, die sich in der Arbeit gehäuft wieder finden. Anschließend folgt die Annäherung an die Forschungsfrage und die Aufstellung der Arbeitshypothesen. Vor der praktischen Durchführung des Interviews steht die Wahl der Methode, mit der die Forschungsfrage untersucht werden soll. Im praktischen Teil wird das Interview dokumentiert und ausgewertet. Im Anhang finden sich der Kurzfragebogen, der Leitfaden, sowie das Transkript des Interviews samt Postskript. Wird in dieser Arbeit die männliche Anrede verwendet, so sind Frauen ebenso gemeint. Wird von dem Kind gesprochen, so handelt es sich dabei um das Pflegekind.
Inhalt
1. Einleitung
2. Begriffsdefinitionen im Kontext der Forschungsarbeit
3. Überlegungen zu Forschungsfrage und Hypothesen
3.1. Die Forschungsfrage
3.2. Die Hypothese
4. Überlegung zur Methodenwahl
4.1. Qualitative Forschung
4.2. Vorstellung der Grounded Theory
4.3. Das problemzentrierten Interviews nach Witzel
5. Praktische Durchführung des problemzentrierten Interviews
6. Auswertung der Daten und der Darstellung der Ergebnisse
7. Fazit und Ausblick
8. Literaturverzeichnis
9. Anhang
9.1. Kurzfragebogen
9.2. Leitfaden
9.3. Transkript
9.4. Postskript
1. Einleitung
„Was du mir sagst, das vergesse ich. Was du mir zeigst, daran erinnere ich mich. Was du mich tun lässt, das verstehe ich.“Konfuzius
Viele Familien in Deutschland nehmen Pflegekinder auf. Wie gehen die Familien jedoch mit der Tatsache um, wenn sich herausstellt dass bei diesen Kindern geistige Defizite vorhanden sind? Zu welchen Problemen führt dies in der Familie, im weiteren Umfeld, sowie im Alltag? Bei Kindern mit körperlichen Behinderungen ist ihre Andersartigkeit offensichtlich, Rücksichtnahme ergibt sich oft von selbst – doch wie ist es bei Behinderungen, die nahezu unsichtbar sind, nicht auf den ersten Blick zu erkennen? Wie reagieren Außenstehende auf diese Kinder und deren Eltern? Stellvertretend für all die geistigen Behinderungen, soll es um eine geminderte Durchschnittsintelligenz gehen.
Die Zahl der Kinder, die ohne körperliche Fehlbildung, dafür aber mit geistigen Defiziten und Verhaltensstörungen zur Welt kommen, wird auf 15.000 bis 20.000 im Jahr geschätzt! Rund sechs von Tausend Kindern die in der Bundesrepublik geboren werden, sind geistig behindert. Hierzulande leben derzeit ungefähr 450 000 Menschen mit einer geistigen Behinderung, davon, laut Erhebungen des statistischen Bundesamts, 134 000 Minderjährige unter 15 Jahre. Die oft folgenschweren Schäden beeinträchtigen vor allen die geistigen Fähigkeiten und bedeuten oft erhebliche Lerndefizite.
Im ersten Teil der Arbeit sollen zunächst einige Begriffe erläutert und definiert werden, die sich in der Arbeit gehäuft wieder finden. Anschließend folgt die Annäherung an die Forschungsfrage und die Aufstellung der Arbeitshypothesen. Vor der praktischen Durchführung des Interviews steht die Wahl der Methode, mit der die Forschungsfrage untersucht werden soll. Im praktischen Teil wird das Interview dokumentiert und ausgewertet. Im Anhang finden sich der Kurzfragebogen, der Leitfaden, sowie das Transkript des Interviews samt Postskript. Wird in dieser Arbeit die männliche Anrede verwendet, so sind Frauen ebenso gemeint. Wird von dem Kind gesprochen, so handelt es sich dabei um das Pflegekind.
2. Begriffsdefinitionen im Kontext der Forschungsarbeit
In dieser Forschungsarbeit geht es um die Probleme von Pflegeeltern mit geistig zurück gebliebenen Kindern. Wenn in dieser Arbeit von „Problemen“ gesprochen wird, so handelt es sich um all die Beeinträchtigungen des Alltags, die durch die Behinderung der Kinder bedingt sind und somit andere Mitmenschen nicht in dem Ausmaß betreffen.
