"Die Seele befragt im Traum die Urweisheit des Lebens. Die Urweisheit des Lebens offenbart sich im Traum, und es kommt Antwort herauf, die sagt, wo man steht, die Wege andeutet, welche man jetzt am besten zu gehen hat."1
Haben unsere Träume wirklich eine so große Bedeutung? Oftmals träumt man doch eher von belanglosen Dingen, unser Unterbewusstsein verarbeitet im Schlaf verschiedenste Eindrücke des Tages. Aber wie kann es dann sein, dass in manchen Fällen Träume tatsächlich das vorwegnehmen, was in Zukunft geschehen wird, oder uns bezüglich Vergangenem Wahres unterbreiten? Mit solchen und ähnlichen Fragen setzt sich heutzutage die Traumforschung auseinander. Wie man Träume letztlich aber genau zu deuten hat, da weichen die Meinungen oft weit voneinander ab.
Dass Träume die Menschen beschäftigen und sie sehr um deren Aufklärung bemüht sind, ist nicht neu. Schon in der Antike prägten Träume, die oftmals als Götterbotschaften angesehen wurden, die Menschen und hatten Einfluss auf deren Handeln.
Apuleius greift genau dies in seinen Metamorphoses auf. In der Charite-Erzählung sind Träume von größerer Bedeutung und motivieren die weitere Handlung. Der zweite Traum der Charite, der im achten Kapitel des 8.Buches zu finden ist, liegt dieser Arbeit zugrunde.
Die Arbeit gliedert sich in eine Übersetzung des Textabschnitts, einen textkritischen Teil, einen Kommentar, in dem die sprachlichen Besonderheiten kurz dargestellt werden sollen, eine Analyse und Interpretation des Abschnitts mit Bezug auf die ganze Charite-Erzählung und Vergleichen zu anderen Novellen, wobei mir besonders die Literatur von Hendrik Müller und Paula James behilflich war, einen kurzen Exkurs zu motivischen Vorbildern des Apuleius, sowie eine Zusammenfassung der Thesen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2.1. Übersetzung
2.2. Textkritik
2.3. Kommentar
3. Interpretation
4. Zusammenfassung
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
"Die Seele befragt im Traum die Urweisheit des Lebens. Die Urweisheit des Lebens offenbart sich im Traum, und es kommt Antwort herauf, die sagt, wo man steht, die Wege andeutet, welche man jetzt am besten zu gehen hat."[1]
Haben unsere Träume wirklich eine so große Bedeutung? Oftmals träumt man doch eher von belanglosen Dingen, unser Unterbewusstsein verarbeitet im Schlaf verschiedenste Eindrücke des Tages. Aber wie kann es dann sein, dass in manchen Fällen Träume tatsächlich das vorwegnehmen, was in Zukunft geschehen wird, oder uns bezüglich Vergangenem Wahres unterbreiten? Mit solchen und ähnlichen Fragen setzt sich heutzutage die Traumforschung auseinander. Wie man Träume letztlich aber genau zu deuten hat, da weichen die Meinungen oft weit voneinander ab.
Dass Träume die Menschen beschäftigen und sie sehr um deren Aufklärung bemüht sind, ist nicht neu. Schon in der Antike prägten Träume, die oftmals als Götterbotschaften angesehen wurden, die Menschen und hatten Einfluss auf deren Handeln.
Apuleius greift genau dies in seinen Metamorphoses auf. In der Charite-Erzählung sind Träume von größerer Bedeutung und motivieren die weitere Handlung. Der zweite Traum der Charite, der im achten Kapitel des 8.Buches zu finden ist, liegt dieser Arbeit zugrunde.