„Eine geistige Behinderung beschreibt kein enges Krankheitsbild, es ist vielmehr ein Sammelbegriff für vielfältige Erscheinungsformen und Ausprägungsgrade intellektueller Einschränkungen.“[1] Es gibt ganz unterschiedliche Gründe für eine geistige Behinderung. Während der Schwangerschaft könnte dies durch bestimmte Erbinformationen, Schädigungen durch verschieden Infektionen oder eine Belastung mit schädliche Substanzen (Alkohol, Drogen) durch die Mutter beeinflusst werden. Im Kleinkindalter können Gründe für eine geistige Behinderung Geburtsschäden, schwere Mangelerscheinungen oder erhebliche Stoffwechselstörungen sein. Diese Art von Erkrankungen ist nicht heilbar und begleitet die Betroffenen ein Leben lang. Eine geistige Behinderung hat eine erhebliche Lernbeeinträchtigung zur Folge. Im frühkindlichen Alter wird dies als eine Entwicklungsstörung deutlich, die alle Bereich beeinflusst, in denen etwas erlernt werden muss. Vor allem die Wahrnehmung und die Sprachentwicklung sind betroffen. Geistig behinderte Kinder lernen, wenn überhaupt, erst sehr spät sprechen und haben starke Probleme mit der Sprachbedeutung und den grammatikalischen Regeln. Im Allgemeinen ist zu sagen, dass alle Lernprozesse stark verlangsamt sind. Auf der Basis der intellektuellen Minderbegabung entwickeln viele Kinder zusätzliche Verhaltensauffälligkeiten oder andere Begleitstörungen wie etwa eine Aufmerksamkeitdefizitstörung, Ticstörung oder Zwangsstörung.[2]
3. Überlegungen zu Forschungsfrage und Hypothesen
3.1. Die Forschungsfrage
In Deutschland leben Millionen Kinder mit einer intellektuellen Minderbegabung. Mehrere tausend Kinder werden jährlich in Pflegefamilien vermittelt. Es ist nicht einfach, verlässliche Zahlen zu diesem Thema zu finden. 1990 war eins von 200 Neugeborenen geistig behindert (0,5%). Heute sind sechs von 1 000 Kindern betroffen (0,6%). Im Jahr 2010 befanden sich laut dem Bundesverband für Erziehung 54 000 Kinder in sogenannten Pflegefamilien. Im Jahr davor waren es noch deutlich weniger (50 000).[3] Über die Anzahl von behinderten Kindern in Pflegefamilien gibt es keine Angaben. Was ist überhaupt eine Pflegefamilie? Es sind Familien die ein fremdes Kind aufnehmen. Aus ganz unterschiedlichen Gründen ist die Möglichkeit nicht gegeben, dass diese Kinder länger in ihren leiblichen Familien verbleiben können. Wieso nehmen Familien ein fremdes Kind bei sich auf? Welche emotionale Bindung wird dem Kind gegenüber aufgebaut? Wie geht die Familie mit der geistigen Behinderung um? Welche Schwierigkeiten entwickeln sich im Alltag? Wie reagieren Außenstehende auf die geistigen Defizite eines Kindes? Mit diesen Fragen wird sich diese Hausarbeit beschäftigen. Die Forschungsfrage lautet daher:
Welche Probleme ergeben sich im Alltag mit einem geistig behinderten Pflegekind?
3.2. Die Hypothese
In der qualitativen Forschung soll der Forscher offen sein für neue Erkenntnisse, Anfangsüberlegungen sind jedoch erlaubt. Für den Autor bestanden diese darin, zu vermuten, dass es für Kinder mit einer intellektuellen Minderbegabung Probleme in Einrichtungen wie Kindergarten und Schule gibt, die ursächlich mit der Behinderung zusammenhängen. Ob dies zu bestätigen ist, soll in dieser Arbeit untersucht werden. Für die Forschungsarbeit wurden drei Hauptaspekte ausgewählt. Die daraus abgeleiteten Arbeitshypothesen untersuchen einen kleinen Bereich, der komplexen Problematik. Die Hypothesen lauten:
I Die Tatsache, dass ein Kind geistig eingeschränkt ist, beeinflusst das alltägliche Familienleben.
II Wenn man offen mit den geistigen Defiziten des Kindes umgeht, zeichnen sich keine Probleme durch Reaktionen des Umfeldes ab
III Wie intensiv die emotionale Bindung zu einem Kind ist, hängt nicht von dessen geistigen Fähigkeiten ab.
4. Überlegung zur Methodenwahl
Welche Methode soll nun verwendet werden, um die Forschungsfrage zu bearbeiten? Der Forscher ist stets im Zwang, sich entscheiden zu müssen: Welche Methode ist am besten geeignet, welche Ressourcen sind vorhanden, in welchem Rahmen soll das Er-Forschen erfolgen? Um einen möglichst tiefen Eindruck des Zusammenlebens mit einem sonderschulbedürftigem Kleinkind zu bekommen, fiel die Wahl auf eine Interviewmethode und hier auf das problemzentrierte Interview. In einem problemzentrierten Interview wird eine Fragestellung von den unterschiedlichsten Seiten beleuchtet - zentriert auf die Problemsicht des Subjekts[4]. Diese Methode passte zu der Fragestellung und den zur Verfügung stehenden forscherischen Ressourcen: Aufgrund dessen, dass im Bekanntenkreis des Autors ein geistig nicht altersgerecht entwickeltes Pflegekind lebt, verfüge der Autor über das nötige Vorwissen. Da das Kind mit fünf Jahren auf Grund seiner Einschränkungen nicht in der Lage ist selber die Fragen zu beantworten, wurde sich dafür entschieden, die Mutter zu befragen. Wichtig war es, möglichst direkte Aussagen zu erhalten und einen typischen „Fall“ zu interviewen (= theoretical Sampling).
4.1. Qualitative Forschung
Was bedeutet qualitative Forschung, durch was zeichnet sie sich aus? Die qualitative Forschung beinhaltet nicht vorrangig die Hypothesenprüfung. Es geht um die Verallgemeinerung von Theorien. Diese Theorie entsteht während der Arbeit am Projekt.
Gegenstandsangemessenheit: Kann der Forscher neue Erkenntnisse erlangen? Der Forscher muss sich auf das zu untersuchende Forschungsthema voll und ganz einlassen. Mit dieser Methode kann er das zu untersuchende Thema klären. Die Gegenstandsangemessenheit sollte während der gesamten Untersuchung vorherrschen[5]. Eine weitere theoretische Grundlage der Qualitativen Forschung ist auch „der symbolische Interaktionismus“[6].
Offenheit: Aussagen in den Interviews werden so angenommen, wie sie sind. Eine Wertung gibt es nicht. Jede Aussage wird als eine subjektive Äußerung eines Subjektes zu einem Thema gesehen. Bis zur Auswertung und auch während der Auswertung sind diese subjektiven Aussagen der Mittelpunkt der Arbeit[7]. Das zu untersuchende Thema wird aus Sicht des Interviewten gesehen. Wichtig für den Forscher ist, dass er seine erstellten Thesen nicht als fest und unabänderlich betrachtet. Im Verlauf des Forschungsprozesses müssen die Theorien gegebenenfalls angeglichen werden. Für das Interview gibt es nur wenige Vorgaben, festgelegte Standards sind hier nicht dienlich. Die interviewte Person muss die Möglichkeit haben, die für sie relevanten Gesichtspunkte anzuführen. Ein offener Leitfaden ist die Hilfe für das Interview. Der Leitfaden beginnt mit der Einstiegsfrage und mit einigen Worten, die sich aus den gestellten Hypothesen ergeben. Die Leitworte grenzen die Thematik des Interviews ein. Diese wird im Interview aber nicht offen gelegt.
Kommunikation: Das Interview findet in dem natürlichen Umfeld des Interviewten statt. Der Ton wird dem Interview-Gegenüber angepasst, dies wird Naturaliszität genannt.
Prozesshaftigkeit: Leben heißt Veränderung- manche einst getroffene Entscheidung oder Sichtweise verändert sich im Laufe des Lebens. Jahre später werden einst getroffene Entscheidungen anders beurteilet. Die Fragestellung sollte dem angepasst sein. Sie sollte so formuliert sein, dass nicht nur über die Gegenwart sondern auch über die Vergangenheit gesprochen wird und so retrospektive Informationen erbracht werden[8].
[...]
[1] http://www.elternimnetz.bayern.de/kinder/sorgenkinder/behinderung.php#1
[2] vgl. http://www.elternimnetz.bayern.de/kinder/sorgenkinder/behinderung.php#3
[3] Quelle Zahlen: http://homepage.ruhr-uni-bochum.de/sven.Bielski/Haeufigkeit.html
[4] vgl. Witzel, 2008, S. 2
[5] Vgl. Brüsemeister, 2006, S.35
[6] Reinders, 2005, S.21
[7] Vgl. Reinders, 2005, S.21
[8] Vgl. Reinders, 2005, S.93