Die Arbeit gliedert sich in eine Übersetzung des Textabschnitts, einen textkritischen Teil, einen Kommentar, in dem die sprachlichen Besonderheiten kurz dargestellt werden sollen, eine Analyse und Interpretation des Abschnitts mit Bezug auf die ganze Charite- Erzählung und Vergleichen zu anderen Novellen, wobei mir besonders die Literatur von Hendrik Müller und Paula James behilflich war, einen kurzen Exkurs zu motivischen Vorbildern des Apuleius, sowie eine Zusammenfassung der Thesen.
2.1. Übersetzung
Dann richtete in der Zwischenzeit jener Schatten des elend zugrunde gerichteten Tlepo- lemus sein durch blutigen Eiter bluttriefendes und durch Leichenblässe verunstaltetes Antlitz auf und unterbrach den sittsamen Schlaf der Ehefrau: „Meine Gattin, was ganz und gar nicht möglich sein wird, dass es dir von einem anderen gesagt wird: wenn die Erinnerung an mich nicht länger deinem Herzen verbleibt oder wenn mein bitterer Todesfall den Bund der Liebe zerschnitten hat, vermähle dich glücklicher mitjedem beliebigen anderen, nur sollst du nicht in die verruchte Hand des Thrasyllus gelangen und du sollst (mit ihm) kein Gespräch führen und dich auch nicht zu Tische hinlegen und nicht auf dem Sofa zur Ruhe kommen! Fliehe meines Mörders bluttriefende Rechte! Beginne keine Ehe wegen Mordes an einem nahen Verwandten! Jene Wunden, deren Blut deine Tränen abgewaschen haben, sind nicht alle Wunden von Eberhauern; die Lanze des Thrasyllus hat mich dir fernstehend gemacht!" Und er fügte das Übrige hinzu und erhellte die ganze Szene des Verbrechens.[2]
Aber jene, wie sie zuerstjammernd geruht hatte, das Gesicht ins Polster hineingedrückt, benetzte, auch jetzt noch schlafend, ihre Wangen mit herausfließenden Tränen und, wie durch einen gewissen Druck aus unruhigem Schlaf herausgerissen, heulte in erneuerter Klage laut auf und, nachdem sie ihr Hemd zerrissen hatte, schlug stark ihre schönen Arme mit ihren wilden flachen Händen. Und dennoch ließ sie niemanden teilnehmen an den nächtlichen Traumbildern, sondern verheimlichte die Entdeckung der Tat völlig und ent- schloss sich dann stillschweigend, den schelmischen Mörder zu bestrafen und sich dem trübseligen Leben zu entziehen.
2.2. Textkritik
Die Überlieferungssituation antiker Literatur ist oftmals schwierig und stellt die Philologen unserer Zeit vor die harte Aufgabe, den ursprünglichen Wortlaut des Textes wiederherzustellen. Der vorliegende Textabschnitt ist weitestgehend frei von schwerwiegenden Entstellungen, doch findet sich die eine oder andere Ungereimtheit, die einer genaueren Betrachtung bedarf und wovon im Folgenden zwei erläutert werden sollen.[3]
Eine strittige Stelle, an der sich viele Philologen ausgelassen haben, findet sich in der Phrase etsi... memoria im zweiten Satz. Der als Handschrift F bekannte Codex Laurentia- nus 68,2, der im 11. Jahrhundert entstand und auf den alle weiteren Handschriften zurückzuführen sind[4], weshalb er primär als Orientierung dient, überliefert uns pectori tuo iam permanat. Das Problem hierbei ist, dass das Verb permanare nie mit einem Dativ konstruiert wird[5], aber in dieser Phrase mit pectori tuo ein Dativ gegeben ist. Insofern wurden schon früh Korrekturen vorgenommen: der Codex Laurentianus 29,2 (Handschrift φ) aus dem 12./13. Jahrhundert, der direkt von Handschrift F abgeschrieben wurde[6], überliefert uns permaneat, in späteren Handschriften (ζ) findet sich permanet. Letzteres nehmen auch van der Vliet und Robertson an, wobei Robertson im Gegensatz zu van der Vliet ein non hinzufügt. A.Y. Campbell liefert die Perfektform permansit und übernimmt die Negation. Helm schlägt permarcet als Verbesserung vor. Wieder andere Philologen wie Wiman und Armini[7] behalten die Verbform permanat bei und wandeln den Dativ pectori in den Ablativ pectore um, um eine grammatikalisch korrekte Konstruktion herzustellen. Der Änderung des Kasus kommt Robertson ebenfalls nach. Da sich das Verb permanere jedoch problemlos mit dem Dativ konstruieren ließe, scheint diese emendatio eher überflüssig, was folglich gegen die Textausgabe entscheidet.
2.3. Kommentar
Der Satzbau bei Apuleius ist meist klar. Statt vielfältiger Unterordnungen und Einschachtelungen bedient er sich der „parataktischen Aneinanderreihung kleinerer Sprecheinheiten"[8]. Partizipialkonstruktionen aller Art „dienen zur Vermeidung von Nebensätzen"[9]. Davon findet man auch einige im vorliegenden Textabschnitt, z.B. umbra... attol- lens, Hla... dormiens, lacrimis emanantibus, oder indicio... dissimulato. Ein weiteres wesentliches Merkmal bezüglich des Satzbaus ist der „parallele Bau von zwei, drei oder noch mehr Gliedern"[10], der hier ebenfalls vorzufinden ist: sanie cruentam et pallore deformem; neve sermonem conféras пес mensam accumbas пес toro adquiescas. Teilweise entsprechen sich dabei sogar die einzelnen Silben. Dies hat mitunter auch eine Auswirkung auf den Klang und Rhythmus der Sprache.
Im Proömium kündigt Apuleius an: auresque tuas benivolas lepido susurro permul- ceam. Dem kommt er auch nach. „Bei Apuleius klingt, schwingt, drängt und stößt es nun (...) in den verschiedensten Rhythmen durch das ganze Werk"[11]. Durch die in der Regel kürzeren Satzglieder wird eine starke Rhythmisierung erzeugt, „bisweilen geradezu ein Stakkato-Tempo"[12]. Dies kommt schon im ersten Satz des vorliegenden Textabschnitts zum Ausdruck: ... sanie cruentam et pallore deformem attollens faciem quietem pudicam interpellât uxoris. „Gleichheit der Silbenzahl oder der Worte in den kleineren Satzeinheiten (...), Parallelität (...) und Klangspiele mit Vokalen oder Konsonanten - das sind einige der poetischen und rhetorischen Mittel des Apuleius, die seine buntschillernde Rede in klangvollen Akkorden zu einer brillanten Wirkung bringen"[13]. An manchen Stellen findet man Alliterationen {mortis meae; scaenam sceleris; percussorem punire), an anderen Stellen häufen sich dieselben Vokale (z.B. pallore deformem attollens; participatis noc- turnis imaginibus) oder Konsonanten (z.B. dissimulato et nequissimum percussorem) im Wortinnern mehrerer aufeinanderfolgender Worte, um einen passenden Tonfall zu erzeugen. Bemerkenswert ist auch das zahlreiche Auftreten von Worten mit dem Wortstamm quie- im gesamten Textabschnitt: quietem. adquiescas. quieverat. inquieta und quiete.
[...]
[1] Aeppli (1984) 82.
[2] Die Übersetzung bezieht sich auf die Textausgabe von Brandt.
[3] Die Textausgabe von Robertson dient als Vorlage hierfür, die Ausgabe von van der Vliet findet Nutzen im Aufzeigen weiterer Varianten.
[4] Vgl. Hanson (1989) 8.
[5] Vgl. Forsten (1985) 91.
[6] Vgl. Kenney (1990) 38.
[7] Vgl. Forsten (1985) 91.
[8] Burck (1966) 404.
[9] Bernhard (1965) 283.
[10] Bernhard (1965) 283.
[11] Burck (1966) 404.
[12] Burck (1966) 404.
[13] Burck (1966) 404.